Herstellung der Ausschüttungsbelastung bei der ausschüttenden Gesellschaft unabhängig davon, ob eine vorangegangene Veräußerung der Anteile an dieser Gesellschaft rechtsmissbräuchlich war (sog. Anteilsrotation)
Leitsatz
Eine auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Beschluss beruhende Gewinnausschüttung führt bei der ausschüttenden Gesellschaft zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung unabhängig davon, ob eine vorangegangene Veräußerung der Anteile an dieser Gesellschaft (sog. Anteilsrotation) als rechtsmissbräuchlich zu beurteilen ist.
Gesetze: AO 1977 § 42KStG § 27 Abs. 3 Satz 1EStG § 17 Abs. 1
Instanzenzug: FG Münster (EFG 1997, 482) (Verfahrensverlauf),
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde 1984 gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Vermögensanlage in gewerblichen Immobilien und der Immobilienvertrieb.
Gesellschafter der Klägerin waren zu gleichen Teilen R, W, G und P. Diese gründeten 1988 die O GmbH. Deren Unternehmensgegenstand war auf die Anlage gesellschaftseigener Mittel in gewerblichen und anderen Immobilien gerichtet. Mit Vertrag vom veräußerten R, W, G und P ihre Gesellschaftsanteile an der Klägerin an die O GmbH. Am verkaufte die Klägerin die ihr gehörenden Immobilien. Danach bestand das Aktivvermögen der Klägerin im Wesentlichen aus Forderungen und Bankguthaben. Die Einnahmen der Klägerin ergaben sich neben den Finanzanlagen aus nachträglichen Arbeiten an den veräußerten Immobilien. Am beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin für 1990 eine Gewinnausschüttung in Höhe von ca. 2,5 Mio DM, die am erfolgte. Die O GmbH nahm wegen ausschüttungsbedingter Minderung der Beteiligung an der Klägerin eine Teilwertabschreibung in Höhe von ca. 2,8 Mio DM vor.
Die Klägerin beantragte wegen der Gewinnausschüttung für das Jahr 1990 eine Änderung des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheides 1990 unter Berücksichtigung einer Minderung der Körperschaftsteuer. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nicht, da ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i. S. des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) vorliege.
Die Klage hatte keinen Erfolg (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1997, 482).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 42 AO 1977, § 27 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und bei der Körperschaftsteuer 1990 eine Minderung zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hält ebenfalls die Voraussetzungen eines Missbrauchs i. S. des § 42 AO 1977 für gegeben.
Gründe
II.
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob im Streitfall die Grundsätze seines Urteils vom I R 55/95 (BFHE 181, 490, BStBl II 1998, 90) anzuwenden sind, wonach die entgeltliche Übertragung von GmbH-Anteilen auf eine neu gegründete GmbH zwecks Verrechnung von künftig auszuschüttenden Beteiligungserträgen mit einer ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung dann nicht missbräuchlich i. S. des § 42 AO 1977 ist, wenn die Anteilsübertragung auf Dauer angelegt war, und ob die bezeichnete Voraussetzung vorliegt. Selbst wenn sich der Verkauf der Anteile durch die Gesellschafter an die von ihnen gegründete O GmbH als Gestaltungsmissbrauch darstellen sollte, könnten die sich aus § 42 AO 1977 ergebenden Rechtsfolgen nicht die Besteuerung der Klägerin als ,,veräußerte'' Kapitalgesellschaft berühren. Die von ihr für das Streitjahr vorgenommene Gewinnausschüttung als solche ist nicht missbräuchlich. Mit der Ausschüttung macht sich die Klägerin kein der Steuerersparnis dienendes missbräuchliches Verhalten Dritter zu eigen (, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143). Sie hat daraus auch keinen ungerechtfertigten Steuervorteil gezogen (, BFHE 165, 1, BStBl II 1991, 866). Die Ausschüttung beruht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom für das abgelaufene Jahr 1990. Daher führt sie im Jahr 1990 zur begehrten Minderung der Körperschaftsteuer aufgrund der Herstellung der Ausschüttungsbelastung (§ 27 Abs. 3 Satz 1 KStG). Die von FA und BMF - im Anschluss an die Vorentscheidung - mit der Zahlung des Kaufpreises für die Anteile an der Klägerin durch die O GmbH im Jahr 1989 angenommene ,,Ausschüttung'' an die ursprünglichen Anteilseigener bedeutet daher - jedenfalls im Hinblick auf die Klägerin - die Zugrundelegung eines anderen Sachverhalts, nicht hingegen die Fiktion einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung i. S. des § 42 AO 1977 (vgl. , BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33).
2. Die von diesen Grundsätzen abweichende Vorentscheidung war aufzuheben und die Körperschaftsteuer 1990 der Klägerin entsprechend deren Antrag unter Berücksichtigung der durch den Gewinnausschüttungsbeschluss vom bewirkten Minderung der Körperschaftsteuer festzusetzen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2001 II Seite 260
BB 2000 S. 2404 Nr. 47
BB 2000 S. 2612 Nr. 51
BFH/NV 2001 S. 89 Nr. 1
DB 2000 S. 2307 Nr. 46
DStR 2000 S. 1953 Nr. 46
DStRE 2000 S. 1258 Nr. 23
FR 2001 S. 32 Nr. 1
INF 2001 S. 26 Nr. 1
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