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Grundlagen - Stand: 07.02.2024

Gesonderte und einheitliche Feststellung

Alexander v. Wedelstädt

I. Definition

Steuern werden grundsätzlich vom Finanzamt gegenüber dem Steuerschuldner durch Steuerbescheid festgesetzt (§ 155 Abs. 1 S. 1 AO). Dabei sind die Besteuerungsgrundlagen Teil der Begründung und als solche unselbständige Teile der Steuerfestsetzung (§ 157 Abs. 2 AO).

Ist das Subjekt, bei dem die Besteuerungsgrundlagen anfallen, nicht selbst Steuerschuldner, sondern sind mehrere Steuerschuldner die an ihm beteiligten Personen, wie dies ertragsteuerlich bei Personengesellschaften der Fall ist, sind die Besteuerungsgrundlagen gesondert und einheitlich festzustellen (§ 179 Abs. 2 S. 2 AO). Die Besteuerungsgrundlagen sind hier selbständig feststellungsfähige Steuerfestsetzungsvoraussetzungen. Das schließt eine selbständige rechtliche Würdigung und ein unabhängiges rechtliches Schicksal mit ein (§ 157 Abs. 2 AO).

Die gesonderte und einheitliche Feststellung dient der Verfahrensvereinfachung und der Sicherstellung einheitlicher verbindlicher Entscheidungen (von Wedelstädt in Kühn/von Wedelstädt, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 22. Aufl. 2018, § 179 AO Rz. 1; Baum/Kaluza, NWB F. 2 S. 9929, 9930, I. ).

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) vom (BGBl 2021 I S. 2050) wurde für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften eine Option eingeführt, wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden (§ 1a KStG). Die Option kann erstmals für Wirtschaftsjahre ausgeübt werden, die nach dem beginnen (§ 34 Abs. 1a KStG). Im Einzelnen s. dazu v. - IV C 2 - S 2707/21/10001 :004.

Durch das mit Wirkung vom in Kraft getretene MoPeG ist das Recht der GbR grundlegend geändert und modernisiert worden. Zu unterscheiden ist zwischen der rechtsfähigen Gesellschaft und der nicht rechtsfähigen Gesellschaft (§ 705 Abs. 2 BGB). Eine rechtsfähige Gesellschaft liegt vor, wenn sie nach dem Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll, eine nicht rechtsfähige Gesellschaft, wenn sie nur der Ausgestaltung der Gesellschafterrechte untereinander dient. Der gemeinsame Wille der Gesellschafter, am Rechtsverkehr teilzunehmen, ist die einzige Voraussetzung für die rechtsfähige Gesellschaft. Mit Jahreswechsel 2023/2024 treten die Rechtsfolgen automatisch ein. Durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz ist die AO an die Änderungen durch das MoPeG angepasst worden. § 14a Abs. 1 AO definiert den Begriff Personenvereinigung i.S.d. AO und der Steuergesetze als Personenzusammenschlüsse ohne Rechtspersönlichkeit zur Verfolgung eines gesetzlich zulässigen Zwecks. § 14a Abs. 2 AO zählt nicht abschließend rechtsfähige Personenvereinigungen, § 14a Abs. 3 AO nicht rechtsfähige Personenvereinigungen auf. Dazu ausführlich Baum, NWB 39/2023 S. 2662 ff.

II. Gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO

Gesondert und einheitlich festgestellt werden die einkommensteuer- und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte und mit diesen in Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind, denen die Einkünfte steuerlich zuzurechnen sind. Dies geschieht durch Feststellungsbescheid (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Ein Feststellungsverfahren ist auch durchzuführen, wenn streitig ist, ob Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt werden müssen oder nicht, oder wenn zweifelhaft ist oder es nur möglich erscheint, dass Einkünfte vorliegen, an denen mehrere im Inland ansässige Personen beteiligt sind. Daher ist ein positiver oder negativer Feststellungsbescheid gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO dann zu erlassen, wenn eine gesonderte Feststellung aufgrund des (ggf. streitigen) Sachverhalts möglich erscheint. Auch für im Inland steuerpflichtige Einkünfte aus ausländischen Personengesellschaften, Bauherrengemeinschaften und Grundstücksgemeinschaften, an denen mehrere Inländer beteiligt sind, ist eine Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO bzw. der VO zu § 180 Abs. 2 AO durchzuführen. Hat eine ausländische Personengesellschaft ihre Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte im Inland, ist eine Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO vorzunehmen, wenn die Einkünfte hieraus der deutschen Besteuerung unterliegen. Zu Besonderheiten bei gewerblich geprägten und gewerblich infizierten Personengesellschaften wird auf verwiesen.

