OFD Hannover - S 7100 - 611 - StO 172

Umsatzsteuerliche Behandlung der grenzüberschreitenden Vermietung beweglicher Gegenstände (sog. Lease-in/Lease-out-Transaktionen) und des sogenannten „sale-and-lease-back”-Verfahrens

„Lease-in/Lease-out”

Bei Verkehrsbetrieben ist im Zusammenhang mit der Anschaffung von Fahrzeugen folgender (stark verkürzt dargestellter) Sachverhalt angetroffen worden:

Der Verkehrsbetrieb erwirbt die für sein Unternehmen erforderlichen Fahrzeuge (z. B. Straßenbahnen) und vermietet sie langfristig im Rahmen eines sog. Hauptmietvertrages an eine amerikanische Treuhandgesellschaft (US-Trust). Der US-Trust seinerseits vermietet die Fahrzeuge im Rahmen eines sog. Untermietvertrages zurück an den Verkehrsbetrieb. Es handelt sich bei dieser Gestaltung um eine „Vermietung mit anschließender Rückvermietung”. Unter Umständen sind noch Zwischenmieter eingeschaltet. Der US-Trust ist aus dem Hauptmietvertrag zur Zahlung von Mietraten verpflichtet, die zu Beginn des Mietvertrages an den Verkehrsbetrieb im Voraus bezahlt werden. Der Untermietvertrag sieht in der Regel die laufende Zahlung der Mietraten vor, räumt dem Mieter aber die Option zur vorzeitigen Ablösung der Zahlungsverpflichtungen aus dem Mietvertrag ein. In den bisher bekannt gewordenen Fallgestaltungen wurde diese Option ausgeübt. Für den Verkehrsbetrieb ergibt sich aus dieser vertraglichen Gestaltung ein Barwert- und damit ein Finanzierungsvorteil in Höhe der Differenz zwischen den oben beschriebenen Zahlungsströmen. Der US-Trust erhält aus dieser vertraglichen Gestaltung Steuervorteile in den USA.

In Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder bittet die OFD bei derartigen Sachverhalten umsatzsteuerlich folgende Auffassung zu vertreten:

Sowohl das zivilrechtliche als auch das wirtschaftliche Eigentum an den Wirtschaftsgütern verbleibt beim inländischen Eigentümer/Unternehmer (Verkehrsbetrieb). Es liegt keine Übereignung/Lieferung an den ausländischen Investor (US-Trust) vor. Der steuerbare Leistungsaustausch besteht vielmehr darin, dass der inländische Unternehmer dem ausländischen Investor die Möglichkeit eröffnet, sich in den USA Steuervorteile zu verschaffen. Dafür erhält der inländische Unternehmer als Gegenleistung den Barwertvorteil in Höhe der Differenz zwischen der aus dem Hauptmietvertrag (bereits vorab) zugeflossenen Miete und der im Rahmen des Untermietvertrages (noch) zu zahlenden Miete.

Der Leistungsort für diese sonstige Leistung ist der Betriebssitz des inländischen Eigentümers nach § 3a Abs. 1 UStG, liegt also im Inland. Eine Steuerbefreiung nach § 4 UStG greift nicht, sodass der Barwertvorteil mit dem Regelsteuersatz zu versteuern ist. Der Barwertvorteil fließt dem inländischen Unternehmer am ersten Transaktionstag zu und ist entsprechend nach § 13 Abs. 1 Nr. 1a) Satz 1 UStG zu diesem Zeitpunkt zu besteuern.

Die vorstehend dargestellte Gestaltung ist mir bisher nur im Zusammenhang mit der Anschaffung und Vermietung von Fahrzeugen von Verkehrsbetrieben bekannt geworden. Es ist aber nicht auszuschließen, dass derartige Gestaltungen auch in anderen Branchen und mit anderen Wirtschaftsgütern anzutreffen sind. Sollten entsprechende Sachverhalte bekannt werden, bittet die OFD sie davon zu unterrichten.

„Sale-and-lease-back”

Mit dem „sale-and-lease-back”-Verfahren wird ein anderes Verfahren zur Finanzierung von Investitionen eingesetzt. Dabei veräußert der Erwerber (Leasingnehmer) eines Gegenstandes diesen anschließend an ein Finanzierungsunternehmen (Leasinggeber). Der Leasinggeber vermietet den Gegenstand im Rahmen eines Leasingvertrages wieder an den Leasingnehmer. Es handelt sich somit um einen „Verkauf mit Rückvermietung”. Je nach Sachverhaltsgestaltung fällt das Eigentum nach Ablauf der Vertragslaufzeit automatisch auf den Leasingnehmer zurück oder es wird zur Rückübertragung ein gesonderter Vertrag geschlossen. Das zivilrechtliche Eigentum wird dabei zunächst auf den Leasinggeber und nach Ablauf der Mietzeit zurück auf den Leasingnehmer übertragen.

Der (Az. V R 22/03, BStBl. 2006 II S. 727) entschieden, dass zumindest dann umsatzsteuerlich keine Lieferungen erfolgen, wenn das Eigentum nach Zahlung der letzten Rate automatisch an den Leasingnehmer zurückfällt. Ein Hinweis auf diese Rechtsprechung enthält Abschn. 25 Abs. 6 der Umsatzsteuerrichtlinien 2008. Mittlerweile wurde zusätzlich mit dem BStBl 2008 I S. 1084 zu der Problematik Stellung genommen.

Ergänzend zu dem BMF-Schreiben bemerket die OFD Folgendes:

In Abs. 2 Satz 2 des Schreibens wird ausdrücklich auf Abschn. 25 Abs. 4 Satz 2 UStR 2008 verwiesen und dadurch klargestellt, dass die ertragsteuerliche Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums des Gegenstandes auch für die umsatzsteuerliche Beurteilung von Bedeutung ist.

So ist eine Lieferung an den Leasinggeber mit anschließender Rückvermietung umsatzsteuerlich dann anzuerkennen, wenn der Gegenstand ertragsteuerlich dem Leasinggeber zuzurechnen ist.

Ist der Gegenstand hingegen ertragsteuerlich dem Leasinnehmer (und vormaligen Eigentümer) zuzurechnen, handelt es sich umsatzsteuerlich um eine Kreditgewährung durch den Leasinggeber an den Leasingnehmer, eine Lieferung des Leasingnehmers an den Leasinggeber liegt hingegen nicht vor.

In den Lösungen der Abwandlungen 1 und 2 des BMF-Schreibens (sog. Dreiecksverhältnisse mit nachträglichem Bestelleintritt) wird in beiden Fällen eine direkte Lieferung durch den Lieferanten (H) an den Leasingnehmer (V) angenommen, während der Leasinggeber (L) jeweils nur eine Kreditgewährung erbringt. Diese Lösungen gehen (gedanklich) davon aus, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Gegenständen ertragsteuerlich dem Leasingnehmer zuzurechnen ist.

OFD Hannover v. - S 7100 - 611 - StO 172

Fundstelle(n):
UR 2009 S. 466 Nr. 13
NAAAD-16020