BFH Urteil v. - IV R 15/00 BStBl 2002 II S. 429

Die Vermietung eines Gebäudeteils an einen Dritten für dessen Betrieb ist keine Verwendung zu eigenbetrieblichen Zwecken i. S. des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe b FördG

Leitsatz

Die Vermietung eines Gebäudeteils an einen Dritten für dessen Betrieb erfüllt nicht die Voraussetzung der Verwendung zu eigenbetrieblichen Zwecken i. S. des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG. Das gilt auch dann, wenn die Vermietung zu dem Zweck erfolgt, daraus einen Nutzen für den eigenen Betrieb zu erzielen.

Gesetze: FördG § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b

Instanzenzug: FG Münster (EFG 2000, 689) (Verfahrensverlauf),

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Steuerberater. Im Oktober 1995 erwarb er in Thüringen ein Geschäftsgrundstück, das er zu zwei Drittel für seine Steuerberatungspraxis nutzte und zu einem Drittel an einen Rechtsanwalt für dessen Kanzlei vermietete. In der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das Streitjahr (1995) erfasste der Kläger eine Sonderabschreibung nach § 4 Abs. 2 des Fördergebietsgesetzes (FöGbG) in Höhe von 373 980 DM (50 v. H. der Anschaffungskosten des gesamten Gebäudes).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte die Sonderabschreibung nur in Höhe des auf die von der Steuerberatungspraxis genutzten Räume entfallenden Anteils von 2/3 (249 320 DM) an. Die Vermietung an eine (fremde) Rechtsanwaltskanzlei sei keine eigenbetriebliche Nutzung i. S. des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 689 veröffentlicht.

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG.

Gründe

Die Revision ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG hinsichtlich der vermieteten Gebäudeteile nicht erfüllt sind.

1. a) Nach § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG in der für den Streitfall maßgebenden Fassung des Standortsicherungsgesetzes (StandOG) vom (BGBl. I 1993, 1569, BStBl I 1993, 774) ist die Anschaffung eines abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsguts begünstigt, wenn das Wirtschaftsgut beim Erwerber zu einem Betriebsvermögen gehört, nach dem Jahr der Fertigstellung und nach dem angeschafft worden ist und mindestens fünf Jahre nach seiner Anschaffung zu eigenbetrieblichen Zwecken verwendet wird.

b) Mit dieser Einschränkung der Förderung für Altgebäude ab 1994 durch das Erfordernis einer eigenbetrieblichen Verwendung hat der Gesetzgeber eine Formulierung aufgegriffen, die schon Bestandteil der Richtlinien zu § 3 des Zonenrandförderungsgesetzes (ZRFG) war (, BStBl I 1989, 518). Dort hieß es unter Tz. 6, die Vergünstigungen würden u. a. unter der Voraussetzung zugelassen, dass ,,die unbeweglichen Wirtschaftsgüter und die ausgebauten oder hergestellten Teile der Gebäude vom Steuerpflichtigen zu eigenbetrieblichen Zwecken verwendet werden''. Daran schloss sich ein Hinweis auf die (BFHE 138, 396, BStBl II 1983, 529), vom IV R 217/82 (BFHE 138, 292, BStBl II 1983, 532), vom I R 252/82 (BFHE 139, 113, BStBl II 1983, 699) und vom VIII R 159/84 (BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653) an.

Mit dem Hinweis auf das Urteil in BFHE 139, 113, BStBl II 1983, 699 nahm der BFH Bezug auf die Rechtsprechung des BFH, wonach bei einem Gebäude, das teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu eigenen und teils zu fremden Wohnzwecken genutzt wird, jeder der unterschiedlich genutzten Teile des Gebäudes eine eigenständiges Wirtschaftsgut ist (Beschluss des Großen Senats vom GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132). Deshalb führte der BMF unter Tz. 12 des Schreibens aus, unter Verwendung zu eigenbetrieblichen Zwecken sei eine im Gegensatz zu fremdbetrieblichen Zwecken, zu fremden Wohnzwecken oder zu eigenen Wohnzwecken stehende Verwendung zu verstehen.

c) In gleicher Weise ist nach Auffassung des erkennenden Senats auch die durch das StandOG eingefügte Regelung des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG zu verstehen. Aus den Gesetzesmaterialien lassen sich keine entgegenstehenden Anhaltspunkte entnehmen. Die Regelung wurde auf Vorschlag des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau des Deutschen Bundestags, den sich der Finanzausschuss anschließend zu Eigen gemacht hatte, nachträglich in das StandOG aufgenommen (BTDrucks 12/5016, S. 48, 76, 82, 104). Ziel der Regelung sollte es sein, eine Inanspruchnahme der Sonderabschreibung durch gewerbliche Wohnungsgesellschaften zu verhindern, die Altbestand an Mietwohnungen aufkauften und diesen nach Inanspruchnahme der Abschreibung ohne Modernisierung wieder veräußerten. Der Gesetzestext geht auf eine Formulierungshilfe des BMF zurück (BTDrucks 12/5016, S. 76), der sich mutmaßlich an der Vorgängerregelung in den Richtlinien zum ZRFG orientiert hat.

