Kein Wahlrecht zur Überschussrechnung für einen im Inland ansässigen Gesellschafter einer nach englischen Recht bilanzierenden Personengesellschaft
Leitsatz
Ein im Inland ansässiger Gesellschafter einer englischen Partnership (Personengesellschaft), die im Inland über keine Betriebsstätte verfügt, jedoch aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die dies freiwillig tut, ist nicht befugt, seinen Gewinn aus der Beteiligung nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG 2002 als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben anzusetzen.
Gesetze: EStG § 4 Abs. 3, EStG § 32b Abs. 1 Nr. 3, EStG § 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, AO § 140
Instanzenzug: ,
Gründe
1 I. Die verheirateten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden für das Streitjahr (2007) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger beteiligte sich mit einer Einlage von . € an der in London ansässigen . Partnership (im Folgenden: P), die nach ihrer Satzung u.a. mit Edelmetallen handelte. Im Dezember 2007 erwarb sie Gold zu einem Preis von . €. Obgleich die P —so die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG)— entsprechend ihrer nach britischem Recht bestehenden Verpflichtung zum eine Bilanz erstellt hatte, machte der Kläger aus seiner Beteiligung im Rahmen des sog. negativen Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002) einen gemäß Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG 2002) ermittelten Verlust in Höhe von . € geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) folgte dem nicht. Er ging zwar —ebenso wie der Kläger— davon aus, dass die Einkünfte aus der Beteiligung an der P nach Art. XVIII Abs. 3 Buchst. a i.V.m. Art. III Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom (BGBl II 1966, 359, BStBl I 1966, 730) i.d.F. des Revisionsprotokolls vom (BGBl II 1971, 46, BStBl I 1971, 140) —DBA-Großbritannien 1964/1970— von der inländischen Einkommensbesteuerung auszunehmen seien. Zu berücksichtigen sei aber der nach bilanziellen Grundsätzen zu ermittelnde Verlustanteil; der sich hierbei anzusetzende Betrag (. €) wirke sich allerdings auf die Höhe der festzusetzenden Einkommensteuer nicht aus.
2 Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage hat das FG stattgegeben. Es hat hierzu u.a. ausgeführt, dass die P nicht originär gewerblich tätig, jedoch nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 2002 gewerblich geprägt gewesen sei mit der Folge, dass die Einkünfte des Klägers nach Art. VIII DBA-Großbritannien 1964/1970 in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden könnten. Da —so die Vorinstanz weiter— für den Kläger keine Bilanzierungspflicht bestanden habe, sei der erklärte Verlust aus Gewerbebetrieb (. €) bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte zu berücksichtigen und die Einkommensteuer für das Streitjahr auf 0 € festzusetzen (, Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 503).
3 Mit der Revision beantragt das FA sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
4 Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
5 II. Die Revision ist begründet. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger befugt gewesen sei, die Einkünfte aus seiner Beteiligung an der P nach der Überschussrechnung des § 4 Abs. 3 EStG 2002 zu ermitteln. Allerdings hat die Vorinstanz keine Feststellungen zu den im Rahmen einer bilanziellen Gewinnermittlung anzusetzenden Einkünften getroffen. Das Urteil des FG ist deshalb aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
6 1. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG 2002 können Steuerpflichtige (nur dann) den Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen, wenn sie —erstens— nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und —zweitens— auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen. Der Senat hat hierzu mit Urteil vom I R 24/13 (BFHE 246, 404,BStBl I 2015, 141) entschieden, dass im Falle einer (mitunternehmerischen) atypisch stillen Beteiligung eines im Inland ansässigen Gesellschafters an einer österreichischen Kapitalgesellschaft, die im Inland über keine Betriebsstätte verfügt, jedoch aufgrund gesetzlicher Vorschriften (nämlich des österreichischen Rechts) verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die dies freiwillig tut, der atypisch stille Gesellschafter nicht befugt ist, seinen Gewinn aus der Beteiligung nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG 2002 als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben anzusetzen. Dazu hat der Senat erläutert, dass die Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) aus der Handels- und Steuerbilanz ihres Geschäftsinhabers (Kapitalgesellschaft) abzuleiten ist und demgemäß alle Mitunternehmer einer einheitlichen Gewinnermittlung auf der Grundlage eines Betriebsvermögensvergleichs unterworfen sind. Gleiches muss (erst recht) für den anhängigen Streitfall gelten, der nach den Feststellungen des FG dadurch gekennzeichnet ist, dass die P als selbständiges Subjekt der Einkünftequalifikation und Einkünfteermittlung eine Bilanz erstellt hat. Demnach kann es —entgegen der Beurteilung der Vorinstanz— auch nicht in Betracht kommen, bei der Einkommensteuerveranlagung des Streitjahres einen nach den Überschussgrundsätzen des § 4 Abs. 3 EStG 2002 berechneten Verlustanteil des Klägers anzusetzen.
7 2. Die Sache ist allerdings nicht spruchreif, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs für den Kläger unter Berücksichtigung etwaiger Sonderbetriebsausgaben ein —wenn auch geringerer— Verlust ergibt. Da das FG hierzu aber —von seinem Standpunkt aus folgerichtig— keine Feststellungen getroffen hat, sieht der Senat keine Veranlassung, zur rechtlichen Gesamtwürdigung des Sachverhalts durch das FG abschließend Stellung zu nehmen. Letzteres erscheint erst dann angezeigt, wenn die vom FG aufgeworfenen Rechtsfragen tatsächlich unter Berücksichtigung der Darlegungen zu II.1. der Gründe dieses Urteils entscheidungserheblich sind.
8 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2015 S. 667 Nr. 5
DStR 2015 S. 629 Nr. 12
DStRE 2015 S. 441 Nr. 7
GmbHR 2015 S. 437 Nr. 8
StuB-Bilanzreport Nr. 8/2015 S. 316
Ubg 2015 S. 241 Nr. 4
UAAAE-86098