Das von der Finanzverwattung eingeräumte Wahlrecht, auf die Aktivierung der Feldbestände zu verzichten (R 131 Abs. 2 EStR), bindet den Landwirt nicht für die Zukunft; Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung ( BStBl II S. 399)
Leitsatz
Ein Landwirt kann jederzeit zu einer Aktivierung seiner Feldbestände übergehen. Das ihm von der Finanzverwaltung eingeräumte Wahlrecht, auf die Aktivierung seiner Feldbestände zu verzichten, bindet ihn nicht.
Gesetze: EStG § 4 Abs. 1EStR R 131 Abs. 2
Instanzenzug: FG Baden-Württemberg (EFG 1999, 689) (Verfahrensverlauf), ,
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden im Streitjahr 1992 als Ehegatten zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Sie waren Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, für den sie den Gewinn bis zum nach Durchschnittsätzen gemäß § 13 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelten. Beim Übergang zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG verzichteten sie in der Anfangs(Übergangs-)bilanz zum und den Bilanzen der folgenden Stichtage auf eine Aktivierung des Feldinventars entsprechend den Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom (BStBl I 1970, 184 zu Nr. 4) und vom (BStBl I 1981, 878, 880 zu 3.1.3). Das Feldinventar wurde erstmals in der Bilanz zum unter Ansatz amtlich bekannt gegebener Inventurwerte in Höhe von 45 382,90 DM angesetzt und diese Aktivierung seitdem beibehalten. Für das Wirtschaftsjahr 1992/93 ermittelten die Kläger danach einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 52 000 DM.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte die Aktivierung nicht an, verminderte den Gewinn entsprechend und setzte die Einkommensteuer auf 0 DM fest.
Nach erfolglosem Vorverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit der Begründung statt, der Ausübung des Aktivierungswahlrechts für die Feldbestände stehe das Stetigkeitsgebot nicht entgegen.
Mit seiner dagegen gerichteten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG verkenne sowohl den handelsrechtlichen Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 des Handelsgesetzbuchs - HGB -) als auch das steuerrechtliche Willkürverbot und die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Kläger ihre Feldbestände erstmals in der Bilanz zum aktivieren konnten.
1. Mit der der Höhe nach unstreitigen Aktivierung des Feldinventars haben die Kläger erstmals in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahrs 1992/93 zutreffend das Betriebsvermögen ausgewiesen, das als Ausgangsgröße für die Ermittlung des Gewinns durch Bestandsvergleich maßgebend ist. Bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehört auch das als Umlaufvermögen auszuweisende Feldinventar zum Betriebsvermögen i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, das nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen ist.
Allerdings hat die Finanzverwaltung den Land- und Forstwirten das ,,Wahlrecht'' eingeräumt, auf die Aktivierung ihrer Feldbestände zu verzichten (BMF in BStBl I 1970, 184 zu Nr. 4, und in BStBl I 1981, 878, 880 zu 3.1.3; Abschn. 131 Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1984 ff., R 131 Abs. 2 EStR 1993 ff.). Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung eine Rechtsgrundlage für das ,,Wahlrecht'' in § 148 der Abgabenordnung (AO 1977) gesehen (vgl. , BFHE 146, 72, BStBl II 1986, 399). Er ist davon ausgegangen, dass das einmal in Anspruch genommene Wahlrecht auf Nichtaktivierung den Landwirt bei gleichbleibenden betrieblichen Verhältnissen auch für die Zukunft bindet (vgl. , BFHE 143, 233, BStBl II 1985, 391, 393, und vom IV R 96/86, BFHE 153, 138, BStBl II 1988, 672). An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest. § 148 AO 1977 regelt nur die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, nicht aber das materielle Bilanzrecht. Außerdem ermächtigt die Vorschrift nur zur Bewilligung von ,,Erleichterungen'', jedoch nicht zum Verzicht auf materiell zwingend vorgeschriebene Aktivierungen. Stellt sich deshalb das ,,Wahlrecht'' nur als eine Billigkeitsmaßnahme i. S. des § 163 AO 1977 dar, so kann dem Steuerpflichtigen die Rückkehr zu einer bilanzrechtlich zwingend vorgeschriebenen Aktivierung zum nächsten noch offenen Bilanzstichtag mit der Folge nicht verwehrt werden, dass er wegen des Grundsatzes der materiellen Bilanzkontinuität daran auch für die Zukunft gebunden ist. So sind die Kläger verfahren.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2000 II Seite 422
BB 2000 S. 1509 Nr. 30
BFH/NV 2000 S. 1165 Nr. 9
DB 2000 S. 1495 Nr. 30
DStRE 2000 S. 786 Nr. 15
FR 2000 S. 876 Nr. 16
INF 2000 S. 538 Nr. 17
QAAAA-88693