Beschränkte Berufung; abweichende Tatfeststellungen; Zweck des Wehrdisziplinarrechts; Schuldenmachen; Veruntreuung von Kameradengeldern; keine Regelmaßnahme
Gesetze: § 38 Abs 1 WDO 2002, § 58 Abs 7 WDO 2002, § 10 Abs 3 SG, § 12 SG, § 13 Abs 1 SG, § 17 Abs 2 SG, § 23 Abs 1 SG
Instanzenzug: Truppendienstgericht Nord Az: N 6 VL 4/08 Urteil
Tatbestand
1Der 44-jährige Soldat hatte seine Kindheit fünf Jahre in einem Pflegeheim und anschließend in einer Pflegefamilie verbracht. 1982 erlangte er den qualifizierten Hauptschulabschluss. Nach der Lehre zum Schriftsetzer besuchte er - später als Soldat - die Fachschule des Heeres für Erziehung und erwarb dort die Berufsbezeichnung "Staatlich anerkannter Erzieher". Zum wurde er zur .../Sanitätsbataillon ... in V. zum Diensteintritt einberufen und anschließend unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zum Sanitätssoldaten ernannt. Nach stufenweisen Weiterverpflichtungen wurde ihm 1992 die Eigenschaft eines Berufssoldaten verliehen. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich im Jahr 2021. Der Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt im Juli 2003 zum Hauptmann.
2Nachdem der Soldat bei der .../Sanitätsbataillon ... in V. seine Grundausbildung abgeleistet hatte und zum Sanitätsfeldwebel und Gruppenführer ausgebildet worden war, nahm er unter anderem am 3. Offizierlehrgang MilFD an der Offizierschule des Heeres teil und bestand den Lehrgang mit der Note "befriedigend". Nachdem er zum Sanitätsdienstoffizier FD und Zugführeroffizier FD ausgebildet worden war, nahm er zweimal an Auslandseinsätzen der Bundeswehr im Kosovo teil. Am wurde er zur .../Sanitätsregiment ... in H. (später W.) versetzt und dort als S 4-Offizier verwendet. Zum erfolgte seine Versetzung zum Sanitätskommando ... in W., wo er den Dienstposten des Kommandanten Stabsquartier bekleidete. Wegen der verfahrensgegenständlichen Vorfälle wurde er mit Verfügung vom auf den Dienstposten Sanitätsoffizier z.b.V. beim Sanitätskommando ... in W. versetzt. Ab dem bis zum erfolgte seine Kommandierung zum Sanitätszentrum B. Seit dem leistet der Soldat Dienst in der Division ... in V.
3Der Soldat wurde während seiner Dienstzeit fortlaufend planmäßig beurteilt. In seiner letzten planmäßigen Beurteilung zum erhielt er im Bereich "Leistungen im Beurteilungszeitraum - Einzelmerkmale" neunmal die Wertung 7 und siebenmal die Wertung 6, mithin einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 6,56. Ergänzend dazu führte der Beurteilende, Oberstarzt Dr. H., unter anderem aus, aufgrund seiner enormen physischen wie psychischen Stabilität sei der Soldat ein in jeder Hinsicht vorbildlicher Offizier, der sich allen Anforderungen mehr als gewachsen darstelle. Er nehme die nötige Rücksicht auf Belange seiner Soldaten und stelle sich gleichzeitig selbst an die Spitze der Geschehnisse. In vorbildlicher Weise gelinge es ihm immer wieder, durch seine Bereitschaft zum Gespräch und zum Zusammenwirken mit Vorgesetzten, Gleichgestellten, Untergebenen und zivilen Mitarbeitern Maßstäbe zu setzen.
