BGH Beschluss v. - IX ZB 53/10

Ablehnung der Entlassung des Insolvenzverwalters: Beschwerderecht der einzelnen Gläubiger

Gesetze: § 59 Abs 1 S 2 InsO

Instanzenzug: LG Traunstein Az: 4 T 406/10 Beschlussvorgehend AG Rosenheim Az: IK 136/09 Beschluss

Gründe

I.

1Der weitere Beteiligte zu 1 ist Treuhänder in dem am eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. In der Gläubigerversammlung am beantragte ein Bevollmächtigter der weiteren Beteiligten zu 2 (fortan: Gläubigerin), der zugleich für zwei weitere Gläubiger handelte, einen anderen Treuhänder zu bestellen. Bei der Abstimmung stimmten diese drei Gläubiger, die 82,6 % der Forderungsbeträge innehatten, für diesen Antrag, drei weitere Gläubiger stimmten dagegen. Der Bevollmächtigte der Gläubigerin beantragte sodann die Entlassung des Treuhänders aus wichtigem Grund, und zwar unter Hinweis darauf, dass eine Begründung nachgereicht werde. Nach schriftsätzlicher Bitte um Fristverlängerung begründete er den Antrag mit Schriftsätzen vom , vom und vom .

2Mit Beschluss vom hat das Insolvenzgericht den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist als unzulässig verworfen worden. Mit ihrer Rechtsbeschwerde will die Gläubigerin die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen erreichen.

II.

3Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft. Voraussetzung der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist, dass für den Rechtsbeschwerdeführer das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eröffnet war (, NZI 2006, 239; v. - IX ZB 187/08, ZIP 2009, 529 Rn. 2; v. - IX ZB 84/08, Rn. 1). Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht (§ 6 Abs. 1 InsO).

4Das ist hier nicht der Fall. Zwar steht dann, wenn die Gläubigerversammlung die Entlassung des Treuhänders aus wichtigem Grund beantragt hat, jedem einzelnen Gläubiger die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags zu (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 2 InsO). Vorliegend hat jedoch nicht die Gläubigerversammlung die Abberufung des Treuhänders beantragt. Vielmehr hat der Gläubiger (oder haben die drei durch dessen Bevollmächtigten vertretenen Gläubiger) den Antrag gestellt. Schon ein Antragsrecht des einzelnen Gläubigers ist in § 59 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht vorgesehen. Der "Antrag" eines einzelnen Gläubigers stellt nicht mehr als eine Anregung an das Insolvenzgericht dar, von Amts wegen tätig zu werden. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts, den Treuhänder nicht abzuberufen, gewährt die Insolvenzordnung nicht.

5Die Rechtsbeschwerde zieht nicht in Zweifel, dass die sofortige Beschwerde der Gläubigerin nach der Insolvenzordnung nicht statthaft war. Sie meint jedoch, dies sei auf Verfahrensfehler des Insolvenzgerichts zurückzuführen. Dieses sei verpflichtet gewesen, rechtzeitig in der Gläubigerversammlung darauf hinzuweisen, dass die Gläubigerversammlung über die Abberufung des Treuhänders beschließen müsse. Angesichts der Summenmehrheit, über die die drei Gläubiger verfügt hätten, wäre ein entsprechender Beschluss gefasst worden (vgl. § 76 Abs. 2 InsO). Der Verstoß gegen die Hinweispflicht verletze die Gläubigerin in eigenen Rechten. Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 ZPO) folge aus der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, insbesondere dem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip).

6Die Ansicht der Rechtsbeschwerde trifft nicht zu. Da die Gläubigerversammlung keinen Abberufungsantrag gestellt hat, steht den einzelnen Gläubigern kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts zu, den Treuhänder nicht abzuberufen. Von einem verfassungsrechtlich erheblichen Verfahrensverstoß des Insolvenzgerichts kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil über einen erst im Termin gestellten und überdies nicht begründeten Antrag nicht hätte beschlossen werden dürfen. § 59 InsO sieht keine "Abwahl" des Insolvenzverwalters oder Treuhänders vor, sondern eine Entlassung aus wichtigem Grund, dessen Vorliegen vom Insolvenzgericht auch dann zu prüfen ist, wenn die Gläubigerversammlung und nicht nur ein einzelner Gläubiger die Entlassung beantragt. Es steht dem Gläubiger im Übrigen frei, die Einberufung einer Gläubigerversammlung zu beantragen (§ 75 Abs. 1 Nr. 3 InsO) und einen Beschluss nach § 59 Abs. 1 Satz 2 InsO herbeizuführen.

Ganter                                     Raebel                                 Kayser

                   Lohmann                                    Pape

Fundstelle(n):
WM 2010 S. 2232 Nr. 47
IAAAD-54693