BFH Beschluss v. - II B 8/04

Instanzenzug: BA

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war zu 100 v.H. an der X-GmbH (GmbH) beteiligt. Nach mehrfachem Firmenwechsel ist die GmbH 1995 auf eine andere Gesellschaft verschmolzen worden. Mit Tauschvertrag vom veräußerte die Klägerin ihre Beteiligung an die Y-AG (AG), die die erworbene Beteiligung am treuhänderisch für zwei Gesellschaften der Y-Gruppe hielt. Die Klägerin erhielt als Gegenleistung Aktien der AG.

Die Tauschpartner rechneten mit einer wettbewerbsrechtlichen Prüfung und verbanden —so die Formulierung im Vertrag— sämtliche Vollzugswirkungen des Tauschvertrages mit der aufschiebenden Bedingung, dass das Bundeskartellamt den Zusammenschluss nicht untersage. Außerdem sollte der Vertrag unter der auflösenden Bedingung einer rechtskräftigen Untersagung des Zusammenschlusses abgeschlossen sein. Eine Untersagung erfolgte nicht.

Nach einer Außenprüfung behandelte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) zum bereits die Treugeber der AG als Inhaber der Anteile an der GmbH und erließ am gegenüber der GmbH einen Bescheid über die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile, mit dem es den gemeinen Wert auf den auf ... DM je 100 DM des Stammkapitals feststellte. Dabei hatte er den gemeinen Wert ungeachtet der am noch ausstehenden Prüfung durch das Kartellamt unter Heranziehung des Tauschvertrages als eines weniger als ein Jahr zurückliegenden Verkaufs i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der zum geltenden Fassung ermittelt.

Gegen den Bescheid legte die GmbH erfolglos Einspruch ein. Daraufhin erhoben sowohl die Klägerin als auch die Rechtsnachfolgerin der GmbH Klage. Letztere nahm die Klage jedoch wieder zurück. Das von der Klägerin angestrengte Klageverfahren, in dem sie geltend gemacht hatte, die Anteile an der GmbH seien ihr zuzurechnen und nach dem sog. Stuttgarter Verfahren mit 0 DM zu bewerten, ruht gemäß .

Während des Klageverfahrens erließ das FA auf Antrag der Klägerin und Anregung des FG am einen Ergänzungsbescheid gemäß § 179 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977), mit dem es feststellte, dass die Anteile an der GmbH zum nicht der Klägerin zuzurechnen seien. Den Bescheid gab es der Klägerin sowie deren Gesellschaftern und der GmbH bekannt. Gegen diesen Ergänzungsbescheid legten die Klägerin und einer ihrer Gesellschafter zunächst erfolglos Einspruch ein und erhoben sodann jeweils Klage. Die Klage der Klägerin, mit der sie wiederum geltend gemacht hatte, die Anteile an der GmbH seien zum noch ihr zuzurechnen und mit 0 DM zu bewerten, blieb erfolglos. Das FG war der Ansicht, die Anteile an der GmbH seien der Klägerin zum weder rechtlich noch wirtschaftlich zuzurechnen, wodurch sich Ausführungen zur Höhe des gemeinen Werts erübrigten.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung durch den Bundesfinanzhof (BFH). Die Anteile an der GmbH hätten zum / zu ihrem, der Klägerin, Betriebsvermögen gehört. Für diesen Stichtag gelte bereits die verlängerte Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Vermögensaufstellung aufgrund des Art. 13 des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) vom (BGBl I, 297). In ihrer Bilanz seien aber zum Bilanzstichtag noch zutreffend die Anteile an der GmbH aktiviert gewesen und nicht bereits die Anteile an der AG. Dies habe auch den mehr wirtschaftlich ausgerichteten Bilanzierungsgrundsätzen entsprochen, weil der Tauschvertrag noch schwebend unwirksam gewesen sei. Das FG habe die verlängerte Maßgeblichkeit der Handelsbilanz nicht berücksichtigt und sich ausschließlich auf die Rechtsprechung zur früheren Gesetzeslage berufen. Danach sei die Frage der Zurechnung der Anteile lediglich nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen gewesen. Dadurch, dass das FG nicht auf der Grundlage des geltenden Rechts entschieden habe, sei es von einer Reihe näher zitierter Urteile des BFH abgewichen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe rechtfertigen keine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Die durch das StÄndG 1992 eingeführte Bindung der Vermögensaufstellung an die Steuerbilanz durch die §§ 95, 103, 109 und 109a BewG ist für den Streitfall von vornherein insoweit ohne Bedeutung, als darüber gestritten wird, wem die Geschäftsanteile an der GmbH zum zuzurechnen sind. Über die Zurechnung der Anteile wird bei der Feststellung des gemeinen Werts nicht notierter Anteile gemäß § 113a BewG in Verbindung mit der Anteilsbewertungsverordnung (AntBewV) vom (BGBl I, 171) nicht entschieden. Der nach diesen Regelungen gesondert festzustellende Anteilswert ist auf das Grund- oder Stammkapital der jeweiligen Kapitalgesellschaft und nicht auf die Anteile bestimmter Personen bezogen. Das Verfahren der Anteilsbewertung dient folglich nicht der aufteilenden Zurechnung des Grund- oder Stammkapitals der Gesellschaft, sondern lediglich der Feststellung eines Bewertungsfaktors für die von den Gesellschaftern gehaltenen Beteiligungen (, BFH/NV 2004, 467, unter II. 2. a; Troll, Bewertung der Aktien und GmbH-Anteile bei der Vermögensteuer, 5. Aufl. 1989, S. 210 Rdnr. 13; Hofmann, Steuer und Wirtschaft 1991, 247, 252; Rid in Gürsching/Stenger, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 113a BewG Anm. 8.1).

