BFH Beschluss v. - XI E 7/06

Streitwert bei Verfahren wegen Gewinnfeststellung; Erinnerung gegen den Kostenansatz

Gesetze: GKG § 34; GKG § 47; GKG § 52

Instanzenzug:

Gründe

I. Mit Beschluss vom XI B 91/05 hatte der Senat die Beschwerde des Kostenschuldners und Erinnerungsführers (Kostenschuldner) wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des mit entsprechender Kostenfolge als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kostenschuldner war neben einem weiteren Gesellschafter zu 50 v.H. an einer GbR beteiligt. Gegenstand der erfolglosen Klage und Beschwerde waren die einheitlichen und gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen 1991 bis 1994.

Mit Kostenrechnung vom forderte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 1 523 127 € eine Gebühr in Höhe von 12 212 € bei dem Kostenschuldner an.

Hiergegen hat der Kostenschuldner mit Schreiben vom „Widerspruch” erhoben und geltend gemacht, der Streitwert sei überhöht.

Die Vertreterin der Staatskasse beim BFH (Erinnerungsgegnerin) beantragt, die „Erinnerung” als unbegründet zurückzuweisen.

II. 1. Der von dem Kostenschuldner erhobene „Widerspruch” ist zu seinen Gunsten als Erinnerung zu behandeln, weil dies nach § 66 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) der einzige in Betracht kommende Rechtsbehelf gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung ist.

Mit der Erinnerung können die Kostenansätze und die ihnen zugrunde liegende Streitwertbemessung überprüft werden (vgl. , BFH/NV 1993, 488).

2. Die Erinnerung ist unbegründet.

Zwar beträgt der Streitwert nicht —wie von der Kostenstelle des BFH angegeben— 1 523 127 €, sondern 1 518 858 €. Die Differenz von 4 269 € führt jedoch zu keinem niedrigeren Kostenansatz. Denn eine Gebühr beträgt bei einem Streitwert zwischen 1 500 000,01 € und 1 550 000 € gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 GKG 6 106 €. Da im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses Teil 6 (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) im Falle der Zurückweisung der Beschwerde 2,0 Gebühren zu erheben sind, waren die Gerichtskosten sowohl bei Zugrundelegung eines Streitwerts in Höhe von 1 523 127 € als auch bei Zugrundelegung eines Streitwerts in Höhe von 1 518 858 € mit 12 212 € anzusetzen.

Der Streitwert ist nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert (§ 47 Abs. 3 GKG). Hat der Kostenschuldner —wie hier— im Beschwerdeverfahren nicht erkennbar gemacht, dass er in einem Revisionsverfahren das Klagebegehren nur noch eingeschränkt weiter verfolgen werde, bestimmt sich der Streitwert im Beschwerdeverfahren nach dem Streitwert im Klageverfahren (vgl. , BFH/NV 1995, 254, m.w.N.).

Bei Klage nur eines Gesellschafters gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid ist der Streitwert lediglich von dem Betrag zu berechnen, um den der Gewinnanteil des klagenden Gesellschafters zu vermindern wäre (, BFH/NV 2006, 315, m.w.N.). Abweichend von der Berechnung des Kostenbeamten ist danach auch im vorliegenden Fall keine pauschale Berechnung der Gewinnanteile des Kostenschuldners anhand der Beteiligungsverhältnisse vorzunehmen, sondern es ist von den nach den Gewinnfeststellungsbescheiden tatsächlich auf ihn entfallenden Gewinnanteilen auszugehen.

a) Im Verfahren vor dem FG lautete der Antrag des Kostenschuldners dahin, die Feststellungsbescheide 1991 bis 1994 vom bzw. aufzuheben.

