BGH Beschluss v. - 4 StR 503/21

Unterbrechung der Hauptverhandlung: Anforderungen an einen rechtzeitigen Fortsetzungstermin

Gesetze: § 229 Abs 1 StPO, § 229 Abs 4 S 1 StPO, § 337 Abs 1 StPO

Instanzenzug: Az: 55 KLs 24/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen leichtfertiger Geldwäsche in vier Fällen sowie wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensbeanstandung und der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge Erfolg; auf die Sachrüge kommt es danach nicht mehr an.

2Der Angeklagte beanstandet zu Recht einen Verstoß gegen § 229 Abs. 1 StPO. Die Hauptverhandlung wurde nach vier Verhandlungstagen länger als drei Wochen unterbrochen. Am , dem letzten Tag der Unterbrechungsfrist, wurde sie nicht im Sinne von § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO fortgesetzt.

3Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Nach ständiger Rechtsprechung gilt eine Hauptverhandlung dann als fortgesetzt, wenn zur Sache verhandelt und das Verfahren gefördert wird. Dies ist stets der Fall, wenn es zu Verfahrensvorgängen kommt, die die zur Urteilsfindung führende Sachverhaltsaufklärung betreffen. Auch die alleinige Befassung mit Verfahrensfragen kann ausreichend sein, sofern es dabei um den Fortgang der Sachverhaltsaufklärung geht (Senat, Urteil vom – 4 StR 370/13, NStZ 2014, 220; BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 202/15, NStZ 2016, 171, und vom – 5 StR 496/20, NStZ 2021, 381).

Nach dieser Maßgabe hat am eine Verhandlung im Sinne des § 229 Abs. 1 StPO nicht stattgefunden. Die Prüfung und Erörterung, ob der außer Vollzug gesetzte Haftbefehl wegen Verstoßes des Angeklagten gegen die Auflage, dem Gericht unverzüglich seine neue Anschrift mitzuteilen, wieder in Vollzug zu setzen war, betraf nicht den Fortgang der Aufklärung des Sachverhalts. Auch war, wie die Revision zutreffend ausführt (…), wegen der Anordnung der Vorführung des Angeklagten die Durchführung der Beweisaufnahme möglich, da dessen Anwesenheit in der Hauptverhandlung vom sichergestellt war. Mithin lag kein Umstand vor, dass die möglicherweise für den Fortsetzungstermin in Aussicht genommene weitere Förderung des Verfahrens in der Sache infolge unvorhersehbarer Ereignisse nicht stattfinden konnte (vgl. insoweit , NJW 2009, 384).

Das Beruhen des Urteils im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO auf einem Verstoß gegen § 229 StPO kann regelmäßig – wie auch hier – nicht ausgeschlossen werden (vgl. Senat, Beschluss vom – 4 StR 106/13, StV 2014, 2 m.w.N.). Ein besonders gelagerter Ausnahmefall, in dem die Fristüberschreitung ersichtlich weder den Eindruck von der Hauptverhandlung abgeschwächt noch die Zuverlässigkeit der Erinnerung beeinträchtigt hat, liegt hier nicht vor.“

4Dem tritt der Senat bei und bemerkt ergänzend, dass auch die im Hauptverhandlungstermin am vorgenommene Dolmetschervereidigung keine Verhandlung zur Sache darstellte. Denn hiermit wurden erst die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, damit an diesem Termin die Verhandlung überhaupt fortgesetzt werden konnte, das Verfahren mithin noch nicht sachlich gefördert (vgl. zu einer Pflichtverteidigerbestellung , NStZ 2008, 115 mwN).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:150222B4STR503.21.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-15417