Über die Frage der Zurechnung der Anteile auf die Klägerin war daher bei der Feststellung des Einheitswerts ihres Betriebsvermögens auf den zu entscheiden und dabei im Falle eines Rechtsbehelfs oder -mittels zunächst die Beschwer gemäß § 350 AO 1977 bzw. das Rechtsschutzinteresse i.S. des § 40 Abs. 2 FGO zu prüfen.

Hinsichtlich der Tatsache als solcher, dass das FA überhaupt eine Zurechnung —und sei es auch nur negativ— getroffen hat, sind von der Klägerin keine Zulassungsgründe in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderten Weise geltend gemacht worden. Die (negative) Zurechnung entfaltet im Übrigen keine Bindungswirkung gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO 1977, da sie über den gesetzlich zulässigen Inhalt eines Bescheides über die Feststellung des Anteilswerts hinausgeht. In derartigen Fällen ist der Wille der feststellenden Behörde, eine verbindliche Regelung zu treffen, unbeachtlich (, BFHE 158, 368, BStBl II 1990, 112; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 182 AO 1977 Anm. 3; Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 8. Aufl. 2003, § 182 Anm. 3).

2. Auch bezüglich des Werts, mit dem die Anteile zu bewerten sind, besteht keine Bindung an die Wertansätze in der Steuerbilanz bzw. den Steuerbilanzen des oder der Anteilsinhaber, soweit die Anteile überhaupt im Betriebsvermögen gehalten werden. Die Werte nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften sind gemäß § 109 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Nur soweit dabei der gemeine Wert nach den Regeln des sog. Stuttgarter Verfahrens zu schätzen sein sollte, ist für die Ermittlung des Vermögenswerts die Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft maßgeblich, an deren Grund- bzw. Stammkapital die zu bewertenden Anteile bestehen.

Im Rahmen der Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an der GmbH auf den ist daher gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG nur zu prüfen, ob sich der gemeine Wert der Anteile aus einem weniger als ein Jahr zurückliegenden Verkauf ableiten lässt oder nicht und deshalb unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten zu schätzen ist. Bei dieser Prüfung erlangt der Tauschvertrag vom Bedeutung. Zu den Beteiligten i.S. des § 5 AntBewV sind dabei auch diejenigen zu zählen, die substantiiert geltend machen, zu den Anteilsinhabern zu gehören; anderenfalls könnte der festgestellte Anteilswert für sie keine Bindungswirkung entfalten.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 118 Nr. 1
AAAAB-70196