2. a) Nach den vorstehenden Grundsätzen kann der Kläger die Sonderabschreibung gemäß § 4 FöGbG nur für die für seine Steuerberatungspraxis genutzten Gebäudeteile in Anspruch nehmen. Diese werden für Zwecke des freiberuflichen Betriebs des Klägers verwendet. Die an die Rechtsanwaltskanzlei vermieteten Gebäudeteile bilden demgegenüber ein eigenständiges Wirtschaftsgut, für das die Voraussetzungen des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG nicht erfüllt sind. Denn diese Gebäudeteile werden nicht eigenbetrieblich im Sinne der Vorschrift verwendet. Die Vermietung von Gebäudeteilen an einen fremden Betrieb schließt die eigenbetriebliche Verwendung aus. Dass die Vermietung auch zu dem Zweck erfolgt, daraus einen Nutzen für den eigenen Betrieb zu erzielen, tritt hinter die unmittelbare Verwendung im Betrieb des Mieters, also hinter die fremdbetriebliche Nutzung zurück (ebenso die BFH-Rechtsprechung zu § 3 ZRFG - vgl. Urteile in BFHE 139, 113, BStBl II 1983, 699; in BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653; vom IV R 48/93, BFHE 175, 109, BStBl II 1996, 82; vom XI R 85/95, BFHE 182, 237, BStBl II 1997, 377, und vom I R 1/98, BFH/NV 2000, 691 -, die Finanzverwaltung, vgl. BStBl I 1996, 1516, unter II. 2., sowie nahezu einhellig das Schrifttum, vgl. Stuhrmann, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1993, 1125, 1126; ders., Neue Wirtschafts- Briefe - NWB - F. 3 8989, 8993; ders., DStR 1997, 103, 105; ders. in Die neue Investitionsförderung in den neuen Bundesländern, 4. Aufl. Köln 1996, Rdnr. 123 ff.; ders. in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 3 FöGbG Rz. 19 ff.; Beck, Steuern sparen mit Immobilien, 2. Aufl. Berlin 2000, 16; Best, Betriebs-Berater - BB - 1993, 1568, 1570; Kaligin, Deutsche Steuer-Zeitung- DStZ- 1994, 23, 25 f.; ders., Harzburger Steuerprotokoll 1997, 245, 250 f.; Töben, Das Fördergebietsgesetz, 2. Aufl. Köln 1996, Rz. 520 f.; a. A. z. T. Roland/Masuch in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 3 FöGbG Rdnr. 14, die abweichend von den o. a. BFH-Urteilen in einigen Fällen eine Verwendung zu eigenbetrieblichen Zwecken annehmen).

b) Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob der nicht eigenbetrieblich genutzte Gebäudeteil gleichwohl zum gewillkürten oder notwendigen Betriebsvermögen des Eigentümers gehört. Selbst wenn dies - wie der Kläger geltend macht - der Fall ist, scheidet die Inanspruchnahme der Vergünstigung aus (vgl. Senatsurteil vom IV R 54/90, BFHE 165, 119, BStBl II 1991, 808, zum Wohngebäude eines Landwirts im Zusammenhang mit § 3 ZRFG). Aus den Voraussetzungen des § 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b FöGbG ist eindeutig zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Förderung über die im Einleitungsteil des Satzes 2 genannte Eigenschaft des Wirtschaftsgutes als Betriebsvermögen hinaus an die in Buchst. b zusätzlich verlangte eigenbetriebliche Nutzung knüpfen wollte. Die Eingrenzung steht im Ermessen des Gesetzgebers, der damit Mitnahmeeffekte verhindern wollte, und schließt fremdbetrieblich genutzte Wirtschaftsgüter bewusst von der Förderung aus.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BStBl 2002 II Seite 429
BB 2002 S. 1470 Nr. 28
BFH/NV 2002 S. 1082 Nr. 8
BFHE S. 534 Nr. 198
BStBl II 2002 S. 429 Nr. 12
DB 2002 S. 1417 Nr. 27
DStR 2002 S. 1130 Nr. 27
DStRE 2002 S. 894 Nr. 14
FR 2002 S. 941 Nr. 17
INF 2002 S. 574 Nr. 18
EAAAA-89241