EuGH Urteil v. - C-233/08

Gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen - Richtlinie 76/308/EWG

Leitsatz

1. Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen in der durch die Richtlinie 2001/44/EG des Rates vom 15. Juni 2001 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, grundsätzlich nicht zuständig sind, die Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels zu prüfen. Wird jedoch ein Gericht dieses Mitgliedstaats mit einem Rechtsbehelf gegen die Wirksamkeit oder die Ordnungsgemäßheit von Vollstreckungsmaßnahmen wie der Zustellung befasst, ist dieses Gericht befugt, zu prüfen, ob diese Maßnahmen ordnungsgemäß nach Maßgabe der Rechts- und Verwaltungsvorschriften dieses Mitgliedstaats durchgeführt worden sind.

2. Im Rahmen der mit der Richtlinie 76/308 in der durch die Richtlinie 2001/44 geänderten Fassung geschaffenen gegenseitigen Unterstützung ist dem Empfänger eines Vollstreckungstitels dieser Titel in einer Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, zuzustellen, um ihn in die Lage zu versetzen, seine Rechte geltend zu machen. Um die Wahrung dieses Rechts zu garantieren, hat das nationale Gericht sein nationales Recht anzuwenden, wobei es dafür Sorge zu tragen hat, dass die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts sichergestellt wird.

Instanzenzug:

Gründe

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen (ABl. L 73, S. 18) in der durch die Richtlinie 2001/44/EG des Rates vom (ABl. L 175, S. 17) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 76/308).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Kyrian und dem Celní úřad Tábor (Zollbehörde Tabor) hinsichtlich der Überprüfung der Vollstreckbarkeit eines vom Hauptzollamt Regensburg erlassenen Bescheids über die Beitreibung einer Forderung.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Ziel der Richtlinie 76/308 ist die Beseitigung der Hindernisse für die Errichtung des Gemeinsamen Marktes und der Beeinträchtigungen seines Funktionierens, die sich aus dem auf das jeweilige Hoheitsgebiet begrenzten Anwendungsbereich der nationalen Bestimmungen auf dem Gebiet der Beitreibung u. a. von Zöllen ergeben.

Nach dem sechsten Erwägungsgrund sind die verschiedenen Formen der Unterstützung von der ersuchten Behörde unter Wahrung der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz hat, anzuwenden, während nach dem siebten Erwägungsgrund die Bedingungen festzulegen sind, unter denen die Unterstützungsersuchen von den ersuchenden Behörden gestellt werden müssen, und abschließend zu definieren ist, unter welchen besonderen Umständen die ersuchte Behörde in einem bestimmten Fall einem Unterstützungsersuchen nicht stattzugeben braucht.

Nach dem zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie 76/308 ist für den Fall, dass im Verlauf des Beitreibungsverfahrens in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, die Forderung oder der in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgestellte Vollstreckungstitel von dem Betroffenen angefochten wird, vorzusehen, dass der betreffende Rechtsbehelf von diesem bei der zuständigen Instanz des Mitgliedstaats, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, eingelegt wird und die ersuchte Behörde das von ihr eingeleitete Beitreibungsverfahren aussetzt, bis die zuständige Instanz eine Entscheidung getroffen hat.

Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 76/308 bestimmt:

"Die ersuchte Behörde ist nicht gehalten, Auskünfte zu übermitteln,

a) die sie sich für die Beitreibung derartiger, in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, entstandener Forderungen nicht beschaffen könnte;

b) mit denen ein Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis preisgegeben würde;

c) deren Mitteilung die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung des betreffenden Staates verletzen würde."

Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie nimmt die ersuchte Behörde - auf Antrag der ersuchenden Behörde - nach Maßgabe der Rechtsvorschriften für die Zustellung entsprechender Rechtsakte in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, die Zustellung aller mit einer Forderung oder mit deren Beitreibung zusammenhängenden und von dem Staat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgehenden Verfügungen und Entscheidungen, einschließlich der gerichtlichen, an den Empfänger vor.

Gemäß Art. 5 Abs. 2 dieser Richtlinie enthält das Ersuchen um Zustellung den Namen, die Anschrift und sonstige Angaben zur Identifizierung, zu denen die ersuchende Behörde normalerweise Zugang hat, des Empfängers, Angaben über die Art und den Gegenstand der zuzustellenden Verfügung oder Entscheidung und gegebenenfalls den Namen, die Anschrift und sonstige Angaben zur Identifizierung, zu denen die ersuchende Behörde normalerweise Zugang hat, des Schuldners und die in der Verfügung oder Entscheidung genannte Forderung sowie alle sonstigen sachdienlichen Angaben.

Art. 6 der Richtlinie 76/308 sieht vor:

"(1) Auf Antrag der ersuchenden Behörde nimmt die ersuchte Behörde nach Maßgabe der für die Beitreibung derartiger, in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, entstandener Forderungen geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften die Beitreibung von Forderungen vor, für die ein Vollstreckungstitel besteht.

