Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern - IV 302 - S 2742 - 5/97

Verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG);

Gewährung von Sonntags-, Nacht-, und Feiertagszuschlägen sowie von Überstundenvergütungen an Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft

Bezug:

Aus gegebener Veranlassung wird auf Folgendes hingewiesen:

Nach gefestigter Rechtsprechung des BFH sind Vergütungen, die eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer für die Ableistung von Sonntags-, Nacht, und Feiertagsarbeit sowie von Überstunden gewährt, nicht mit dem Aufgabenbild eines Geschäftsführers vereinbar. Entsprechende Aufwendungen sind deshalb regelmäßig als gesellschaftsrechtlich veranlasst anzusehen und als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu behandeln.

Mit Urteil vom , I R 111/03, BStBl 2005 II S. 307, hat der BFH demgegenüber in einem Einzelfall – unter ausdrücklichem Festhalten an seiner bisherigen Rechtsprechung – entschieden, dass eine vGA ausnahmsweise dann nicht vorliegt, wenn überzeugende für das betroffene Unternehmen spezifische betriebliche Gründe vorgetragen werden können, die geeignet sind, die Vermutung einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung zu entkräften. Der zugrundeliegende Einzelfall betraf ein Unternehmen mit ca. 40 Arbeitnehmern; zwei leitende Angestellte bezogen Gehälter in derselben Größenordnung wie der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer. Diesen gesellschaftsfremden Personen sind u. a. Vergütungen für Sonntags-, Nacht, und Feiertagsarbeit (§ 3b EStG) gewährt worden.

Unter diesen Umständen hat der BFH die Zusage entsprechender Vergütungen auch an den bzw. die Gesellschafter-Geschäftsführer unter dem Gesichtspunkt des betriebsinternen Fremdvergleichs als ebenfalls betrieblich veranlasst angesehen und deshalb den Ansatz einer vGA verneint.

In einem Artikel der Allgemeinen Hotel- und Gaststättenzeitung (Anlage) wird die Auffassung vertreten, aufgrund der im Gastgewerbe branchenüblichen Arbeitszeiten auch an Sonn- und Feiertagen sowie zu Nachtstunden würden dort dem Urteilsfall vergleichbare Fallgestaltungen anzunehmen sein.

Hierzu ist anzumerken:

Wie vorstehend ausgeführt, bleibt die bisherige Rechtsprechung des BFH zur steuerlichen Unzulässigkeit der Gewährung von Sonntags-, Nacht, und Feiertagszuschlägen sowie von Überstundenvergütungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer durch das Urteil vom , I R 111/03, grundsätzlich unberührt:

So führt der BFH beispielsweise in der am selben Tage entschiedenen Rechtssache  – BFH/NV 2005 S. 247 – 248) aus, dass die Gewährung von Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen an den Gesellschafter-Geschäftsführer regelmäßig auch dann zur vGA führen kann, wenn sowohl in der betreffenden Branche als auch in dem betreffenden einzelnen Betrieb auch gesellschaftsfremde Arbeitnehmer typischerweise entsprechende Zuschläge erhalten.

Dieser Urteilsfall betraf einen Betrieb der „Systemgastronomie”, in der zwar ebenfalls eine Vielzahl von Arbeitnehmern angestellt war, denen entsprechende Zuschläge gewährt worden sind. Der BFH hat die allgemeine Branchen- sowie auch die spezielle Betriebsüblichkeit der Zuschläge jedoch nicht als ausreichend angesehen, die Zahlung der genannten Zuschläge auch an den Gesellschafter-Geschäftsführer steuerlich anzuerkennen. Er hat insoweit vielmehr eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung angenommen.

Dieses führt zum Ansatz einer vGA; § 3b EStG kommt insoweit mangels Vorliegen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht zur Anwendung (H 30 LStH „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit”).

Dass hier die Gewährung der Zuschläge an den Gesellschafter-Geschäftsführer dem betriebsinternen Fremdvergleich nicht standhielt, lag darin begründet, dass ein vergleichbar ausgestatteter gesellschaftsfremder leitender Angestellter nicht vorhanden war. Ein betriebsinterner Fremdvergleich war deshalb – entgegen der besonderen Situation in der eingangs erörterten Rechtssache I R 111/03 – nicht möglich.

