Leitsatz
[1] Zur Bemessung der Vergütung des Sequesters.
Gesetze: KonkVwVergV vom
Instanzenzug: AG Heilbronn, 4 N 50/98 vom LG Heilbronn, 1 T 313/06 vom
Gründe
I.
Auf Antrag einer Krankenkasse auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Schuldners erließ das ein allgemeines Veräußerungsverbot und bestellte den Rechtsbeschwerdeführer zum Sequester. Mit Beschluss vom eröffnete das Amtsgericht das Konkursverfahren über das Vermögen des Schuldners. Der Rechtsbeschwerdeführer beantragte, seine Sequestervergütung auf 8.890 € zuzüglich Umsatzsteuer und Auslagenpauschale festzusetzen. Hierbei legte er eine Teilungsmasse von 120.760,82 € zugrunde und machte einen Vergütungssatz von 35 % der Konkursverwaltervergütung geltend.
Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht die Vergütung des Sequesters auf einen Gesamtbetrag inklusive Umsatzsteuer und Auslagenpauschale in Höhe von 5.725,31 € festgesetzt. Es hat eine Teilungsmasse von 102.344,10 DM (= 52.327,71 €) zugrunde gelegt und 25 % der Regelvergütung des Konkursverwalters zugebilligt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Sequesters ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Sequester eine Erhöhung der Vergütung um 2.301,59 €.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO), weil sie vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist (vgl. , ZIP 2002, 1589), und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
1. Das Landgericht hat gemeint, die vom Amtsgericht zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage sei zutreffend. Die mit Aus- und Absonderungsrechten überbelasteten Immobilien seien bei der Berechnungsgrundlage nicht zu berücksichtigen. Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hierzu betreffe zwar die Bestimmung der Bemessungsgrundlage beim vorläufigen Insolvenzverwalter (BGHZ 165, 266). Die hierzu entwickelten Grundsätze seien jedoch auch im Falle der Berechnung der Vergütung des Sequesters nach altem Recht zutreffend. Die Änderung des § 11 InsVV vom ändere daran nichts. Die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung in BGHZ 146, 165 sei nicht praktikabel gewesen.
Danach sei im vorliegenden Fall der Wert der mit Aus- und Absonderungsrechten überbelasteten Grundstücke bei der Berechnungsgrundlage nicht zu berücksichtigen. Ein Zuschlag auf die Regelvergütung nach § 3 Vergütungsverordnung sei nicht anzuerkennen. Die übliche Vergütung des Konkursverwalters sei der vierfache Regelsatz des § 3 Vergütungsverordnung, die angemessene Vergütung des Sequesters 25 % davon. Ein besonderer Zuschlagstatbestand liege nicht vor, weil sich der Sequester mit den Gegenständen, an denen Aus- und Absonderungsrechte bestanden hätten, nicht in erheblichem Maße, d.h. über das gewöhnliche Maß hinaus, befasst habe.
Beim Ansatz der Umsatzsteuer sei zu berücksichtigen, dass es sich auch bei der Sequestervergütung analog § 4 Abs. 5 Satz 1 Vergütungsverordnung um eine Bruttovergütung handele, in der bereits 7 % Umsatzsteuer enthalten seien. Diese seien herauszurechnen, bevor 16 % Umsatzsteuer hinzuzurechnen seien.
2. Die Rechtsbeschwerde meint demgegenüber: Wenn der Senatsbeschluss BGHZ 165, 266 bei der Berechnung der Vergütung des Sequesters zugrunde gelegt werden solle, müsse folgerichtig auch die Änderung des § 11 InsVV durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung berücksichtigt werden. Nach § 11 Abs. 1 Satz 4 InsVV n.F. würden zwar Vermögensgegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestünden, der Berechnungsgrundlage nach § 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV nur dann hinzugerechnet, wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit ihnen befasst habe. Nach dem Willen des Verordnungsgebers sei aber davon auszugehen, dass auch unterhalb der Schwelle des "erheblichen Befassens" mit Aus- und Absonderungsrechten zumindest ein Zuschlag auf die Regelvergütung in Betracht komme. Dies habe das Beschwerdegericht verkannt. Nach der Neufassung des § 11 InsVV habe bei erheblicher Befassung der Wert der Grundstücke sogar bei der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden müssen.
