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Gutgläubiger Erwerb von GmbH-Anteilen
Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.
I. Definition des gutgläubiger Erwerbs von GmbH-Anteilen
In der Vergangenheit hat es bei Unternehmenskäufen oftmals große Mühe bereitet, festzustellen, ob der Veräußerer eines GmbH-Geschäftsanteils tatsächlich dessen berechtigter Inhaber war. Im Rahmen von due-dilligence-Prüfungen mussten häufig lange Veräußerungs- und Abtretungsketten geprüft werden, die bis zur Entstehung der zu veräußernden GmbH zurückreichten. Um diese Schwierigkeiten zu vermeiden, wurde durch das MoMiG der gutgläubige Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen eingeführt. Von zentraler Bedeutung ist bei diesem neu geschaffenen Rechtsinstitut die Gesellschafterliste. Ob die Regelung des gutgläubigen Erwerbs in § 16 Abs. 3 GmbHG tatsächlich geglückt ist, ist umstritten. Geschützt wird nämlich nur der gute Glaube an die Verfügungsberechtigung und die Anteilsgröße des in die Gesellschafterliste eingetragenen Inhabers. Nicht geschützt wird hingegen der gute Glaube an die Existenz und vor allem an die Lastenfreiheit des Geschäftsanteils. Vor diesem Hintergrund werden auch in Zukunft Nachforschungen über die Berechtigung des eingetragenen Inhabers nicht vollständig vermieden.
II. Voraussetzungen
Der gutgläubige Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen hat folgende Voraussetzungen:
Existenz eines GmbH-Anteils,
unrichtige Wiedergabe des Inhabers oder des Umfangs seiner Beteiligung in der ins Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste,
rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Geschäftsanteils,
Zurechenbarkeit beim Berechtigten oder Ablauf der 3-Jahres-Frist,
kein Widerspruch,
keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der fehlenden Berechtigung durch den Erwerber.
1. Existenz des Geschäftsanteils
Gutgläubig erworben werden kann nur ein tatsächlich existierender Geschäftsanteil. Umstritten ist hingegen, ob der Geschäftsanteil auch bezüglich der in der Gesellschafterliste ausgewiesenen Stückelung gutgläubig erworben werden kann. Die wohl überwiegende Meinung bejaht dies, soweit der Geschäftsanteil tatsächlich existiert, jedoch (teilweise) einem anderen Gesellschafter gehört.
Beispiel: Es wird ein Geschäftsanteil vom nicht berechtigten A, der in der Gesellschafterliste ausgewiesen wird, in zwei Teilgeschäftsanteile über je 25.000,00 € geteilt, sodann überträgt der nicht berechtigte A einen Teilgeschäftsanteil an B. In diesem Fall soll gutgläubiger Erwerb in Betracht kommen, da der Erwerber nicht schlechter stehen soll, als wenn Gesellschafter A seinen ganzen Anteil an B abgetreten hätte.
Kein gutgläubiger Erwerb kommt demgegenüber in Betracht, wenn der Geschäftsanteil von vornherein zu groß ausgewiesen wurde, so dass in der Summe die Nennbeträge aller Geschäftsanteile das Stammkapital übersteigen würden. In diesem Fall läge zumindest teilweise der Erwerb eines nicht existierenden Geschäftsanteils vor, der vom Gesetz gerade nicht ermöglicht werden soll.
2. Unrichtigkeit der Gesellschafterliste
Es muss eine förmliche Gesellschafterliste vorliegen, die in das Handelsregister aufgenommen wurde. Von besonderer Bedeutung ist, dass aus der Gesellschafterliste der Inhaber des Geschäftsanteils eindeutig hervorgeht und eindeutig identifizierbar ist. Ein gutgläubiger Erwerb kommt somit nicht in Betracht, wenn die Liste in sich widersprüchlich oder der Inhaber nicht eindeutig identifizierbar ist. Kleinere Mängel der Liste, wie z. B. eine fehlende Unterzeichnung durch den Geschäftsführer hindern demgegenüber den gutgläubigen Erwerb nicht. Durch die Gesellschafterliste wird das Vertrauen auf die Anteilsinhaberschaft, die sich aus ihr ergibt, geschützt.
Gutgläubiger Erwerb ist möglich, wenn die Gesellschafterliste nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt, der Erwerber also nicht wirksam erworben hat, sei es infolge eines Formmangels, eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, eine entgegenstehende Vinkulierung, keine Vertretungsmacht vorliegt oder eine wirksame Anfechtung erfolgt ist. Eine unrichtige Gesellschafterliste und somit ein gutgläubiger Erwerb ist ferner möglich, wenn die Unrichtigkeit durch nachträgliche Rechtsänderung entstanden ist, z. B. Eintritt einer auflösenden Bedingung.
Es war lange umstritten, ob zur Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs der Eintrag eines Testamentsvollstreckervermerks auf der Gesellschafterliste zulässig ist oder nicht. Diese Frage ist nun vom BGH geklärt worden: Der BGH hat entschieden, dass das Registergericht die Aufnahme der mit einem Testamentsvollstreckervermerk versehenen Gesellschafterliste ablehnen darf . Nach Ansicht des BGH soll der gutgläubige Erwerb von Geschäftsanteilen nur insoweit ermöglicht werden, als der Erwerber darauf soll vertrauen dürfen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist. Damit würde § 16 Abs. 3 GmbHG gerade keinen Gutglaubensschutz gegenüber einer Verfügung des durch die Testamentsvollstreckung beschränkten Erben vermitteln.