Artikel 25 Verständigungsverfahren
(1) Ist eine Person der Auffassung, daß Maßnahmen eines Vertragsstaats oder beider Vertragsstaaten für sie zu einer Besteuerung führen oder führen werden, die diesem Abkommen nicht entspricht, so kann sie unbeschadet der nach dem innerstaatlichen Recht dieser Staaten vorgesehenen Rechtsbehelfe ihren Fall der zuständigen Behörde des Vertragsstaats, in dem sie ansässig ist, oder, sofern ihr Fall von Artikel 24 Absatz 1 (Gleichbehandlung) erfaßt wird, der zuständigen Behörde des Vertragsstaats unterbreiten, dessen Staatsangehöriger sie ist. Der Fall muß innerhalb von vier Jahren nach der Bekanntgabe der Steuerfestsetzung unterbreitet werden, die zur Doppelbesteuerung oder einer diesem Abkommen nicht entsprechenden Besteuerung führt.
(2) Hält die zuständige Behörde die Einwendung für begründet und ist sie selbst nicht in der Lage, eine befriedigende Lösung herbeizuführen, so wird sie sich bemühen, den Fall durch Verständigung mit der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaats so zu regeln, daß eine diesem Abkommen nicht entsprechende Besteuerung vermieden wird. Die Verständigungsregelung ist ungeachtet der Fristen oder anderen verfahrensrechtlichen Beschränkungen des innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten durchzuführen.
(3) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten werden sich bemühen, Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen zu beseitigen. Insbesondere können sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten einigen über:
die übereinstimmende Zurechnung von Einkünften, Abzügen, Anrechnungs- oder Freibeträgen bei der Betriebsstätte eines Unternehmens eines Vertragsstaats, die im anderen Vertragsstaat liegt;
die übereinstimmende Abgrenzung von Einkünften, Abzügen, Anrechnungs- oder Freibeträgen zwischen verbundenen Unternehmen und anderen Personen nach den in Artikel 9 (Verbundene Unternehmen) niedergelegten Grundsätzen;
die Beilegung von Anwendungskonflikten bei diesem Abkommen, einschließlich der
aa)Qualifikation bestimmter Einkünfte,
bb)Qualifikation von Personen,
cc)Anwendung von Regelungen über die Quelle bestimmter Einkünfte und
dd)der Behandlung von Einkünften, die nach dem Steuerrecht des Quellenstaates den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind und im anderen Staat anderen Einkünften zugeordnet werden;
die gemeinsame Auslegung eines Ausdrucks;
eine den Zielen dieses Abkommens entsprechende Anwendung von Verfahrensvorschriften des innerstaatlichen Rechts (einschließlich der Vorschriften über Zuschläge, Geldstrafen und Verzinsung); und
eine Erhöhung der in den Artikeln 17 (Künstler und Sportler) und 20 (Gastprofessoren und -lehrer; Studenten und Auszubildende) genannten Beträge zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen und monetären Entwicklung.
Sie können auch gemeinsam darüber beraten, wie eine Doppelbesteuerung in den Fällen vermieden werden kann, die in diesem Abkommen nicht behandelt sind.
(4) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten können zur Herbeiführung einer Einigung im Sinne der vorstehenden Absätze unmittelbar miteinander verkehren. Bezieht sich das Verfahren auf einen Einzelfall, so haben die Betroffenen das Recht, ihren Standpunkt der zuständigen Behörde eines Vertragsstaats oder beider Vertragsstaaten darzulegen. Erscheint ein mündlicher Meinungsaustausch für die Herbeiführung der Einigung zweckmäßig, so kann ein solcher Meinungsaustausch in einer Kommission durchgeführt werden, die aus Vertretern der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten besteht.
(5) Haben sich die zuständigen Behörden im Rahmen eines Verständigungsverfahrens nach diesem Artikel erfolglos um eine umfassende Einigung in einem Fall bemüht, so wird der Fall durch ein Schiedsverfahren beigelegt, das entsprechend und gemäß den Anforderungen des Absatzes 6 und den von den Vertragsstaaten vereinbarten Vorschriften oder Verfahren durchgeführt wird, wenn
in mindestens einem der Vertragsstaaten Steuererklärungen für die in diesem Fall betroffenen Steuerjahre eingereicht wurden;
der Fall
aa)ein Fall ist, bei dem
ein oder mehrere Artikel anzuwenden sind, auf die sich die Vertragsstaaten geeinigt haben, dass sie einem Schiedsverfahren unterworfen werden sollen, und
es sich nicht um einen Einzelfall handelt, in dem die zuständigen Behörden vor dem Zeitpunkt, zu dem das Schiedsverfahren anderenfalls begonnen hätte, übereinkommen, dass er für eine Entscheidung durch ein Schiedsverfahren nicht geeignet ist, oder
bb)ein Einzelfall ist, in dem die zuständigen Behörden übereinstimmen, dass er für eine Entscheidung durch ein Schiedsverfahren geeignet ist, und
alle betroffenen Personen gemäß Absatz 6 Buchstabe d zustimmen.
(6) Für die Zwecke des Absatzes 5 und dieses Absatzes gelten die folgenden Vorschriften und Begriffsbestimmungen:
Der Ausdruck „betroffene Person“ bedeutet eine Person, die einer zuständigen Behörde einen Fall zur Prüfung gemäß diesem Artikel vorlegt, und gegebenenfalls alle weiteren Personen, deren Steuerpflicht gegenüber einem Vertragsstaat von einer sich aus dieser Prüfung ergebenden Verständigung unmittelbar betroffen sein kann.
Der “Verfahrensbeginn“ in einem Fall ist der früheste Zeitpunkt, zu dem die für eine sachliche Prüfung hinsichtlich einer Verständigung erforderlichen Informationen beiden zuständigen Behörden zugegangen sind.
Das Schiedsverfahren in einem Fall beginnt zum späteren der beiden folgenden Zeitpunkte:
aa)zwei Jahre nach Verfahrensbeginn in diesem Fall, wenn die beiden zuständigen Behörden sich nicht vorher auf einen anderen Zeitpunkt geeinigt haben, oder
bb)der früheste Zeitpunkt nach Eingang des nach Buchstabe d vorgeschriebenen Einverständnisses bei beiden zuständigen Behörden.
Die betroffene(n) Person(en) und ihre bevollmächtigten Vertreter müssen sich vor Beginn des Schiedsverfahrens bereit erklären, anderen Personen keine im Laufe des Schiedsverfahrens von einem der Vertragsstaaten oder der Schiedsstelle erhaltenen Informationen, mit Ausnahme der Entscheidung der Schiedsstelle, offen zu legen.
Die Entscheidung gilt als Beilegung durch Verständigung nach diesem Artikel, die für beide Vertragsstaaten bezüglich dieses Falls bindend ist, es sei denn, dass eine betroffene Person die Entscheidung der Schiedsstelle nicht anerkennt.
Für Zwecke eines Schiedsverfahrens nach Absatz 5 und dieses Absatzes gelten die Mitglieder der Schiedsstelle und ihre Mitarbeiter als „Personen oder Behörden“, denen nach Artikel 26 (Informationsaustausch und Amtshilfe) des Abkommens Informationen offen gelegt werden dürfen.
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FAAAA-87677