BMF - IV D 1 - S 7058/07/10002 BStBl 2013 I S. 852

Umsatzsteuer; Auswirkungen durch den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union zum

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

I. Allgemeines

Gemäß dem am unterzeichneten Vertrag über den Beitritt der Republik Kroatien tritt Kroatien am der Europäischen Union bei. Das Hoheitsgebiet der Republik Kroatien gehört ab diesem Zeitpunkt zu dem Gebiet der Europäischen Union, vgl. Artikel 52 EUV i. V. m. Artikel 355 AEUV. Ab dem Tag des Beitritts hat Kroatien das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ohne Übergangsfrist anzuwenden. Dies gilt auch hinsichtlich der Bestimmungen über die umsatzsteuerliche Behandlung des innergemeinschaftlichen Waren- und Dienstleistungsverkehrs.

Aufgrund des Beitritts ergeben sich Auswirkungen auf das deutsche Umsatzsteuerrecht. Nach mehreren Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes und der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung treten im grenzüberschreitenden Leistungsverkehr, je nachdem ob ein Staat zur Europäischen Union gehört oder nicht, unterschiedliche Besteuerungsfolgen ein. Das gilt insbesondere für:

  • § 1a UStG: Innergemeinschaftlicher Erwerb

  • § 1b UStG: Innergemeinschaftlicher Erwerb neuer Fahrzeuge

  • § 1c UStG: Innergemeinschaftlicher Erwerb durch diplomatische Missionen, zwischenstaatliche Einrichtungen und Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags

  • § 2a UStG: Fahrzeuglieferer

  • § 3 Abs. 1a UStG: Umsatzsteuerliche Behandlung des Verbringens eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet

  • § 3 Abs. 6, 7 und 8 UStG: Ort der Lieferung

  • § 3a UStG: Ort der sonstigen Leistung

  • § 3b UStG: Ort der Beförderungsleistungen und der damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen

  • § 3c UStG: Ort der Lieferung in besonderen Fällen

  • § 3d UStG: Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs

  • § 3e UStG: Ort der Lieferungen und Restaurationsleistungen während einer Beförderung an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn

  • § 4 Nr. 1 Buchst. a und b UStG: Steuerbefreiungen für Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen

  • § 4 Nr. 3 UStG: Steuerbefreiungen für grenzüberschreitende Beförderungen und bestimmte sonstige Leistungen

  • § 4 Nr. 4b UStG: Steuerbefreiung für die einer Einfuhr vorangehenden Lieferungen von Gegenständen

  • § 4 Nr. 5 UStG: Steuerfreie Vermittlungsleistungen

  • § 4 Nr. 7 UStG: Leistungen an Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, NATO-Streitkräfte, diplomatische Missionen und zwischenstaatliche Einrichtungen

  • § 4b UStG: Steuerbefreiung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen

  • § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG: Steuerbefreiung bei der Einfuhr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung

  • § 6 UStG: Ausfuhrlieferung

  • § 6a UStG: Innergemeinschaftliche Lieferung

  • § 7 UStG: Lohnveredelung an Gegenständen der Ausfuhr

  • § 13b Abs. 1 UStG: Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerpflichtige sonstige Leistungen

  • § 14 Abs. 7 UStG: Rechnungserteilung bei inländischen Umsätzen eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmers, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet

  • § 14a UStG: Zusätzliche Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen

  • § 14b UStG: Aufbewahrung von Rechnungen

  • § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG: Vorsteuerabzug für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen

  • § 15 Abs. 3 UStG: Ausschluss des Vorsteuerabzugs

  • § 16 Abs. 1a und § 18 Abs. 4c UStG: Elektronische Dienstleistungen

  • § 16 Abs. 5 und § 18 Abs. 5 UStG: Beförderungseinzelbesteuerung

  • § 16 Abs. 5a und § 18 Abs. 5a UStG: Fahrzeugeinzelbesteuerung

  • § 18 Abs. 9 UStG: Vorsteuer-Vergütungsverfahren

  • § 18a UStG: Zusammenfassende Meldung

  • § 18b UStG: Gesonderte Erklärung innergemeinschaftlicher Lieferungen und bestimmter sonstiger Leistungen im Besteuerungsverfahren

  • § 18c UStG: Meldepflicht bei der Lieferung neuer Fahrzeuge

  • § 18d UStG: Vorlage von Urkunden

  • § 18e UStG: Bestätigungsverfahren

  • § 18g UStG: Abgabe des Antrags auf Vergütung von Vorsteuerbeträgen in einem anderen Mitgliedstaat

  • § 22 UStG: Aufzeichnungspflichten

  • § 25 Abs. 2 UStG: Steuerbefreiung von Reiseleistungen

  • § 25a UStG: Differenzbesteuerung

  • § 25b UStG: Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte

  • §§ 8 bis 17 UStDV: Beleg- und buchmäßiger Nachweis bei Ausfuhrlieferungen und Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr

  • §§ 17a bis 17c UStDV: Nachweise bei der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen

  • §§ 59 bis 61a UStDV: Vergütung der Vorsteuerbeträge in einem besonderen Verfahren.

