Auszahlung eines nach Ausscheiden des Arbeitgebers aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder gebildeten Versorgungsguthabens als Arbeitslohn; Arbeitslohncharakter von Zukunftssicherungsleistungen
Leitsatz
Die Auszahlung eines Versorgungsguthabens, das nach Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL aufgrund einer Direktzusage des Arbeitgebers zur Sicherung der zugesagten Gesamtversorgung gebildet worden ist, führt neben zuvor lohnversteuerten Umlagezahlungen an die VBL zu Arbeitslohn.
Gesetze: EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Instanzenzug: FG Baden-Württemberg, Außensenate Karlsruhe, vom 1 K 366/03 (EFG 2007, 682) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte zu 1. (Kläger) wurde im Streitjahr (2001) mit seiner zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Seit 1963 war der Kläger Angestellter der A. A sagte dem Kläger eine Zusatzversorgung zur Aufstockung der gesetzlichen Rentenversicherung zu und versicherte ihn zur Durchführung dieser Zusatzversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Im Rahmen einer Fusion wurde die rechtlich unselbständige „X-Anstalt” der A mit Wirkung zum auf die neu errichtete B übertragen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging auf B über. Die Beteiligung der A an der VBL wurde von B nicht fortgesetzt. Dies hatte zur Folge, dass die durch B von A übernommenen Arbeitnehmer fortan beitragsfrei bei der VBL versichert waren und bei Eintritt des Versicherungsfalles statt eines Anspruchs auf eine Versorgungsrente einen Anspruch auf eine niedrigere Versicherungsrente hatten. Zum Ausgleich dieses Nachteils erteilte B den betroffenen Arbeitnehmern eine Direktzusage im Rahmen einer auf ein Kapitaldeckungsverfahren umgestellten betrieblichen Altersversorgung. Eine zudem bei der VBL entstandene Finanzierungslücke glich B durch sog. Gegenwertzahlungen in Höhe von 68 Mio. DM aus.
Am trat der Kläger in den Vorruhestand und erhielt seitdem neben der gesetzlichen Altersrente eine Versicherungsrente von der VBL. Darüber hinaus bildete B ein Versorgungsguthaben, das die dem Kläger aus dem Ausscheiden der B aus der VBL entstandenen rentenrechtlichen Nachteile ausgleichen sollte. Dieses wurde am fällig und als Einmalkapital in Höhe von 134 930 DM ausbezahlt.
In der Einkommensteuererklärung 2001 beantragte der Kläger, die Einmalzahlung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigt zu besteuern. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) veranlagte mit Einkommensteuerbescheid 2001 vom antragsgemäß. Hiergegen legten der Kläger und seine Ehefrau Einspruch ein mit der Begründung, das ausgezahlte Versorgungsguthaben sei nicht steuerbar. In seiner Einspruchsentscheidung vom vertrat das FA die Auffassung, die Einmalzahlung solle die Nachteile aus dem Ausscheiden der B aus der VBL ausgleichen und beruhe auf einer neuen Versorgungszusage der B; sie sei als Arbeitslohn für mehrere Kalenderjahre zu versteuern. Soweit der Kläger ohne die beendete Beteiligung der A höhere Ansprüche gegen die VBL gehabt hätte, seien diese Ansprüche entfallen und hätten deshalb nicht auf B übertragen werden können.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machten der Kläger und seine Ehefrau im Wesentlichen geltend, die Einmalzahlung sei zu 95 %, also in Höhe von 128 183,50 DM, nicht steuerbar. Statt einer monatlichen Versorgungsrente von 1 650 DM erhalte der Kläger von der VBL nur eine Versicherungsrente in Höhe von 928 DM. Sein Arbeitgeber habe sich jedoch zu einer höheren zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung verpflichtet. In Erfüllung des Versorgungsversprechens habe B eine der VBL-Versorgung gleichwertige Leistung zugesagt. Bei der Einmalzahlung handele es sich deshalb um eine kapitalisierte Rentenzahlung, die überwiegend auf einer vorgelagert besteuerten Versorgungsanwartschaft beruhe. Bei wirtschaftlicher Betrachtung seien 95 % der Einmalzahlung bereits in der Zeit bis zur Beendigung der VBL-Beteiligung als Beiträge der A an die VBL steuerlich erfasst worden. Nur soweit die Auszahlung auf die ab Dezember 1998 erdienten Anwartschaften entfalle, fehle es an einer vorgelagerten Besteuerung. Mit Ausnahme der „Zahlstelle” habe sich aus Sicht des Klägers nichts an dessen Versorgungssituation geändert. Den über die Versicherungsrente hinausgehenden Teil der erdienten Versorgungsrente zahle statt der VBL jetzt B. Die Ausgleichszahlung sei keine Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Klägers, sondern durch dessen bereits versteuerte Rentenanwartschaft veranlasst und deshalb kein Arbeitslohn.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 682 veröffentlichten Gründen statt.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Es vertritt die Auffassung, dass die Auszahlung des Versorgungsguthabens durch das Arbeitsverhältnis begründet und daher als steuerpflichtiger Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG anzusehen sei.
