Vereinfachung der Flächenermittlung durch Schätzung in Fällen von (offensichtlich) steuerbefreitem Grundbesitz
Im Geltungsbereich der Hessischen Grundsteuer ist bei der Erstellung der Erklärung zum Grundsteuermessbetrag grundsätzlich für jedes zu erfassende Gebäude die Wohn- und / oder Nutzungsfläche zu ermitteln (AE HGrStG zu § 5 zu Abs. 2 Sätze 1 bis 4 und zu Abs. 3, StAnz. 2022, 642) und zu erklären (Anlage Grundstück – HGrStG 2 –). Ist eine wirtschaftliche Einheit vollständig von der Grundsteuer befreit, unterbleibt eine Festsetzung des Grundsteuermessbetrages (§ 4 Abs. 2 Satz 2 HGrStG); stattdessen ist ein Freistellungsbescheid zu erteilen (§ 2 Abs. 5 HGrStG iVm § 184 Abs. 1 Satz 3 sowie § 155 Abs. 1 Satz 3 AO). Bei nur partieller Steuerbefreiung ist der Flächenbetrag nur für den steuerpflichtigen Teil zu ermitteln und durch den Grundsteuermessbescheid festzusetzen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 HGrStG).
Der Aufwand einer genauen Gebäudeflächenermittlung für vollständig steuerbefreite Gebäude (wie beispielsweise Kirchen, öffentliche Gebäude oder Hallen im Besitz gemeinnütziger Vereine) steht in keinem angemessenen Verhältnis zu einem damit verfolgten Zweck, insbesondere kommt es bei vollständig steuerbefreiten wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens zu keiner Mehrung des Steueraufkommens.
In Fällen mit bisher vollständig von der Grundsteuer befreiten Gebäuden wird daher eine Ermittlung der Flächenbeträge durch Schätzung (z.B. überschlägige Ermittlung der Wohn- und / oder Nutzungsflächen) akzeptiert, wenn die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung weiterhin bestehen. Hilfsweise können hierzu auch die z.B. im Rahmen von Versicherungsverträgen zu Grunde gelegten Gebäudeflächen herangezogen werden.
Bei Grundstücken / Gebäuden, welche nur teilweise steuerbefreit sind, sind die Flächen des steuerpflichtigen Teils nach allgemeinen Grundsätzen zu erklären; diejenigen des steuerbefreiten Teils können nach den vorgenannten Maßstäben geschätzt werden.
Sollte das Finanzamt bei der Prüfung der Erklärung zum Grundsteuermessbetrag feststellen, dass die Voraussetzungen für eine (teilweise) Steuerbefreiung nicht (mehr) erfüllt sind, muss eine Ermittlung der Gebäudeflächen nach allgemeinen Grundsätzen erfolgen. Sollten die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung zu einem Zeitpunkt nach der Hauptveranlagung wegfallen, ist der Eigentümer zur Anzeige verpflichtet (§ 19 GrStG) und muss die Gebäudeflächen zutreffend ermitteln und erklären.
OFD Frankfurt/M. v. - G
1194 A - 001 - St 71
Fundstelle(n):
HAAAJ-20887