BGH Beschluss v. - 1 StR 292/21

Unterschlagung: Wiederholte Zueignung nach Aufgabe einer zuvor angemaßten Verfügungsmacht

Gesetze: § 246 Abs 1 StGB

Instanzenzug: Az: 16 KLs 151 Js 103489/12

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zu den Rechtsausführungen im angefochtenen Urteil und zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Auch die Verurteilung wegen veruntreuender Unterschlagung (§ 246 Abs. 1, 2 StGB) im Fall 6 der Urteilsgründe hält sachlichrechtlicher Nachprüfung stand.
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte am sein 1956 gebautes Fahrzeug der Marke Maserati 450 S der K.  E.        zur Sicherheit übereignet; damit sollten Ansprüche der Kreissparkasse gegen die F.        GmbH aus einem Rahmenkredit gesichert werden. Der Angeklagte hatte nach der Sicherungsabrede das in seinem Besitz verbliebene Fahrzeug "sorgfältig und sachgemäß für die Sparkasse zu verwahren.
Da die Gesellschaften der W.     -Gruppe im Dezember 2011 dringend weitere Liquidität benötigten, schloss der Angeklagte am mit dem Unternehmer    R.       einen Darlehensvertrag über eine Valuta in Höhe von 4,5 Millionen €, die bis zum zurückzuzahlen war. Unter – wahrheitswidriger – Zusicherung, er sei zur freien Verfügung über den Maserati berechtigt und dieser sei frei von Rechten Dritter, einigte sich der Angeklagte mit      R.      im Rahmen der Sicherungsabrede über den Eigentumsübergang und übergab den Kraftwagen nebst "Fahrzeugbrief" in Ro.    ;      R.       hatte keinen Anlass, an der Zusicherung des Angeklagten zu zweifeln. Am verbrachte der Angeklagte mit      R.      s Zustimmung den Maserati zur Reparatur in die Werkstatt der c.            GmbH (c.    ) nach D.      ; den Werkvertrag schloss der Angeklagte in eigenem Namen.
Am verkaufte der Angeklagte den Maserati im eigenen Namen – ohne Kenntnis      R.      s, dessen Darlehensrückzahlungsforderung unbeglichen war – an die M.             GmbH (M.      ) zum Preis von 6,2 Millionen €; den Kaufpreis wollte der Angeklagte den Gesellschaften der W.     -Gruppe zuführen. Zur Erfüllung seiner kaufvertraglichen Pflichten einigte er sich mit dem Geschäftsführer Ri.   , der die M.      vertrat, über den Eigentumsübergang und trat sämtliche Ansprüche aus dem Werkvertrag an die M.     ab, und zwar aufschiebend bedingt durch die vollständige Bezahlung des Kaufpreises. Die M.      leistete kurz darauf eine Anzahlung in Höhe von 3,1 Millionen €. Indes ließ der Angeklagte den reparierten Wagen im November 2012 zu       R.        verbringen. Am offenbarte der Angeklagte dem Geschäftsführer Ri.    , dass das Fahrzeug im Sicherungseigentum des     R.        stehe. Letztendlich löste die M.       , die am Kaufvertrag festhielt, den Wagen durch Rückzahlung des Darlehens (4,5 Millionen €) nebst Zinsen in Höhe von 408.916,91 € aus; der Angeklagte verrechnete gemäß der mit der M.       getroffenen Abrede die bereits geleistete Anzahlung (3,1 Millionen €) auf den Kaufpreis für einen anderen übereigneten Wagen und vereinnahmte den restlichen von der M.      geleisteten Kaufpreis in Höhe von 1.291.083,09 €.
b) Der Angeklagte eignete sich das Fahrzeug jedenfalls durch seine sachenrechtliche Verfügung (§ 929 Satz 1, §§ 931, 934 Alternative 1 BGB) am ein weiteres Mal zu, und zwar diesmal zu      R.    s Lasten (dazu unter aa)). Der Strafbarkeit steht nicht entgegen, dass der Angeklagte sich den Maserati bereits am durch Übereignung an     R.      (§ 929 Satz 1, § 932 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB) zugeeignet und dadurch das Sicherungseigentum der K.   E.        verletzt hatte (dazu unter bb)).
