BMF - IV C 7 - S 2750 a/07/10001 BStBl 2008 I S. 940

Behandlung von Betriebsausgaben im Zusammenhang mit Auslandsdividenden in den Veranlagungszeiträumen (VZ) 1993 bis 2003; Anwendung des  (BStBl 2008 II S. 834) und der - (BStBl 2008 II S. 821) und vom - (BStBl 2008 II S. 823)

Bezug:

In dem Urteil vom in der Rs. C-471/04 Keller-Holding hat der EuGH entschieden, dass Art. 43 EG (und Art 31 des EWR-Abkommens) einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der Finanzierungsaufwendungen einer in diesem Mitgliedstaat unbeschränkt steuerpflichtigen Muttergesellschaft für den Erwerb von Beteiligungen an einer Tochtergesellschaft steuerlich nicht abzugsfähig sind, soweit diese Aufwendungen auf steuerfreie Dividenden von einer in einem anderen EU/EWR-Staat ansässigen Enkelgesellschaft entfallen, obwohl solche Aufwendungen dann abzugsfähig sind, wenn sie auf Dividenden von einer Enkelgesellschaft entfallen, die im Mitgliedstaat der Muttergesellschaft ansässig ist. Dem stehe nicht entgegen, dass Ausschüttungen inländischer Kapitalgesellschaften in der Zeit des Anrechnungsverfahrens grundsätzlich steuerpflichtig waren, weil durch die Vollanrechnung der auf den Ausschüttungen lastenden Körperschaftsteuer faktisch ebenfalls eine Steuerfreistellung stattgefunden habe.

In den Entscheidungen vom –I R 78/04– und – I R 50/05– folgt der BFH dem EuGH und sieht die Fiktion des § 8b Abs. 7 KStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 vom bzw. des § 8b Abs. 5 KStG i. d. F. vor dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom als europarechtswidrig an. Dabei sei es unerheblich, ob tatsächlich Betriebsausgaben angefallen sind oder nicht.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich nachfolgend zur steuerlichen Behandlung von Betriebsausgaben im Zusammenhang mit Dividenden, die von EU/EWR-Gesellschaften ausgeschüttet worden sind, für die VZ 1993 bis 2003 Stellung. Auf die Höhe der Beteiligung an der ausschüttenden Gesellschaft kommt es nicht an.

1. Zeitraum 1993 bis 1998

In diesem Zeitraum sind Betriebsausgaben im Zusammenhang mit inländischen Dividenden abziehbar.

Nach § 8b Abs. 1 und Abs. 5 KStG i. d. F. des StandOG vom werden Dividenden, für die die ausschüttende Gesellschaft EK 01 verwendet hat und Dividenden, die von einer ausländischen Gesellschaft ausgeschüttet werden, wenn sie nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung befreit sind und die Beteiligung mindestens 1/10 beträgt, bei der Ermittlung des Einkommens nicht berücksichtigt. Betriebsausgaben, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesen steuerfreien Dividenden stehen, unterliegen dem Abzugsverbot des § 3c EStG.

Abweichend hiervon sind in allen offenen Fällen auch Betriebsausgaben steuerlich zu berücksichtigen, die mit steuerfreien Dividenden, die von einer EU/EWR-Gesellschaft ausgeschüttet worden sind, in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Die Betriebsausgaben sind in voller Höhe abziehbar; § 3c EStG ist nicht anzuwenden.

2. Zeitraum 1999 bis 2000/2001

In diesem Zeitraum sind Betriebsausgaben im Zusammenhang mit inländischen Dividenden abziehbar.

Ausländische Dividenden werden nach den unter 1. genannten Voraussetzungen bei der Ermittlung des Einkommens nicht berücksichtigt. Als nicht abziehbare Betriebsausgaben, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesen steuerfreien Dividenden stehen, gelten gemäß § 8b Abs. 7 bzw. Abs. 5 KStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 und § 8b Abs. 5 KStG i. d. F. des StSenkG vom 5 Prozent der steuerfreien Dividenden.

Abweichend hiervon sind in allen offenen Fällen auch Betriebsausgaben steuerlich zu berücksichtigen, die mit steuerfreien ausländischen Dividenden, die von einer EU/EWR-Gesellschaft ausgeschüttet worden sind, in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Die Pauschalierung des § 8b Abs. 7 bzw. Abs. 5 KStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 und § 8b Abs. 5 i. d. F. des StSenkG ist nicht anzuwenden. Die Betriebsausgaben sind in voller Höhe abziehbar. § 3c EStG ist ebenfalls nicht anzuwenden.

Dies gilt in 2001 auch noch für solche ausländischen Gewinnausschüttungen, die auf einem ordentlichen Gewinnverwendungsbeschluss beruhen, da insoweit für inländische Dividenden noch das Anrechnungsverfahren gilt.

3. Zeitraum 2001/2002 bis 2003

Nach § 8b Abs. 1 KStG i. d. F. des StSenkG bleiben sowohl inländische Dividenden, für die nicht mehr das Anrechnungsverfahren gilt, als auch ausländische Dividenden unabhängig von der Höhe der Beteiligung bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Mit den steuerfreien Dividenden in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Betriebsausgaben sind gemäß § 3c Abs. 1 EStG nicht abziehbar; für ausländische Dividenden werden die danach nicht abziehbaren Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 5 KStG i. d. F. des StSenkG mit 5 Prozent der steuerfreien Dividenden pauschaliert.

