Oberfinanzdirektion Münster - Kurzinfo USt 13/2011

Umsatzbesteuerung sonstiger Leistungen, die ab dem von im Ausland ansässigen Unternehmen an inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) ausgeführt werden

Mit dem wurde Abschnitt 3a.2 UStAE mit Wirkung vom u. a. hinsichtlich des Leistungsortes bei Leistungen an jPöR geändert. Das BMF-Schreiben und der UStAE in der aktuellen Fassung sind auf der Internetseite des Bundesministeriums der Finanzen unter www.bundesfinanzministerium.de abrufbar.

Maßgebend für die Änderung war eine zwischenzeitlich auf EU-Ebene erzielte Übereinstimmung bei der Festlegung des Leistungsortes bei Dienstleistungen an jPöR. Danach richtet sich der Leistungsort bei ausgeführten Leistungen an jPöR, die hoheitlich und darüber hinaus auch unternehmerisch (im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs) tätig sind, ab dem insgesamt nach deren Sitz (§ 3a Abs. 2 Umsatzsteuergesetz – UStG), sofern keine Spezialregelung (§ 3a Abs. 3 bis 8, § 3b und § 3e UStG) vorgeht. Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistungen für den hoheitlichen oder unternehmerischen Bereich oder für beide Bereiche bestimmt sind. Etwas anderes gilt nur für Leistungen für den privaten Bedarf des Personals der jPöR; hierfür befindet sich der Leistungsort am Sitz des leistenden Unternehmers (§ 3a Abs. 1 UStG).

Für die Rechnungslegung des leistenden Unternehmers und die Versteuerung der Leistungen unproblematisch sind die Fälle, in denen sowohl der leistende Unternehmer als auch die jPöR den Sitz in Deutschland haben. Ist die Leistung steuerpflichtig, erstellt der leistende Unternehmer als Steuerschuldner eine „Brutto”-Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer. Erbringt dagegen ein ausländischer Unternehmer eine sonstige Leistung an eine inländische jPöR und ist diese im Inland steuerpflichtig, kommt es nach § 13b UStG zum Übergang der Steuerschuld auf die jPöR als Leistungsempfänger. Der leistende Unternehmer erstellt in diesem Fall lediglich eine „Netto”-Rechnung ohne gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer; die jPöR als Leistungsempfänger schuldet die Umsatzsteuer für die empfangene Leistung nach § 13b Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 UStG und hat den Umsatz in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung und einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr anzumelden.

Um eine zutreffende Umsatzbesteuerung der Leistungen eines ausländischen Unternehmers an eine inländische jPöR sicherzustellen, ist bei ab dem ausgeführten Leistungen Folgendes zu beachten:

Ausschließlich hoheitlich tätige jPöR ohne Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Ist eine jPöR ausschließlich hoheitlich tätig und ist ihr keine Umsatzsteuer- Identifikationsnummer (USt-IdNr.) für innergemeinschaftliche Erwerbe erteilt worden, richtet sich der Leistungsort grundsätzlich nach dem Sitz des leistenden Unternehmers oder seiner Betriebsstätte, wenn die Leistung von dieser aus erbracht wird (§ 3a Abs. 1 UStG). Ggf. richtet sich der Leistungsort nach den Spezialregelungen in § 3a Abs. 3 bis 8, § 3b und § 3e UStG (vgl. Abschn. 3a.1 Abs. 1 UStAE).

Beispiel 1:

Der in Frankreich ansässige Rechtsanwalt R erbringt an eine ausschließlich hoheitlich tätige jPöR J mit Sitz in Deutschland eine Beratungsleistung. J verwendet für diesen Umsatz keine USt-IdNr., weil ihr keine USt-IdNr. erteilt worden ist.

Der Ort der Beratungsleistung des R an J liegt in Frankreich (§ 3a Abs. 1 UStG). R stellt eine Rechnung mit französischer Mehrwertsteuer aus.

Erbringt ein im Drittlandsgebiet (außerhalb der EU-Mitgliedstaaten) ansässiger Unternehmer eine in § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 10 UStG genannte Leistung an eine ausschließlich hoheitlich tätige jPöR, der keine USt-IdNr. für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs erteilt worden ist, liegt der Leistungsort – abweichend von § 3a Abs. 1 UStG – nach § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 UStG im Inland, wenn die Leistung hier genutzt oder ausgewertet wird.