aa) Durch die Abgabe seiner Willenserklärungen zur Eigentumsübertragung (§ 929 Satz 1 BGB) und zur Abtretung seiner Ansprüche aus dem Werkvertrag (§§ 931, 870, 398 ff. BGB) verleibte sich der Angeklagte den Sicherungsgegenstand ein und schloss den Sicherungseigentümer       R.       aus (vgl. , BGHSt 34, 309, 312 f.). Denn der Angeklagte erklärte damit zugleich, nicht mehr im Sinne des § 868 BGB dem      R.       den Besitz vermitteln zu wollen. Darin ist die Enteignungskomponente zu sehen. Die Aneignungskomponente findet sich darin, über den Kaufpreis das Substrat des Fahrzeugs in sein Vermögen zu überführen.
Ob der Geschäftsführer Ri.   als Vertreter der M.       am infolge grober Fahrlässigkeit – etwa wegen Nichtvorlage eines Eigentumsdokuments – verkannte, dass der Angeklagte nicht verfügungsbefugt war, und ob daran der Eigentumserwerb der M.      scheiterte (§ 934 Alternative 1 letzter Halbsatz BGB; vgl. Rn. 19 f.), lässt sich den Feststellungen nicht – auch nicht in ihrem Gesamtzusammenhang – entnehmen. Jedenfalls hindert Ri.   s spätere Kenntnis seit dem vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), der vollständigen Tilgung der Kaufpreisschuld, den Eigentumserwerb nicht (vgl. , BGHZ 10, 69, 73 f.). Ob der Geschäftsführer bösgläubig war, kann indes offenbleiben. Denn der Tatbestand der Unterschlagung setzt nicht voraus, dass die Handlung des Täters das Eigentum des Sicherungsnehmers rechtlich beseitigt oder beeinträchtigt ( und vom – 1 StR 60/64; LG Lübeck, wistra 2013, 207, 208; LK-Vogel, StGB, 12. Aufl., § 246 Rn. 39); die Übereignung muss damit nicht wirksam sein. Die Eigentumslage ändert sich auch nicht bei einer Fundunterschlagung (vgl. § 935 Abs. 1 BGB).
bb) Die Zueignung am ist nicht deshalb straflos, weil der Angeklagte bereits am den Maserati unterschlagen hatte.
(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich ein Täter, der sich eine fremde Sache bereits durch eine strafbare Handlung zugeeignet hat, diese in einem späteren Zeitpunkt nicht noch einmal im Sinne von § 246 Abs. 1 StGB zueignen, ohne vorher seine Scheineigentümerposition wieder aufgegeben zu haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom – GSSt 1/59, BGHSt 14, 38, 46 f.; vom – 3 StR 453/16 Rn. 16 und vom – 1 StR 309/95 Rn. 11; ferner , BGHSt 16, 280, 281 f.); dies gilt nicht nur im Verhältnis der Unterschlagung zu einem anderen Eigentums- oder Vermögensdelikt wie etwa Diebstahl oder Betrug, sondern auch für Unterschlagungen zueinander.
(b) Hier beging der Angeklagte die Tat am zu Lasten eines neuen Eigentümers. Die Kreissparkasse hatte das Sicherungseigentum bereits am an       R.       verloren (§ 929 Satz 1, § 932 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB) und der Angeklagte zugleich durch die wirksame Übereignung seine angemaßte Verfügungsmacht aufgegeben. Am griff er zum ersten Mal       R.      s Eigentum an und verletzte hierdurch das Schutzgut des § 246 StGB zu Lasten eines anderen Rechtsgutträgers (vgl. MüKoStGB/Hohmann, 4. Aufl., § 246 Rn. 43; NK-StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 246 Rn. 37).
c) Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht nicht der Frage nachgegangen ist, ob er am zugleich einen Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) zu Lasten der M.      beging oder zumindest einen solchen versuchte.
Raum     
      
Bellay     
      
Fischer
      
Leplow     
      
Pernice     
      

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:130122B1STR292.21.0

Fundstelle(n):
wistra 2022 S. 3 Nr. 6
wistra 2022 S. 379 Nr. 9
NAAAI-63154