BFH Beschluss v. - VI B 126/08

Kein Werbungskostenabzug für Verluste in der privaten Vermögenssphäre; die tatrichterliche Überzeugungsbildung ist einer Nachprüfung durch den BFH weitgehend entzogen

Gesetze: EStG § 2 Abs. 1 Nr. 4, EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, EStG § 12 Nr. 1

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision ist —bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit— jedenfalls unbegründet. Gründe nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die eine Zulassung rechtfertigen würden, liegen nicht vor.

1. a) „Grundsätzliche Bedeutung” kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.). Eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28, m.w.N.).

b) Das Finanzgericht (FG) hat im Streitfall entschieden, dass der Beteiligungsverlust des Klägers an der ihn beschäftigenden Kapitalgesellschaft nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden könne; der Verlust sei der steuerlich unbeachtlichen Vermögenssphäre des Klägers zuzurechnen. Für die Zuweisung des Beteiligungsverlustes zur Berufs- bzw. Erwerbssphäre lägen keine hinreichenden Gründe vor.

c) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob (und unter welchen Voraussetzungen) ein Beteiligungsverlust zu Werbungskosten führe, ist durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung bleiben —entsprechend der steuerlichen Systematik— Wertänderungen (Verluste) in der privaten Vermögenssphäre bei der Einkunftsermittlung im Rahmen der Überschusseinkünfte grundsätzlich außer Betracht (z.B. , BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830; , BFHE 177, 472, BStBl II 1995, 644; vom VI R 28/97, BFHE 191, 552, BStBl II 2000, 474; umfassend: Kreft in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 185 ff.; vgl. auch Grube in Festschrift für Franz Klein, Köln 1994, S. 913 ff., 923, insbesondere zu Darlehensverlusten). Ein Vermögensverlust kann unter Beachtung des objektiven Nettoprinzips nur dann als Erwerbsaufwand berücksichtigt werden, wenn besondere Umstände den Schluss rechtfertigen, dass die Gründe für den unfreiwilligen (völligen oder teilweisen) Verlust in der Berufs- bzw. Erwerbssphäre liegen (s. auch Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl., § 9 Rz 24 ff. und 56 ff.; Schneider, Der Betrieb, Beilage 6/2006, S. 51 ff., insbesondere S. 56 f.).

d) Ob die jeweiligen Aufwendungen (Verluste) —unter Beachtung der vorgenannten Rechtsmaßstäbe— der einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre oder der privaten Vermögenssphäre zuzuweisen sind, kann nur unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des betreffenden Einzelfalles entschieden werden. Dies ist Aufgabe des Tatsachengerichts.

Unter Berücksichtigung der angeführten Rechtsprechung des BFH hat das FG rechtsfehlerfrei festgestellt und eingehend ausgeführt, dass im Streitfall keine besonderen Umstände vorliegen, die es rechtfertigen könnten, den Beteiligungsverlust ausnahmsweise den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzuweisen.

e) Insgesamt weist der Rechtsstreit keine grundsätzlichen, fallübergreifenden Rechtsfragen auf, die einer weitergehenden Klärung durch den BFH bedürften (vgl. auch BFH-Beschlüsse vom VI B 17/08, BFH/NV 2009, 13; vom VI B 99/06, BFH/NV 2007, 1297; vom VI B 47/05, BFH/NV 2006, 296; vom VI B 141/04, BFH/NV 2006, 529).

2. Die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) genügen nicht den gesetzlichen Anforderungen (umfassend hierzu z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 48 ff.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Rz 58 ff.). Der Kläger hat bereits nicht schlüssig dargelegt, dass das FG seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) durch Nichtvernehmung von Zeugen bzw. des Klägers verletzt habe. Der Kläger verkennt insbesondere, dass diese Rüge zu den verzichtbaren Verfahrensrügen gehört (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Deshalb erfordert eine ordnungsgemäße Rüge dieser Verfahrensmängel auch den Vortrag, dass die Verletzung der betreffenden Verfahrensvorschrift in der Vorinstanz gerügt wurde, sofern sich die Rüge nicht schon aus dem angegriffenen Urteil ergibt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 20-22/08, BFH/NV 2009, 183; vom X B 202/07, BFH/NV 2008, 1681; vom I B 40/05, BFH/NV 2006, 101; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 103). Entsprechende Darlegungen fehlen in der Beschwerdebegründung. Auch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem ergibt sich nichts Einschlägiges.

3. Soweit sich die Beschwerde gegen die tatrichterliche Überzeugungsbildung des FG richtet, rechtfertigt dies keine Zulassung der Revision. Der Kläger vernachlässigt insoweit, dass die tatrichterliche Überzeugungsbildung, die Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigung sowie diesbezügliche Schlussfolgerungen einer Nachprüfung durch den BFH weitgehend entzogen sind (vgl. § 118 Abs. 2 FGO; z.B. , BFH/NV 2005, 702). Die tatrichterliche Überzeugungsbildung kann im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob die Schlussfolgerungen des FG aus den (verfahrensrechtlich einwandfrei) festgestellten Tatsachen mit den allgemeinverbindlichen Grundsätzen der Beweiswürdigung, insbesondere den allgemeinen Erfahrungssätzen und den Denkgesetzen vereinbar sind (vgl. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 82). Im Übrigen betrifft das Vorbringen gegen eine vom FG vorgenommene Tatsachenwürdigung einen die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigenden materiell-rechtlichen Mangel der Vorentscheidung (z.B. BFH-Beschlüsse vom III B 198/05, BFH/NV 2006, 2281; vom VI B 384/98, BFH/NV 2000, 868). Dies trifft auch im Streitfall zu.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1267 Nr. 8
CAAAD-24073