Sowohl im Falle einer einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen als auch dann, wenn streitig ist, ob ein Feststellungsverfahren durchgeführt werden muss, wird das Steuergeheimnis nach § 30 AO zulässigerweise durchbrochen.

Ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften kann mehrere einzelne Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen enthalten, die eine rechtlich selbständige Würdigung enthalten und eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig sind, wie z. B. auch die Feststellungen der Einkunftsart und der Höhe der Einkünfte. Sie sind je für sich für den Folgebescheid bindend, begründen die Änderungsbefugnis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO. Bindend sind also konkret die einzelnen festgestellten Besteuerungsgrundlagen, aber auch negative Aussagen im Grundlagenbescheid, wie z. B. die Nichtanerkennung einer Person als Beteiligter oder die Ablehnung der Qualifizierung als Veräußerungsgewinn oder die geänderte Feststellung der Einkunftsart.

1. Mehrere Personen

Die Voraussetzungen des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO („mehrere”, „zurechnen”) bedeuten, dass es nicht ausreicht, dass mehrere Personen den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllen, sondern dass sie dies in Form einer Gesellschaft oder Gemeinschaft erfüllen müssen. Damit kommt eine gesonderte und einheitliche Feststellung insbesondere in Betracht, wenn die Beteiligten Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG sind.

Der Feststellungsbescheid muss bindend entscheiden, für welche Personen die Feststellungen getroffen werden, wer also Feststellungsbeteiligter ist. Aus dem Feststellungsbescheid muss hinreichend deutlich zu erkennen sein, für wen er inhaltlich bestimmt ist. Der Feststellungsbescheid muss auch Angaben über die Höhe der Anteile der Feststellungsbeteiligten am Gewinn oder Verlust enthalten.

Beteiligte können natürliche und juristische Personen sein.

Die Beteiligung muss unmittelbar sein. Unmittelbar beteiligt an einer gemeinsamen Einkunftsquelle sind Personenmehrheiten, z.B Personenhandelsgesellschaften wie OHG, KG einschließlich der GmbH & Co KG, die Partnerschaftsgesellschaft, die GbR, die Gemeinschaft und ähnliche Gesellschaften.

In Fällen der mittelbaren Beteiligung an einer Hauptbeteiligung(d.h. der Haupt- und Unterbeteiligung), hat der Unterbeteiligte regelmäßig keine Rechtsbeziehungen zur Hauptgesellschaft, sondern nur zu einem Gesellschafter/Beteiligten der Hauptgesellschaft, an dessen Anteil er unmittelbar beteiligt ist (z.B. bei der atypischen Unterbeteiligung oder der Beteiligung einer treuhänderisch für andere Personen tätigen Person oder Gesellschaft an einer Personengesellschaft). Für die Unterbeteiligten kann eine besondere gesonderte Feststellung vorgenommen werden (§ 179 Abs. 2 S. 3 AO). Wegen des Geheimhaltungsbedürfnisses der Betroffenen ist von der Möglichkeit der Vornahme einer besonderen gesonderten und einheitlichen Feststellung regelmäßig Gebrauch zu machen (AEAO zu § 179 Nr. 4 Abs. 1 S. 2); lediglich ein Feststellungsverfahren ist durchzuführen, wenn alle Beteiligten - die Hauptgesellschaft und deren Gesellschafter sowie die Unterbeteiligten - einverstanden sind (AEAO zu § 179 Nr. 4 Abs. 1 S. 2).