Beispiel 2:

Der in der Schweiz ansässige Rechtsanwalt R erbringt an eine ausschließlich hoheitlich tätige jPöR J mit Sitz in Deutschland eine Beratungsleistung (vgl. § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG). J verwendet für diesen Umsatz keine USt-IdNr., weil ihr keine USt-IdNr. erteilt worden ist. Die Beratungsleistung wird ausschließlich in Deutschland ausgewertet.

Der Ort der Beratungsleistung des R an J liegt – abweichend von § 3a Abs. 1 UStG – in Deutschland, da die Leistung in Deutschland ausgewertet wird (§ 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 UStG). Steuerschuldner für diese Leistung ist J (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 Satz 1 UStG). R stellt eine Rechnung ohne USt aus. J muss den Umsatz in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung und einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr anmelden.

Die vorstehenden Ausführungen gelten unabhängig davon, ob die Leistungen vor oder nach dem ausgeführt wurden. Die Verwaltungsauffassung hat sich insoweit nicht geändert.

Ausschließlich hoheitlich tätige jPöR mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Ist eine jPöR ausschließlich hoheitlich tätig und ist ihr eine USt-IdNr. für innergemeinschaftliche Erwerbe erteilt worden, richtet sich der Leistungsort grundsätzlich nach ihrem Sitz (§ 3a Abs. 2 Satz 3 UStG; Abschnitt 3a.2 Abs. 7 UStAE). Ggf. richtet sich der Leistungsort nach den Spezialregelungen in § 3a Abs. 3 bis 8, § 3b und § 3e UStG. Die jPöR hat für den Leistungsbezug die ihr erteilte USt-IdNr. zu verwenden.

Beispiel 3:

Der in Frankreich ansässige Rechtsanwalt R erbringt an eine ausschließlich hoheitlich tätige jPöR J mit Sitz in Deutschland eine Beratungsleistung. J verwendet für diesen Umsatz ihre – für die Besteuerung innergemeinschaftlicher Erwerbe erteilte – USt-IdNr.

Der Ort der Beratungsleistung des R an J liegt in Deutschland (§ 3a Abs. 2 Satz 3 UStG). Steuerschuldner für diese Leistung ist J (§ 13b Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 UStG). R stellt eine Rechnung ohne USt aus. J muss den Umsatz in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung und einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr anmelden.

Erbringt ein im Drittlandsgebiet ansässiger Unternehmer eine in § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 10 UStG genannte Leistung an eine ausschließlich hoheitlich tätige inländische jPöR, der eine USt-IdNr. für innergemeinschaftliche Erwerbe erteilt worden ist, liegt der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG unabhängig vom Ort der Nutzung oder Auswertung im Inland.

Beispiel 4:

Der in der Schweiz ansässige Rechtsanwalt R erbringt an eine jPöR J mit Sitz in Deutschland eine Beratungsleistung (vgl. § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG), die in Brüssel ausgewertet wird. J ist ausschließlich hoheitlich tätig, ihr ist aber für innergemeinschaftliche Erwerbe eine USt-IdNr. erteilt worden.

Der Ort der Beratungsleistung des R an J liegt in Deutschland (§ 3a Abs. 2 Satz 3 UStG). Steuerschuldner für diese Leistung ist J (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 Satz 1 UStG). R stellt eine Rechnung ohne USt aus. J muss den Umsatz in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung und einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr anmelden.

Die vorstehenden Ausführungen gelten unabhängig davon, ob die Leistungen vor oder nach dem ausgeführt wurden. Die Verwaltungsauffassung hat sich insoweit nicht geändert.

JPöR, die nicht ausschließlich hoheitlich tätig sind

Ist eine jPöR sowohl hoheitlich als auch unternehmerisch tätig, muss sie nicht mehr unterscheiden, ob die Leistung ausschließlich für den hoheitlichen, ausschließlich für den unternehmerischen oder sowohl für den hoheitlichen als auch unternehmerischen Bereich bestimmt ist, da sich der Leistungsort immer nach dem Sitz der jPöR richtet (§ 3a Abs. 2 UStG), sofern nicht nach der Spezialregelungen in § 3a Abs. 3 bis 8, § 3b und § 3e UStG etwas anderes gilt.