Bei den Feststellungsbescheiden 1991 und 1992 handelte es sich um geänderte Bescheide. Insoweit ging deshalb das Begehren des Kostenschuldners dahin, die ursprünglichen Feststellungsbescheide 1991 und 1992, mit denen Verluste festgestellt worden waren, wieder herzustellen. Dementsprechend war der Streitwertberechnung für die Jahre 1991 und 1992 der Unterschied zwischen den ursprünglich für den Kostenschuldner als laufende Einkünfte festgestellten Verlustanteilen (1991: ./. 34 440 DM; 1992: ./. 1 096 DM) und den durch die Änderungsbescheide als laufende Einkünfte festgestellten Gewinnanteilen (1991: 239 335,02 DM; 1992: 363 929,34 DM) zugrunde zu legen, also für 1991 der Betrag von 273 775,02 DM und für 1992 der Betrag von 365 025,34 DM.

Für die Jahre 1993 und 1994 waren der Streitwertberechnung die in den angefochtenen erstmaligen Feststellungsbescheiden vom als laufende Einkünfte festgestellten Gewinnanteile, also für 1993 410 208,14 DM und für 1994 403 250 DM, sowie der in dem Feststellungsbescheid 1994 vom außerdem festgestellte Veräußerungsgewinnanteil von 8 977 995,97 DM zugrunde zu legen.

Die Summe der vorgenannten streitigen Anteile an den laufenden Gewinnen 1991 bis 1994 beträgt 1 452 258,50 DM (273 775,02 DM + 365 025,34 DM + 410 208,14 DM + 403 250 DM).

b) Die von der Kostenstelle des BFH vorgenommene Bemessung des Streitwerts mit 50 v.H. der Summe der Anteile am laufenden Gewinn (726 129,25 DM) und mit 25 v.H. des Veräußerungsgewinnanteils (2 244 498,99 DM) ist nicht überhöht.

Im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist der Streitwert zwar nach der für die Jahre 1991 bis 1994 geltenden BFH-Rechtsprechung in der Regel mit 25 v.H. der streitigen Beträge zu bemessen, sofern die Feststellung des laufenden, nicht tarifbegünstigten Gewinns streitig ist, und mit 15 v.H. der streitigen Beträge, sofern die Feststellung des tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns streitig ist. Höhere Prozentsätze sind jedoch anzuwenden, soweit die Höhe der festgestellten Gewinne im Hinblick auf die progressive Ausgestaltung des Einkommensteuertarifs erkennen lässt, dass ein Streitwert in Höhe von nur 25 v.H. bzw. 15 v.H. den tatsächlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Einkommensbesteuerung des beteiligten Gesellschafters nicht gerecht wird (z.B. BFH-Beschlüsse vom IV E 3/92, BFH/NV 1993, 376, und in BFH/NV 2006, 315, beide m.w.N.).

Angesichts der Höhe der im vorliegenden Fall streitigen laufenden Gewinnanteile von mehr als 270 000 DM pro Jahr ist die Annahme gerechtfertigt, dass sich in sämtlichen Jahren der Durchschnittssteuersatz dem Spitzensteuersatz von seinerzeit 53 v.H. annäherte und damit die Bemessung des Streitwerts nach einem Vomhundertsatz von 50 zutreffend ist. Der Pauschalsatz beruht auf der typisierenden Annahme, dass die Gesellschafter auch noch andere steuerbare Einkünfte erzielen (, juris Nr: STRE200610304). Unter Berücksichtigung der für Veräußerungsgewinne im Streitjahr 1994 anzusetzenden Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ist die Anwendung eines Vomhundertsatzes von 25 auf den Veräußerungsgewinnanteil in Höhe von 8 977 995,97 DM ebenfalls nicht zu beanstanden. Ein Rückgriff auf die persönlichen Verhältnisse der Gesellschafter, die allein bei der Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen sind und sich ohne Beiziehung der Einkommensteuerakten nicht überprüfen lassen, ist bei der Bemessung des Streitwerts für ein Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung nicht zulässig (vgl. , BFH/NV 2001, 1035, m.w.N.).

Der Streitwert für die Verfahren wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen beläuft sich nach alledem auf insgesamt 2 970 628,24 DM (726 129,25 DM + 2 244 498,99 DM).

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG). Kosten werden nicht erstattet.

Fundstelle(n):
WPg 2007 S. 235 Nr. 6
WAAAC-36559