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass das dem Kläger ausgezahlte Versorgungsguthaben in der streitbefangenen Höhe kein —nach Auffassung des FA gemäß § 34 EStG tarifbegünstigt zu besteuernder— Arbeitslohn sei.
1. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden.
a) Als Vorteil zählen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen.
b) Vorteile werden „für” eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist, also als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten ist (z.B. , BFH/NV 2008, 550; vom VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382, und in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385).
Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen und demnach aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt werden, sind kein Arbeitslohn (vgl. z.B. , BFHE 212, 574, BStBl II 2006, 691, m.w.N.; vom VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892; vom VI R 26/06, BFHE 220, 266, BStBl II 2008, 378; vom VI R 32/08, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2009, 830).
So hat der erkennende Senat für sog. Gegenwertzahlungen bei Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL entschieden, dass diese nicht „für” die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gewährt würden, denn sie könnten als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung angesehen werden und glichen ausschließlich eine Verpflichtung des Arbeitgebers aus, die er gegenüber der VBL eingegangen sei (vgl. , BFHE 212, 445, BStBl II 2006, 528). Auch bei Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Zusatzversorgungskasse im Zusammenhang mit der Schließung des Umlagesystems hat der Senat angenommen, dass sie ausschließlich dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers an der Sicherstellung seiner Versorgungszusage dienten (vgl. , BFHE 210, 447, BStBl II 2006, 500). Gleiches hat der Senat für Sonderzahlungen entschieden, die ein Arbeitgeber beim Wechsel zu einer anderen umlagefinanzierten Zusatzversorgungskasse geleistet hatte (vgl. , BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532). Erst Sonderzahlungen, die nach dem geleistet werden, zählt § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 52 Abs. 35 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom (BGBl I 2006, 2878) zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit; der Gesetzgeber geht davon aus, dass auch Schlusszahlungen in Umlageverfahren wegen der damit bewirkten Sicherung von Zukunftssicherungsleistungen im Interesse des Arbeitnehmers liegen (vgl. BRDrucks 622/06, 74 f.).
Kein Arbeitslohn liegt auch vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VI B 30/04, BFH/NV 2005, 884, und vom VI B 23/07, BFH/NV 2007, 1870, jeweils m.w.N.; , BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom I R 100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509; vom VI R 33/97, BFHE 207, 230, BStBl II 2004, 1076; vom VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898; in BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382). Eine Zuwendung aufgrund solcher nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen kann vorliegen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Schaden ausgleicht. Ein solcher Schadensausgleich führt aber nur insoweit nicht zum Lohnzufluss, als er in Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs des Arbeitnehmers geleistet wird. Darüber hinausgehende Beträge erfüllen demgegenüber den Lohnbegriff (, BFHE 181, 298, BStBl II 1997, 144, und vom VI R 17/96, BFHE 192, 293, BStBl II 2000, 584).
2. Nach diesen Maßstäben hält die Würdigung des FG, die Auszahlung des Versorgungsguthabens führe in der streitbefangenen Höhe nicht zu Arbeitslohn, revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Auf der Grundlage der Feststellungen des FG kann der erkennende Senat selbst entscheiden, dass die streitige Einmalzahlung einen „für” die Beschäftigung gewährten Vorteil darstellt und damit zu Arbeitslohn führt.
a) Die Einmalzahlung des Versorgungsguthabens hat beim Kläger zu einem (zusätzlichen) Vorteil geführt.
aa) Der Kläger hat im Streitjahr in Gestalt der Einmalzahlung Güter erlangt, die in Geld bestehen. Dass damit die Auszahlung des Versorgungsguthabens dem Kläger für sich betrachtet einen Vorteil bringt, haben auch die Kläger nicht bestritten. Der Umstand, dass die auf der Grundlage einer Direktzusage des Arbeitgebers geleistete Zahlung nicht für eine gegenwärtige, sondern für eine frühere Tätigkeit des Klägers erbracht worden ist, schließt die Annahme eines Vorteils nicht aus.
