Oberfinanzdirektion Koblenz - S 7104 A - St 44 3

Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft einer Kapitalgesellschaft

Bezug:

I. Beginn der Unternehmereigenschaft

Hinsichtlich der Begründung der Unternehmereigenschaft bei Kapitalgesellschaften ist nicht auf den zivilrechtlichen Entstehungszeitpunkt der Gesellschaft, sondern allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 2 UStG abzustellen. Hierbei ist i.d.R. zwischen der sogenannten Vorgründungsgesellschaft, Vorgesellschaft und der eingetragenen Kapitalgesellschaft zu unterscheiden, deren unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung sich wie folgt darstellt:

1 Vorgründungsgesellschaft

Die Vorgründungsgesellschaft besteht bis zum Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages. Als Personengesellschaft der Gründer (in Form einer GbR oder OHG) ist sie ein eigenständiges Rechtssubjekt und somit nicht mit der Vorgesellschaft bzw. der eingetragenen Kapitalgesellschaft identisch. Rechte und Verbindlichkeiten müssen daher einzeln auf die Kapitalgesellschaft übertragen werden.

Bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft einer Vorgründungsgesellschaft sind folgende Fälle zu unterscheiden:

1.1 Die Vorgründungsgesellschaft erbringt selbst nachhaltige Leistungen

Führt die Vorgründungsgesellschaft selbst nachhaltige Leistungen gegen Entgelt aus (z.B. weil die unternehmerische Tätigkeit bereits in diesem Gründungsstadium aufgenommen wird oder weil ein bestehendes Unternehmen eines Gründers von der Vorgründungsgesellschaft übernommen und fortgeführt wird), ist die Unternehmereigenschaft der Vorgründungsgesellschaft zu bejahen. Dies hat zur Folge, dass sie unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG hinsichtlich der von ihr bezogenen Leistungen vorsteuerabzugsberechtigt ist.

1.2 Die Vorgründungsgesellschaft führt selbst keine Leistungen aus

Führt eine Personengesellschaft nur Vorbereitungshandlungen für die noch zu gründende Kapitalgesellschaft aus und überträgt sie nach deren Gründung die bezogenen Leistungen in einem Akt entgeltlich auf die Kapitalgesellschaft, so wird die Personengesellschaft nach dem (UR 2004 S. 650) und dem (UR 2004 S. 362) unternehmerisch tätig. Obwohl die Personengesellschaft nur ein einziges Geschäft ohne Wiederholungsabsicht ausführt, ist eine Nachhaltigkeit gegeben, da in diesem Fall für die Beurteilung der Nachhaltigkeit die von der Kapitalgesellschaft beabsichtigten Umsätze maßgebend sind. Der Personengesellschaft steht daher der Vorsteuerabzug für die bezogenen Leistungen zu.

2 Vorgesellschaft (= Gründungsgesellschaft):

Als Vorgesellschaft bezeichnet man die gegründete aber noch nicht eingetragene Kapitalgesellschaft. Die Vorgesellschaft besteht also in dem Zeitraum zwischen Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages und der Eintragung in das Handelsregister.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist diese Vorgesellschaft nach den gleichen steuerlichen Grundsätzen zu behandeln, wie die nachfolgend eingetragene Kapitalgesellschaft (Übernahme der im Zivilrecht entwickelten Identitätstheorie in das Steuerrecht). Somit kann auch die Unternehmereigenschaft der Vorgesellschaft mit Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages i.d.R. unterstellt werden.

Die an diese Gesellschaft erbrachten Leistungen werden so behandelt, als seien sie an die eingetragene Kapitalgesellschaft bewirkt worden, mit der Folge, dass ihr auch der Vorsteuerabzug aus diesen Leistungen – soweit auch die übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind – zusteht.

2.1 Besonderheiten/Ausnahmen

2.1.1 Sollte es ausnahmsweise nicht zur Eintragung und somit nicht zur Entstehung der endgültigen Kapitalgesellschaft kommen, so sind die Vorgründungsgesellschaft und die Gründungsgesellschaft als einheitliches Rechtssubjekt anzusehen. Die Unternehmereigenschaft dieser Personengesellschaft richtet sich nach den Grundsätzen des (BStBl 1996 I S. 1461).

2.1.2 Zur Frage des Vorsteuerabzugs aus Aufwendungen im Zusammenhang mit der Gründung einer Kapitalgesellschaft, der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bar-/Sacheinlage oder der Ausgabe neuer Aktien/Anteile wird auf das (InfO) verwiesen.

II. Ende der Unternehmereigenschaft

1 Grundsätzlich endet die unternehmerische Tätigkeit, wenn der Unternehmer nachhaltig keine Umsätze mehr ausführt. Eine GmbH kann daher, auch wenn sie zivilrechtlich noch fortbesteht, die Unternehmereigenschaft verlieren, wenn sie auf Dauer gesehen keine Umsätze mehr ausführt.

Die Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn ein Unternehmer nur vorübergehend keine Leistungen mehr erbringt. Eine nur vorübergehende Einstellung der Unternehmertätigkeit ist anzunehmen, wenn eine aus den Begleitumständen belegbare Absicht des Unternehmers feststellbar ist, die unternehmerische Tätigkeit, d.h. das Bewirken von Umsätzen, wieder aufnehmen zu wollen. Hierfür muss ein auf die Ausführung von Umsätzen angelegtes Handeln erkennbar sein ().

Andererseits kann die Unternehmereigenschaft einer GmbH auch über den Zeitpunkt ihrer Löschung im Handelsregister hinaus fortbestehen.

2 So hat der BStBl 1994 II S. 483) entschieden, dass eine Kapitalgesellschaft so lange fortbesteht, bis alle Rechtsbeziehungen der Gesellschaft beseitigt sind. Hierzu gehört auch das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Finanzamt. Die in Auflösung befindliche Gesellschaft kann deshalb das Unternehmen der Gesellschaft fortführen und auch nach ihrer Löschung im Handelsregister Umsätze im Rahmen ihres Unternehmens ausführen.

Die umsatzsteuerrechtliche Unternehmereigenschaft einer GmbH ist weder von ihrem Vermögensstand noch von ihrer Eintragung im Handelsregister abhängig. Sie ist daher auch nach ihrer Löschung im Handelsregister noch als Unternehmer anzusehen, dem nach diesem Zeitpunkt ausgeführte Umsätze, z.B. aus der Lieferung von Sicherungsgut an den Sicherungsnehmer im Zuge der Verwertung, zuzurechnen sind (vgl. auch Abschn. 19 Abs. 6 – insbesondere Satz 8 – UStR).

3 Für den Fall, dass sicherungsübereignete Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens geliefert werden, ist darauf zu achten, dass der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für die Lieferung des Sicherungsgutes nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG im Abzugsverfahren einzubehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen hat.

(Übernommen von der OFD Frankfurt)

Die ist überholt und wird aufgehoben. Die Änderungen sind durch Fettdruck hervorgehoben.

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Fundstelle(n):
DStR 2007 S. 115 Nr. 3
XAAAC-28544