FinMin Schleswig-Holstein - VI 323 - S 0186 - 003

Annahme wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe bei Krankenhäusern i.S.d. § 67 AO

Zu der Frage, ob ein gemeinnützigen Zwecken dienendes Krankenhaus mit bestimmten Sondertätigkeiten und der Personal- und Sachmittelgestellung steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe begründet, ist folgende Rechtsauffassung zu vertreten:

1. Überlassung von Fernsprecheinrichtungen und Fernsehgeräten durch das Krankenhaus gegen Entgelt an die Patienten

Manche Krankenhäuser stellen den Patienten auf Wunsch gegen Entgelt Telefone und Fernsehgeräte zur Verfügung. Mit dieser Tätigkeit wird ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet. Ein Zweckbetrieb liegt bei der vom Betrieb des Krankenhauses im Übrigen abzugrenzenden Tätigkeit nicht vor, weil die steuerbegünstigten Zwecke auch ohne Überlassung dieser Geräte erreicht werden können. Die Überlassung von Telefonen und Fernsehgeräten fällt auch nicht in den Bereich der ärztlichen oder pflegerischen Leistungen i.S.d. § 67 AO.

Das FinMin hat im Übrigen keine Bedenken dagegen, die übliche Überlassung von Telefonen und Fernsehgeräten bei der Prüfung der 40 %-Grenze des § 67 Abs. 1 AO außer Betracht zu lassen.

2. Personal- und Sachmittelgestellung an eine private Klinik, an eine ärztliche Gemeinschaftspraxis oder an Belegärzte

Einige gemeinnützigen Zwecken dienende Krankenhäuser überlassen entgeltlich Personal- und Sachmittel z.B. an eine private nicht gemeinnützigen Zwecke dienende Klinik, an eine ärztliche Gemeinschaftspraxis oder an Belegärzte und räumen den Vertragspartnern die Möglichkeit ein, Patienten an das Krankenhaus zu überweisen, die dort stationär versorgt werden.

Auch mit dieser Tätigkeit wird ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet, weil es aus der Sicht des gemeinnützigen Zwecken dienenden Krankenhauses an einer eigenen Zweckverwirklichung i.S.d. § 57 Abs. 1 Satz 1 AO mangelt. Eine für die Gemeinnützigkeit erforderliche unmittelbare Förderung der Allgemeinheit (Patienten) liegt nicht vor, da das Krankenhaus mit seinen Leistungen lediglich die eigenwirtschaftlichen Interessen der Vertragspartner fördert und nur die Vertragspartner in Rechtsbeziehung zu den Patienten stehen und Leistungen erbringen. Die Vertragspartner sind auch nicht Hilfsperson i.S.d. § 57 Abs. 1 Satz 2 AO.

Bei der Prüfung der 40 %-Grenze des § 67 Abs. 1 AO dürfen die Pflegesätze, die auf Patienten der Vertragspartner entfallen, nur dann einbezogen werden, wenn die Vertragspartner die ärztlichen Leistungen über Krankenschein oder entsprechend den für Kassenabrechnungen geltenden Vergütungssätzen abrechnen. Rechnen die Vertragspartner ihre Leistungen nach der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) ab, steht dies der Inanspruchnahme von Wahlleistungen durch einen Krankenhausarzt gleich.

3. Personal- und Sachmittelgestellung an Chefärzte

a) Erbringung von Wahlleistungen gegenüber den Krankenhauspatienten

Krankenhäuser räumen im Regelfall im Rahmen des Anstellungsvertrages ihren Chefärzten das Recht ein, gegen Zahlung eines Nutzungsentgelts für die Inanspruchnahme von Personal und Inventar so genannte Wahllerstungen gegenüber stationär aufgenommenen Patienten des Krankenhauses zu erbringen und diese selbst zu liquidieren. Mit der Vergütung der Arbeitnehmertätigkeit und der Einräumung des Liquidationsrechts sind Überstunden sowie Mehr-, Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit jeder Art sowie Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft des Chefarztes abgegolten. Vertragspartner des Patienten ist auch für die Wahlleistungen das Krankenhaus. Das vom Chefarzt zu zahlende Nutzungsentgelt wird nach der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) auf den Pflegesatz angerechnet und hat damit unmittelbaren Einfluss auf die Höhe des Budgets und der Pflegesätze, die das Krankenhaus bei den Kostenträgern für seine Leistungen geltend machen kann.