Beispiel 5:

Der in Frankreich ansässige Unternehmer F erbringt auf elektronischem Weg sonstige Leistungen (vgl. § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 UStG) an eine jPöR J mit Sitz in Deutschland. Die Leistung ist sowohl für den hoheitlichen Bereich als auch für den Betrieb gewerblicher Art der J bestimmt.

Der Ort der Leistung des F an J liegt in Deutschland (§ 3a Abs. 2 Satz 1 UStG). Steuerschuldner für diese Leistung ist J (§ 13b Abs. 1 und 5 Satz 1 UStG). F stellt eine Rechnung ohne USt aus. J muss den Umsatz in einer Umsatzsteuer- Voranmeldung und einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr anmelden.

Beispiel 6:

Sachverhalt wie Beispiel 5, jedoch ist die Leistung nur für den hoheitlichen Bereich der J bestimmt.

Der Ort der Leistung des F an J liegt in Deutschland (§ 3a Abs. 2 Satz 1 UStG, Abschn. 3a.2 Abs. 14 UStAE in der ab geltenden Fassung). Steuerschuldner für diese Leistung ist J (§ 13b Abs. 1 und 5 Satz 1 UStG). F stellt eine Rechnung ohne USt aus. J muss den Umsatz in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung und einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr anmelden.

Hinweis: Bei vor dem ausgeführten Leistungen liegt der Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG in Frankreich, sofern die jPöR keine USt-IdNr. verwendet hat.

Etwas anderes gilt nur für Leistungen, die die jPöR für den privaten Bedarf ihres Personals bezieht. Hier richtet sich der Leistungsort grundsätzlich nach dem Sitz oder der Betriebsstätte des leistenden Unternehmers, wenn die Leistung von dieser aus erbracht wird (§ 3a Abs. 1 UStG); ggf. richtet sich der Leistungsort auch nach den Spezialregelungen für den Leistungsort in § 3a Abs. 3 bis 8, § 3b und § 3e UStG. In diesen Fällen darf die jPöR weder die ihr für den unternehmerischen Bereich noch die ihr für Zwecke der Umsatzbesteuerung innergemeinschaftlicher Erwerbe erteilte USt-IdNr. verwenden.

Die und sind auf Umsätze, die nach dem an eine nicht ausschließlich hoheitlich tätige jPöR ausgeführt werden, nicht mehr anzuwenden.

Besonderheiten bei Leistungen an das Land Nordrhein-Westfalen

Die einzelnen Organisationseinheiten (z. B. Ressorts, Behörden und Ämter) des Landes Nordrhein-Westfalen werden zwar in unterschiedlichen Finanzämtern steuerlich geführt. Gleichwohl ist für die Frage der Leistungsortsbestimmung nicht auf den Status der einzelnen Organisationseinheit, sondern des Landes Nordrhein-Westfalen insgesamt abzustellen. Da das Land sowohl hoheitlich als auch unternehmerisch (im Rahmen seiner Betriebe gewerblicher Art und seiner land- und forstwirtschaftlichen Betriebe) tätig ist, gelten deshalb für Leistungen an einzelne Organisationseinheiten des Landes die Ausführungen im Abschnitt „JPöR, die nicht ausschließlich hoheitlich tätig sind” entsprechend. Bei Leistungsbezügen einer Organisationseinheit des Landes nach dem kommt es demnach für die Frage der Ortsbestimmung nicht mehr darauf an, ob die Leistung für den unternehmerischen Bereich oder für den hoheitlichen Bereich dieser Organisationseinheit ausgeführt worden ist. Vielmehr befindet sich der Leistungsort in Deutschland (§ 3a Abs. 2 UStG), sofern nicht die Voraussetzungen der Spezialregelungen in § 3a Abs. 3 bis 8, § 3b und § 3e UStG vorliegen. Dies gilt auch dann, wenn die einzelne Organisationseinheit ausschließlich hoheitlich tätig ist.