bb) Zuvor als Arbeitslohn behandelte Umlagezahlungen des früheren Arbeitgebers des Klägers an die VBL führen zu keiner Minderung dieses Vorteils. Wie der Senat in seinem Urteil vom VI R 8/07 ausgeführt hat, sind Umlagezahlungen unabhängig von späteren Versorgungsleistungen Arbeitslohn, wenn eine aufgrund dieser Zahlungen erlangte, zunächst als Anwartschaftsrecht auf künftige Versorgung ausgestaltete Rechtsposition des Arbeitnehmers bei planmäßigem Versicherungsverlauf zu einem Anspruch auf Versorgung (Vollrecht) führt. Deshalb kommt bei einem außerplanmäßigen Wechsel des Durchführungswegs der Altersversorgung keine Verrechnung von bereits als Arbeitslohn behandelten Beiträgen mit vom Arbeitnehmer später erlangten Vorteilen i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG in Betracht. Bei der Vorteilsbestimmung sind auch Nachzahlungen zur Sicherung eines arbeits- oder tarifvertraglich zugesicherten Versorgungsniveaus nicht mit früheren Zukunftssicherungsleistungen zu saldieren, die abweichend vom planmäßigen Versicherungsverlauf ganz oder teilweise nicht zu der angestrebten Versorgung geführt haben. Wechselt demnach der Arbeitgeber oder an seiner Stelle ein neuer Arbeitgeber von der ursprünglich gewählten Zusatzversorgung über einen Dritten zu einer selbstfinanzierten Altersversorgung (hier Direktzusage), so führen die neben den ursprünglich gezahlten Beiträgen direkt an den Arbeitnehmer entrichteten Zahlungen zur Gewährleistung des vom Arbeitgeber zugesicherten Versorgungsniveaus grundsätzlich zu einem zusätzlichen Vorteil.
cc) Die Minderung des in der streitbefangenen Einmalzahlung liegenden Vorteils scheidet aber auch deshalb aus, weil ein Anspruch des Klägers gegen die VBL in einer der arbeitsrechtlich zugesagten Zusatzversorgung entsprechenden Höhe unter der Bedingung weiterer —lohnsteuerpflichtiger— Beitragsleistungen bis zum Eintritt des Versicherungsfalles stand. Diesem Umstand hat das FG zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen.
Nachdem der neue Arbeitgeber des Klägers (B) die Beteiligung des alten Arbeitgebers (A) an der VBL nicht fortgesetzt hat, war der Kläger nunmehr beitragsfrei bei der VBL weiter versichert. Beitragsfrei bei der VBL Versicherte haben bei Erfüllung der Wartezeit im Versicherungsfall keinen Anspruch auf Versorgungsrente —wie er sich (nur) bei Fortzahlung der Beiträge ergeben hätte—, sondern einen Anspruch auf eine (niedrigere) Versicherungsrente. Hieraus ergibt sich zwar ein unterschiedliches Versorgungsniveau im Versicherungsfall; dieser Unterschied führt jedoch unabhängig davon, wie dieser zu bemessen wäre, nicht zu einer Minderung der Einmalzahlung als Vorteil. Denn die durch die lohnversteuerten Umlagezahlungen der A bereits erdiente Versorgungsanwartschaft des Klägers konnte ohne weitere Umlagezahlungen im Versicherungsfall nicht zu einem Vollrecht auf die auch von B zugesagte Zusatzversorgung erstarken. Anders als der Kläger meint, bestand zum fraglichen Zeitpunkt noch kein gesicherter Anspruch des Klägers auf eine Versorgungsrente. Deshalb ist das von B gebildete Versorgungsguthaben nicht lediglich als finanzielle Kompensation für eine bereits erlangte, infolge des Ausscheidens des Arbeitgebers aus der VBL verloren gegangene Rechtsposition anzusehen. Vielmehr tritt es wirtschaftlich an die Stelle der von B nicht bis zum Eintritt des Versicherungsfalles weitergezahlten Beiträge. Damit scheidet auch aus, die Einmalzahlung als eine Ersatzleistung im Rahmen eines zivilrechtlichen Schadensausgleichs anzusehen, denn auch diese setzte den Entzug einer bereits vorhandenen Vermögensposition voraus.
b) Der mit der Auszahlung des Versorgungsguthabens erlangte Vorteil wurde auch „für” die Beschäftigung gewährt. Denn die aufgrund der Direktzusage des neuen Arbeitgebers des Klägers geleistete Auszahlung des Versorgungsguthabens stellt sich nicht als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung dar. Auch scheidet aus, dass die streitige Leistung aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erbracht worden ist.