Beteiligt sich eine Personengesellschaft atypisch still am Gewerbe einer Kapitalgesellschaft, dürfen die Feststellungen der Einkünfte aus der Personengesellschaft und aus der atypisch stillen Gesellschaft nicht in einem einheitlichen Feststellungsbescheid getroffen werden. Es handelt sich um zwei getrennte Gewinnermittlungssubjekte, für die deshalb separate Gewinnfeststellungen durchzuführen sind. Daher müssen zunächst für die atypisch stille Gesellschaft als selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation die vom Inhaber des Handelsgeschäfts und dem atypisch stillen Gesellschafter gemeinschaftlich erzielten Einkünfte nach § 179 Abs. 2 Satz 2 AO, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festgestellt werden. Anschließend sind die im Grundlagenbescheid festgestellten Einkünfte einerseits in den Körperschaftsteuerbescheid der Kapitalgesellschaft und andererseits in den die Personengesellschaft betreffenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von deren Einkünften zu übernehmen (, BStBl 2016 II S. 517). Dasselbe gilt, wenn sich eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft atypisch still am Gewerbe einer Personengesellschaft beteiligt (, BFH/NV 2017, S. 475).

Bei der doppelstöckigen Personengesellschaft ist steuerrechtlich die Obergesellschaft Mitunternehmerin einer anderen Personengesellschaft, es handelt sich nicht um einen Fall des § 179 Abs. 2 S. 3 AO. In diesen Fällen sind gesonderte und einheitliche Feststellungen in zwei Stufen durchzuführen:

  • auf der Ebene der Untergesellschaft sind u.a. die Beteiligten, zu denen auch die Obergesellschaft als Mitunternehmerin gehört, sowie die den Beteiligten und damit auch der Obergesellschaft zuzurechnenden Einkünfte festzustellen (erste Feststellungsstufe). Diese Regelung erfasst auch den Anwendungsbereich des § 180 Abs. 5 AO. Eines mehrstufigen Feststellungsverfahrens bedarf es nicht, wenn an den Einkünften einer ausländischen Personengesellschaft neben einer Personengesellschaft mit im Inland steuerpflichtigen Gesellschaftern lediglich Personen beteiligt sind, die nicht im Inland steuerpflichtig sind. Die Einkünfte können unmittelbar der inländischen Gesellschaft gegenüber festgestellt werden.

  • Der auf die Oberpersonengesellschaft entfallende Ergebnisanteil ist mit nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO bindender Wirkung auf der zweiten Feststellungsstufe gegenüber den Gesellschaftern der Oberpersonengesellschaft festzustellen.

  • Ist eine Personengesellschaft atypisch still an einer Kapitalgesellschaft beteiligt, dürfen die Feststellungen der Einkünfte aus der Personengesellschaft und aus der atypisch stillen Gesellschaft nicht in einem einheitlichen Feststellungsbescheid getroffen werden.

  • Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) findet bei einem oder mehreren Komplementären eine einheitliche und gesonderte Feststellung für die Einkünfte des oder der persönlich haftenden Gesellschaft statt, denn ihre Gewinnanteile sind ihnen unmittelbar zuzurechnen (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Dasselbe gilt für die Kommanditaktionäre, da für ihre Gewinn- und Verlustbeteiligung nach § 278 Abs. 2 AktG die Vorschriften über die Kommanditgesellschaft gelten (h. M.; u. a. Kunz in Gosch, § 180 AO Rz. 32 m. w. N.; Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rz. 17 m.w.N.).

Wird das Insolvenzverfahren bei einer Personengesellschaft eröffnet, so umfasst dies nur das Gesamthandsvermögen, nicht auch das persönliche Vermögen der Gesellschafter oder das Sonderbetriebsvermögen einzelner Gesellschafter. Das Feststellungsverfahren wird daher nicht tangiert. Auf AEAO zu § 251, Nr. 4.4.1.1 wird insoweit verwiesen. Wegen der Folgen der Eröffnung des Insolvenzverfahren bei einem oder mehreren Gesellschaftern wird auf AEAO zu § 251, Nr. 4.4.1.2 verwiesen.

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