Online-Nachricht - Donnerstag, 17.03.2022

Gewerbesteuer | Auslegung der Begriffe "Überführung" bzw. "Übertragung" in § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG bei Formwechsel (BFH)

Im Rahmen einer normspezifischen Auslegung der Begriffe "Überführung" bzw. "Übertragung" in § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG sind die Wertungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 einzubeziehen. Liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 vor, ist für die Frage, wann der betreffende Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 Halbsatz 2 GewStG in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs (als übernehmende Gesellschaft) "überführt" oder "übertragen" worden ist, auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem er in das Betriebsvermögen der übertragenden Gesellschaft gelangt ist (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG ist die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ausgeschlossen, soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandene stille Reserven entfallen.

Sachverhalt: Streitig ist u.a., ob die Umwandlung einer KG in eine GmbH gewerbesteuerrechtlich nicht zu einer Übertragung von Wirtschaftsgütern führt, so dass die erweiterte Kürzung auch in Umwandlungsfällen trotz § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG weiterhin zu gewähren ist: Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, wechselte ihre Form identitätswahrend und steuerneutral nach § 25 i.V. mit § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG in eine GmbH. Die Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, dass der Formwechsel nach Tz. 00.02 des (BStBl 2011 I S. 1314, ) einen Veräußerungsvorgang darstelle und versagte die Gewerbesteuerfreiheit für den Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG. Das FG Köln gab der hiergegen gerichteten Klage statt (, s. hierzu Meding/Müller, ).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Im Streitfall hat das FG der ersten Instanz rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Klägerin im Rahmen der Ermittlung ihres Gewinns aus Gewerbebetrieb der beantragte Kürzungsbetrag für die erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG zu gewähren ist – die Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG liegen nicht vor.

  • Im Rahmen einer normspezifischen Auslegung der Begriffe "Überführung" bzw. "Übertragung" in § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG sind die Wertungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 einzubeziehen.

  • Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 ist in den Fällen, in denen die Dauer der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen für die Besteuerung bedeutsam ist, der Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen der übertragenden Körperschaft dem übernehmenden Rechtsträger anzurechnen.

  • Bei ertragsteuerrechtlichen Vorschriften, die eine bestimmte Besitzdauer voraussetzen und daher an einen Zeitraum anknüpfen, zählt danach für durch Sacheinlage (§§ 20 Abs. 1, 25 Satz 1 UmwStG 2006) übernommene Wirtschaftsgüter die Zugehörigkeit des Sacheinlagegegenstands ab dem (rückbezogenen) Übertragungsstichtag zum Betriebsvermögen der Übernehmerin zuzüglich der Besitzdauer im Betriebsvermögen beim Einbringenden. Diese sog. Besitzzeitanrechnung ist grundsätzlich auch für die Gewerbesteuer zu beachten (vgl. , BStBl II 2015, 303).

  • Liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2006 vor, ist für die Frage, wann der betreffende Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 Halbsatz 2 GewStG in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs (als übernehmende Gesellschaft) "überführt" oder "übertragen" worden ist, auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem er in das Betriebsvermögen der übertragenden Gesellschaft gelangt ist.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
AAAAI-57747