(2) Zu diesem Zweck wird jede Forderung, für die ein Beitreibungsersuchen vorliegt, als Forderung des Mitgliedstaats, in dem sich die ersuchte Behörde befindet, behandelt, es sei denn, Artikel 12 findet Anwendung."

Art. 7 Abs. 1, 2 und 3 der Richtlinie bestimmt:

"(1) Dem Ersuchen um Beitreibung einer Forderung, das die ersuchende Behörde an die ersuchte Behörde richtet, sind eine amtliche Ausfertigung oder eine beglaubigte Kopie des in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgestellten Vollstreckungstitels und gegebenenfalls das Original oder eine beglaubigte Kopie etwaiger für die Beitreibung sonst erforderlicher Dokumente beizufügen.

(2) Die ersuchende Behörde kann ein Beitreibungsersuchen nur dann stellen,

a) wenn die Forderung oder der Vollstreckungstitel in dem Staat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, nicht angefochten ist, außer für den Fall, dass Artikel 12 Absatz 2 Unterabsatz 2 angewandt wird;

b) wenn sie in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, bereits Beitreibungsverfahren durchgeführt hat, wie sie aufgrund des in Absatz 1 genannten Titels ausgeführt werden sollen, und die getroffenen Maßnahmen nicht zur vollständigen Tilgung der Forderung führen werden.

(3) Das Beitreibungsersuchen enthält folgende Angaben:

a) Namen, Anschrift und sonstige Angaben zur Identifizierung der betreffenden Person und/oder von Drittbesitzern;

..."

Art. 8 der Richtlinie sieht vor:

"(1) Der Vollstreckungstitel wird unmittelbar anerkannt und automatisch wie ein Vollstreckungstitel des Mitgliedstaats behandelt, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 kann der Vollstreckungstitel gegebenenfalls nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, als solcher bestätigt und anerkannt oder durch einen Titel ergänzt oder ersetzt werden, der die Vollstreckung im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats ermöglicht.

Die Mitgliedstaaten bemühen sich, innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang des Beitreibungsersuchens eine derartige Bestätigung, Anerkennung, Ergänzung oder Ersetzung des Vollstreckungstitels abzuschließen, außer in den Fällen, in denen Unterabsatz 3 Anwendung findet. Die Vornahme dieser Formalitäten kann nicht verweigert werden, wenn der Titel ordnungsgemäß abgefasst ist. Die ersuchte Behörde unterrichtet die ersuchende Behörde über die Gründe für eine Überschreitung der Dreimonatsfrist.

Hat die Durchführung einer dieser Formalitäten eine Anfechtung der Forderung und/oder des im Land der ersuchenden Behörde ausgestellten Vollstreckungstitels zur Folge, so findet Artikel 12 Anwendung."

Art. 12 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 76/308 lautet:

"(1) Wird im Verlauf des Beitreibungsverfahrens die Forderung oder der in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgestellte Titel von einem Betroffenen angefochten, so wird der Rechtsbehelf von diesem bei der zuständigen Instanz des Mitgliedstaats, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, nach dessen Recht eingelegt. Über die Einleitung dieses Verfahrens hat die ersuchende Behörde der ersuchten Behörde Mitteilung zu machen. Ferner kann der Betroffene der ersuchten Behörde über die Einleitung dieses Verfahrens Mitteilung machen.

(2) Sobald die ersuchte Behörde die in Absatz 1 genannte Mitteilung, die entweder durch die ersuchende Behörde oder durch den Betroffenen erfolgt ist, erhalten hat, setzt sie in Erwartung einer Entscheidung der zuständigen Instanz das Beitreibungsverfahren aus, es sei denn, die ersuchende Behörde wünscht ein anderes Vorgehen in Übereinstimmung mit Unterabsatz 2 ...

Ungeachtet des Absatzes 2 Unterabsatz 1 kann die ersuchende Behörde nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften und der Verwaltungspraxis des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz hat, die ersuchte Behörde um Beitreibung einer angefochtenen Forderung bitten, sofern die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Verwaltungspraxis des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, dies zulassen. Wird der Anfechtung später stattgegeben, haftet die ersuchende Behörde für die Erstattung bereits beigetriebener Beträge samt etwaiger geschuldeter Entschädigungsleistungen gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat.

(3) Richtet sich der Rechtsbehelf gegen Vollstreckungsmaßnahmen in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, so ist er bei der zuständigen Instanz dieses Mitgliedstaats nach Maßgabe seiner Rechts- und Verwaltungsvorschriften einzulegen."

Art. 17 der Richtlinie bestimmt:

"Den Unterstützungsersuchen, dem Vollstreckungstitel und den zugehörigen Unterlagen wird eine Übersetzung in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats der ersuchten Behörde beigefügt. Diese Behörde kann jedoch auf die Übermittlung einer solchen Übersetzung verzichten."

