Online-Nachricht - Donnerstag, 25.08.2022

Verfahrensrecht | Höhe der Gebühr bei Rücknahme eines Antrags auf verbindliche Auskunft (BFH)

Im Fall der Rücknahme eines Antrags auf verbindliche Auskunft führt AEAO zu § 89 Nr. 4.5.2 nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null in der Weise, dass die Gebührenermäßigung (§ 89 Abs. 7 Satz 2 AO) nach den Maßgaben der Bemessung einer Zeitgebühr auszurichten ist (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 89 Abs. 3 Satz 1 AO wird für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft eine Gebühr erhoben. § 89 Abs. 7 Satz 1 AO bestimmt, dass auf die Gebühr ganz oder teilweise verzichtet werden "kann", wenn ihre Erhebung nach der Lage des Einzelfalls unbillig wäre. Nach § 89 Abs. 7 Satz 2 AO "kann" die Gebühr insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Höhe der Gebühren für den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft.

Die Klägerin ist eine KG mit Sitz im Inland. Da mehrere ihrer Gesellschafter planten, einen Zweitwohnsitz im Ausland zu begründen, beantragte sie beim FA die Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Gegenstand dieses Auskunftsersuchens war die steuerliche Entstrickung ihrer Wirtschaftsgüter, insbesondere ihrer Beteiligungen. Die Klägerin gab an, dass aufgrund der Höhe des Gegenstandswerts von der Höchstgebühr gem. § 89 Abs. 5 AO i. V. mit § 34 GKG auszugehen sei.

Infolge des Antrags kam es zu umfangreichen rechtlichen Prüfungen. Nachdem das FA mündlich mitgeteilt hatte, dass auf Grundlage des dargestellten Sachverhalts die beantragte verbindliche Auskunft nicht erteilt werden könne, wurden auch alternative Sachverhaltsgestaltungen diskutiert. Aus Sicht der Finanzverwaltung blieb es dabei, dass der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft abzulehnen sei.

Die Klägerin nahm ihren Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft zurück. Als Grund gab sie an, die Gesellschafter hätten von den Überlegungen zur Verlagerung ihres Wohnsitzes in das Ausland Abstand genommen.

Das FA setzte für die Bearbeitung des Auskunftsersuchens gem. § 89 Abs. 3 bis 7 AO eine Gebühr i. H. von 98.762 € fest. Bei der Berechnung ging das FA von einem Gegenstandswert i. H. von 30 Mio. € (Höchstbetrag) aus, der grundsätzlich eine Gebühr i. H. von 109.736 € zur Folge gehabt hätte. Wegen der Rücknahme des Antrags sei es aber sachgerecht, diese Gebühr gem. § 89 Abs. 7 Satz 2 AO und AEAO zu § 89 Nr. 4.5.2 um 10 % zu ermäßigen. Ein Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Die hiergegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin die Herabsetzung der Gebühr auf 15.600 € begehrte, hatte Erfolg ().

Der BFH hat die Revision des FA als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen:

  • Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Streitfall die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Gebühr gem. § 89 Abs. 3 AO vorliegen. Entsprechendes gilt für die Voraussetzungen der Gebührenermäßigung gem. § 89 Abs. 7 Satz 2 AO aufgrund der Rücknahme des Antrags durch die Klägerin vor Bekanntgabe der Entscheidung des FA über die Erteilung der verbindlichen Auskunft.

  • Die Annahme des FG, aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null sei die Gebühr auf eine Zeitgebühr i. H. von 15.600 € zu ermäßigen, war dagegen rechtsfehlerhaft.

  • Eine entsprechende Ermessensreduzierung auf Null folgt insbesondere nicht aus AEAO zu § 89 Nr. 4.5.2. Zwar handelt es sich hierbei um eine ermessenslenkende und für das FA bindende Verwaltungsvorschrift. Diese Vorschrift schreibt aber lediglich vor, den bis zur Rücknahme des Antrags angefallenen Bearbeitungsaufwand "angemessen" zu berücksichtigen und die Gebühr "anteilig" zu ermäßigen. Weitere Vorgaben zur konkreten Berechnung der Ermäßigung enthält sie nicht.

  • Entgegen der Auffassung des FG kann AEAO zu § 89 Nr. 4.5.2 somit keine generelle Begrenzung auf die Zeitgebühr entnommen werden. Vielmehr sind deren Vorgaben auch bei einer - vom FA zugrunde gelegten - proportionalen Reduzierung der Wertgebühr im Verhältnis des bisherigen zu dem noch ausstehenden Bearbeitungsaufwand erfüllt. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass das FG die Ermessensrichtlinie nicht selbst auslegen durfte, sondern darauf beschränkt war zu prüfen, ob die vom FA vorgenommene Auslegung möglich ist.

  • Im Übrigen bezieht sich die Ermäßigung nach § 89 Abs. 7 Satz 2 AO auf "die Gebühr" (ebenso AEAO zu § 89 Nr. 4.5.2). Damit kann als Ausgangspunkt nur diejenige Gebühr gemeint sein, die sich zuvor aus § 89 Abs. 4 bis 6 AO ergeben hat. Ein grundsätzlicher Wechsel von der Wert- zur Zeitgebühr (oder umgekehrt) ist dagegen nicht vorgesehen.

  • Die vom Gesetzgeber verfolgten Gebührenzwecke führen ebenfalls nicht zu der vom FG angenommenen Ermessensreduzierung auf Null.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
XAAAJ-20727