StuB Nr. 21 vom Seite 1

Vier Jahre GoBD – Chance zur grundlegenden Überarbeitung wird nicht genutzt

StB Jörg Herrfurth | Mannheim

Die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD; NWB HAAAE-37193) sind nun fast vier Jahre in Kraft und die Kritik an dieser Verwaltungsanweisung reißt nicht ab. Nachdem sich sowohl die großen Wirtschaftsverbände () als auch die BStBK () aufgrund der zahlreichen Praxisprobleme hilferufend an das BMF gewandt hatten, legte dieses am den Entwurf eines BMF-Schreibens zur Stellungnahme bis zum vor (vgl. Kurzinfo StuB 2018 S. 793, in dieser Ausgabe). Doch statt der überfälligen grundlegenden Überarbeitung sind dort nur marginale Änderungen und zeitgerechte Ergänzungen vorgenommen worden. Der Mahnung des BFH in seinem Urteil vom - X R 42/13 NWB AAAAE-88374: „Norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, die die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern sollen, können im Allgemeinen weder eine einer Rechtsnorm vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen“, wird in den GoBD unverändert kein Gehör geschenkt. Handels- und steuerrechtliche Normen der Ordnungsmäßigkeit werden dem fiskalischen Kontrollbegehren einverleibt und führen zu uferlosen und kostenintensiven Pflichtübungen der Stpfl. Die diffuse Rechtsnatur der GoBD veranlasst Vertreter der Finanzverwaltung regelmäßig, diese wie eine Gesetzesnorm zu handhaben und formelle Buchführungsmängel als grundsätzliche Schätzungsbefugnis zu interpretieren. Insbesondere bei elektronischen Aufzeichnungen eröffnete sich so ein Einfalltor zur Pauschalkorrektur der Besteuerungsgrundlagen. Bedauerlicherweise folgt die aktuelle Rechtsprechung sogar der Auffassung, dass schon das Fehlen einer lückenlosen Programmdokumentation die Schätzungsbefugnis eröffnen kann ( NWB FAAAG-88122, NWB GAAAE-96112), was in der Konsequenz für alle betrieblich genutzten Haupt-, Vor- und Nebensysteme der Datenverarbeitung gelten würde.

Die erheblichen Unklarheiten beim Datenzugriff wurden bei der Überarbeitung weiterhin ignoriert und damit die unreflektierte Übernahme der GDPdU 2002 in die GoBD manifestiert. Der rasanten Digitalisierung von Geschäftsprozessen wird dadurch Genüge getan, dass nun auch der Zugriff auf Cloud-Systeme des Stpfl. zu gewähren ist. Erfreulicherweise soll der bisher restriktiv geregelte Scanvorgang von Papierdokumenten nun um fotografische Erfassungen ergänzt werden. Auch soll bei der Konvertierung elektronischer Unterlagen in ein Inhouse-Format unter bestimmten Voraussetzungen auf die Aufbewahrung beider Versionen verzichtet werden können. Diese Erleichterungen erfordern wie stets eine entsprechende Verfahrensdokumentation, die zu versionieren und mit nachvollziehbarer Änderungshistorie vorzuhalten ist.

Warum relevante Inhalte des zu den Aufzeichnungspflichten im AEAO zu § 146 AO kaum Eingang in die GoBD finden sollen, erschließt sich nicht. Die zweifelhafte Einzelaufzeichnungspflicht für Einnahmen-Überschussrechner wird bei der GoBD-Anpassung als gegeben unterstellt und gleich noch eine zeitliche Verpflichtung zur Aufzeichnung unbarer Geschäftsvorfälle bis Ende des Folgemonats hineingemogelt. Insgesamt bleibt die vorgelegte GoBD-Überarbeitung erheblich hinter dem Klärungsbedarf der Wirtschaft zurück – was für eine vertane Chance zum Bürokratieabbau!

Joerg Herrfurth

Fundstelle(n):
StuB 21/2018 Seite 1
IAAAG-98337