Abschnitt IV: Beistand in Steuersachen
Artikel 30 Amtshilfe bei der Steuererhebung
(1) Die Vertragsstaaten leisten sich gegenseitige Amtshilfe bei der Erhebung von Steueransprüchen. Diese Amtshilfe wird durch die Artikel 1 und 2 nicht eingeschränkt. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten können durch Verständigung regeln, wie dieser Artikel durchzuführen ist.
(2) Der Ausdruck „Steueranspruch“ im Sinne dieses Artikels bedeutet einen Betrag, der aufgrund von Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung eines Vertragsstaats oder einer seiner Gebietskörperschaften erhoben werden, geschuldet wird, soweit die Besteuerung nicht diesem Abkommen oder anderen Übereinkünften, denen die Vertragsstaaten beigetreten sind, widerspricht, sowie mit diesem Betrag zusammenhängende Zinsen, Geldbußen sowie Vollstreckungskosten und Kosten für Sicherungsmaßnahmen.
(3) Ist ein Steueranspruch eines Vertragsstaats nach dem Recht dieses Staates vollstreckbar und wird er von einer Person geschuldet, die zu diesem Zeitpunkt nach dem Recht dieses Staates die Vollstreckung nicht verhindern kann, so wird dieser Steueranspruch auf Ersuchen der zuständigen Behörde dieses Staates für die Zwecke der Erhebung von der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaats anerkannt. Der Steueranspruch wird von dem anderen Staat nach dessen Rechtsvorschriften über die Vollstreckung und Erhebung der eigenen Steuern erhoben, als handelte es sich bei dem Steueranspruch um einen Steueranspruch dieses anderen Staates.
(4) Handelt es sich bei einem Steueranspruch eines Vertragsstaats um einen Anspruch, bei dem dieser Staat nach seinem Recht Maßnahmen zur Sicherung der Erhebung erlassen kann, so wird dieser Steueranspruch auf Ersuchen der zuständigen Behörde dieses Staates zum Zweck der Einleitung von Sicherungsmaßnahmen durch die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats anerkannt. Dieser andere Staat leitet in Übereinstimmung mit den eigenen Rechtsvorschriften Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf diesen Steueranspruch ein, als wäre der Steueranspruch ein Steueranspruch dieses anderen Staates, selbst wenn der Steueranspruch im Zeitpunkt der Einleitung dieser Maßnahmen in dem erstgenannten Staat nicht vollstreckbar ist oder von einer Person geschuldet wird, die berechtigt ist, die Vollstreckung zu verhindern.
(5) Ungeachtet der Absätze 3 und 4 unterliegt ein von einem Vertragsstaat für die Zwecke des Absatzes 3 oder 4 anerkannter Steueranspruch als solcher in diesem Staat nicht den Verjährungsfristen oder den Bestimmungen über vorrangige Behandlung eines Steueranspruchs nach dem Recht dieses Staates. Auch hat ein Steueranspruch, der von einem Vertragsstaat für die Zwecke des Absatzes 3 oder 4 anerkannt wurde, in diesem Staat nicht den Vorrang, den dieser Steueranspruch nach dem Recht des anderen Vertragsstaats hat.
(6) Verfahren im Zusammenhang mit dem Bestehen, der Gültigkeit oder der Höhe eines Steueranspruchs eines Vertragsstaats können nicht bei den Gerichten oder Verwaltungsbehörden des anderen Vertragsstaats eingeleitet werden.
(7) Verliert der betreffende Steueranspruch, nachdem das Ersuchen eines Vertragsstaats nach Absatz 3 oder 4 gestellt wurde und bevor der andere Vertragsstaat den betreffenden Steueranspruch erhoben und an den erstgenannten Staat ausgezahlt hat,
im Fall eines Ersuchens nach Absatz 3 seine Eigenschaft als Steueranspruch des erstgenannten Staates, der nach dem Recht dieses Staates vollstreckbar ist und von einer Person geschuldet wird, die zu diesem Zeitpunkt nach dem Recht dieses Staates die Vollstreckung nicht verhindern kann, oder
im Fall eines Ersuchens nach Absatz 4 seine Eigenschaft als Steueranspruch des erstgenannten Staates, für den dieser Staat nach seinem Recht Maßnahmen zur Sicherung der Erhebung erlassen kann,
so teilt die zuständige Behörde des erstgenannten Staates dies der zuständigen Behörde des anderen Staates unverzüglich mit und setzt das Ersuchen nach Wahl des anderen Staates aus oder nimmt es zurück.
(8) Dieser Artikel ist nicht so auszulegen, als verpflichtete er einen Vertragsstaat,
Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen, die von den Gesetzen und der Verwaltungspraxis dieses oder des anderen Vertragsstaats abweichen;
Maßnahmen durchzuführen, die der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprächen;
Amtshilfe zu leisten, wenn der andere Vertragsstaat nicht alle angemessenen Maßnahmen zur Erhebung oder Sicherung seines Steueranspruchs, die nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis möglich sind, ausgeschöpft hat;
Amtshilfe zu leisten, wenn der Verwaltungsaufwand für diesen Staat im Vergleich zum sich daraus ergebenden Vorteil für den anderen Vertragsstaat unverhältnismäßig hoch ist.
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IAAAI-02111