aa) Versorgungsleistungen, wie sie der Kläger (auch) in Gestalt des ausgezahlten Guthabens erlangt hat, liegen grundsätzlich ganz überwiegend im Interesse des Arbeitnehmers. Eine andere Beurteilung ist auch im Streitfall nicht geboten. Insbesondere tragen hier keine Erwägungen, wie sie der erkennende Senat für Gegenwertzahlungen des Arbeitgebers an die VBL und andere Sonderzahlungen angestellt hat. Denn derartige Zahlungen des Arbeitgebers sind nicht individualisiert; ihr Beitrag zur Finanzierung einer einzelnen Versorgungszusage ist nicht konkret zu beziffern. Im Vordergrund stehen bei derartigen Zahlungen die finanzielle Absicherung eines einer Vielzahl von Arbeitnehmern zugesagten Versorgungsniveaus und das Einstehen des Arbeitgebers für mit dem Wechsel des Versorgungssystems verbundene Folgen; dem jedenfalls mittelbar vorhandenen Entlohnungscharakter kommt nur untergeordnete Bedeutung zu. Hingegen scheidet die Annahme eines überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers an der Finanzierung und Sicherung seiner Versorgungszusage aus, wenn der Arbeitgeber —wie hier— individualisierte Leistungen an einen konkreten Arbeitnehmer erbringt.
bb) Im Streitfall scheidet auch aus, dass die Einmalzahlung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt worden ist. Wenn —wie bereits ausgeführt— im Versicherungsfall ein Anspruch der Arbeitnehmer gegen die VBL in einer der arbeitsrechtlich zugesagten Zusatzversorgung entsprechenden Höhe nur bei weiterer lohnsteuerpflichtiger Beitragsleistung bestand, kommt eine andere Rechtsbeziehung als das Arbeitsverhältnis für die Auszahlung des Versorgungsguthabens nicht in Betracht. Insbesondere ist der Veranlassungszusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis nicht mit der Begründung zu verneinen, dass der Arbeitgeber zivilrechtlichen Schadensausgleich geleistet hätte. Denn der neue Arbeitgeber des Klägers (B) ist seiner Versorgungszusage nur auf andere Weise als der alte Arbeitgeber (A) nachgekommen, nämlich durch eine Direktzusage anstelle einer Weiterversicherung des Klägers bei der VBL. Dabei tritt das von B gebildete Versorgungsguthaben auch nicht teilweise an die Stelle eines bereits durch Umlagezahlungen der A erlangten Versorgungsniveaus; vielmehr tritt das Guthaben zu der durch Beiträge der A erdienten Versorgungsanwartschaft hinzu und sichert erst auf diese Weise (erstmals) die von B zugesagte Gesamtversorgung.
cc) Schließlich ist für die Beurteilung, ob ein Vorteil „für” die Beschäftigung gewährt worden ist, nicht von Belang, ob der Arbeitgeber den für den Arbeitnehmer lohn- bzw. einkommensteuerlich günstigsten Durchführungsweg der Zukunftssicherung gewählt hat oder seine arbeitsrechtlichen Verpflichtungen durch eine dem Arbeitnehmer steuerlich möglicherweise nachteilige Gestaltung erfüllt.
3. Dieses Ergebnis begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist es zwar verfassungsrechtlich geboten, die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird (, BVerfGE 105, 73, 134 f., unter D.II.). Deshalb steht —ungeachtet dem Gesetzgeber einzuräumender Übergangsfristen— die vor- und nachgelagerte Besteuerung von Alterseinkünften grundsätzlich auch dann in einem Alternativverhältnis, wenn die Altersversorgung durch Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers finanziert worden ist. Dies gilt indes nur, soweit Altersbezüge in einem unmittelbaren Finanzierungszusammenhang mit solchen Leistungen des Arbeitgebers stehen. Bei dem im Streitfall vorliegenden Wechsel des Versorgungswegs des Arbeitgebers ist ein derartiger Zusammenhang nur jeweils innerhalb der beiden Versorgungswege gegeben. Nur soweit der Kläger von der VBL eine Versicherungsrente bezieht, braucht deshalb dem Umstand der vorgelagerten Besteuerung der Umlagezahlungen Rechnung getragen werden. Soweit Altersbezüge wie hier auf einer Direktzusage des Arbeitgebers beruhen, sind sie hingegen grundsätzlich in voller Höhe nachgelagert zu besteuern.
4. Nachdem das FA auf die streitbefangene Einmalzahlung bereits die Vorschrift des § 34 EStG angewandt hat, braucht der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob es sich bei der Auszahlung des Versorgungsguthabens um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeit i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gehandelt hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2010 II Seite 130
BFH/NV 2009 S. 1508 Nr. 9
BFH/PR 2009 S. 370 Nr. 10
BStBl II 2010 S. 130 Nr. 2
DStR 2009 S. 1526 Nr. 30
DStRE 2009 S. 963 Nr. 15
DStZ 2009 S. 666 Nr. 18
FR 2009 S. 1158 Nr. 24
HFR 2009 S. 977 Nr. 10
StB 2009 S. 298 Nr. 9
StBW 2009 S. 4 Nr. 16
StuB-Bilanzreport Nr. 15/2009 S. 589
NAAAD-25212