Bei der Anwendung aller vorstehend aufgeführten Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes und der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung gehört Kroatien ab dem Beitritt zum Gebiet der Europäischen Union bzw. Gemeinschaftsgebiet i. S. d. § 1 Abs. 2a Satz 1 UStG.

II. Im Einzelnen

1. Gebiet der Europäischen Union

Ab dem umfasst das Gemeinschaftsgebiet (§ 1 Abs. 2a Satz 1 UStG) auch das Hoheitsgebiet der Republik Kroatien.

2. Erwerbsschwelle

Ein innergemeinschaftlicher Erwerb durch

unterliegt vorbehaltlich eines eventuell erklärten Verzichts auf die Anwendung des Schwellenwerts nur dann der Umsatzbesteuerung, wenn eine bestimmte Grenze (Erwerbsschwelle) überschritten wird.

Die Erwerbsschwelle für Kroatien beträgt 77.000 HRK. Gemäß Artikel 399 Satz 2 der Richtlinie 2006/112/EG ist der zum Zeitpunkt des Beitritts Kroatiens geltende Umrechnungskurs maßgeblich.

3. Lieferschwelle

Der Ort der Lieferung richtet sich bei Lieferungen von Gegenständen, die durch den Lieferer oder von einem von ihm beauftragten Dritten aus dem Inland in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden und bei denen der Abnehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht zu versteuern hat, vorbehaltlich eines eventuell erklärten Verzichts auf die Anwendung des Schwellenwerts danach, ob die maßgebliche Lieferschwelle des anderen Mitgliedstaates (§ 3c Abs. 3 Nr. 2 UStG) überschritten ist oder nicht.

Die Lieferschwelle für Kroatien beträgt 270.000 HRK. Gemäß Artikel 399 Satz 2 der Richtlinie 2006/112/EG ist der zum Zeitpunkt des Beitritts Kroatiens geltende Umrechnungskurs maßgeblich.

4. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Ab dem unterliegt der grenzüberschreitende Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Kroatien den Vorschriften, die für den innergemeinschaftlichen Handel gelten.

Unternehmer in Kroatien erhalten ab dem für umsatzsteuerliche Zwecke eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dient vorrangig als Anzeichen dafür, dass ihr Inhaber Unternehmer ist und Lieferungen oder sonstige Leistungen für seinen unternehmerischen Bereich bezieht. Deutsche Unternehmer benötigen die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres Leistungsempfängers, um zu erkennen, ob sie nach § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG steuerfrei an ihn liefern können. Ferner benötigen Unternehmer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers, um den Verpflichtungen zur Rechnungsausstellung nach § 14a UStG nachzukommen. Schließlich müssen sie steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen, im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführte steuerpflichtige sonstige Leistungen i. S. d. § 3a Abs. 2 UStG, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, und Lieferungen i. S. d. § 25b Abs. 2 UStG unter Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers in ihren Zusammenfassenden Meldungen (§ 18a UStG) angeben. Steuerliche Bedeutung hat die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers auch als Tatbestandsmerkmal der Regelungen des § 3a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a und c, Nr. 4 und Nr. 5, Abs. 4 und Abs. 5 UStG und § 3b UStG über den Ort bestimmter sonstiger Leistungen. Daneben hat die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bei sonstigen Leistungen an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Leistungsempfänger Bedeutung als Nachweis, ob der Leistungsempfänger Unternehmer ist und die sonstige Leistung für das Unternehmen bezieht (vgl. § 3a UStG).

Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern werden in Kroatien wie folgt aufgebaut sein:

HR99999999999 (Präfix „HR” und ein Block mit 11 Ziffern).

Das Bundeszentralamt für Steuern bestätigt ab dem gemäß § 18e Nr. 1 UStG auf Anfrage die Gültigkeit von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern, die von Kroatien erteilt wurden (einfache Bestätigung) sowie den Namen und die Anschrift der Person, der die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde (qualifizierte Bestätigung). Weitere Informationen sind unter der Internetadresse des Bundeszentralamtes für Steuern (www.bzst.bund.de) eingestellt.