4Im Bereich "G. Eignung und Befähigung" erhielt der Soldat in den Einzelmerkmalen Verantwortungsbewusstsein, Geistige Befähigung, Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung, Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung jeweils die höchste Wertung mit E. Unter Punkt H. der Beurteilung führte der Beurteilende unter anderem aus, der ruhige und souveräne Führungsstil des Soldaten, dessen ausgeprägte Fähigkeit, Zuhören zu können, und sein vorbildliches Engagement verbunden mit einer bemerkenswerten sozialen Sensibilität, würden ihm das Führen von Menschen leicht machen. Politisch wie sozial engagiert sei er ein vorzüglicher Multiplikator des Sanitätsdienstes nach außen und werbe für das Ansehen seiner Soldaten im Zivilen. Hier erweise er der Bundeswehr einen nicht hoch genug einzuschätzenden Verdienst. Der Soldat stelle sich als ein charakterlich, fachlich und menschlich einwandfreier Offizier dar, der deutliches Potenzial für Aufgaben mit noch höherer Verantwortung erkennen lasse. In Zusammenschau seines Charakters, seiner Belastbarkeit, seiner herausragenden sozialen Fähigkeiten und seines Leistungsbildes sei er in die Spitzengruppe der vergleichbaren Soldaten einzureihen. Seine Förderung in die Laufbahn der Truppenoffiziere werde in außergewöhnlichem Maße unterstützt. Im Bereich Verwendungshinweise hält der Beurteilende den Soldaten für Fachverwendungen, allgemeine Führungsverwendungen, Verwendungen mit besonderer Außenwirkung und Lehrverwendungen für gut geeignet und für Stabsverwendungen und Führungsverwendungen in der Truppe für besonders geeignet.
5Der nächsthöhere Vorgesetzte schloss sich in vollem Umfang der Beurteilung an und führte aus, der Soldat sei ein herausragender und weit überdurchschnittlich engagierter Offizier, der seine außerordentlich hohe Einsatzbereitschaft und seine starke Leistungsbereitschaft sowohl in seinen bisherigen Verwendungen in der Stabsarbeit, als auch als Kommandant Stabsquartier nachdrücklich unter Beweis gestellt habe. Der Wechsel in die Laufbahn der Truppenoffiziere werde mit besonderem Nachdruck unterstützt. Der Soldat erhielt von ihm bezogen auf die Förderungswürdigkeit die Wertungsstufe "E". Der Beurteilte gehört danach zur Spitzengruppe der vergleichbaren Soldaten, für die eine vorrangige Förderung empfohlen wird.
6In der vom Leiter des Sanitätszentrums B., Oberfeldarzt Ha., erstellten Beurteilung vom erhielt der Soldat im Bereich Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten einmal die Wertung 5, viermal die Wertung 6 und fünfmal die Wertung 7, mithin einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 6,40. Es heißt dort, trotz der besonderen Umstände sei keine negative Leistungsentwicklung erkennbar gewesen; alle dem Soldaten übertragenen Aufgaben habe er zur vollsten Zufriedenheit erfüllt. Im Persönlichkeitsprofil bescheinigte ihm der Beurteilende eine weniger ausgeprägte konzeptionelle Kompetenz, eine ausgeprägte geistige und funktionale Kompetenz und eine stärker ausgeprägte soziale Kompetenz und Kompetenz zur Menschenführung, wobei er die beiden letzteren als bestimmende Merkmale ansieht. Zusammenfassend führte er aus, der Soldat sei ein in allen Führungsgrundgebieten überaus erfahrener Offizier, der durch ein kontinuierlich hohes, weit über dem Durchschnitt liegendes Leistungsniveau überzeuge. Seine ausgeprägte soziale Sensibilität und seine Hilfsbereitschaft hätten ihm bei allen Dienstgradgruppen hohes Ansehen und Vertrauen eingebracht. Diese aus tiefer innerer Überzeugung herrührende Verpflichtung zur Fürsorge in Verbindung mit seinem Gespür für die Sorgen der Menschen und seiner Fähigkeit zum Zuhören beeindruckten immer wieder. Für Lehrverwendungen und Verwendungen mit besonderer Außenwirkung sei er gut geeignet, für Stabsverwendungen besonders gut geeignet und für Führungsverwendungen außergewöhnlich gut geeignet.
