Gegenvorstellung gegen Beschluss über Tatbestandsberichtigung
Leitsatz
1. NV: Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Gegenvorstellung statthaft sein kann, wäre sie allenfalls dann zulässig, wenn substantiiert dargelegt wird, dass die angegriffene Entscheidung auf schwerwiegenden Grundrechtsverstößen beruht oder unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar ist und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt.
2. NV: Die Gegenvorstellung ergeht gerichtsgebührenfrei, da für das Verfahren betreffend einer Gegenvorstellung kein Gebührentatbestand vorgesehen ist.
Gesetze: FGO § 108; GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2; GG Art. 103 Abs. 1
Instanzenzug:
Tatbestand
I.
1 Die Kläger und Antragsteller (Kläger) führten im 2. Rechtszug das Verfahren 2 K 1759/20 beim Finanzgericht München (FG). Mit Urteil vom - 2 K 1759/20 wurde die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung wurde von den Richtern ., . und . unterzeichnet.
2 Die Kläger stellten am einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung. Dieser wurde mit Beschluss vom abgelehnt. An dieser Entscheidung wirkten ebenfalls die Richter ., . und . mit.
3 Dagegen richtet sich die von den Klägern eingelegte „Beschwerde“. Die Kläger bringen vor, das FG habe die Anträge zu Unrecht nicht antragsgemäß verbeschieden. Es sei Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt worden. Zudem sei die Entscheidung nicht vom gesetzlichen Richter unterzeichnet worden. Berichterstatterin sei Richterin am FG . gewesen. Für deren Ausscheiden gebe es keinen Grund.
Gründe
II.
4 1. Der Senat behandelt die Eingabe als Antrag im Rahmen einer Gegenvorstellung. Zwar war in der angefochtenen Entscheidung des FG in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit zur Einreichung einer Beschwerde hingewiesen worden. Nach § 108 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind Beschlüsse über einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands jedoch unanfechtbar.
5 2. Die Gegenvorstellung ist nicht statthaft.
6 a) Gegen den Beschluss vom ist nach § 108 Abs. 2 Satz 2 FGO kein Rechtsmittel gegeben. Rechtsprechung und Schrifttum erkennen zwar in bestimmten Ausnahmefällen an, dass eine —beim iudex a quo anzubringende (Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., Vor § 115 Rz 40; Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 128 FGO Rz 17)— Gegenvorstellung zu einer Änderung formell rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen führen kann (vgl. u.a. , BFH/NV 2002, 1165, unter 2.a; Seer in Tipke/Kruse, Vorbemerkungen zu §§ 115-134 Rz 40, m.w.N.). Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Gegenvorstellung statthaft sein kann, wäre sie allenfalls dann zulässig, wenn substantiiert dargelegt wird, dass die angegriffene Entscheidung auf schwerwiegenden Grundrechtsverstößen beruht oder unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar ist und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. Senatsbeschluss vom - IX S 3/17, BFH/NV 2017, 1049, Rz 6, m.w.N.). Dies kann u.a. bei Verletzungen des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) oder greifbaren Gesetzwidrigkeiten (Verletzungen des Willkürverbots) der Fall sein. Dabei ist zu beachten, dass für die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs die Anhörungsrüge (§ 133a FGO) der statthafte Rechtsbehelf gegen unanfechtbare Entscheidungen ist (vgl. Gräber/Ratschow, a.a.O., § 108 Rz 18).
7 b) Dem wird der von den Klägern erhobene Rechtsbehelf nicht gerecht. Die behauptete Verletzung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) liegt offenkundig nicht vor. Für die Entscheidung über einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung ist das Gericht, das die zu berichtigende Entscheidung erlassen hat, in der ursprünglichen Besetzung zuständig. Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim vorangegangenen Urteil mitgewirkt haben (§ 108 Abs. 2 Satz 3 FGO). Dies ist hier der Fall, da sowohl am Urteil vom als auch beim Beschluss vom dieselben Richter mitgewirkt haben.
8 Ansonsten ist anhand des Vortrags der Kläger nicht erkennbar, dass der angefochtene Beschluss unter keinem Gesichtspunkt vertretbar ist oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt. Vielmehr hat das FG die von den Klägern gestellten Anträge mit nachvollziehbarer Begründung verbeschieden.
9 3. Eine Kostenentscheidung erfolgt nicht. Die Gegenvorstellung ergeht gerichtsgebührenfrei, da für das Verfahren betreffend einer Gegenvorstellung kein Gebührentatbestand vorgesehen ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2022:B.310522.IXS14.21.0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2022 S. 910 Nr. 9
HAAAJ-17952