Oberfinanzdirektion Karlsruhe - S 2221/124 - St 135

Basisversorgung i.S.d.§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG (sog. Rürup-Rente); Sonderausgabenabzug und Arbeitsanleitung zum Umgang mit der sog. Rürup-Rente

Bezug:

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SA-Abzug seit 2005

Zu den Sonderausgaben gehören seit 2005 auch Beiträge zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG (sog. Rürup-Rente).

1 Voraussetzungen

Voraussetzungen nach § 10 EStG

Beiträge zu einer Basisrente werden im Rahmen des Sonderausgabenabzugs für Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt, wenn die zukünftige Basisrente die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG aufgestellten Voraussetzungen erfüllt und die Beiträge an einen Anbieter im Sinne des § 80 EStG (ab 2006) oder an ein Versicherungsunternehmen geleistet werden, welches seinen Sitz oder die Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder in einem Vertragsstaat des europäischen Wirtschaftsraumes hat und dem Versicherungsunternehmen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt wurde (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a und d EStG). Nähere Ausführungen ergeben sich aus dem /IV C 5 - S 2345/08/0001.

Voraussetzungen für den Abzug von Beiträgen zu einer sog. „Rürup-Rente” sind danach insbesondere, dass:

  • Vers.-beginn nach dem

    der Versicherungs-/Vertragsbeginn nach dem liegt,

  • Personenidentität

    Die Beiträge dem Aufbau einer eigenen, kapitalgedeckten Altersversorgung dienen.

    Negativbeispiel:

    Versicherungsnehmer, versicherte Person und Leistungsempfänger sind nicht identisch (beachte aber Weitergeltung von R 10.1 EStR 2005 und Unschädlichkeit der Hinterbliebenenabsicherung).

  • Leistungen aus dem Vertrag

    Der Vertrag die Zahlung einer monatlichen, gleich bleibenden oder steigenden, lebenslangen auf den Stpfl. bezogenen Leibrente vorsieht.

    Leibrente in diesem Sinne

    Eine Leibrente i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst b EStG liegt vor, wenn der Vertrag eine monatliche, gleich bleibende oder steigende, auf das Leben des Versicherungsnehmers bezogene Rentenzahlung vorsieht, die sich mindestens aus der ab Rentenbeginn garantierten Leistung berechnet. Es ist insoweit aus steuerlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn sich geringfügige Schwankungen in der Rentenhöhe ergeben, die auch zu einem Sinken einzelner Rentenzahlungen führen können, sofern diese Schwankungen auf in einzelnen Jahren unterschiedlich hohen Überschussanteilen beruhen, die für die ab Beginn der Auszahlungsphase garantierte Rentenleistung gewährt werden. Ein planmäßiges Sinken der Rentenhöhe wäre allerdings mit den Grundsätzen einer lebenslangen Leibrente nicht zu vereinbaren. Auch ein Auszahlungsplan ist keine lebenslange Leibrente, da das Kapital am Laufzeitende aufgebraucht ist; ein Auszahlungsplan wird dabei auch nicht durch die Verknüpfung mit einer Rente selbst zu einer lebenslangen Leibrente. Ebenso liegt bei Auszahlung durch die regelmäßige Gutschrift einer gleich bleibenden oder steigenden Anzahl von Investmentanteilen keine lebenslange Leibrente iSd. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG vor.

  • Altersrente ab 60. Lj.

    Die Altersrente darf nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahrs des Versicherungsnehmers beginnen.

  • Keine Kapitalauszahlung

    Über den Anspruch auf Altersrente hinaus darf kein Anspruch auf Auszahlung bestehen (auch nicht im Fall der Kündigung). Es darf auch nicht die Zahlung eines Sterbegeldes vorgesehen sein.

    Negativbeispiel:

    Der Vertrag sieht eine Kapitalabfindung vor oder es werden Rückkaufswerte ausgewiesen. Ausgenommen ist lediglich die Abfindung einer Kleinbetragsrente i.S. § 93 Abs. 3 EStG, nicht jedoch vor dem 60. Lebensjahr.

  • Ansprüche dürfen nicht …

    Die Ansprüche dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein.

    Ausdrückliche Regelung erforderlich

    Nach Rz. 22 des müssen diese Einschränkungen ausdrücklich im Vertrag geregelt sein.

    Nicht mehr erforderlich ist, dass im Vertrag eine nachträgliche Änderung dieser Einschränkungen ausgeschlossen sein muss.

    Nichtvererblichkeit bei Publikumsfonds

    Im Rahmen von Fondsprodukten (Publikumsfonds) kann die Nichtvererblichkeit dadurch sichergestellt werden, dass keine erbrechtlich relevanten Vermögenswerte aufgrund des Basisrentenvertrages beim Steuerpflichtigen vorhanden sind. Diese Voraussetzung kann entweder über eine auflösend bedingte Ausgestaltung des schuldrechtlichen Leistungsanspruchs („Treuhandlösung”) oder im Wege spezieller Sondervermögen erfüllt werden, deren Vertragsbedingungen vorsehen, dass im Falle des Todes des Anlegers dessen Anteile zugunsten des Sondervermögens eingezogen werden („Fondslösung”). Ebenso kann diese Voraussetzung durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Anbieter und dem Steuerpflichtigen erfüllt werden, nach der im Falle des Todes des Steuerpflichtigen der Gegenwert seiner Fondsanteile der Sparergemeinschaft zugute kommt („vertragliche Lösung”).

  • Ergänzende Absicherung

    Ergänzende Vereinbarungen zur Absicherung der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit sowie der Hinterbliebenenversorgung sind möglich.

    Unschädlichkeits grenze 50-Prozent

    Eine ergänzende Absicherung ist nur dann unschädlich, wenn mehr als 50 Prozent des Beitrags des vom Stpfl. konkret zu zahlenden (Gesamt-) Beitrags auf die eigene Alterversorgung entfällt. Dabei dürfen die Überschussanteile aus den entsprechenden Risiken die darauf entfallenden Beiträge mindern.

    Einheitlicher Vertrag erfordert.

    Sowohl die Altersvorsorge als auch die ergänzende Absicherungen müssen in einem einheitlichen Vertrag geregelt sein.

    Keine erg. Absicherung in Ausnahmefällen

    Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Beitrag der insoweit auf die Absicherung dieses Risikos (Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. Hinterbliebene) entfällt, für die Prüfung der 50 %-Grenze der Altersvorsorge zuzuordnen.

    Ausnahme: ant. Beitrag der Berufs- u. Erwerbsunf.vers. ist Teil d. Altersvors.

    Dies ist dann der Fall, wenn bei Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit eine vollständige oder teilweise Beitragsfreistellung vorgesehen ist und lediglich der Anspruch auf eine Altersvorsorge weiter aufgebaut wird. Dies gilt jedoch nur, wenn kein Wahlrecht zwischen einer Rente und der Beitragsfreistellung besteht.

    Ausnahme: ant. Beitrag der Hinterbliebenenvers. ist Teil d. Altersvorsorge

    Bei einer Hinterbliebenenversorgung ist dies nur dann der Fall, wenn diese ausschließlich aus dem bei Tod vorhandenen Altersvorsorge-Restkapital finanziert wird und der Basisrentenvertrag vorsieht, dass der überlebende Ehegatte eine lebenslange Leibrente i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG (insbesondere nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres) erhält. Dann handelt es sich insgesamt um eine Altersvorsorge.

  • Rürup-Anbieter

    Ein Beitragsempfänger i.S.d. § 10 Abs. 2 Nr. 2 EStG vorliegt

    Änderungen durch das JStG 2007

    Mit dem Jahressteuergesetz 2007 wurde mit Wirkung ab der Kreis der möglichen Produktanbieter dahingehend erweitert, dass nunmehr auch Anbieter zertifizierter privater Altersvorsorgeprodukte wie Versicherungen, Banken, Fondsgesellschaften und bestimmte betriebliche Versorgungseinrichtungen wie Direktversicherung, Pensionskasse eine steuerlich begünstigte Rürup-Rente anbieten können (§ 10 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Die Produktvoraussetzungen für das Vorliegen einer Rürup-Rente wurden hierdurch jedoch nicht erweitert oder umgangen.

2 Verfahren

FAIR-Liste

Anders als bei Riester-Verträgen gibt es bei Rürup-Rentenverträgen (auch Basis-Rente genannt) keine staatliche Zertifizierung. Die Liste der bereits geprüften und anzuerkennenden „Rürup-Rentenverträge” (in FAIR → ESt → Rürup abrufbar) ist nicht abschließend und – wie sich neuerdings herausgestellt hat – nicht immer zutreffend.

Tarife mit derselben Bezeichnung aber mit unterschiedl. Bedingungen

Es sind Fälle aufgetreten, bei denen Versicherungsgesellschaften unter der gleichen Tarifbezeichnung Rentenversicherungen mit verschiedenen Vertragsinhalten abgeschlossen haben. Danach gibt es beim gleichen Anbieter unter derselben Tarifbezeichnung Rentenversicherungen, bei denen die Voraussetzungen für eine Basisversorgung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht erfüllt sind (z.B. individuelle Regelung über das Bezugsrecht, bzw. Kapitalauszahlung etc.) und solche, die die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllen.

Neu in FAIR: gelbe und orangene Liste

Die bisherige Verfahrensweise kann daher nicht aufrecht erhalten werden. Die Liste in FAIR enthält daher künftig eine sog. gelbe und eine sog. orangene Liste. Bei der gelben Liste sind bisher keine verschiedenen Verträge für den gleichen Tarif aufgetreten, bei der orangenen Liste sind verschiedene Verträge mit derselben Tarifbezeichnung bekannt geworden.

Prüfung des FA unhängig von FAIR-Liste

Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Tarife der sog. gelben Liste ungeprüft als sog. Basisversorgung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG anerkannt werden können.

Neues Verfahren

Für die steuerliche Anerkennung von Beiträgen in einen „Rürup-Rente” ist nunmehr wie folgt vorzugehen:

  • Tarif in gelber Liste

    Tarif des Anbieters ist in der sog. gelben Liste aufgeführt. Für die Anerkennung der Beiträge als Sonderausgaben reicht es aus, dass

    • der betreffende Tarif des betreffenden Anbieters in der Liste aufgeführt ist,

    • der Steuerbürger eine Bescheinigung des Anbieters vorlegt, wonach die Beiträge für eine nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG begünstigten Vertrag geleistet wurden und

    • der Versicherungsschein (Kopie reicht aus) vorliegt. Bei Fondsprodukten ist der Vertrag oder eine dem Versicherungsschein entsprechende Bescheinigung des Anbieters (in Kopie) vorzulegen.

Prüfung der Voraussetzungen durch FA

Liegen die entsprechenden Unterlagen und die Bescheinigung des Anbieters vor, ist vom Finanzamt zu prüfen, ob danach die Voraussetzungen für eine Basisversorgung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllt sind.

  • Voraussetzungen lt. FA erfüllt

    Sind diese nach Auffassung des Finanzamtes erfüllt,

    können die Beiträge als Beiträge für eine Basisversorgung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG anerkannt werden.

    Bis zur Aufnahme entsprechender Vermerkzeilen in das Programm „Dauersachverhalte” ist der Tarif und das Versicherungsunternehmen auf dem Mantelbogen zu vermerken.

    Folgejahre

    In den Folgejahren reicht die Bezeichnung des Tarifes in der sog. gelben Liste und die Bescheinigung des Anbieters, dass die Beiträge für einen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG begünstigten Vertrag geleistet wurden, aus. Eine Prüfung kann jedoch angezeigt sein, wenn z.B. die Beitragszahlung gegenüber dem Vorjahr schwankt. Dies gilt nicht bei Rentenversicherungen gegen Einmalbetrag.

  • Voraussetzungen nicht erfüllt oder zweifelhaft

    Sind diese nach Auffassung des Finanzamtes nicht erfüllt oder zweifelhaft

    ist der Fall der OFD Karlsruhe z.Hd. St 135, mit dem Vermerk „keine Rürup-Rente lt. Liste oder zweifelhafte Rürup-Rente” vorzulegen. Wichtig wäre, wenn in diesen Fällen dann ggf. die übrigen Vertragsgrundlagen noch angefordert und ebenfalls vorgelegt würden.

  • Tarif ist nicht in gelber Liste oder ist in der orangenen Liste

    Tarif des Anbieters ist nicht in der sog. gelben Liste oder ist in der orangenen Liste aufgeführt

    Zur Prüfung der Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug ist es erforderlich, dass sämtliche Vertragsunterlagen angefordert und intensiv geprüft werden.

    „Sämtliche Vertragsunterlagen”

    Im Regelfall wird der Versicherungsvertrag auf die allgemeinen Versicherungsbedingungen verweisen und diese zum Vertragsbestandteil erklären. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen müssen demnach ebenfalls in die Prüfung mit einbezogen werden. Der Steuerbürger ist daher auch zur Vorlage dieser Unterlagen aufzufordern. Werden diese nicht vollständig vorgelegt, ist der Sonderausgabenabzug zu versagen.

    Alle Vertragsunterlagen sind zu prüfen

    Die Vertragsunterlagen und die dazu gehörigen Versicherungsbedingungen und weitere zum Vertragsbestandteil erklärte Unterlagen sind vom Finanzamt zu prüfen (sämtliche Vertragsunterlagen).

    Voraussetzungen erfüllt → Vorlage an OFD

    Ergibt die Prüfung, dass eine Basisversorgung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nach Auffassung des Finanzamtes vorliegen, sind sämtliche Vertragsunterlagen in Kopie einschließlich der ausgefüllten Checkliste an die OFD Karlsruhe, z.Hd. St 135, mit dem Vermerk „begünstigte Rürup-Rente” zu senden.

Neue Checkliste

Die Prüfung der Voraussetzungen für eine Rürup-Rente kann mittels der als Anlage beigefügten Checkliste erfolgen.

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Qualität der FAIR-Liste

Die Informationen, die in die Listen eingehen, und somit die Aktualität sind entscheidend von den entsprechenden Mitteilungen des jeweiligen Bearbeiters beim Finanzamt abhängig.

Aufhebung der Verfügungen S 222.0/6 St 133

Die und werden hiermit aufgehoben.

Oberfinanzdirektion Karlsruhe v. - S 2221/124 - St 135

Fundstelle(n):
StBW 2008 S. 8 Nr. 6
FAAAC-70884