Grenzen der Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung
Zuschätzung von Betriebseinnahmen aus anderen Veranlagungszeiträumen
Kein Wahlrecht für die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens
Leitsatz
1. Ein in der Schlussbesprechung einer Betriebsprüfung fachkundig vertretener Steuerpflichtiger kann gegen eine tatsächliche
Verständigung über streitige Besteuerungsgrundlagen nicht einwenden, er sei sich der steuerlichen Konsequenzen, insbesondere
der Höhe der Steuernachzahlungen, die sich aus den der tatsächlichen Verständigung zugrunde gelegten Zuschätzungsbeträgen
ergeben haben, nicht bewusst gewesen.
2. Umfasst die in der Schlussbesprechung der Ergebnisse einer Betriebsprüfung getroffene tatsächliche Verständigung eine Regelung,
wonach die im Veranlagungszeitraum zuzuschätzenden Betriebseinnahmen teilweise in – von der Betriebsprüfung nicht umfassten
– anderen Veranlagungszeiträumen erzielt wurden, bindet die dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung entgegenstehende Regelung
die Beteiligten insoweit nicht.
3. Ernstliche Zweifel an der Bindungswirkung der zwischen dem Sachgebietsleiter der Veranlagungsstelle und dem Steuerpflichtigen
getroffenen tatsächlichen Verständigung über Besteuerungsgrundlagen besteht, insoweit – unwidersprochen – vorgetragen wird,
dass der Abschluss der tatsächlichen Verständigung durch unzulässige Druckmittel, insbesondere durch Androhung von Ermittlungen
durch die Steuerfahndungsstelle und der Einleitung eines Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung veranlasst worden ist.
4. Liegen konkrete tatsächliche Umstände vor, die es möglich erscheinen lassen, dass eine Steuerhinterziehung begangen wurde,
ist das Strafverfahren von der zuständigen Finanzbehörde zwingend einzuleiten. Keinesfalls besteht diesbezüglich ein Handlungsspielraum
zur Gestaltung des Regelungsinhalts einer tatsächlichen Verständigung.
Tatbestand
Fundstelle(n): AO-StB 2010 S. 16 Nr. 1 EFG 2009 S. 1807 Nr. 22 SAAAD-29506
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