Nach ihrem Art. 23 lässt die Richtlinie "eine gegebenenfalls im Rahmen von Abkommen vereinbarte weitergehende gegenseitige Unterstützung zwischen Mitgliedstaaten unberührt; das gilt auch für die Zustellung gerichtlicher oder sonstiger Rechtsakte".

Nationales Recht

Nach § 2 Abs. 7 des Gesetzes Nr. 191/2004 über die internationale Unterstützung bei der Beitreibung bestimmter finanzieller Forderungen (Zákon č. 191/2004 Sb., o mezinárodní pomoci při vymáhání některých finančních pohledávek) wird bei der Durchführung der internationalen Unterstützung gemäß dem Gesetz Nr. 337/1992 über die Verwaltung der Steuern und Abgaben (Zákon č. 337/1992 Sb., o správě daní a poplatků) verfahren, soweit das Gesetz Nr. 191/2004 nichts anderes bestimmt.

§ 5 des Gesetzes Nr. 191/2004 mit der Überschrift "Beitreibung von Forderungen" bestimmt:

"(1) ... Auf Antrag der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats gewährleistet das Ministerium die Beitreibung von Forderungen; ... Das Beitreibungsersuchen ist durch das Original oder eine beglaubigte Kopie des in dem Staat der zuständigen Behörde vollstreckbaren Vollstreckungstitels zu begründen.

(2) Das Ministerium führt die Beitreibung durch, wenn das Beitreibungsersuchen

a) den Namen, den Familiennamen und den Wohnsitz der natürlichen Person oder die Bezeichnung und den Sitz der juristischen Person, die Schuldner ist, oder gegebenenfalls der Person, die nach dem Recht des Staates der zuständigen Behörde zur Zahlung der Forderung verpflichtet ist, sowie weitere zur Identifizierung des Schuldners oder einer anderen über sein Vermögen verfügenden Person erforderliche Angaben enthält,

b) unter Angabe des Vollstreckungstitels die Art und die Höhe der Forderung und die Höhe der angefallenen Zinsen, Zwangsgelder, Geldbußen und entstandenen Kosten in den Währungen der beiden Staaten aufführt,

c) Angaben über die Rechtskraft des Vollstreckungstitels und über die Fristen enthält, innerhalb deren das Recht auf Beitreibung der Forderung verjährt oder erlischt,

...

f) eine Erklärung der zuständigen Behörde des anderen Staates gemäß § 6 Abs. 2 enthält ...

(3) ... Enthält das Beitreibungsersuchen nicht die in Abs. 2 genannten Angaben, führt das Ministerium die Beitreibung nur durch, soweit die Angaben auf sein Ersuchen hin ergänzt werden."

Nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 191/2004 gilt das Dokument, das den Vollstreckungstitel für die Beitreibung einer Forderung im Staat der zuständigen Behörde darstellt, ab dem Tag des Erhalts des vollständigen Beitreibungsersuchens unmittelbar als Vollstreckungstitel für die Beitreibung einer Forderung in der Tschechischen Republik. Nach § 6 Abs. 2 kann das Ministerium auf der Grundlage des Beitreibungsersuchens die Beitreibung der Forderung nur dann einleiten, wenn die zuständige Behörde des anderen Staates erklärt, dass der Vollstreckungstitel im Staat der zuständigen Behörde nicht angefochten werde, wobei die in § 7 Abs. 1 dieses Gesetzes genannten Fälle ausgenommen sind, und dass das Vollstreckungsverfahren im Staat der zuständigen Behörde bereits durchgeführt worden sei, jedoch nicht zur vollständigen Tilgung der Forderung geführt habe.

§ 13 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 191/2004 lautet:

"Der Informationsaustausch zwischen dem Ministerium und der zuständigen Behörde des anderen Staates erfolgt in der Amtssprache des Staates, dessen zuständige Behörde um Unterstützung bei der Beitreibung ersucht worden ist. ... Die Amtssprache des Staates, an den das Ersuchen um Unterstützung bei der Beitreibung gerichtet worden ist, findet keine Anwendung, wenn das Ministerium und die zuständige Behörde des anderen Staates anderes bestimmen."

§ 32 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 337/1992 bestimmt:

"In einem Steuerverfahren können nur durch eine Entscheidung Verpflichtungen auferlegt oder Rechte anerkannt werden. Diese Entscheidung ist für den Empfänger nur dann rechtswirksam, wenn sie ihm ordnungsgemäß zugestellt oder bekannt gegeben wird, soweit das vorliegende Gesetz nichts anderes bestimmt."

§ 73 des Gesetzes Nr. 337/1992 regelt das Verfahren zur Beitreibung von Steuerrückständen. Nach § 73 Abs. 7 wird auf die Steuervollstreckung die Zivilprozessordnung in entsprechend angepasster Form angewandt.

Nach § 261a Abs. 1 des Gesetzes Nr. 99/1963 über die Zivilprozessordnung (Zákon č. 99/1963 Sb., občanský soudní řád) in geänderter Fassung kann die Vollstreckung einer Entscheidung nur dann angeordnet werden, wenn die Entscheidung den Berechtigten und den Schuldner bezeichnet, den Umfang und den Inhalt der Verpflichtungen, zu deren Erfüllung die Vollstreckung der Entscheidung beantragt wurde, bestimmt und die Frist für die Vollstreckung festlegt.

Wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, darf nach der ständigen Rechtsprechung der höheren tschechischen Gerichte die genaue Identifizierung der Person des Schuldners nicht zweifelhaft sein oder es muss zumindest dem Vollstreckungstitel zweifelsfrei zu entnehmen sein, wem die Verpflichtung auferlegt wurde (Urteil des Nejvyšší soud České republiky vom , Aktenzeichen 21 Cdo 2101/98, veröffentlicht in Soudní judikatura 6/1999, S. 233). Ferner heißt es im Gutachten des Nejvyšší soud České socialistické republiky vom , Aktenzeichen Cpj 159/79 (Sbírka soudních rozhodnutí astanovisek, 1981, S. 499), dass eine Entscheidung, die den Schuldner nicht genau identifiziere, keine vollstreckbare Entscheidung sei und nicht Grundlage für die Beitreibung einer Forderung sein könne. Ebenso ergibt sich aus dem Beschluss des erweiterten Senats des vorlegenden Gerichts vom , Aktenzeichen 2 Afs 81/2004-54, dass auf der Grundlage eines Titels, der den Empfänger unzureichend bezeichnet, vorgenommene Vollstreckungshandlungen aufzuheben sind.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

Am erließ das Hauptzollamt Weiden einen an den Empfänger "Milan Kyrian, Studnicni 836, 39811 Protivin, Tschechische Republik" gerichteten Steuerbescheid und gab ihm auf, Verbrauchsteuern in Höhe von 218 520 DM zu zahlen. Dieser vom Hauptzollamt Weiden erlassene Vollstreckungstitel wurde am über das Ministerstvo financí - Generální ředitelství cel (Ministerium für Finanzen - Generaldirektion Zölle, Tschechische Republik) (im Folgenden: ersuchte Behörde des Ausgangsverfahrens) zugestellt.

Am erließ das Hauptzollamt Regensburg, die ersuchende Behörde, eine Zahlungsaufforderung und ersuchte gemäß Art. 6 der Richtlinie 76/308 am die ersuchte Behörde um die Beitreibung der Verbrauchsteuerrückstände aufgrund des vom Hauptzollamt Weiden erlassenen Vollstreckungstitels. In dem Beitreibungsersuchen wird der Kläger des Ausgangsverfahrens als Schuldner bezeichnet, es werden sein Familienname, sein Vorname, sein Wohnort und sein Geburtsdatum angegeben und die Verbrauchsteuerrückstände zusammen mit einem Bußgeld auf 3 258 625,30 CZK beziffert.

Im Dezember 2004 übertrug die ersuchte Behörde die Beitreibung der fraglichen Steuerrückstände dem Celní úřad Tábor. Dieser erließ daher im Dezember 2004 zwei Zahlungsaufforderungen über die Steuerrückstände, und zwar über die Verbrauchsteuern und das Bußgeld, und setzte hierzu gemäß § 73 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 337/1992 eine Zahlungsfrist. Herr Kyrian legte gegen diese beiden Aufforderungen einen Rechtsbehelf ein, den der Celní ředitelství České Budějovice (Zolldirektion České Budějovice, Tschechische Republik) mit zwei Entscheidungen vom 4. März und zurückwies. Diese Zurückweisung wurde durch Beschluss des Krajský soud v Českých Budějovicích vom und durch Urteil des Nejvyšší správní soud vom bestätigt.

Am erließ der Celní úřad Tábor eine Vollstreckungsanordnung, mit der er die Durchführung der Vollstreckung der Steuerrückstände im Wege des Lohnabzugs bei Herrn Kyrian anordnete. Dieser brachte gegen die Vollstreckungsanordnung Einwände vor, die der Celní úřad Tábor mit Entscheidung vom zurückwies.

Herr Kyrian erhob beim Krajský soud v Českých Budějovicích Klage gegen diese Vollstreckungsanordnung. Er machte insbesondere geltend, dass die Identifizierung des Empfängers im vom Hauptzollamt Weiden erlassenen Vollstreckungstitel durch Familiennamen, Vornamen und Anschrift unzureichend sei, weil dieser Titel sich an seinen Vater oder an seinen Sohn richten könne, die ebenfalls Milan Kyrian hießen und unter derselben Anschrift wohnten. Da das Zustellungsdokument nicht genau angebe, welcher dieser drei gleichnamigen Personen der Vollstreckungstitel zugestellt worden sei, sei dieser Titel mangels ordnungsgemäßer Zustellung nicht vollstreckbar.