Abweichend hiervon ist in allen offenen Fällen auf Dividenden, die von einer EU/EWR-Gesellschaft ausgeschüttet worden sind, die Pauschalierung des § 8b Abs. 5 KStG i. d. F. des StSenkG nicht anzuwenden, wenn die tatsächlichen Betriebsausgaben 5 Prozent der Dividenden unterschreiten. In diesen Fällen sind nur die tatsächlichen Betriebsausgaben nicht abziehbar (§ 3c Abs. 1 EStG). Das pauschalierte Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 5 KStG i. d. F. des StSenkG ist weiter anzuwenden, wenn die mit den Dividenden in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden tatsächlichen Betriebsausgaben 5 Prozent der Dividenden übersteigen.

4. Zeitraum ab 2004

Seit der Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz gilt das pauschalierte Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 8b Abs. 5 KStG auch für inländische Gewinnausschüttungen und ist der Besteuerung zugrunde zu legen.

5. Zuordnung von Betriebsausgaben zu steuerfreien Dividenden

Für die Zuordnung von Betriebsausgaben zu steuerfreien Dividenden gelten die Grundsätze des (BStBl I 1997 S. 99). Das mit (BStBl I 2000 S. 71) aufgehobene Schreiben wird wieder in Kraft gesetzt. Es ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der dort genannten Schachteldividenden alle steuerfreien Dividenden treten, auf die nach den oben genannten Grundsätzen § 3c EStG anzuwenden ist.

6. Anwendungsbereich

Die Regelungen dieses BMF-Schreibens gelten für EU/EWR-Gesellschaften, sofern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat/den Staaten, in dem/in denen die ausschüttende EU/EWR-Gesellschaft ihren Sitz und ihren Ort der Geschäftsleitung hat, aufgrund der Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Mehrwertsteuer (ABl EG Nr. L 336 S. 15), die zuletzt durch die Richtlinie 2006/98 EWG des Rates vom (ABl EU Nr. L 363 S. 129) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder einer vergleichbaren zwei- oder mehrseitigen Vereinbarung Auskünfte erteilt werden, die erforderlich sind, um die Besteuerung durchzuführen. Dies ist derzeit der Fall bei den Mitgliedstaaten der EU sowie Island und Norwegen. EU/EWR-Gesellschaften sind Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder nach den Rechtsvorschriften eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, gegründete Gesellschaften im Sinne des Art. 48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder des Art. 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb des Hoheitsgebiets dieser Staaten befindet. Europäische Gesellschaften sowie Europäische Genossenschaften gelten für die Anwendung des vorstehenden Satzes als nach den Rechtsvorschriften des Staats gegründete Gesellschaften, in dessen Hoheitsgebiet sich der Sitz der Gesellschaften befindet.

Anlage


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Veranlagungszeitraum
 Behandlung von Betriebsausgaben im Zusammenhang mit steuerfreien Dividenden aus Beteiligungen an Gesellschaften mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung
in EU/EWR-Staaten
im Inland
Übrige
1993 - 1998
-
in voller Höhe abziehbar
-
in voller Höhe abziehbar
-
nicht abziehbar
-
§ 3c EStG ist nicht anzuwenden
-
§ 3c EStG ist anzuwenden
1999 - 2000/2001
-
in voller Höhe abziehbar
-
in voller Höhe abziehbar
-
5 % der Einnahmen sind nicht abziehbar (§ 8b Abs. 5 KStG a. F.)
-
das pauschale Abzugsverbot des § 8b Abs. 7 bzw. Abs. 5 KStG a. F.ist nicht anzuwenden
-
§ 3c EStG ist nicht anzuwenden
2001 (2002) - 2003
-
tatsächliche BA < 5% der Einnahmen: § 3c Abs. 1 EStG ist anzuwenden
-
nicht abziehbar
-
5 % der Einnahmen sind nicht abziehbar (§ 8b Abs. 5 KStG a. F.)
-
tatsächliche BA ≥ 5 % der Einnahmen: 5 % der Einnahmen sind nicht abziehbar (§ 8b Abs. 5 KStG a. F.)
-
§ 3c Abs. 1 EStG ist anzuwenden
ab 2004
-
5 % der Einnahmen sind nicht abziehbar (§ 8b Abs. 5 KStG)
-
5 % der Einnahmen sind nicht abziehbar (§ 8b Abs. 5 KStG)
-
5 % der Einnahmen sind nicht abziehbar (§ 8b Abs. 5 KStG)

BMF v. - IV C 7 - S 2750 a/07/10001


Fundstelle(n):
BStBl 2008 I Seite 940
EStB 2008 S. 394 Nr. 11
GmbH-StB 2008 S. 329 Nr. 11
IStR 2012 S. 776 Nr. 19
StB 2008 S. 437 Nr. 12
StBW 2008 S. 9 Nr. 21
WPg 2008 S. 1047 Nr. 21
ZAAAC-92526