BGH Urteil v. - XII ZR 119/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 565 a; BGB § 537 a.F.; BGB § 538 a.F.; BGB § 566; BGB § 571 a.F.; BGB § 571 Abs. 1 a.F.; BGB § 571 Abs. 2 Satz 1

Instanzenzug:

Tatbestand

Die Klägerin verlangt wegen behaupteter Vertragsverstöße Schadensersatz aus einem "Nutzungsvertrag".

Die Klägerin, ein Unternehmen der Fertighausbranche, schloß am mit der Beklagten zu 2 im Rahmen der von dieser veranstalteten Garten- und Fertighausausstellung in E. einen Nutzungsvertrag über einen Standplatz auf dem Ausstellungsgelände. Vertragszweck war die Präsentation eines Musterhauses neben verschiedenen Musterhäusern anderer Hersteller zu Verkaufszwecken. Die Beklagte zu 2 verpflichtete sich, die Ausstellung während der fünfjährigen Mietvertragsdauer durchzuführen. Eigentümerin des Ausstellungsgeländes war der Alleingesellschafter der Beklagten zu 2, der Freistaat Thüringen (nicht beigetretener Streitverkündeter).

Im Zusammenhang mit einer Änderung des Ausstellungskonzepts übereignete der Freistaat Thüringen das Ausstellungsgelände an die landeseigene Beklagte zu 1, die am als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde. Die Beklagte zu 2 teilte der Klägerin mit Schreiben vom mit, daß das Vertragsverhältnis ab dem auf die Beklagte zu 1 übergehe und Zahlungen künftig an diese erfolgen sollten. Unter dem informierten die damaligen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten zu 1 als deren Vertreter und als Vertreter des Freistaates Thüringen die Klägerin darüber, daß das Eigentum an der vermieteten Fläche vom Freistaat Thüringen, für welchen die Beklagte zu 2 "quasi als Verwalter" die Verträge geschlossen habe, auf die Beklagte zu 1 übergegangen sei. Gleichzeitig wurde der Nutzungsvertrag vom fristgemäß zum Ende der fünfjährigen Vertragslaufzeit gekündigt. Mit Schreiben vom beanstandete die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2 die nicht ordnungsgemäße Durchführung der Ausstellung und drohte eine Mietzinsminderung an.

Seit Juni 1996 hat die Klägerin die Miete u.a. wegen angeblicher Beeinträchtigung der Ausstellung durch Verringerung der Anzahl der Musterhausaussteller und behindernder Baumaßnahmen auf Null gemindert.

Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten zu 1 gemäß §§ 538, 537 BGB a.F. aus dem nach ihrer Ansicht gemäß § 571 BGB a.F. auf diese übergegangenen Vertrag Schadensersatz, weil die Beklagte zu 1 und die von ihr beauftragten Baufirmen die im Vertrag zugesicherte Durchführung einer Musterhausausstellung geradezu vereitelt hätten. Sie nimmt die Beklagte zu 2 gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 BGB gleich einer Bürgin, die auf den Einwand der Vorausklage verzichtet hat, in Anspruch.

Das Landgericht hat mit Grundurteil vom die Beklagte zu 1 dem Grunde nach zum Schadensersatz verurteilt und die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen. Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 1 hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts nebst dem zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte zu 1 ihren Antrag auf Abweisung der gegen sie gerichteten Klage weiter.

Gründe

Die Revision der Beklagten zu 1 hat Erfolg, da ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 weder aus rechtsgeschäftlichem noch aus gesetzlichem Übergang der Rechte und Pflichten aus dem Nutzungsvertrag begründet ist.

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Das landgerichtliche Verfahren leide an einem wesentlichen Mangel. Das Landgericht habe eine Haftung der Beklagten zu 1 aus § 538 BGB a.F. angenommen, ohne Beweis über das Vorliegen der streitigen Mängel zu erheben. Es stehe deshalb nicht mit der für den Erlaß eines Grundurteils erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, daß der Klaganspruch gegen die Beklagte zu 1 in irgendeiner Höhe bestehe. Ein solcher Anspruch sei dem Grunde nach nicht - wie vom Landgericht angenommen - aus rechtsgeschäftlicher Vertragsübernahme durch die Beklagte zu 1 begründet. Eine konkludente Zustimmung der Klägerin zur Vertragsübernahme sei nicht erfolgt. Die Klägerin habe ausdrücklich erklärt, daß sie einer Vertragsübernahme durch die Beklagte zu 1 nicht zustimme. Deshalb könne auch die kurzfristige Mietzahlung an die Beklagte zu 1 nicht als stillschweigende Genehmigung des Vertragsübergangs gewertet werden.

Die Beklagte zu 1 hafte jedoch ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung als Eigentümerin im Grundbuch, da sie in entsprechender Anwendung von § 571 Abs. 1 BGB a.F. kraft Gesetzes an die Stelle der Vermieterin getreten sei. Der für die Anwendbarkeit von § 571 BGB a.F. geforderten Identität von Vermieter und veräußerndem Grundstückseigentümer stehe es gleich, wenn nicht der Grundstückseigentümer selbst, sondern - wie hier - mit seiner Zustimmung sein Verwalter in eigenem Namen den Vertrag geschlossen habe. Dies folge aus dem Zweck dieser Regelung. Daß grundsätzlich Identität von Grundstückseigentümer und Vermieter erforderlich sei, diene in erster Linie dem Schutz des Veräußerers vor einer Haftung gleich einem Bürgen für Verpflichtungen, die er nicht selbst eingegangen sei (§ 571 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.). Diese Schutzbedürftigkeit des veräußernden Grundstückseigentümers bestehe nicht, wenn er mit dem Abschluß des Mietvertrages einverstanden gewesen sei. Der Anwendbarkeit von § 571 BGB a.F. stehe auch nicht das Vorliegen eines gemischten Vertrages entgegen. Denn die mietvertraglichen Elemente seien nicht von untergeordneter Bedeutung.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Allerdings ist die Annahme des Berufungsgerichts, eine rechtsgeschäftliche Vertragsübernahme durch die Beklagte zu 1 sei nicht erfolgt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die von der Revision als ihr günstig hingenommene Auslegung des Verhaltens der Beklagten zu 1 verstößt weder gegen gesetzliche Auslegungsregeln noch gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Soweit die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang eine Verfahrensrüge erhoben hat, hat der Senat diese geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO a.F.).

