Kinderbetreuungskosten
Erstattung
von Kindergartenbeiträgen für vorzeitig eingeschulte
Kann-Kinder
Zu den ab VZ 2006 zu berücksichtigenden Kinderbetreuungskosten – kurz KBK – (§§ 4f, 9 Abs. 5, 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG) zählen auch Kindergartenbeiträge.
Ab dem ist für Eltern in RLP das letzte Kindergartenjahr ihrer Kinder beitragsfrei (§ 13 Abs. 3 Kindertagesstättengesetz i.d.F. , GVBL S. 502). Begünstigt sind also erstmals Kinder, die nach den Sommerferien des Jahres 2006 eingeschult wurden. Dies sind i.d.R. Kinder, die vor dem geboren sind (§ 57 Schulgesetz i.d.F. , GVBL S. 59), daneben aber auch sog. Kann-Kinder, die tatsächlich im Schuljahr 2006/2007 vorzeitig eingeschult wurden (§ 58 Abs. 1 Schulgesetz).
Die Beitragsfreiheit gilt im Übrigen auch für vom Schulbesuch zurückgestellte Kinder, die ein weiteres Jahr im Kindergarten verbleiben. Diese Kinder befinden sich zweimal im letzten Kindergartenjahr.
In der Praxis ist insbesondere die Sonderregelung für die Kann-Kinder von Bedeutung. Sie ist erforderlich, da sich für diese Kinder erst im Nachhinein herausstellt, dass das vermeintlich vorletzte Kindergartenjahr das letzte ist. Nachdem diese Kinder tatsächlich den Schulbesuch begonnen haben, können sich die Eltern der Kann-Kinder die im letzten Kindergartenjahr gezahlten Elternbeiträge vom Jugendamt erstatten lassen (Antragsrecht). Für das Kindergartenjahr 2005/2006 besteht jedoch nur ein Erstattungsanspruch für die Beiträge von Januar bis August 2006 (§ 13 Abs. 3 Satz 6 KitaG). Die Erstattung ist an keine gesetzliche Antragsfrist gebunden, dürfte jedoch regelmäßig noch im Herbst des Einschulungsjahres stattfinden.
Die Folgen für die steuerliche Praxis sollen anhand eines Beispiels dargestellt werden:
Grundfall: VZ 2006
Für das am 10.07.2000 geborene Kind werden bis Kindergartenbeiträge von 80 €/Monat gezahlt. Aufgrund der Kann-Regelung erfolgt die Einschulung bereits im August 2006. Für die Monate 01–08/2006 werden sodann die Beiträge auf Antrag noch im Herbst 2006 erstattet.
Variante 1: Es handelt sich um erwerbsbedingte KBK
Variante 2: Es handelt sich um Sonderausgaben.
Lösung zu den Varianten 1 und 2:
Zahlung und Erstattung heben sich noch im gleichen Jahr auf, so dass sich letztlich keine steuerliche Auswirkung ergibt.
Abwandlung: VZ 2007
Für das am 10.07.2001 geborene Kind werden bis Kindergartenbeiträge von 80 €/Monat gezahlt. Aufgrund der Kann-Regelung erfolgt die Einschulung bereits im August 2007. Für die Monate 09/2006 – 08/2007 werden sodann die Beiträge auf Antrag noch im Herbst 2007 erstattet.
Variante 1: Es handelt sich um erwerbsbedingte KBK
Variante 2: Es handelt sich um Sonderausgaben.
Lösung zu Variante 1:
Erwerbsbedingte KBK sind wie Betriebsausgaben bzw. wie Werbungskosten zu behandeln. Für Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und Werbungskosten gilt das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Bei Gewinnermittlung aufgrund Betriebsvermögensvergleich gelten die Grundsätze der Bilanzierung. Die BFH-Rechtsprechung behandelt Rückflüsse von Betriebsausgaben und Werbungskosten in diesem Zusammenhang nicht als „negative Betriebsausgaben/Werbungskosten”, sondern als (Betriebs-)Einnahmen ( BStBl 1974 II S. 540, vom , BStBl 1982 II S. 755, vom , BStBl 1995 II S. 704 und vom , BStBl 2000 II S. 197). D.h. die in 2007 i.H.v. 640 € gezahlten KBK sind zu 427 € ( 2/3 ) wie Betriebsausgaben/Werbungskosten und die in 2007 i.H.v. 960 € erstatteten KBK zu 640 € ( 2/3 ) wie (Betriebs-)Einnahmen zu behandeln. In Bilanzierungsfällen erfolgt die Berücksichtigung außerbilanziell.