Beispiel 7:

Der in Frankreich ansässige Unternehmer F erbringt auf elektronischem Weg sonstige Leistungen (vgl. § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 13 UStG) an ein Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. Das Ministerium ist ausschließlich hoheitlich tätig. Ihm ist keine eigene USt-IdNr. erteilt worden.

Der Ort der Leistung des F an das Ministerium liegt in Deutschland (§ 3a Abs. 2 UStG), da das Land Nordrhein-Westfalen sowohl unternehmerisch als auch hoheitlich tätig ist. Unbeachtlich ist, dass der Leistungsbezug für den hoheitlichen Bereich des Landes bezogen wird. Das Ministerium muss eine dem Land erteilte USt-IdNr. verwenden (zur Erteilung einer USt-IdNr. in diesen Fällen siehe nachfolgenden Absatz).

Steuerschuldner für diese Leistung ist das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Ministerium (§ 13b Abs. 1 und 5 Satz 1 UStG). F stellt eine Rechnung ohne USt aus. Das Ministerium muss den Umsatz in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung und einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr anmelden.

Beispiel 8:

Der in der Schweiz ansässige Rechtsanwalt R erbringt eine Beratungsleistung (vgl. § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 UStG) an ein Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Beratungsleistung wird ausschließlich für den hoheitlichen Bereich des Ministeriums erbracht.

Der Ort der Beratungsleistung des R an das Ministerium liegt in Deutschland (§ 3a Abs. 2 UStG). Steuerschuldner für diese Leistung ist das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Ministerium (§ 13b Abs. 2 Nr. 1 und 5 Satz 1 UStG). R stellt eine Rechnung ohne USt aus. Das Ministerium muss den Umsatz in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung und einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr anmelden.

Grundsätzlich erhält ein Unternehmen/eine jPöR nur eine USt-IdNr. Für die Gebietskörperschaften Bund und Länder sieht Abschnitt 27a.1 Abs. 3 Satz 4 UStAE jedoch eine Vereinfachungsregelung vor. Danach kann einzelnen Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder eine eigene USt-IdNr. für Zwecke der Umsatzbesteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs erteilt werden. Ohne diese Vereinfachungsregelung müssten alle innergemeinschaftlichen Erwerbe aller Organisationseinheiten unter Verwendung einer einzigen USt-IdNr. zentral erfasst und von einer zentralen Stelle der Gebietskörperschaft in einer zusammengefassten Umsatzsteuer-Voranmeldung und Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahrangemeldet werden.

Einzelne Organisationseinheiten des Landes Nordrhein-Westfalen haben für Zwecke der Umsatzbesteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs bereits in der Vergangenheit von der Vereinfachungsregelung Gebrauch gemacht. Künftig sollten jedoch alle Organisationseinheiten – auch die ausschließlich hoheitlich tätigen –, die bislang keine USt-IdNr. haben, eine USt-IdNr. beantragen, wenn sie sonstige Leistungen beziehen, für die der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland liegt (vgl. Abschnitt 27a.1 Abs. 3 Satz 5 UStAE in der ab geltenden Fassung und obige Ausführungen zum Leistungsort). Ansonsten müssten die innergemeinschaftlichen Erwerbe der Organisationseinheiten ohne eigene USt-IdNr. von einer Organisationseinheit mit USt-IdNr. zentral erfasst und von dieser die sich daraus ergebenden steuerlichen Pflichten erfüllt werden. Der hiermit verbundene organisatorische Aufwand sollte auf jeden Fall vermieden werden.

Beispiel 9:

Sachverhalt wie Beispiel 7.

Der Ort der Leistung des F an das Ministerium liegt in Deutschland (§ 3a Abs. 2 UStG). Das Ministerium muss eine dem Land erteilte USt-IdNr. verwenden und sollte daher aus den o. g. Gründen beim Bundeszentralamt für Steuern die Erteilung einer eigenen USt-IdNr. beantragen und die ihm erteilte USt-IdNr. gegenüber dem F verwenden.

Oberfinanzdirektion Münster v. - Kurzinfo USt 13/2011

Fundstelle(n):
JAAAD-87619