7Der nächsthöhere Vorgesetzte, Oberstarzt Dr. H. führte aus, der Soldat habe sich durch seine soziale Sensibilität und seine Hilfsbereitschaft bei allen Soldaten und zivilen Mitarbeitern im Sanitätszentrum hohes Vertrauen erworben. In der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht hat der als Leumundszeuge vernommene Vorgesetzte ausgesagt, er würde die Leistungen des Soldaten nach dem alten Beurteilungssystem mit 6,3 bis 6,4 mit Tendenz nach oben beurteilen. Der Soldat habe seine Aufgabenstellung selbstständig und sehr gut erfüllt. Die Angelegenheit mit der Vereinskasse der Offizierheimgesellschaft sei aber auffällig gewesen. Das habe nicht zum Soldaten gepasst. Der Soldat sei ein väterlicher Mensch. Es sei für ihn eine Verpflichtung, Menschen zu helfen. Auch nach der Tat sei beim Soldaten kein Leistungsabfall eingetreten. Wenn sich der Vorfall nicht ereignet hätte, hätten die Chancen gut gestanden, ihn zum Truppenoffizier zu machen. Dies sei nun aber ausgeschlossen. Auch der Leumundszeuge Oberfeldarzt Ha. führte aus, dass auch er den Soldaten im oberen Leistungsbereich ansiedele und er dem Soldaten die Tat auf keinen Fall zugetraut hätte. Dennoch würde er ihm wieder Soldaten anvertrauen.
8Der Bundeszentralregisterauszug vom enthält als Eintragung die sachgleiche rechtskräftige Verurteilung des Soldaten zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung wegen Untreue und siebenfachen Betrugs. Der Auszug aus dem Disziplinarbuch des Soldaten (ebenfalls vom ) weist für den Zeitraum vom bis zum insgesamt zehn Förmliche Anerkennungen - jeweils wegen vorbildlicher Pflichterfüllung - aus. Ferner ist eine Disziplinarbuße des Chefs des Stabes Sanitätskommando ... vom wegen der mit Anschuldigungspunkt 1 sachgleichen Tat vermerkt. Dem Soldaten wurden insgesamt fünf Leistungsprämien gewährt, zuletzt eine im September 2006 in Höhe von 1 500 €. Der Soldat ist u.a. berechtigt, die Ehrenmedaille der Bundeswehr, das Leistungsabzeichen in Gold (drei Wiederholungen), das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Bronze und die Einsatzmedaille der Bundeswehr für die Teilnahme am KFOR-Einsatz zu tragen.
9Der Soldat erhält Nettobezüge in Höhe von etwa 2 200 €, von denen zwischen 460 bis 500 € gepfändet werden. In den letzten Jahren ist es ihm gelungen, seine Schulden durch Immobilienverkäufe von 319 760 € auf 111 199 € zu reduzieren. Zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung schuldet er unter anderem Feldwebel G.: 28 156,87 € (Ursprungsbetrag 25 217 € - Steigerung im Hinblick auf die Zinsen), Oberleutnant B. 13 807 € (Ursprungsbetrag 13 807 €), Melanie R.: 2 257 € (Ursprungsbetrag 2 907 €), Unteroffizier N. 673 € (Ursprungsbetrag 10 705 €) und Oberleutnant R. 4 462 € (Ursprungsbetrag 4 462 €).
10Der verheiratete Soldat ist kinderlos. Seine Ehefrau, welche krankheitsbedingt ihre frühere Berufstätigkeit als Leiterin eines Kinderdorfs nicht mehr ausübt, betreut seit Juli 2010 ein Pflegekind. Bis Oktober 2011 erhält sie dafür 1 600 € Pflegegeld monatlich, anschließend monatlich 200 €.