Eine Verrechnung der gezahlten und erstatteten Beiträge und Erhöhung der Einnahmen lediglich um den Erstattungsüberhang von 213 € führt letztlich zum gleichen Ergebnis. Um eine einheitliche Handhabung in der Praxis zu gewährleisten, bitte ich wie folgt zu verfahren:
Verrechnung der im VZ gezahlten mit den im VZ erstatteten KBK, soweit es sich um das gleiche Kind handelt.
Sofern sich ein Zahlungsüberhang ergibt, ist der hiernach personell berechnete Abzugsbetrag wie bisher zu erfassen, d.h. im Zusammenhang mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit unter Kz. 36.153/154 und im Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit durch Minderung des Gewinns.
Sofern sich ein Erstattungsüberhang ergibt, sind die (Betriebs-)Einnahmen um diesen Betrag zu erhöhen.
Personelle Erläuterung im Bescheid: „Die für das Kind … erstatteten Kindergartenbeiträge wurden mit den für dieses Kind insgesamt gezahlten Kinderbetreuungskosten verrechnet und – soweit sich ein Erstattungsüberhang ergeben hat – den Einnahmen aus der dazugehörigen Erwerbstätigkeit hinzugerechnet.” Ggf. wird es hierzu noch einen standardisierten Erläuterungstext geben.
Lösung zu Variante 2:
Für Sonderausgaben gilt das Belastungsprinzip ( BStBl 2002 I S. 667 sowie Rdvfg. vom – S 2221 A – St 32 3). D.h. ein etwaiger Erstattungsüberhang ist in das Jahr der Zahlung zurück zu tragen (rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO). Als gleichartige Aufwendungen in diesem Zusammenhang sind sämtliche KBK anzusehen, die nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG berücksichtigungsfähig sind, unabhängig davon, ob es sich bei der Zahlung und Erstattung um das selbe oder verschiedene Kinder handelt.
Beachte Nichtaufgriffsgrenze!
Ein Rücktrag der nicht ausgeglichenen Sonderausgaben erfolgt jedoch nach bundeseinheitlichem Beschluss nur, soweit diese 200 € übersteigen. Der Betrag von 200 € ist nicht für einzelne Arten von Sonderausgaben gesondert zu sehen, er gilt vielmehr für die Summe aller nicht ausgeglichenen Sonderausgaben.
Wie können Fälle mit Kann-Kindern in der Praxis erkannt werden?
Für VZ 2006 und 2007 gilt: Handelt es sich um ein Kind, das nach dem 30.06. des VZ das 6. Lebensjahr vollendet und werden Kindergartenbeiträge lediglich bis August des VZ geltend gemacht, so spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein vorzeitig eingeschultes Kann-Kind. Sofern keine Angaben über erstattete Kindergartenbeiträge vorliegen, drängen sich weitere Ermittlungen auf. Ggf. wird hierzu noch ein Prüfhinweis eingeführt.
Ausblick für VZ 2008:
Ab dem Schuljahr 2008/2009 wird der Beginn des Schulbesuchs (§ 57 SchulG mit Anwendung ab Schuljahr 2008/2009) auch auf Kinder ausgedehnt, die erst im Juli/August ihren 6. Geburtstag feiern. D.h. die Anzahl der tatsächlich vorzeitig eingeschulten Kann-Kinder wird für VZ 2008 deutlich sinken. Für VZ 2008 gilt daher die Praxisanweisung im vorhergehenden Absatz mit der Maßgabe, dass an Stelle 30.06. der 31.08. tritt.
Ausblick ab VZ 2009
Mit dem dritten Landesgesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom (GVBl S. …, vgl. § 13 Abs. 3 KitaG mit Anwendung ab Kindergartenjahr 2007/2008) entfallen vom Kindergartenjahr 2008/2009 an bis zum Jahr 2010 schrittweise – d.h. in jedem Kindergartenjahr für einen weiteren Jahrgang – die Beiträge für den Besuch des Kindergartens. D.h. ab dem Kindergartenjahr 2008/2009 werden Rückerstattungen der Elternbeiträge für Kann-Kinder obsolet.
