Strafzumessung bei unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Erforderliche Feststellung von Wirkstoffgehalt oder Wirkstoffmenge; Schätzung der Wirkstoffkonzentration; Umschreibung in allgemeiner Form
Gesetze: § 29 BtMG, §§ 29ff BtMG, § 29a BtMG, § 46 StGB, § 261 StPO, § 267 StPO
Instanzenzug: Az: 1 KLs 2090 Js 30197/20
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln sowie Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen; zudem hat es bestimmt, dass ein Jahr und sechs Monate der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollstrecken sind. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
2Nach den zum Fall II. 1. der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen verfügte der Angeklagte am über einen Handelsbestand von einem Kilogramm Marihuana in Form von Cannabisblüten, die er von einem unbekannten Lieferanten erhalten hatte und in der Folge teilweise an einen nicht ermittelten Abnehmer veräußerte. Zur Aufstockung der Handelsmenge bestellte er zwei Tage später weitere zwei Kilogramm Marihuana, die aber nicht geliefert wurden. Den Wirkstoffgehalt der Rauschmittel hat das Landgericht nicht zahlenmäßig bestimmt, sondern diese nur als von zumindest "durchschnittlicher Qualität" beschrieben.
II.
31. Die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe von zwei Jahren und neun Monaten kann keinen Bestand haben. Das Landgericht hat es versäumt, den Wirkstoffgehalt konkret festzustellen.
4a) Solcher Feststellungen bedarf es bei einer Betäubungsmittelstraftat aber regelmäßig, da dadurch das Unrecht der Tat und die Schuld des Täters maßgeblich bestimmt werden (st. Rspr.; vgl. , juris Rn. 30; Beschlüsse vom - 2 StR 44/20, juris Rn. 6; vom - 3 StR 138/16, StV 2017, 293 Rn. 3; vom - 3 StR 223/15, juris Rn. 2). Stehen die tatgegenständlichen Betäubungsmittel für eine Untersuchung nicht zur Verfügung, ist die Wirkstoffmenge oder der Wirkstoffgehalt gegebenenfalls durch eine zahlenmäßige Schätzung unter Berücksichtigung des Zweifelssatzes festzustellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 205/20, juris Rn. 4; vom - 3 StR 46/19, StV 2020, 371 Rn. 6; vom - 3 StR 138/16, StV 2017, 293 Rn. 3). Eine Umschreibung in allgemeiner Form (hier: Cannabisblüten von "durchschnittlicher Qualität") reicht hingegen nicht aus.
5b) Indes kann der Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bestehen bleiben, da sich aus den tatgegenständlichen Mengen von einem bzw. zwei Kilogramm Marihuana zweifelsfrei ergibt, dass der Angeklagte mit einer nicht geringen Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelte. Es beschwert ihn auch nicht, dass die Strafkammer den Erhalt der Menge von einem Kilogramm Marihuana und die Bestellung von zwei Kilogramm Marihuana zu einer Tat zusammengefasst hat.
6c) Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei konkreten Feststellungen zu Wirkstoffgehalt und Wirkstoffmenge der Drogen eine niedrigere Einzelstrafe zugemessen hätte, sodass die Einzelstrafe aufzuheben ist.
72. Der Wegfall der Einzelstrafe bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe, aus der ihrerseits die Aufhebung der Entscheidung über die Dauer des Vorwegvollzugs folgt.
83. Die Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen worden; sie können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:230321B3STR53.21.0
Fundstelle(n):
WAAAJ-21225