11Aufgrund der Anschuldigungsschrift vom hat die 6. Kammer des Truppendienstgerichts Nord den Soldaten mit Urteil vom in den Dienstgrad eines Leutnants herabgesetzt und zugleich die gegen ihn wegen der mit Anschuldigungspunkt 1 sachgleichen Tat verhängte Disziplinarbuße aufgehoben. Dabei traf sie folgende Feststellungen:
"Zu Anschuldigungspunkt 1.: Im Jahr 2003 war der Soldat von den Mitgliedern des Offizierkasinos zum Heimoffizier gewählt worden und erhielt dabei nach eigenen Bekundungen eine Einweisung in dieses Amt durch seinen Vorgänger. Die Aufgaben eines Heimoffiziers bestanden im Wesentlichen darin, die Geldeinnahmen der Mitglieder zu überwachen, das hiesige Personal einzuweisen, Veranstaltungen in der OHG sicherzustellen ebenso wie die der Truppenversorgung. Nach der Satzung hat zweimal pro Jahr eine Kassenprüfung stattzufinden. Aufgrund der an jedes Vereinsmitglied ausgehändigten Satzung wusste ein jeder, dass die entsprechenden Gelder des Vereins ausschließlich für dessen Veranstaltungen genutzt werden durften. In seiner damaligen Haupt-Funktion als S4-Offizier wurde der Soldat 2006 durch den Zeugen S. um Hilfe gebeten; beide kannten sich bereits aus der Vorverwendung in H. - dort war der Soldat sein Vorgesetzter. Der Zeuge bat ihn, bei der Vorfinanzierung seiner BfD-Maßnahme zu helfen. Dem lag zugrunde, dass im Jahre 2000 dem Zeugen S. eröffnet wurde, in die Feldwebellaufbahn wechseln zu können; fast gleichzeitig erhielt er aber das Angebot, als ziviler Lebensmittelkontrolleur beim Veterinäramt ausgebildet zu werden. Da ihm die Feldwebellaufbahn bessere berufliche Perspektiven zu bieten schien, entschied sich der Zeuge für diese. Wegen von ihm nicht zu vertretender Probleme - fehlen von zwei Ausbildungsabschnitten (Panzerfaust- und Nachtschießen) - machte er seine Entscheidung rückgängig und beantragt Mitte April 2006 die Zurückstufung der Dienstzeit, welche genehmigt wurde. Obwohl die meiste Ausbildung (zur Erlangung des Meisterbriefes als notwendige Voraussetzung für den Lebensmittelkontrolldienst) bereits lief, gelang es dem Berufsförderungsdienst, den Zeugen S. noch in den laufenden Lehrgang einzuschleusen. Im Mai 2006 erhielt er, für ihn überraschend, eine Ausbildungsrechnung in Höhe von ca. Euro 1 300,-- von der zuständigen Handwerkskammer. Darauf bat er den Soldaten um Hilfe. Zwischen Juni und Oktober 2006 kam es seitens des Bildungsträgers zu weiteren Rechnungen und Mahnungen. In dieser Angelegenheit berichtete der Zeuge S. dem Soldaten in unregelmäßigen Abständen davon, ohne selbst etwas zu unternehmen. Mit Schreiben vom 18 . September 2006 wurde dem Zeugen mitgeteilt, die erste Teilprüfung sei auf den terminiert und eine Teilnahme ohne Nachweis über die Begleichung der angefallenen Prüfungsgebühren und -kosten nicht möglich. Diese betrugen zu diesem Zeitpunkt ca. Euro 2 400,--. Der Zeuge, der bei seiner Bank keinen Kredit mehr aufnehmen konnte, da bereits sein Pkw durch diese finanziert wurde, zeigte dem Soldaten diese Schreiben, dieser sicherte ihm zu, sich nun konkret um die Angelegenheiten zu kümmern. Der Zeuge S. hat ein Kind und lebt von seiner Frau getrennt, so dass er für das Kind Unterhalt zu zahlen hatte; da er schon einen Teil seiner Ausbildung finanziert hatte, konnte er die Prüfungsgebühren nicht mehr selber begleichen. Nachdem ihm weder die zuständige Handelskammer noch die Wehrbereichsverwaltung helfen konnten oder wollten, blieb dem Soldaten die einzige Chance, dem Zeugen das Geld aus der Kasinokasse zu geben. So fragte er am Freitag, dem in seiner Funktion als Heimoffizier während des Dienstes im 'Kasino zum Sch.' den Heimfeldwebel und Zeugen Stabsunteroffizier P. nach dem Bestand der Kasino-Barkasse. Dieser teilte ihm mit, dass ca. Euro 4 000,-- vorhanden seien; denn dessen Aufgabe war es, neben Verwahrung des Safe-Schlüssels die Kassenabrechnungen durchzuführen. Darauf entgegnete der Soldat, dass er für einen Kameraden Geld brauche, um dessen BfD-Ausbildung vorzufinanzieren. Da der Zeuge P. eine Geldentnahme für diesen Zweck nicht für richtig hielt und fragte, ob das Vorhaben mit dem übrigen Vorstand des Vereins abgesprochen sei, entgegnete der Soldat, dies sei aus Zeitgründen nicht möglich gewesen, er werde am nächsten Montag den Vorstand darüber informieren. Sodann schlug er vor, die Entnahme zu quittieren. Aufgrund der Vorgesetztenstellung des Soldaten lenkte der Zeuge P. ein und stellte dem Soldaten anweisungsgemäß eine Rechnung über 280 x Euro 10 ,-- Buffetkosten auf dessen Namen aus - hierdurch sollte verschleiert werden, dass der Soldat Geld entnommen hat. Daraufhin unterschrieb der Zeuge P. den Beleg, wobei der Soldat zusagte, das Geld sehr bald wieder zurückzulegen. Zum Zeitpunkt der Entnahme war der Kassenbestand nicht verbucht und einen Nachweis nur über Belege, die nach Zahlung stets vernichtet werden, möglich. Später erfuhr die Angestellte des Kasinos Ge., die auch Verfügungsbefugnis über die Kasse hat, durch den Zeugen P. von der Geldentnahme, wobei ihr die Hintergründe der Tat nicht mitgeteilt wurden. Am Montag, den 09. Oktober und am Dienstag, den überwies der Soldat dem Zeugen S. insgesamt Euro 2 800,-- in zwei Raten auf dessen Konto. Hiervon zahlte dieser am ca. Euro 2 430,-- an die Handwerkskammer. Woher das Geld stammte, hat der Soldat dem Zeugen nicht mitgeteilt, sondern ihn lediglich auf eine mögliche frühzeitige Rückzahlung aufmerksam gemacht, allerdings ohne konkret Druck auf ihn auszuüben (bis Ende März 2007 bezahlte der Zeuge den gesamten Darlehensbetrag an den Soldaten zurück). Obwohl der Soldat dem Zeugen P. zugesagt hatte, den Vorstand des Casinos über den Vorfall zu informieren, tat er dieses nicht. Entdeckt wurde die Geldentnahme erst im Laufe des Novembers 2006, als der Vorsitzende des Casinos, der Zeuge Oberstleutnant Se. die Zeugin Oberfeldwebel Sc. in ihr Amt als Schatzmeisterin einführte. Die Angestellte des Casinos Ge., die keine genauen Informationen über den Vorfall hatte, fragte in diesem Zusammenhang den Zeugen Se., wann das Geld vom Soldaten zurückkäme, da sie bald den Jahresabschluss aufzustellen hätte. Da dem Zeugen Se. dieser Vorfall unbekannt war, befragte er telefonisch sofort den Soldaten; dieser berichtete ihm, <dass er> mit dem Geld den Zeugen S. unterstützt zu haben und sicherte zu, den ihm vom Zeugen Se. nun gesetzten Rückzahlungstermin bis vor Weihnachten 2006 einzuhalten. Der anschließend durch den Vorsitzenden informierte Vorstand der Heimgesellschaft stimmt ab, dass der Soldat nicht mehr als Heimoffizier akzeptabel sei und zurücktreten solle - was der Soldat dann auch tat. Infolge dessen zahlte der Soldat am Euro 2 800,-- zurück; danach wurde der Beleg über die 'Buffetkosten' vernichtet. Soweit der Soldat anführt, die Satzung der OHG nicht gekannt zu haben, stellt dieses zur festen Überzeugung des erkennenden Gerichts eine unglaubwürdige Schutzbehauptung dar. Zum Einen erhielten alle neuen Mitglieder des Vereins eine Satzung ausgehändigt; zum Weiteren wurde er durch seinen Vorgänger in das Amt eingeführt und letztlich ist dem Soldaten gerade und erst recht durch seine Verwendung als S4-Offizier die genaueste Beachtung der Vorschriften und Befehle hinsichtlich materieller Versorgung - und das nicht nur im eigentlichen dienstlichen Bereich, sondern auch in dem der Offizierheimgesellschaft - bekannt.
Zu Anschuldigungspunkt 2.:
a) Unter dem fixierte der Soldat schriftlich, dass er vom damaligen Oberleutnant R., damals Zugführer in der .../Sanitätsregiment ... in W., am ein Darlehen in Höhe von Euro 2 500,-- erhalten hat; die Rückzahlung des Darlehens werde bis spätestens bei einem Zinssatz in Höhe von 4 % geschehen. Zusätzlich wurde der Betrag in Höhe von Euro 800,-- für die Bereitstellung einer Einbauküche ausgezahlt. Infolge dessen werde der Gesamtbetrag in Höhe von Euro 3 300,-- plus 4 % Zinsen spätestens am überwiesen. Oberleutnant R. war der Nachfolger des Soldaten in seiner Einheit; beide hatten zueinander ein freundschaftliches Verhältnis, bei dem sie auch privat ihre Probleme austauschten. Für eine Wohnung in L., die er mit dem damaligen Kameraden F. gekauft hatte, hatte er die Einbauküche vom Oberleutnant R. übernommen. Das Geld hat der Soldat an Oberleutnant R. bis heute nicht zurückgezahlt; auch hat er zu ihm keinen Kontakt mehr. Der Soldat hat sich insoweit unwiderleglich eingelassen, zwischen 1990 und 1992 in verschiedenen sozialen Projekten aktiv gewesen zu sein; so habe er z. B. für eine Familie für drei Jahre eine Patenschaft übernommen; für soziale Aspekte habe er rund Euro 60 000,-- ausgegeben. Zudem sei ihm von einem Makler eine Eigentumswohnung überteuert verkauft worden; zudem seien auch noch die Mieteinnahmen in Höhe von Euro 12 000,-- ausgeblieben. Zudem habe er mit Hauptmann F. eine Eigentumswohnung erworben. Da diese Wohnung erst 1997 fertig gestellt worden sei, habe sie nicht vermietet werden können und sei so ein Jahr leerstehend geblieben. Nach eigenem Bekunden sei er mit dieser Wohnung einem Betrüger auf den Leim gegangen, denn dieser habe sie doppelt verkauft. Darüber hinaus habe er weitere finanzielle Transaktionen getätigt, um anderen Menschen zu helfen; auch habe er seine Wohnung einem Soldaten anvertraut - dieser habe sein gesamtes Spargut in Form von Münzen und Briefmarkenalben entwendet. So war er immer weiter in die Schuldenfalle gekommen und habe angefangen, sich von Kameraden Geld zu borgen.
b) Mit Schreiben vom an Frau Oberleutnant B., .../Sanitätsregiment ..., bestätigte er den Erhalt eines Darlehens in Höhe von Euro 5 000,--; gleichzeitig verpflichtete er sich, diese Summe - mit 10 % verzinst - spätestens bis zum mit Zinsen (d. h. Euro 500,--) zurückzuzahlen. Mit einer weiteren Bestätigung vom an Frau Oberleutnant B. bestätigte er nunmehr den Erhalt eines Darlehens - unter Einbeziehung des oben genannten - in einer Gesamthöhe von Euro 12 000,--, das mit 10 % verzinst wird. Die Rückzahlung beabsichtigte er nach Ablauf des Februars 2006 in einer Summe bzw. in Raten einer monatlichen Höhe von mindestens Euro 500,-- sowie Sonderzahlungen. Schlussendlich verpflichtete er sich, das Darlehen restlos bis zum zurückgezahlt zu haben. Da der Soldat seinen vereinbarten Zahlungsverpflichten nicht nachkam, mahnte sie mit erstem Schreiben vom , vom Soldaten am entgegengenommen, die Forderung in Höhe von Euro 12 000,- zuzüglich 10 % Zinsen mit Eingang spätestens bis zum ein; da dieses nicht erfolgte, mahnte sie ihn mit weiterem Schreiben vom , am vom Soldaten erhalten, nunmehr mit Zahlung bis zum an. Auch diese Mahnung blieb erfolglos, der Soldat kam seinen Rückzahlungsverpflichtungen nicht nach. Nachdem bis zum es zu keinen Überweisungen gekommen war, sprach sie den Soldaten erneut darauf an und wies ihn darauf hin, dass <sie> nunmehr juristische Schritte gegen ihn einleiten werde. Der Soldat lässt sich dahingehend ein, Frau Oberleutnant B. befragt zu haben, ob sie Interesse daran hätte, in die Finanzierung für den Kauf einer Wohnung aus einer Zwangsversteigerung mit einzusteigen. Sie habe es getan, weil sie sich aus den Mieteinnahmen ein gutes Geschäft erhofft habe. Auch habe er ihr das Geld nicht mehr zurückgeben können, da es mit dem Kauf der Wohnung nicht vorangegangen sei. Da das Haus aus wirtschaftlichen Umständen an die Bank zurückgegangen sei, habe er Frau Oberleutnant B. darüber informiert, dass er ihr Geld weiterverwendet habe.
c) Zu einem nicht genauer feststellbaren Zeitpunkt im August 2004 bat der Soldat als S4-0ffizier des Sanitätsregiments ... in W. den ihm damals fachlich unterstellten Zeugen Stabsunteroffizier P. um ein Privatdarlehen in Höhe von Euro 6 000,-- nebst 10 % Zinsen, wobei er ihm mündlich ausdrücklich zusagte, diese insgesamt bis zum Ablauf des zurückzuzahlen. Da beide in derselben Siedlung wohnten, wurde die Kameradschaft auch im privaten Bereich gepflegt; daher habe sich der Zeuge P. entschieden, dass der Darlehensvertrag nicht schriftlich vereinbart wird. Als Grund für den Darlehensantrag gab er an, eine Umfinanzierung seiner privaten Anlagen durchführen zu wollen. Als Grund für die verzögerte Rückzahlung führte er die lange Bearbeitungszeit eines Kredites an. Erst im August 2005 erhielt der Zeuge P. die Darlehensforderung in Höhe von Euro 6 000,-- vom Soldaten zurück, nachdem er den Soldaten mehrmals gemahnt hatte, ihm das Geld zu überweisen, zumal er es für einen Hauskauf dringend benötigte. Während der Zeuge P. sich nicht mehr daran erinnern kann , ob er die vereinbarten Zinsen bekommen hat, führte der Soldat an, der Zeuge P. habe auf die Zinsen verzichtet. Der Soldat bekundete, Euro 4 000,-- von dem Geld von Frau Oberleutnant B. an den Zeugen P. gezahlt zu haben.
d) Im Oktober 2004 erhielt der Soldat von der ihm zum damaligen Zeitpunkt fachlich unterstellten Zeugin und damaligen Stabsunteroffizier G. ein Privatdarlehen in Höhe von Euro 4 500,-- nebst 10 % Zinsen, bei der er sich verpflichtete, die Gesamtsumme binnen der nächsten sechs Wochen zurückzuzahlen. Diese Verpflichtung hielt er nicht ein. Als Grund für das Darlehen gab der Soldat der Zeugin gegenüber eine lohnende Investition an, da er eine Eigentumswohnung aus einem Insolvenzverfahren heraus kaufen wolle und damit schon mal ein finanzielles Plus gemacht habe. Nachdem der gestellte Termin zur Rückzahlung durch den Soldaten nicht eingehalten wurde, sprach ihn die Zeugin darauf an; darauf gab der Soldat ihr an, dass die Wohnung noch nicht zum Verkauf ausgeschrieben sei, da die Grundstücksrechte noch ungeklärt seien. Von der Darlehenssumme verwandte der Soldat Euro 2 000,-- für die Rückzahlung an den Zeugen P. Nachdem ihm von der Zeugin G. Ende 2004 ein weiteres Darlehen in Höhe von Euro 6 500,-- gewährt worden war, verpflichtete er sich der Zeugin gegenüber mit Schreiben vom , die Gesamtschul<d>e<n> in Höhe von Euro 11 000,-- nebst 10 % Zinsen zurückzuzahlen. Als Grund für das weitere Darlehen gab der Soldat der Zeugin gegenüber an, er benötige das Geld für einen anderen Kameraden, von dem er auch Geld geliehen bekommen habe und dieser es jetzt dringend zurückerhalten wolle, da er sich ein Haus kaufen werde. Die bestehenden Schulden wegen eines Autokaufs schuldete die Zeugin sodann bei der ICC-Bank in einen Gesamtkredit um und nahm in toto ein Darlehen in Höhe