Das FinMin bittet diesbezügliche Anfragen von Steuerpflichtigen entsprechend zu beantworten. Über Auskunftsersuchen an die Arbeitgeberstelle (§ 42e EStG) ist im Einvernehmen mit dem KSt-Veranlagungsbezirk zu entscheiden.

Schriftliche Auskunftsersuchen sind dem FinMin nachrichtlich zur Kenntnis zu geben. Zweifelsfälle sind vorab mit ihm abzustimmen.

Grundsatzurteil zu steuerfreien Zuschlägen

Zusätzlich zum Festgehalt bezahlte steuerfreie Vergütungen für Sonntags–, Nacht– und Feiertagsarbeit führen bei Gesellschafter–Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft nicht automatisch zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Dies hat der Bundesfinanzhof in einem unlängst veröffentlichten Urteil entschieden. Die obersten Steuerrichter hatten bisher die Zahlung derartiger Zuschläge ebenso wie die Vergütung von Überstunden grundlegend abgelehnt.

Im Streitfall hatte eine GmbH, die eine Autobahn–Tankstelle betreibt, ihrem Gesellschafter–Geschäftsführer ebenso wie dem übrigen Personal steuerfreie Zuschläge für Nachtarbeit sowie Arbeiten an Sonn– und Feiertagen gewährt. Das Finanzamt behandelte die an den Gesellschafter–Geschäftsführer geleisteten Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung. Die dagegen erhobene Klage hatte sowohl vor dem Finanzgericht Nürnberg als auch vor dem Bundesfinanzhof in vollem Umfang Erfolg.

Die Umstände des Einzelfalls sind maßgebend: Der Senat bezog sich in seiner Urteilsbegründung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu dieser Thematik, an der er nach wie vor festhält. Er stellte aber klar, dass die Zahlung von Sonntags–, Nacht– und Feiertagszuschlägen an den Gesellschafter–Geschäftsführer einer GmbH nicht automatisch als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen ist.

Vielmehr kann die Vereinbarung derartiger Zuschläge im Einzelfall durch überzeugende betriebliche Gründe gerechtfertigt sein.

Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn derartige Zuschläge nicht nur dem Gesellschafter–Geschäftsführer, sondern auch vergleichbaren gesellschaftsfremden Personen ausbezahlt werden. Eine solche Gestaltung weist darauf hin, dass die Vereinbarung von steuerfreien Zuschlägen in dem betreffenden Unternehmen auf betrieblichen Gründen beruht. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts hatten zwei Mitarbeiter, ohne Geschäftsführer zu sein, eine vergleichbare Tätigkeit wie der Gesellschafter–Geschäftsführer ausgeübt und dafür ein ähnlich hohes Grundgehalt nebst steuerfreien Zuschlägen erhalten. Ferner war auf Grund der betrieblichen Erfordernisse eine regelmäßige Sonntags–, Nacht– und Feiertagsarbeit auch von leitungsbefugten Personen betriebsnotwendig. Der Gesellschafter–Geschäftsführer befand sich daher sowohl hinsichtlich der erforderlichen Dienstzeiten als auch im Hinblick auf seine Gesamtbezüge in einer Situation, die mit den beiden leitenden Angestellten vergleichbar war.

Fazit: Im Bereich der Hotellerie und Gastronomie mit seinen regelmäßigen Dienstzeiten an Sonn– und Feiertagen sowie am Abend liegen die Dinge ähnlich wie im Urteilsfall. Die vom Bundesfinanzhof bislang geäußerte Befürchtung, ein Gesellschafter–Geschäftsführer könnte sich durch die Vereinbarung steuerfreier Zuschläge ungerechtfertigte Steuervorteile verschaffen, sollte dann unbeachtlich sein, wenn die dem Grunde nach begünstigten Arbeitszeiten von der Branche her üblich sind. Genau dies ist aber im Gastgewerbe der Fall. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung zu diesem Urteil stellen wird ().

Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern v. - IV 302 - S 2742 - 5/97

Fundstelle(n):
WAAAB-58977