Da nach § 19 Abs. 2 InsVV die Neufassung des § 11 InsVV auf alle Vergütungen für vorläufige Insolvenzverwalter anzuwenden sei, die noch nicht rechtskräftig abgerechnet seien, müsse dies auch für den Sequester gelten.
Zur Begründung des von ihm beantragten Vergütungssatzes von 35 % der Konkursverwaltervergütung habe sich der Beschwerdeführer u.a. darauf berufen, er habe sich in erheblichem Umfang mit Aus- und Absonderungsrechten befasst. Auf der Grundlage dieses Vorbringens habe der beantragte Zuschlag von 10 % gewährt werden müssen.
3. Die Angriffe der Rechtsbeschwerde greifen nicht durch. Das Landgericht hat richtig entschieden.
a) Auf Konkursverfahren, die vor dem beantragt worden sind, finden gemäß Art. 103 Satz 1 EGInsO weiter die bisherigen gesetzlichen Vorschriften Anwendung. Damit sind alle unmittelbar das Konkursverfahren betreffenden Vorschriften gemeint, also auch die Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters, des Vergleichsverwalters, der Mitglieder des Gläubigerausschusses und der Mitglieder des Gläubigerbeirates (Vergütungsverordnung oder VergVO vom , BGBl. I S. 329; vgl. hierzu HK-InsO/Landfermann, 4. Aufl. Art. 103 EGInsO Rn. 2 f). Demgemäß war in § 19 InsVV ursprünglicher Fassung geregelt, dass auf Verfahren nach der Konkursordnung weiter die bisherigen Vergütungsvorschriften Anwendung finden (, ZIP 2004, 81, 82). Daran hat sich nichts dadurch geändert, dass § 19 InsVV nunmehr lediglich noch die Übergangsvorschriften aus Anlass der Ersten und Zweiten Änderungsverordnung zur Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung enthält (vgl. hierzu , z.V.b.). Der Verordnungsgeber hat die zunächst getroffene Übergangsvorschrift zwar offenbar für überholt gehalten. Er hat aber nicht angeordnet, dass auf das Konkursverfahren nunmehr die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung anwendbar sein soll. Deshalb bleibt es für Konkursverfahren weiter bei der Anwendbarkeit der Vergütungsverordnung).
b) In der Vergütungsverordnung ist die Vergütung des Sequesters nicht geregelt. Es besteht jedoch Übereinstimmung, dass der Sequester einen eigenständigen Vergütungsanspruch hat, der sich in entsprechender Anwendung der Vergütungsverordnung bemisst (Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung in Insolvenzverfahren InsVV/VergVO, 2. Aufl. § 1 VergVO Rn. 35; Eickmann, Kommentar zur Vergütung im Insolvenzverfahren 2. Aufl. 1997 Anhang A Rn. 7; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 106 Rn. 22c) und einen Bruchteil der Konkursverwaltervergütung beträgt (BVerfG ZIP 1989, 384; OLG Frankfurt/M ZIP 1992, 1564, 1565; Eickmann, aaO Anhang A Rn. 9, 15; Kuhn/Uhlenbruck aaO).
Im Regelfall werden 25 % der Normalvergütung eines Konkursverwalters für angemessen angesehen (AG Köln ZIP 1986, 1138; Eickmann, aaO Anhang A Rn. 16; Kuhn/Uhlenbruck aaO), also der einfache Regelsatz gemäß § 3 VergVO, weil dem Konkursverwalter in der Regel (zumindest) das Vierfache des Regelsatzes zuerkannt wird (OLG Frankfurt/M aaO; AG Köln ZIP 1986, 1138; Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO § 3 VergVO Rn. 8; Eickmann, aaO § 3 Rn. 16; Kuhn/Uhlenbruck aaO).