Nach § 6a Abs. 3 UStG müssen die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vom Unternehmer nachgewiesen werden. Hierzu gehört nach § 17c Abs. 1 UStDV als buchmäßiger Nachweis die Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers. Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten wird die fehlende Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines Abnehmers in der Republik Kroatien unter den folgenden Voraussetzungen nicht beanstandet:

  1. Die Lieferung wird nach dem und vor dem ausgeführt.

  2. Die Lieferung erfolgt nicht im Einzelhandel oder in einer für den Einzelhandel gebräuchlichen Art und Weise (vgl. § 17c Abs. 2 Nr. 2 UStDV).

  3. Die außer der Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach den §§ 17a bis 17c UStDV erforderlichen Nachweise für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung liegen vor.

  4. Der Abnehmer gibt gegenüber dem Unternehmer die schriftliche Erklärung ab, dass er die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragt hat und dass die Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen.

  5. Die zunächst fehlende Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers wird nachgeholt.

Im Übrigen ist die Durchführung des (einfachen oder qualifizierten) Bestätigungsverfahrens nicht materiell-rechtliche Voraussetzung für den buchmäßigen Nachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Das Bestätigungsverfahren dient dem Unternehmer insbesondere in den Fällen, in denen Geschäftsbeziehungen aufgenommen werden oder Zweifel an der Gültigkeit einer erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer bestehen, als Anhaltspunkt dafür, dass die jeweilige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dem Abnehmer erteilt wurde.

5. Behandlung der Lieferungen vor dem , bei denen die gelieferten Gegenstände nach dem nach Kroatien oder aus Kroatien in das Inland gelangen

Liefert ein Unternehmer vor dem einen Gegenstand im Inland an einen Abnehmer und gelangt dieser Gegenstand nach dem in das Gebiet Kroatiens, ist diese Lieferung unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 UStG als Ausfuhrlieferung steuerfrei.

Gegenstände, die vor dem Beitrittsdatum geliefert wurden und nach dem Beitrittsdatum verwendet wurden, unterliegen unter den Voraussetzungen des Artikels 408 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2006/112/EG der Einfuhrumsatzsteuer im Inland.

6. Vorsteuer-Vergütungsverfahren

Aufgrund der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (ABl. EU 2008 Nr. L 44 S. 23) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmern unter den weiteren Voraussetzungen die Vorsteuern zu erstatten.

Ein im Inland ansässiger Unternehmer, dem nach dem in Kroatien von einem Unternehmer Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden ist, kann Anträge auf Vergütung von kroatischen Vorsteuerbeträgen nach § 18g UStG auf elektronischem Weg an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zur Weiterleitung an die kroatische Erstattungsbehörde übermitteln.

Ein in Kroatien ansässiger Unternehmer, dem vor dem im Inland von einem Unternehmer für einen steuerpflichtigen Umsatz Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden ist, kann einen Antrag auf Vergütung dieser Steuer nach § 18 Abs. 9 UStG, §§ 59, 60, 61a UStDV beim BZSt stellen. Für den Antrag auf Vergütung dieser Steuer ist ein Vordruck nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu verwenden. Der Unternehmer hat aber die Möglichkeit, den Vergütungsantrag dem BZSt – ggf. vorab – elektronisch zu übermitteln. Die Vergütung ist für im Jahr 2013 in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für vor dem im Inland erbrachte steuerpflichtige Umsätze bis zum zu beantragen (§ 61a Abs. 2 Satz 1 UStDV).

Ein in Kroatien ansässiger Unternehmer, dem nach dem im Inland von einem Unternehmer für einen steuerpflichtigen Umsatz Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden ist, kann einen Antrag auf Vergütung dieser Steuer auf elektronischem Weg über die kroatische Erstattungsbehörde zur Weiterleitung an das BZSt übermitteln (vgl. § 18 Abs. 9, §§ 59 bis 61 UStDV). Die Vergütung ist für im Jahr 2013 in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für nach dem im Inland erbrachte steuerpflichtige Umsätze bis zum zu beantragen (§ 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV).

III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird in Abschnitt 1.10 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom , BStBl 2010 I S. 846, der zuletzt durch das , BStBl 2013 I S. 780, geändert worden ist, nach dem 9. Gedankenstrich folgender neuer Gedankenstrich eingefügt:

  • „– Kroatien (ab )”

Die Änderung ist mit Wirkung vom anzuwenden.

BMF v. - IV D 1 - S 7058/07/10002


Fundstelle(n):
BStBl 2013 I Seite 852
DB 2013 S. 1520 Nr. 28
DStR 2013 S. 1385 Nr. 27
GStB 2013 S. 290 Nr. 9
KSR direkt 2013 S. 11 Nr. 8
StB 2013 S. 271 Nr. 8
StBW 2013 S. 684 Nr. 15
UR 2013 S. 615 Nr. 16
UStB 2013 S. 230 Nr. 8
UVR 2013 S. 232 Nr. 8
Ubg 2013 S. 535 Nr. 8
JAAAE-39615