Anlage Auszug Kindertagesstättengesetz (KitaG)
1. Mit Anwendung bis einschließlich Kindergartenjahr 2006/2007
(Gesetz vom (GVBl 1991 S. 79), i.d.F. des Landesgesetzes zum Ausbau der frühen Förderung vom (GVBl 2005 S. 502))
§ 13 – Elternbeiträge
(3) Für das Jahr, welches der Schulpflicht unmittelbar vorausgeht, wird kein Elternbeitrag erhoben. Enden die Schulferien vor dem 16.08., beginnt die Beitragsfreiheit am 01.08. Enden die Schulferien nach dem 15.08., beginnt die Beitragsfreiheit am 01.09. Die Beitragsfreiheit endet am 31.08. des Jahres, in dem die Schulpflicht beginnt. Für Kinder, die vorzeitig in die Schule aufgenommen wurden (Zusatz OFD: Kann-Kinder), wird der Beitrag für das Jahr, welches ihrer Schulaufnahme unmittelbar vorausging, erstattet; für die Berechnung des Erstattungszeitraums gelten die Sätze 2 bis 4 entsprechend. Elternbeiträge für den Zeitraum vom 01.09. bis werden nicht erstattet.
2. Mit Anwendung ab Kindergartenjahr 2007/2008
(Gesetz vom (GVBl 1991 S. 79), i.d.F. des dritten Landesgesetzes zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom (GVBl 2007 S. …))
§ 13 – Elternbeiträge
(3) Vom bis ist der Besuch des Kindergartens für Kinder beitragsfrei, die vor dem geboren wurden. Für Kinder, die zum Schuljahr 2008/2009 vorzeitig in die Schule aufgenommen werden (Zusatz OFD: Kann-Kinder), wird der Beitrag für den in Satz 1 genannten Zeitraum erstattet. Vom bis ist der Besuch des Kindergartens für Kinder beitragsfrei, die vor dem geboren wurden. Vom bis ist der Besuch des Kindergartens für Kinder beitragsfrei, die vor dem geboren wurden. Ab dem ist der Besuch des Kindergartens für Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr an beitragsfrei.
Auszug Schulgesetz (SchulG)
Vom (GVBl 2004 S. 239), i.d.F. des Landesgesetzes zum Ausbau der frühen Förderung vom (GVBl 2005 S. 502)
§ 57 – Beginn des Schulbesuchs
Mit Anwendung bis einschließlich Schuljahr 2007/2008
Alle Kinder, die bis zum 30.06. das sechste Lebensjahr vollenden, besuchen die Schule mit dem Beginn des Schuljahres.
Mit Anwendung ab Schuljahr 2008/2009
Alle Kinder, die bis zum 31.08. das sechste Lebensjahr vollenden, besuchen die Schule mit dem Beginn des Schuljahres.
§ 58 – Vorzeitige Aufnahme, Zurückstellung vom Schulbesuch
(1) Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind, können auf Antrag der Eltern in die Schule aufgenommen werden, wenn aufgrund ihrer Entwicklung zu erwarten ist, dass sie mit Erfolg am Unterricht teilnehmen werden (Zusatz OFD: Kann-Kinder). Die Entscheidung trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter im Benehmen mit der Schulärztin oder dem Schularzt. Zur Entscheidungsfindung soll mit Zustimmung der Eltern die Kindertagesstätte einbezogen werden.
(2) Eine Zurückstellung vom Schulbesuch ist für schulpflichtige Kinder aus wichtigem Grund einmal auf Antrag der Eltern möglich. Die Entscheidung trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter im Benehmen mit der Schulärztin oder dem Schularzt. Eine Zurückstellung soll in der Regel nur vorgenommen werden, wenn dies aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist. Diese Kinder können in einem Schulkindergarten oder in einer Kindertagesstätte gefördert werden.
Oberfinanzdirektion
Koblenz v. - S
2144 d - St 32 3S 2221 -
St 32 3S 2350 A - St 32
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Fundstelle(n):
SAAAC-53647