c) Bei der Festsetzung der Vergütung des Sequesters kann nicht auf die Bemessungsgrundlage für die Vergütung des Konkursverwalters gemäß §§ 1, 2 VergVO abgestellt werden, weil diese erst am Ende des Verfahrens feststeht. Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Sequesters muss vielmehr wie beim vorläufigen Insolvenzverwalter der Wert des von ihm während des Eröffnungsverfahrens verwalteten Vermögens sein (Eickmann, aaO Anhang A Rn. 11 f; Uhlenbruck ZIP 1996, 1889, 1891 m.w.N.; Raebel in Festschrift Gero Fischer, 459, 460 ff, 465 m.w.N.; zum vorläufigen Insolvenzverwalter vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung).
d) Für die Frage, ob Gegenstände, die mit Aus- oder Absonderungsrechten belastet sind, bei der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu berücksichtigen sind, hat der Senat entschieden, dass auch nach der ersten Änderung der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung solche Gegenstände nur berücksichtigt werden, wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang damit beschäftigt hat (BGHZ 165, 266, 271 f; 168, 321, 324 Rn. 6 ff). Hieran hat sich durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung nichts geändert. Nur wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit ihnen befasst hat, werden sie bei der Bemessungsgrundlage berücksichtigt (§ 11 Abs. 1 Satz 4 InsVV n.F.). Hat er sich nicht in erheblichem Umfang damit befasst, kann auch kein Zuschlag zu der Vergütung gewährt werden (, ZIP 2007, 2226, 2227 Rn. 9; Vill in Festschrift Gero Fischer, 547, 557 f).
Der Grundsatz, dass Gegenstände, die mit Aus- oder Absonderungsrechten belastet sind, bei der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nur berücksichtigt werden können, wenn sich dieser in erheblichem Umfang mit ihnen befasst hat, kann auf die Vergütung des Sequesters übertragen werden. Dies hat das Beschwerdegericht zutreffend gesehen.
Die Frage, ob in diesen Fällen ein Zuschlag zu gewähren ist (so BGHZ 165, 266, 274; 168, 321, 324) oder der Gegenstand gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 InsVV n.F. der Bemessungsgrundlage zuzurechnen ist, kann dahinstehen. Denn das Beschwerdegericht hat festgestellt, dass sich der Sequester nicht in erheblicher Weise mit den Gegenständen befasst hat, an denen Aus- und Absonderungsrechte bestanden. Demgemäß können sie weder bei der Bemessungsgrundlage noch durch einen Zuschlag Berücksichtigung finden.
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, aus ihrem Sachvortrag ergebe sich entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts eine erhebliche Befassung, setzt sie lediglich ihre Bewertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters. Die Feststellung der erheblichen Befassung ist eine nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu erfüllende Aufgabe des Tatrichters und grundsätzlich von ihm zu verantworten (vgl. , NZI 2006, 464; v. - IX ZB 201/05, ZInsO 2007, 370). Dass das Beschwerdegericht bei der Abgrenzung der erheblichen Befassung die hierfür geltenden Grundsätze (vgl. , ZIP 2006, 2134, 2136 Rn. 20 mit zahlreichen Nachweisen) verkannt hätte, macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend und ist nicht ersichtlich.
e) Beim Ansatz der Umsatzsteuer hat das Beschwerdegericht zutreffend berücksichtigt, dass bei der Bemessung der Vergütung des Sequesters auch § 4 Abs. 5 VergVO entsprechend Anwendung findet. Wie beim Konkursverwalter enthält die hiernach berechnete Vergütung des Sequesters folglich bereits anteilige Umsatzsteuer in Höhe von 7 %. Nur die Differenz zwischen der abzuführenden Umsatzsteuer und der bereits in der Vergütung enthaltenen ermäßigten Steuer ist demgemäß auf die Vergütung des Sequesters aufzuschlagen (vgl. , ZIP 2004, 81, 83; vgl. auch Eickmann, aaO Anhang Rn. 21a). Dies wird von der Rechtsbeschwerde zu Recht nicht in Frage gestellt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
ZIP 2009 S. 84 Nr. 2
FAAAD-02302
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja