Stundungsantrag betreffend Kindergeldrückforderung und betreffend die Rückforderung übersteigende Säumniszuschläge: Ermessensausübung
der Familienkasse bei Pflichtverletzung des Kindergeldempfängers durch Unterlassen einer Mitteilung über die zwischenzeitliche
Aufnahme der Kinder in den Haushalt des anderen Elternteils
Leitsatz
1. Nicht jeder Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten nach § 68 Abs. 1 EStG und § 90 Abs. 1 AO führt dazu, dass der Kindergeldempfänger
als stundungsunwürdig anzusehen ist. Bei der Beurteilung der Stundungswürdigkeit ist auch die Art und das Maß des Verschuldens
der Verletzung der jeweiligen Mitwirkungspflicht zu berücksichtigen. Stundungsunwürdigkeit liegt vor, wenn der Kindergeldempfänger
durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat. z. B. indem er bei der Entstehung
der Forderung seine Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig vernachlässigt hat.
2. Eine leichte Fahrlässigkeit bei der Beachtung der Mitwirkungspflichten führt dagegen im Regelfall nicht zur Stundungsunwürdigkeit.
3. Für die Beurteilung, ob ein Elternteil mit dem Unterlassen einer Mitteilung über die Aufnahme der Kinder in den Haushalt
des anderen Elternteils Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig vernachlässigt hat, kommt es auf seine Kenntnisse,
Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie insbesondere darauf an, ob die Mitwirkungspflichten ihm bekannt gewesen sind, weil er darüber
belehrt worden ist.
4. Ein Ermessensfehler liegt vor, wenn die Familienkasse bei ihrer Entscheidung über einen Stundungsantrag den Kindergeldempfänger
allein deshalb für stundungsunwürdig hält, weil er seine Mitwirkungspflichten verletzt und es dadurch zu einer Überzahlung
von Kindergeld gekommen ist, und wenn die Familienkasse frühere Stundungen bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen und die in diesem
Zusammenhang bereits erfolgten Zahlungen des Antragstellers ebenso wenig in ihrer Begründung der Stundungsablehnung berücksichtigt
wie die finanzielle Situation des Antragstellers.
5. Auch die unterschiedslose Prüfung des auf Stundung sowohl einer Erstattungsforderung wegen Kindergeld (Hauptforderung)
als auch von Säumniszuschlägen, die die Hauptforderung der Höhe nach übersteigen, gerichteten Begehrens des Antragstellers
lässt eine sachgerechte Ermessensentscheidung der Familienkasse nicht erkennen.
6. Die zum Erlass von Säumniszuschlägen entwickelten Grundsätze sind in entsprechender Weise auf Stundungsbegehren anzuwenden,
die den Aufschub der Zahlung von entstandenen Säumniszuschlägen zum Gegenstand haben (Anschluss an , BFH/NV 1999 S. 12).
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