Leitsatz
[1] a) Öffentlichrechtliche Nutzungsbeschränkungen vermieteter Wohnräume berechtigen den Mieter nicht zur Mietminderung, wenn deren Nutzbarkeit mangels Einschreitens der zuständigen Behörden nicht eingeschränkt ist.
b) Haben die Parteien eine bestimmte Wohnfläche als Beschaffenheit der Mietsache vereinbart, sind die Flächen von Räumen, die nach dem Vertrag zu Wohnzwecken vermietet sind (hier: ausgebautes Dachgeschoss), bei der Wohnflächenermittlung unabhängig davon mit einzurechnen, ob sie bei einer Flächenberechnung nach den Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung als Wohnraum anzurechen sind (Fortführung von , NJW 2007, 2624, Tz. 13).
Gesetze: BGB § 536 Abs. 1; BGB § 536b
Instanzenzug: AG München, 414 C 28869/07 vom LG München I, 14 S 5934/08 vom
Tatbestand
Die Kläger waren von Januar 1989 bis Dezember 2007 Mieter eines Einfamilienhauses der Beklagten in M. . Nach § 1 des Mietvertrages beträgt die Wohnfläche 129,4 qm. Im Haus befinden sich Dachgeschossräume, die von den Klägern bis etwa 2005 als Wohnraum genutzt wurden. Die Kläger machen geltend, dass diese Räume wegen öffentlichrechtlicher Nutzungsbeschränkungen bei der Berechnung der Wohnfläche nicht zu berücksichtigen seien, so dass die tatsächliche Wohnfläche nur 108,6 qm betrage und somit um mehr als 10 % von der vereinbarten Wohnfläche abweiche.
Die Kläger haben Rückzahlung ihrer Auffassung nach überzahlter Miete in Höhe von 3.384 EUR nebst Zinsen, Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 543,59 EUR nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass sie ab November 2007 nur zur Zahlung einer Miete in Höhe von 372,13 EUR zuzüglich Betriebskosten verpflichtet sind. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.
Gründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Es könne offen bleiben, ob die Wohnfläche im vorliegenden Fall nach der Wohnflächenverordnung oder nach der Zweiten Berechnungsverordnung zu berechnen sei, denn die von den Klägern behauptete verminderte Wohnfläche ergebe sich nur vor dem Hintergrund öffentlichrechtlicher Nutzungsbeschränkungen. Darin liege jedoch kein Mangel im Sinne des § 536 BGB. Beschränkungen wegen vornehmlich feuerpolizeilicher Gründe berührten die Nutzbarkeit der Dachgeschossräume nicht unmittelbar. Aus dem Mietvertrag ergäben sich keine Hinweise darauf, dass das Dachgeschoss nicht zu Wohnzwecken genutzt werden könne. Da es ausgebaut gewesen sei, habe es nahe gelegen, dass es den Klägern zu Wohnzwecken zur Verfügung stehe, zumal sie es auch über einen sehr langen Zeitraum so genutzt hätten. Dass die Kläger von dieser gegebenen vertraglichen Nutzungsmöglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Gebrauch mehr gemacht hätten, berühre ihre Verpflichtung zur Entrichtung der Miete nicht. Soweit die Kläger ferner geltend gemacht hätten, dass die Dachgeschossräume schlechter beheizbar seien, Leitungen über Putz lägen und kein Wohnbelag vorhanden sei, handele es sich um offensichtliche Mängel, die von den Klägern bei der Anmietung nicht gerügt worden seien und deshalb nach § 536b BGB nicht mehr geltend gemacht werden könnten.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
1.
Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass etwaige öffentlichrechtliche Nutzungsbeschränkungen der Räume im Dachgeschoss die Kläger nicht zur Minderung der Miete berechtigen, weil die Nutzbarkeit dieser Räume mangels Einschreiten der zuständigen Behörden nicht eingeschränkt war (vgl. OLG Köln, WuM 1998, 152, 153 ; OLG Düsseldorf, DWW 2005, 20 und 2006, 286; MünchKommBGB/Häublein, 5. Aufl., § 536 Rdnr. 20; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl., § 536 BGB Rdnr. 76).