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte zu 1 auch nicht kraft Gesetzes nach § 571 BGB a.F. (§ 566 BGB) in die Rechte und Pflichten des zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2 abgeschlossenen Vertrages vom eingetreten, auf deren angebliche Verletzung die Klägerin ihre Schadensersatzansprüche stützt.

§ 571 BGB a.F. setzt voraus, daß das vermietete Grundstück durch den Vermieter veräußert wird. Wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig sieht, ist § 571 BGB a.F. deshalb grundsätzlich nur bei Identität zwischen Vermieter und veräußerndem Eigentümer anwendbar ( - NJW 1974, 1551; Staudinger/Emmerich Neubearbeitung 2003 § 566 Rdn. 23; MünchKomm/Voelskow 3. Aufl. § 571 Rdn. 10; Heile in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. II Rdn. 861; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 8. Aufl. Rdn. 1376 f.; Schmidt-Futterer Mietrecht 8. Aufl. § 566 Rdn. 40).

Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Die Beklagte zu 2 war Vermieterin. Eigentümerin des Grundstücks war der Freistaat Thüringen.

§ 571 BGB a.F. ist auch nicht entsprechend anwendbar.

Ob der Eigentümer - der Freistaat Thüringen - mit der Vermietung durch die Beklagte zu 2 an die Klägerin einverstanden war, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Ein solches Einverständnis des Eigentümers mit der Vermietung, das bei jeder erlaubten Untervermietung vorliegt, ist nicht der Identität zwischen Eigentümer und Vermieter gleichzusetzen. Ebensowenig rechtfertigt der Umstand, daß der Freistaat Thüringen Alleingesellschafter der Beklagten zu 2 war, die analoge Anwendung des § 571 BGB a.F.. Bei der Beklagten zu 2 handelt es sich um eine GmbH, also um eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit. Durch den von ihr abgeschlossenen Mietvertrag mit der Klägerin sind keine vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und dem Freistaat Thüringen entstanden. Wer Gesellschafter der vermieteten GmbH ist, ist für die Anwendbarkeit des § 571 BGB a.F. ohne Bedeutung.

Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht für seine Ansicht, § 571 BGB a.F. sei im vorliegenden Fall zumindest analog anwendbar, auf eine Entscheidung des - ZMR 1996, 120 f.). Es kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht dieser Entscheidung zu Recht entnimmt, § 571 BGB a.F. könne analog anwendbar sein, wenn ein zum Abschluß von Mietverträgen bevollmächtigter Hausverwalter einen Mietvertrag im eigenen Namen - nicht im Namen des Vertretenen - abgeschlossen und der Eigentümer das Hausgrundstück anschließend veräußert habe (vgl. OLG Celle, ZMR 2000, 284; Heile in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. II Rdn. 861; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl. Rdn. 1377). Im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall hatte zwar ein vom Eigentümer zum Abschluß von Mietverträgen bevollmächtigter Hausverwalter den Mietvertrag im eigenen Namen abgeschlossen. Im übrigen unterschied sich seine Tätigkeit aber nicht von der Tätigkeit eines Hausverwalters, der den Mietvertrag im Namen des von ihm vertretenen Grundstückseigentümers abgeschlossen hat. Er hatte über die Verwaltertätigkeit hinaus kein eigenes Interesse an dem Zustandekommen und der Durchführung des Mietvertrages. In einem solchen Fall mag es gerechtfertigt sein, den Vertrag im Zusammenhang mit § 571 BGB a.F. so zu behandeln, als hätte der Eigentümer selbst vermietet.

Der vorliegende Fall liegt grundlegend anders. Geschäftszweck der Beklagten zu 2 war die Veranstaltung von Ausstellungen. Den Vertrag mit der Klägerin hat sie zur Erfüllung dieses ihres Geschäftszwecks abgeschlossen. Ihre Beteiligung an dem Mietvertrag ging deshalb über die Beteiligung eines reinen Verwalters hinaus. Auch wenn keine Feststellungen dazu getroffen sind, woraus sie ihre Befugnis herleiten konnte, den Mietvertrag über ein ihr nicht gehörendes Grundstück abzuschließen, entspricht ihre Position der eines Untervermieters. Daß sie sich nach Abschluß des Vertrages ohne nähere Erläuterung als Verwalterin für den Freistaat Thüringen bezeichnet hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

c) Da die (auch analoge) Anwendung des § 571 BGB a.F. schon an der fehlenden Identität von Eigentümer und Vermieter scheitert, kann offen bleiben, ob diese mietrechtliche Vorschrift auch deshalb nicht anwendbar wäre, weil es sich bei dem Nutzungsvertrag nicht um einen reinen Mietvertrag handelt, sondern um einen auch andere Elemente enthaltenden gemischten Vertrag.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
FAAAC-06349

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein