Oberfinanzdirektion Koblenz - S 2221 A - St 32 3

Sonderausgaben; Kürzung des Vorwegabzugs
BFH-Rechtsprechung zu Mitgesellschaftern-Geschäftsführern einer GmbH

Kurzinfo Nr. 2/04 vom
Kurzinfo Nr. 78/03 vom

Aktualisierte Fassung zum !

Aufgrund zahlreicher Zweifelsfragen war es erforderlich, vorliegende Rundverfügung zu überarbeiten. Die OFD bittet, die alte Fassung vom auszusondern.

Der BFH hat seine Rechtsprechung zur Kürzung des Vorwegabzugs eines GmbH-Alleingesellschafter-Geschäftsführers (vgl. auch auf Mitgesellschafter-Geschäftsführer ausgeweitet (Urteil vom  – Az. XI R 29/03). Das Urteil wurde zwischenzeitlich veröffentlicht im BStBl 2005 II S. 634 und ist damit ab sofort in allen noch offenen gleichgelagerten Fällen anzuwenden. Kurzinfos Nr. 2/04 und Nr. 78/03 sind damit überholt und wurden aus dem System InfO gelöscht. Tz. 28 des zum Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) ist ebenfalls überholt.

1. Hintergrund:

Im Urteilsfall des BFH handelte es sich um eine GmbH mit jeweils zu 50 % beteiligten Gesellschaftern. Beide Gesellschafter waren zur Geschäftsführung bestellt (im Folgenden GT-GF).

Die GmbH sagte ihnen jeweils ab Vollendung des 65. Lebensjahr eine monatliche Altersversorgung von 4.000 DM zu. Die Witwenpensionen der Ehefrauen sollten jeweils 60 % hiervon betragen. Die GmbH führt im Streitjahr der Pensionsrückstellung auf der Grundlage eines versicherungsmathematischen Gutachtens für den ältern GT-GF 20.936 DM und für den jüngeren GT-GF 17.030 DM zu. Die unterschiedliche Höhe der Zuführungen ergab sich aus dem unterschiedlichen Alter der beiden GT-GF bzw. deren Ehefrauen.

Der BFH entschied, dass keine Kürzung des Vorwegabzugs für Vorsorgeaufwendungen erfolgt, wenn der Aufwand der GmbH für die Altersversorgung des jeweiligen GT-GF dessen quotaler Beteiligung an der GmbH entspricht. Hiervon kann – so der BFH – bei mehreren gleich hoch beteiligten GT-GF ausgegangen werden, wenn ihnen die gleiche Altersversorgung zugesagt wird und sich bei typisierender vorausschauender Betrachtungsweise ein höherer Verzicht auf gesellschaftsrechtliche Ansprüche des einen GT-GF durch einen höheren Verzicht des anderen in späteren Jahren ausgleichen wird. Der BFH bejahte dies im Urteilsfall. Inwiefern er sich hierbei von dem versicherungsmathematischen Gutachten leiten lies, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Der BFH stellte vielmehr die Vermutung an, dass zu gleichen Teilen beteiligte fremde Gesellschafter typischerweise nicht bereit sind, zugunsten von Mitgesellschaftern auf ihren Gewinnanspruch zu verzichten.

Demgegenüber entschied der BFH mit bislang nicht im BStBl veröffentlichtem Urteil vom  – XI R 45/03: „Sagt die GmbH ihren zu je 50 % beteiligten GT-GF eine Altersversorgung in unterschiedlicher Höhe zu, ist typischerweise davon auszugehen, dass der GT-GF mit dem höheren Pensionsanspruch sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung zu Lasten der gesellschaftlichen Ansprüche seines Mitgesellschafters erwirbt.” Nach dem Vortrag der Kläger sollte allerdings im Streitfall der Aufwand der GmbH für jeden GT-GF bewusst so kalkuliert worden sein, dass er letztlich jeweils derselbe sei. Der BFH verwies den Fall daher zurück an das FG zur Nachholung der Feststellung unter Berücksichtigung der Beteiligungsverhältnisse, des Alters der GT-GF und der Höhe der jeweils zugesagten Altersversorgung im Wege einer vorausschauenden Betrachtung.

2. Für die Praxis ist wie folgt zu verfahren:

Es ist letztlich immer das Verhältnis der dem einzelnen GT-GF zugesagten Altersversorgung zur Summe der Altersversorgung, die allen GT-GF zugesagt wurde zu ermitteln. Entspricht dieses Verhältnis der GmbH-Beteiligung oder ist dieses Verhältnis geringer, ist in Anwendung der BFH-Rechtsprechung grundsätzlich davon auszugehen, dass der betreffende GT-GF seine Alterssicherung letztlich durch eigene Beitragsleistungen finanziert Der BFH unterstellt hierbei typisierend, dass das Verhältnis der zugesagten Altersversorgung dem Verhältnis des von der GmbH für diese Altersversorgung zu betreibenden Aufwand entspricht.

Beispiel:

An der CDE-GmbH sind C mit 50 %, D mit 30 % und E mit 20 % beteiligt und zugleich als Geschäftsführer bestellt. Alle drei GT-GF haben eine Pensionszusage, wonach ihnen ab Vollendung des 65. Lebensjahres eine monatliche Pension zusteht, und zwar 4.000 € für C und jeweils 2.000 € für D und E.

Lösung:

Der Vorwegabzug und ab VZ 2005 auch der Höchstbetrag (§ 10 Abs. 3 EStG) sind nur bei E zu kürzen. Das Verhältnis der Pensionszusage von E zur Summe aller Pensionszusagen beträgt 25 % (2.000 € zu 8.000 €) und ist damit höher als seine Beteiligung von 20 %. Demnach werden seine Pensionsansprüche zu 5 % = 400 € zu Lasten von Gewinnansprüchen seiner Mitgesellschafter finanziert, d. h. er hat sie teilweise ohne eigene Beitragsleistung erworben.

Bei C ist der Vorwegabzug bzw. Höchstbetrag nicht zu kürzen. Die Pensionszusage (4.000 €) entspricht 50 % der Summe aller Pensionszusagen (8.000 € × 50 % = 4.000 €) und ist damit deckungsgleich mit seiner Beteiligung.

Auch bei D ist der Vorwegabzug bzw. Höchstbetrag nicht zu kürzen. Die Pensionszusage beträgt 25 % zur Summe aller Pensionszusagen und ist damit niedriger als seine Beteiligung.

Nachfolgend werden die häufigsten Fallgestaltungen dargestellt mit der jeweiligen Lösung.

a) Fallgestaltung 1

Handelt es sich um eine GmbH mit …

  • zwei oder mehr Beteiligten,

  • die auch sämtlich zur Geschäftsführung berufen sind

  • und die alle aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung sozialversicherungsrechtlich nicht als Arbeitnehmer anzusehen sind

  • und wurden allen GT-GF jeweils eine Alterssicherung entsprechend ihrer quotalen Beteiligung zugesagt,

so kommt eine Kürzung des Vorwegabzugs bzw. des Höchstbetrages nicht mehr in Betracht.

b) Fallgestaltung 2

Handelt es sich um eine GmbH mit …

  • zwei oder mehr Beteiligten,

  • die auch sämtlich zur Geschäftsführung berufen sind

  • und die alle aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung sozialversicherungsrechtlich nicht als Arbeitnehmer anzusehen sind

  • und wurden allen GT-GF jeweils eine Alterssicherung zugesagt, die jedoch nicht ihrer quotalen Beteiligung entspricht,

so ist – in Anlehnung an o.g. bei dem GT-GF der Vorwegabzug zu kürzen, dessen Anspruch auf Alterssicherung höher ist als sein quotaler Anteil an der GmbH. Die ab VZ 2005 für diesen Personenkreis vorzunehmende Kürzung des Höchstbetrages (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 3 EStG) erfolgt programmgesteuert, angestoßen durch die gleichfalls zu kürzende Vorsorgepauschale (Kz. 87/88.35 = 1). Eines Eintrags in die neu eingeführte Kz. 52.51/52 bedarf es in diesen Fällen nicht.

c) Fallgestaltung 3

Handelt es sich um eine GmbH mit…

  • zwei oder mehr Beteiligten,

  • die auch sämtlich zur Geschäftsführung berufen sind

  • und die alle aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung sozialversicherungsrechtlich nicht als Arbeitnehmer anzusehen sind

  • und wurden nicht allen GT-GF eine Alterssicherung zugesagt.

verbleibt es bei der Kürzung des Vorwegabzugs bzw. des Höchstbetrages für jeden GT-GF mit zugesagter Alterssicherung, dessen Anspruch auf Alterssicherung höher ist als seine quotale Beteiligung, da sich dieser zum Teil auch durch einen Gewinnverzicht der übrigen GT-GF ohne Zusage einer Alterssicherung finanziert.

d) Fallgestaltung 4

Handelt es sich um eine GmbH mit…

  • zwei oder mehr Beteiligten,

  • von denen nicht alle zur Geschäftsführung berufen sind

  • und ist den GT-GF eine Alterssicherung zugesagt,

verbleibt es bei der Kürzung des Vorwegabzugs bzw. des Höchstbetrages für jeden GT-GF mit zugesagter Alterssicherung, dessen Anspruch auf Alterssicherung höher ist als seine quotale Beteiligung, da sich diese zum Teil auch durch einen Gewinnverzicht des nicht geschäftsführenden Gesellschafters finanziert.

e) Besonderheit in Ehegattenfällen

Fälle, in denen…

  • ausschließlich Ehegatten an einer GmbH beteiligt sind,

  • nur einer der Ehegatten zur Geschäftsführung berufen ist,

  • dieser geschäftsführende Ehegatte aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung sozialversicherungsrechtlich nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist und

  • diesem geschäftsführenden Ehegatten eine Altersversorgung zugesagt worden ist,

wird gebeten, bis zur Entscheidung des BFH über das gegen das (EFG 2005 S. 696) anhängige Revisionsverfahren (Az. X R 3/05) weiterhin offen zu halten (Ruhen gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO; gegen die Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung bestehen keine Bedenken).

Das FG Baden-Württemberg hat mit dem vorbezeichneten Urteil entschieden, dass dem geschäftsführenden Ehegatten der Vorwegabzug ungekürzt zu gewähren sei, weil es bei zusammen veranlagten Ehegatten keinen Unterschied mache, ob der anwartschaftsberechtigte Stpfl. selbst oder sein Ehegatte auf Vermögenswerte Rechtspositionen verzichte.

3. Beweislastverteilung

Der GT-GF mit Anwartschaft auf Altersversorgung, der eine Kürzung des Vorwegabzugs bzw. des Höchstbetrages vermeiden will, trägt die Beweislast dafür, dass er für sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung wirtschaftlich betrachtet selbst aufkommen muss.

Vor diesem Hintergrund muss der betreffende GT-GF die Beteiligungsverhältnisse und die vorhandenen Versorgungszusagen seinem Wohnsitzfinanzamt darlegen. Fehlende Angaben sowie Anstellungsverträge nebst (ggf. separat geregelter) Versorgungszusage sind anzufordern. Entspricht hiernach die zugesagte Altersversorgung der quotalen Beteiligung oder fällt diese im Verhältnis zur quotalen Beteiligung geringer aus, ist in Anwendung der BFH-Rechtsprechung grundsätzlich davon auszugehen, dass der betreffende GT-GF seine Alterssicherung letztlich durch eigene Beitragsleistungen finanziert.

Übersteigt die zugesagte Altersversorgung die quotale Beteiligung, hat dies grundsätzlich eine Kürzung des Vorwegabzugs sowie des Höchstbetrages zur Folge. Dem Steuerpflichtigen bleibt es jedoch unbenommen Unterlagen vorzulegen, aus denen sich bei vorausschauender typisierender Betrachtung ein Aufwand der GmbH zum Aufbau der Altersversorgung entsprechend seiner quotalen Beteiligung ergibt (z. B. versicherungsmathematisches Gutachten). Die Höhe der Pensionsrückstellung am Bilanzstichtag der GmbH bzw. die Höhe der jährlichen Zuführung im Veranlagungsjahr sind hierbei unerheblich. Entscheidend ist vielmehr nur der Gesamtaufwand, der bei der GmbH für die Finanzierung der Anwartschaft bis zum Eintritt des Versorgungsfalls voraussichtlich anfallen wird.

4. Umfang der maschinellen Vorläufigkeit

Zur Frage des Umfangs der maschinellen Vorläufigkeit im Zusammenhang mit der Verfassungsmäßigkeit des beschränkten Abzugs von Vorsorgeaufwendungen verweist die OFD auf die weiterhin gültige Kurzinfo Nr. 64/04 vom . Einsprüche gegen abgelehnte Änderungsanträge nach § 165 Abs. 2 AO ruhen wegen des beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 9/05 anhängigen Revisionsverfahrens (Vorinstanz EFG S. 1019).

Oberfinanzdirektion Koblenz v. - S 2221 A - St 32 3

Fundstelle(n):
GmbH-StB 2006 S. 198 Nr. 7
WPg 2006 S. 928 Nr. 14
YAAAB-80190