Die entgeltliche Personal- und Sachmittelgestellung des Krankenhauses an den Chefarzt zur Erbringung von Wahlleistungen gegenüber Krankenhauspatienten ist dem Zweckbetrieb Krankenhaus i.S.d. § 67 AO zuzurechnen. Da der Vertrag über die gesondert berechenbaren ärztlichen Wahlleistungen ausschließlich zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus zustande kommt und die Nutzungsentgelte, die der Chefarzt an das Krankenhaus zu zahlen hat, unmittelbaren Einfluss auf die Höhe des Budgets und der Pflegesätze haben, die das Krankenhaus bei den Kostenträgern für seine Leistungen geltend machen kann, geht das FinMin davon aus, dass das Krankenhaus auch mit der Personal- und Sachmittelgestellung an den Chefarzt unmittelbar seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke – Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege – verfolgt. Der Chefarzt ist in die Erfüllung des satzungsmäßigen Zwecks als Hilfsperson i.S.d. § 57 Abs. 1 Satz 2 AO eingeschaltet, indem er aufgrund der Dienstvereinbarung mit dem Krankenhaus einen konkreten Auftrag des Krankenhauses in Form von ärztlichen Wahlleistungen gegenüber dem Patienten erbringt. Dem Krankenhaus ist damit das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken zuzurechnen.

b) Betrieb einer ambulanten Praxis im Krankenhaus (genehmigte Nebentätigkeit)

Neben dem Anstellungsvertrag und der Regelung der Liquidationsberechtigung im Hinblick auf die ärztlichen Wahlleistungen gegenüber Krankenhauspatienten ist Gegenstand der Vereinbarungen zwischen dem Krankenhaus und den Chefärzten in der Regel auch eine separate Regelung über so genannte „Nebentätigkeiten”. Danach haben Chefärzte die Möglichkeit, im Rahmen einer von ihnen betriebenen „Ambulanz” im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auch solche Patienten zu behandeln, die sich nicht in stationärer Behandlung des Krankenhauses befinden. Das Krankenhaus stellt den Chefärzten hierfür gegen Nutzungsentgelt ebenfalls Personal und Sachmittel zur Verfügung.

Insoweit begründet die entgeltliche Personal- und Sachmittelgestellung an den Chefarzt einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Krankenhauses. Das Krankenhaus wird damit nicht mehr im Rahmen seines Zweckbetriebes i.S.d. § 67 AO tätig, weil es an einer unmittelbaren Förderung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke fehlt und das Krankenhaus im Übrigen auch nicht selbstlos die Allgemeinheit fördert.

Die Leistungen des Krankenhauses kommen nicht unmittelbar im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 1 AO den Krankenhauspatienten zugute, sondern ausschließlich den Chefärzten, die mit dem überlassenen Personal bzw. mit den überlassenen Sachmitteln ihre eigenwirtschaftlichen Zwecke verfolgen. Die ambulante Tätigkeit des Chefarztes kann nicht als Hilfstätigkeit angesehen werden, da keine ärztliche Leistung des Krankenhauses gegenüber den Krankenhauspatienten vorliegt, sondern der Chefarzt im eigenen Namen und für eigene Rechnung gegenüber den Patienten tätig wird.

Ein anteiliger Abzug von Aufwendungen als Betriebsausgaben – soweit sie mit dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in Zusammenhang stehen – ist möglich, wenn eine Mitveranlassung durch den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb besteht und ein objektiver Maßstab für die Aufteilung der Aufwendungen auf den ideellen Bereich einschließlich der Zweckbetriebe und den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb besteht. Dabei sind die einzelnen Aufwendungen isoliert zu betrachten (AEAO Nr. 6 zu § 64 Abs. 1 AO).

Das FinMin hat daher keine Bedenken, dass bei der Gewinnermittlung z.B. anteilige Personalkosten für Arzthelferinnen, Schreibdienst und Buchhaltung und auf der Grundlage des „Tarifs der Deutschen Krankenhausgesellschaft für die Abrechnung erbrachter Leistungen und für die Kostenerstattungen vom Arzt an das Krankenhaus” (DKG-NT) ermittelte Sachkosten als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung des anteiligen Grundgehalts des Chefarztes selbst kommt nicht in Betracht, da die Nebentätigkeit außerhalb der vertraglichen Dienstverpflichtungen stattfindet.

FinMin Schleswig-Holstein v. - VI 323 - S 0186 - 003

Fundstelle(n):
VAAAB-61172