Herr Kyrian trägt außerdem vor, dass er, da er die Schriftstücke, die ihm von den deutschen Zollbehörden in deutscher Sprache übersandt worden seien, nicht verstanden habe, keine angemessenen rechtlichen Schritte zur Geltendmachung seiner Rechte habe unternehmen können. Er sei nicht verpflichtet, auf seine eigenen Kosten für die Übersetzung dieser Schriftstücke zu sorgen.

Der im ersten Rechtszug befasste Krajský soud v Českých Budějovicích wies die Klage mit Urteil vom ab. Er wies darauf hin, dass nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 191/2004, mit dem die Richtlinie 76/308 umgesetzt worden sei, das Dokument, das als Vollstreckungstitel für die Beitreibung der Forderung in dem Staat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz habe, diene, unmittelbar als Vollstreckungstitel für die Beitreibung einer Forderung in der Tschechischen Republik angesehen werde. Daher sei weder die ersuchte Behörde noch der Krajský soud v Českých Budějovicích befugt, die von Herrn Kyrian geltend gemachten Einwände gegen den Vollstreckungstitel des Hauptzollamts Weiden zu prüfen.

Nach Auffassung des Krajský soud v Českých Budějovicích wird Herr Kyrian dadurch, dass er nicht nur mit seinem Familiennamen, seinem Vornamen und seiner Anschrift, sondern auch mit seinem Geburtsdatum bezeichnet worden sei, eindeutig als Schuldner identifiziert. Nach dem Beitreibungsersuchen und der beigefügten Zustellungsurkunde sei der fragliche Vollstreckungstitel ordnungsgemäß zugestellt worden und wirksam. Auch der Umstand, dass das Verfahren vor den deutschen Zollbehörden in deutscher Sprache geführt werde, habe die Rechte von Herrn Kyrian nicht verletzt. Es habe ihn nichts daran gehindert, in seinem eigenen Interesse den fraglichen Vollstreckungstitel einschließlich der in ihm enthaltenen Belehrung über die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen den Titel übersetzen zu lassen.

Herr Kyrian erhob gegen das Urteil des Krajský soud v Českých Budějovicích Kassationsbeschwerde beim Nejvyšší správní soud und machte gestützt auf die gleichen Gründe wie die im ersten Rechtszug angeführten geltend, dass der Vollstreckungstitel nicht vollstreckbar sei.

Vor diesem Hintergrund hat der Nejvyšší správní soud das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 76/308 dahin auszulegen, dass, wenn Maßnahmen zur Beitreibung von Forderungen vor dem Gericht des Mitgliedstaats angefochten werden, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, dieses Gericht befugt ist, nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats zu prüfen, ob das Dokument, das die Beitreibung ermöglicht (Vollstreckungstitel), vollstreckbar ist und ob es dem Schuldner ordnungsgemäß zugestellt worden ist?

2. Ergibt sich aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem Grundsatz des fairen Verfahrens, dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und dem Rechtsstaatsprinzip, dass die Zustellung des Dokuments, das die Beitreibung ermöglicht (Vollstreckungstitel), an den Schuldner in einer Sprache, die er nicht versteht und die außerdem nicht die Amtssprache des Staates ist, in dem an den Schuldner zugestellt wird, einen Fehler begründet, der es erlaubt, die Beitreibung aufgrund eines solchen Dokuments, das die Beitreibung ermöglicht (Vollstreckungstitel), zu verweigern?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

Mit seiner ersten Frage, die in zwei Teilen zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 76/308 dahin auszulegen ist, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, zuständig sind, zum einen die Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels zu prüfen und zum anderen zu kontrollieren, ob dieser Titel dem Schuldner ordnungsgemäß zugestellt worden ist.

Zur Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, zur Prüfung der Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels

Die Richtlinie 76/308 legt gemeinsame Vorschriften über die gegenseitige Unterstützung fest, um die Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle und Steuern zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , N, C-470/04, Slg. 2006, I-7409, Randnr. 53).

Zur Gewährleistung einer vollen Wirksamkeit und autonomen Auslegung der Richtlinie 76/308 ist grundsätzlich auf ihre Systematik und ihre Zielsetzungen Bedacht zu nehmen (vgl. entsprechend Urteile vom , Blijdenstein, C-433/01, Slg. 2004, I-981, Randnr. 24, und vom , Vorarlberger Gebietskrankenkasse, C-347/08, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 35).

Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 76/308 wird der Vollstreckungstitel unmittelbar anerkannt und automatisch wie ein Vollstreckungstitel des Mitgliedstaats behandelt, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat. Kann nach Art. 8 Abs. 2 dieser Titel gegebenenfalls nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, als solcher bestätigt und anerkannt oder durch einen Titel ergänzt oder ersetzt werden, der die Vollstreckung im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats ermöglicht, können diese Formalitäten nicht verweigert werden, wenn der Titel ordnungsgemäß abgefasst ist. Aus dieser Bestimmung selbst ergibt sich, dass Art. 12 der Richtlinie Anwendung findet, wenn die Durchführung einer dieser Formalitäten eine Anfechtung der Forderung und/oder des im Land der ersuchenden Behörde ausgestellten Vollstreckungstitels über diese Forderung zur Folge hat.

Art. 12 der Richtlinie 76/308 sieht hinsichtlich der Entscheidung über Anfechtungen der Forderung, des Vollstreckungstitels oder von Vollstreckungsmaßnahmen eine Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Instanzen des Mitgliedstaats, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, und denen des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, vor.

Ficht ein Betroffener die Forderung oder den in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgestellten Vollstreckungstitel an, ist nach Art. 12 Abs. 1 der Rechtsbehelf bei der zuständigen Instanz dieses Mitgliedstaats nach dessen Recht einzulegen. Gemäß Art. 12 Abs. 2 hat nämlich die ersuchte Behörde, sobald sie die Mitteilung über einen solchen Rechtsbehelf, die entweder durch die ersuchende Behörde oder durch den Betroffenen erfolgt ist, erhalten hat, in Erwartung einer Entscheidung der zuständigen Instanz das Beitreibungsverfahren auszusetzen, es sei denn, die ersuchende Behörde wünscht ein anderes Vorgehen.

Richtet sich der Rechtsbehelf gegen Vollstreckungsmaßnahmen in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, ist er nach Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 76/308 dagegen bei der zuständigen Instanz dieses Mitgliedstaats nach Maßgabe seiner Rechts- und Verwaltungsvorschriften einzulegen.

Diese Zuständigkeitsverteilung ist die logische Konsequenz des Umstands, dass die Forderung und der Vollstreckungstitel auf der Grundlage des Rechts des Mitgliedstaats, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, festgestellt bzw. erlassen worden sind, während für Vollstreckungsmaßnahmen in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, Letztere nach den Art. 5 und 6 der Richtlinie 76/308 die Vorschriften anwendet, die ihr nationales Recht für entsprechende Handlungen vorsieht, da diese Behörde am besten dazu in der Lage ist, die Rechtmäßigkeit einer Handlung nach Maßgabe ihres nationalen Rechts zu beurteilen (vgl. entsprechend Urteile vom , Twoh International, C-184/05, Slg. 2007, I-7897, Randnr. 36, und vom , Persche, C-318/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 63).

Diese Zuständigkeitsverteilung erlaubt es der ersuchten Behörde grundsätzlich nicht, die Wirksamkeit und die Vollstreckbarkeit der Handlung oder der Entscheidung, um deren Zustellung von der ersuchenden Behörde ersucht wird, in Frage zu stellen.

Fällt somit die Entscheidung über die Begründetheit von Anfechtungen der Forderung oder des Vollstreckungstitels grundsätzlich in die ausschließliche Zuständigkeit der Instanzen des Mitgliedstaats, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, so ist nicht auszuschließen, dass ausnahmsweise die Instanzen des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, befugt sind, zu prüfen, ob die Vollstreckung dieses Titels insbesondere die öffentliche Ordnung dieses Mitgliedstaats beeinträchtigen würde, und gegebenenfalls die Gewährung der Unterstützung ganz oder teilweise zu versagen oder sie von der Einhaltung bestimmter Voraussetzungen abhängig zu machen.

Nach den Art. 6 und 8 der Richtlinie 76/308 werden die Forderung, die Gegenstand eines Beitreibungsersuchens ist, sowie der für sie bestehende Vollstreckungstitel nämlich genauso behandelt wie vergleichbare Forderungen und Titel des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat. Es ist kaum denkbar, dass ein Vollstreckungstitel von diesem Mitgliedstaat vollstreckt wird, wenn diese Vollstreckung seine öffentliche Ordnung beeinträchtigen könnte. Im Übrigen ist die Einrede der öffentlichen Ordnung in Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 76/308 für Ersuchen der ersuchenden Behörde auf Übermittlung von Auskünften vorgesehen; danach kann die ersuchte Behörde eine solche Übermittlung u. a. dann ablehnen, wenn diese die öffentliche Ordnung des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz hat, verletzen würde.

Aus alledem ergibt sich, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, grundsätzlich nicht zuständig sind, die Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels zu überprüfen.

Zur Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, zu prüfen, ob der Vollstreckungstitel dem Schuldner ordnungsgemäß zugestellt worden ist

Um den zweiten Teil der ersten Frage zu beantworten, ist der Ausdruck "Vollstreckungsmaßnahmen" in Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 76/308 auszulegen.

Nach Art. 5 dieser Richtlinie ist der erste Abschnitt der Forderungsvollstreckung im Rahmen der gegenseitigen Unterstützung gerade die durch die ersuchte Behörde bewirkte Zustellung aller mit einer Forderung oder mit deren Beitreibung zusammenhängenden und von dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgehenden Verfügungen und Entscheidungen an den Empfänger, wobei diese Zustellung auf der Grundlage der von der ersuchenden Behörde zur Verfügung gestellten Angaben zu erfolgen hat.

Daraus folgt, dass die Zustellung eine der in Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 76/308 in Bezug genommenen Vollstreckungsmaßnahmen darstellt und dass daher nach dieser Bestimmung jeder Rechtsbehelf gegen die Zustellung bei der zuständigen Instanz des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, einzulegen ist.

Diese Auslegung wird zudem dadurch bestätigt, dass, wie sich im Wesentlichen aus dem sechsten Erwägungsgrund und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 76/308 ergibt, die Zustellung nach Maßgabe der Rechtsvorschriften für die Zustellung entsprechender Rechtsakte in dem Mitgliedstaat erfolgt, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat.

Wie in Randnr. 40 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist, ist die zuständige Instanz des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, am besten in der Lage, die in diesem Mitgliedstaat geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auszulegen.

Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 76/308 dahin auszulegen ist, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, grundsätzlich nicht zuständig sind, die Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels zu prüfen. Wird jedoch ein Gericht dieses Mitgliedstaats mit einem Rechtsbehelf gegen die Wirksamkeit oder die Ordnungsgemäßheit von Vollstreckungsmaßnahmen wie der Zustellung befasst, ist dieses Gericht befugt, zu prüfen, ob diese Maßnahmen ordnungsgemäß nach Maßgabe der Rechts- und Verwaltungsvorschriften dieses Mitgliedstaats durchgeführt worden sind.

Zur zweiten Vorlagefrage

Zur Zulässigkeit der zweiten Vorlagefrage hebt die tschechische Regierung hervor, dass diese Frage für die Entscheidung des vorlegenden Gerichts nicht von Bedeutung und daher rein hypothetisch sei, da die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz habe, nicht berechtigt seien, zu beurteilen, ob die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts bei der Zustellung von Rechtsakten an den Schuldner eingehalten worden seien.

Da das vorlegende Gericht für die Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Zustellung zuständig ist, ist es jedenfalls auch für die Feststellung eines eventuellen Fehlers des Zustellungsverfahrens nach Maßgabe der Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem es seinen Sitz hat, zuständig. Angesichts der klaren Ausführungen des Nejvyšší správní soud in der Vorlageentscheidung zu den Gründen, aus denen er die zweite von ihm vorgelegte Frage für sachdienlich und ihre Beantwortung für die Entscheidung des vor ihm anhängigen Rechtsstreits für erforderlich hält, ist diese Frage daher entgegen dem Vorbringen der tschechischen Regierung zulässig.

Mit seiner zweiten Frage möchte der Nejvyšší správní soud im Wesentlichen wissen, ob die Zustellung eines Vollstreckungstitels als nicht ordnungsgemäß angesehen werden kann, wenn diese Zustellung im Gebiet des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, in einer Sprache erfolgt ist, die der Empfänger nicht versteht und die auch nicht die Amtssprache dieses Mitgliedstaats ist.

Die Richtlinie 76/308 enthält keine Vorschriften, wonach die Zustellung eines Vollstreckungstitels in einer Sprache, die der Empfänger nicht versteht oder die nicht die Amtssprache oder eine der Amtssprachen des Mitgliedstaats ist, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, fehlerhaft wäre.

Zwar sieht Art. 17 der Richtlinie 76/308 vor, dass den Unterstützungsersuchen, dem Vollstreckungstitel und den zugehörigen Unterlagen eine Übersetzung in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, beigefügt wird, wobei diese Behörde auf die Übermittlung einer solchen Übersetzung verzichten kann, ohne dass die gleiche Möglichkeit dem Empfänger des Vollstreckungstitels offenstünde.

Wie jedoch die tschechische und die deutsche Regierung sowie die Kommission zutreffend hervorheben, sind die in dieser Vorschrift vorgesehenen Übersetzungen für die ersuchte Behörde für deren Bedürfnisse und nicht für den Schuldner bestimmt. Wie zudem die Kommission ebenfalls zutreffend im Rahmen eines Vergleichs der Regelung der Richtlinie 76/308 mit der Regelung der gerichtlichen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen durch die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. L 324, S. 79) vorträgt, ist die Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen Gegenstand einer Regelung, die sich von derjenigen unterscheidet, die für die gerichtliche Zusammenarbeit in Verwaltungs- und Steuersachen gilt, bei der sich das Verfahren vor der Steuerverwaltung und die spätere Zustellung von Entscheidungen nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten richtet.

Aus der Zielsetzung der Richtlinie 76/308 folgt, dass sie insbesondere die wirksame Durchführung der Zustellungen aller mit einer Forderung oder mit deren Beitreibung zusammenhängenden und von dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgehenden Verfügungen und Entscheidungen, einschließlich der gerichtlichen, gewährleisten soll. Dieses Ziel kann diese Richtlinie nicht ohne die Wahrung der berechtigten Interessen der Empfänger dieser Zustellungen erreichen (vgl. entsprechend Urteil vom 9. Februar 2006, Plumex, C-473/04, Slg. 2006, I-1417, Randnr. 21).

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Funktion der rechtzeitigen Zustellung darin besteht, den Empfänger in die Lage zu versetzen, Gegenstand und Grund des zugestellten Rechtsakts zu verstehen und seine Rechte geltend zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Weiss und Partner, C-14/07, Slg. 2008, I-3367, Randnr. 73).

Daher muss der Empfänger des Vollstreckungstitels im Rahmen der gegenseitigen Unterstützung nach der Richtlinie 76/308 in der Lage sein, zumindest den Gegenstand und den Grund des Antrags mit Bestimmtheit zu identifizieren.

In einem Verfahren wie dem Ausgangsverfahren ist dies der Fall, wenn die Zustellung in einer Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, erfolgt. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 76/308 nimmt die ersuchte Behörde die Zustellung nämlich nach Maßgabe der Rechtsvorschriften für die Zustellung entsprechender Rechtsakte in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, vor, was u. a. die Zustellung in einer Amtssprache dieses Mitgliedstaats umfasst.

Da die Richtlinie die Folgen einer Zustellung in einer anderen Sprache als einer Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, nicht regelt, ist es Sache des nationalen Gerichts, sein nationales Recht anzuwenden, wobei es dafür Sorge zu tragen hat, dass die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts sichergestellt wird. Letzteres kann das Gericht dazu veranlassen, eine nationale Vorschrift, die nur im Hinblick auf einen rein innerstaatlichen Sachverhalt ausgearbeitet worden ist, auszulegen, um sie auf den betreffenden grenzüberschreitenden Sachverhalt anzuwenden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Leffler, C-443/03, Slg. 2005, I-9611, Randnr. 51).

Wie sich nämlich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, ist es in Ermangelung ausdrücklicher Vorschriften des Gemeinschaftsrechts Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der Rechte gewährleisten sollen, die ein Rechtsbürger unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht ableitet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Rewe-Zentralfinanz und Rewe-Zentral, 33/76, Slg. 1976, 1989, Randnr. 5, und Leffler, Randnr. 49). Der Gerichtshof hat ferner festgestellt, dass diese Verfahrensmodalitäten nicht weniger günstig sein dürfen als diejenigen, die Rechte betreffen, die ihren Ursprung in der innerstaatlichen Rechtsordnung haben (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. Urteile Rewe-Zentralfinanz und Rewe-Zentral, Randnr. 5, vom , Palmisani, C-261/95, Slg. 1997, I-4025, Randnr. 27, vom , Edis, C-231/96, Slg. 1998, I-4951, Randnr. 34, und Leffler, Randnr. 50).

Daher ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass im Rahmen der mit der Richtlinie 76/308 geschaffenen gegenseitigen Unterstützung dem Empfänger eines Vollstreckungstitels dieser Titel in einer Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, zuzustellen ist, um ihn in die Lage zu versetzen, seine Rechte geltend zu machen. Um die Wahrung dieses Rechts zu garantieren, hat das nationale Gericht sein nationales Recht anzuwenden, wobei es dafür Sorge zu tragen hat, dass die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts sichergestellt wird.

Kosten

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen in der durch die Richtlinie 2001/44/EG des Rates vom 15. Juni 2001 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, grundsätzlich nicht zuständig sind, die Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels zu prüfen. Wird jedoch ein Gericht dieses Mitgliedstaats mit einem Rechtsbehelf gegen die Wirksamkeit oder die Ordnungsgemäßheit von Vollstreckungsmaßnahmen wie der Zustellung befasst, ist dieses Gericht befugt, zu prüfen, ob diese Maßnahmen ordnungsgemäß nach Maßgabe der Rechts- und Verwaltungsvorschriften dieses Mitgliedstaats durchgeführt worden sind.

2. Im Rahmen der mit der Richtlinie 76/308 in der durch die Richtlinie 2001/44 geänderten Fassung geschaffenen gegenseitigen Unterstützung ist dem Empfänger eines Vollstreckungstitels dieser Titel in einer Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, zuzustellen, um ihn in die Lage zu versetzen, seine Rechte geltend zu machen. Um die Wahrung dieses Rechts zu garantieren, hat das nationale Gericht sein nationales Recht anzuwenden, wobei es dafür Sorge zu tragen hat, dass die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts sichergestellt wird.

Fundstelle(n):
ZAAAD-42124