2.
Zu Recht und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die Kläger die Miete auch nicht wegen der verminderten Wohnqualität des Dachgeschosses (fehlender Wohnbelag, auf Putz verlegte Leitungen) mindern können, denn diese offensichtlichen Mängel waren den Klägern bei der Anmietung bekannt, so dass ihnen die Rechte aus §§ 536 und 536a BGB gemäß § 536b Satz 1 BGB nicht zustehen.
3.
Schließlich ist dem Berufungsgericht auch darin beizupflichten, dass die Kläger nicht wegen einer zu geringen Wohnfläche des angemieteten Einfamilienhauses zur Mietminderung berechtigt sind. Die ausgebauten Räume im Dachgeschoss sind den Klägern als Wohnraum vermietet worden und sind deshalb - unabhängig davon, ob sie bei einer Flächenermittlung nach den Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung als Wohnraum anzurechnen sind - bei der Ermittlung der tatsächlichen Wohnfläche des von den Klägern gemieteten Einfamilienhauses zu berücksichtigen.
a)
Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag regelmäßig nicht als unverbindliche Beschreibung, sondern als Beschaffenheitsvereinbarung anzusehen ist, die bei einer Abweichung von mehr als 10 % zum Nachteil des Mieters zu einem Mangel der Mietsache führt (, NJW 2004, 1947, unter II 2 a, sowie vom - VIII ZR 138/06, NJW 2007, 2626 Tz. 13 f., 17). Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung haben die Parteien mit der Angabe der Wohnfläche von 129,4 qm im Mietvertrag auch getroffen.
b)
Der Begriff der Wohnfläche ist auslegungsbedürftig, denn er hat keinen feststehenden Inhalt, und eine verbindliche Regelung zur Berechnung von Flächen bei preisfreiem Wohnraum fehlt. Nach der Rechtsprechung des Senats können für die Auslegung des Begriffs der Wohnfläche grundsätzlich auch beim frei finanzierten Wohnraum die für den preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen herangezogen werden, es sei denn, die Parteien haben dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beigemessen oder ein anderer Berechnungsmodus ist ortsüblich oder nach der Art der Wohnung nahe liegender (, NJW 2004, 2230, unter II 1 b aa, cc, sowie vom - VIII ZR 231/06, NJW 2007, 2624, Tz. 13). Nach der Rechtsprechung des Senats kommt somit einer Vereinbarung der Parteien darüber, welche Flächen in die Berechnung der Wohnfläche einzubeziehen sind, Vorrang zu. Eine solche Vereinbarung liegt hier nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor.
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Räume im Dachgeschoss nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag zu Wohnzwecken, also als Wohnraum vermietet wurden. Es hat einen solchen vertraglichen Nutzungszweck mit der Begründung bejaht, der Ausbau der - von den Klägern über lange Zeit auch tatsächlich zu Wohnzwecken genutzten - Räume habe eine Wohnnutzung nahe gelegt und der Mietvertrag enthalte keinen Hinweis darauf, dass sie nicht zu Wohnzwecken hätten genutzt werden sollen. Diese Auslegung ist als tatrichterliche Würdigung einer Individualvereinbarung nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGHZ 135, 269, 273 ; 154, 132, 133) . Ein derartiger Auslegungsfehler wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich. Die Auslegung des Berufungsgerichts ist möglich und daher für die Revisionsinstanz bindend (vgl. , NJW 1992, 1967, unter II 3 a).
Das Berufungsgericht hat die ausgebauten Räume des Dachgeschosses deshalb bei der Berechnung der Wohnfläche zu Recht berücksichtigt. Da die tatsächliche Wohnfläche - unter Berücksichtigung der einzubeziehenden Flächen des Dachgeschosses - den Angaben im Mietvertrag entspricht, sind die Kläger nicht zur Minderung der Miete wegen eines in einer Wohnflächenabweichung liegenden Sachmangels berechtigt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2009 S. 3421 Nr. 47
DAAAD-30544
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja