OFD Frankfurt/M. - S 2128 A - 4 - St 219

Vertragliche Beziehungen zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter;
Überlassen von Nutzungsvorteilen an eine Kapitalgesellschaft;
Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens

Überlässt ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ein Wirtschaftsgut zur Nutzung, so ist zunächst zu überprüfen, ob die Nutzungsüberlassung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt Ggf. ist der Vorgang in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.

Beispiel 1:

Ein GmbH-Gesellschafter überlässt ein Grundstück zur vorübergehenden Verwendung an eine GmbH zu einer Pacht in Höhe von 300 € monatlich. Die ortsübliche Pacht beträgt 500 €.

Die Überlassung des Grundstücks erfolgt zu 60 % (= 300/500) entgeltlich und zu 40 % (= 200/500) unentgeltlich.

Soweit es sich um einen entgeltlichen Geschäftsvorgang handelt, sind die damit zusammenhängenden Betriebsausgaben/Werbungskosten im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart zu berücksichtigen.

Soweit der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ein Wirtschaftsgut unentgeltlich überlässt, stellen die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Gesellschafters keine nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung dar. Denn der mit der unentgeltlichen Überlassung verbundene Nutzungsvorteil ist mangels Aktivierbarkeit bei der GmbH nicht einlagefähig und daher nicht als verdeckte Einlage anzusehen ( BFH/NV 2000, 1278 m.w.N., R 40 KStR 2004).

Sind an der Kapitalgesellschaft auch nahe Angehörige des Gesellschafters beteiligt, kann eine unentgeltliche Leistung des Gesellschafters auf unterschiedlichen Gründen beruhen. Er kann im eigenen wirtschaftlichen Interesse – z.B. um zur wirtschaftlichen Gesundung der GmbH beizutragen und um in Zukunft durch sie Erträge zu erzielen – oder aber auch im Interesse seiner nahen Angehörigen handeln, um den Wert ihrer Geschäftsanteile zu erhöhen (vgl. a.a.O.).

Soweit der Gesellschafter im Interesse seiner Angehörigen handelt, sind die hiermit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen als Kosten der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG steuerlich nicht zu berücksichtigen (zur Abgrenzung der beruflichen von der privaten Veranlassung vgl. detailliert a.a.O.).

Überlässt der Gesellschafter einen Nutzungsvorteil unentgeltlich und handelt er in eigenem wirtschaftlichen Interesse, können die Aufwendungen des Gesellschafters – wenn die Beteiligung zum Betriebsvermögen gehört – als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG oder – sofern die Beteiligung dem Privatvermögen zuzurechnen ist – als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden (vgl. BStBl 1988 II S. 348). Dies beruht auf der Überlegung, dass der vom Gesellschafter gewährte Nutzungsvorteil in der Regel den Gewinn der Kapitalgesellschaft erhöht, an dem der Gesellschafter nach Maßgabe der Gewinnausschüttung teilnehmen und – je nach Zuordnung zum Betriebs- oder Privatvermögen – entsprechende betriebliche (§ 15 EStG) oder private (§ 20 EStG) Beteiligungserträge erzielen kann (vgl. a.a.O.).

Auf die aus der Beteiligung erzielten Einkünfte findet das Halbeinkünfteverfahren Anwendung, so dass die Aufwendungen nach § 3c Abs. 2 EStG lediglich zur Hälfte steuermindernd berücksichtigt werden können.

Beispiel 2:

Der Alleingesellschafter einer GmbH überlässt dieser unentgeltlich ein Darlehen, das er zum Teil refinanziert. Das Darlehen wird zu einem Zeitpunkt gewährt, in dem eine Bank der GmbH ein Darlehen im Hinblick auf die Vermögenssituation der GmbH nicht gewährt hätte. Der Gesellschafter hofft, dass die GmbH durch das Darlehen in der Lage sein wird, notwendige Investitionen zu tätigen und die GmbH somit aus ihrer Krise hinauszuführen. Der Gesellschafter ist darüber hinaus als Geschäftsführer der GmbH nichtselbständig tätig.

Die Einkünfteerzielungsabsicht im Hinblick auf die Beteiligung an der GmbH ist gegeben. Die Aufwendungen für die Refinanzierung des Darlehens sind weder im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) noch im Rahmen der Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG) zu berücksichtigen. Die Aufwendungen stehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einkünften aus Kapitalvermögen, da die laufende Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen im Vordergrund steht. Daher können sie als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen nur zu Hälfte berücksichtigt werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, § 3c Abs. 2 EStG).

Wegen der Behandlung des Darlehens im Falle der Insolvenz der GmbH vgl. ESt-Kartei § 17 Karte 4.

Beispiel 3:

Ein Alleingesellschafter einer GmbH überlässt im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ein Grundstück mit Lagerhalle teilentgeltlich an die GmbH. Die vereinbarte Miete beträgt 600 €, die ortsübliche Miete 1.800 €. Die laufenden Ausgaben für das Grundstück betragen inklusive Abschreibung für Abnutzung 15.000 €.

Rechtsfolge einer Betriebsaufspaltung ist u.a., dass eine ihrer Art nach nicht gewerbliche Tätigkeit – nämlich das Vermieten und Verpachten von Wirtschaftsgütern durch das Besitzunternehmen – durch eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen dem oder den Vermietern oder Verpächtern (= Besitzunternehmen) und der gewerblichen Betriebsgesellschaft zum Gewerbebetrieb wird. Zu dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehören die überlassenen Wirtschaftsgüter sowie die Anteile an der GmbH als Betriebsgesellschaft.

Das Grundstück wurde teilentgeltlich überlassen, so dass der Geschäftsvorgang in einen entgeltlichen (33,33 %) und einen unentgeltlichen (66,67 %) Geschäftsvorgang aufzuteilen ist.

Soweit die Aufwendungen auf den entgeltlichen Teil des Vorgangs entfallen (15.000 * 33,37 % = 5.000 €), können sie in voller Höhe als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

Durch die unentgeltliche Überlassung des Grundstücks zu 66,67 % wird der Gewinn der Kapitalgesellschaft erhöht. Die Gewinnerhöhung wird dem Gesellschafter letztendlich durch Gewinnausschütungen zufließen, die als Einkünfte aus Gewerbebetrieb dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe d. Satz 2, § 20 Abs. 3, Absatz 1 Nr. 1 EStG). Entsprechend können die mit diesen Einkünften in Zusammenhang stehenden Aufwendungen nach § 3c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte berücksichtigt werden, mithin in Höhe von 3.750 € (= 15.000 * 66.67 % *  1/2 ).

OFD Frankfurt/M. v. - S 2128 A - 4 - St 219

Fundstelle(n):
QAAAC-64370