von Euro 13 426,-- auf. Tatsächlich leistete er hierauf im Dezember 2005 eine Zahlung in Höhe von Euro 372,95. Nachdem er Anfang August 2006 von der Zeugin G. ein weiteres Darlehen in Höhe von Euro 4 000,-- erhalten hatte - der Soldat hatte der Zeugin gegenüber angegeben, er müsse seinen Rechtsanwalt bezahlen -, verpflichtete er sich mit schriftlicher Zusicherung vom der Zeugin gegenüber das Gesamtdarlehen in Höhe von nunmehr Euro 20 150,75 (inklusive Zinsen, Bearbeitungsgebühren und entstandene Kosten) bis zum zurückzuzahlen. Danach und nach Fälligkeit zahlte der Soldat an die Zeugin kein Geld zurück. Vielmehr versuchte er, sie mehrmals per SMS davon abzuhalten den Vorgang zu melden. Zudem wies er die Zeugin daraufhin, dass sie mit einer Meldung allenfalls die Rückzahlung behindern würde. Soweit der Soldat anführt, zum damaligen Zeitpunkt sei ihm nicht bewusst gewesen, wie sehr er der Zeugin G. geschadet habe, stellt auch diese Behauptung für das erkennende Gericht eine in jeder Hinsicht unglaubwürdige Schutzbehauptung dar. Denn zum einen war dem Soldaten aus eigenen Erkenntnissen bekannt, wie hoch das Gehalt eines Stabsunteroffiziers in der Besoldungsgruppe A 06 des Bundesbesoldungsgesetzes ist. Darüber hinaus konnte das erkennende Gericht diesen Bekundungen vor der Tatsache keinen Glauben schenken, in welcher Relation die Höhe des Einkommens eines nach A 06 besoldeten Soldaten zu dem insgesamt von diesem aufgenommenen Darlehen steht, zumal die Zeugin G. selbst ihren laufenden Kredit für den Kauf eines Autos mit dem neuen Kredit zusammenfasste und aufstockte und somit bei der Bank dann ein Gesamtdarlehen in Höhe von rund Euro 13 400,-- in der Belastung stand. Während die Zeugin Anfang 2009 ihrer Bank gegenüber den gesamten Kredit getilgt haben wird, ist der Soldat nach Angaben seines Verteidigers bei der Zeugin mit einem offenen Betrag in Höhe von Euro 24 162,-- im "Debet" stehend. Die Zeugin musste den aufgenommenen Kredit in Höhe von Euro 13 000,-- in monatlichen Ratenzahlungen von je Euro 375,-- abzahlen. Da sie nach eigenem Bekunden auch noch Miete, Versicherung und einiges andere zum Leben zu bezahlen hatte, blieben ihr insoweit unwidersprochen pro Woche zum Leben noch Euro 4,-. Am meldete die Zeugin G. die Vorfälle der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des Sanitätskommandos ... und beantragte am eine heimatnahe Versetzung, weil sie aufgrund des für den Soldaten aufgenommenen Kredites in erhebliche finanzielle Probleme geraten sei und die Fahrtkosten zum jetzigen Dienstort kaum noch aufbringen könne. Zum wurde sie dann zum ...Btl ... in F. heimatnah versetzt.
e) Im Januar 2006 erhielt der Soldat vom Zeugen Oberfeldwebel Sch., ..../Sanitätsregiment ..., ein Darlehen in Höhe von Euro 5 000,--. Mündlich - ohne schriftlichen Darlehensvertrag - sicherte er dem Zeugen zu, das Geld bis zum zurückzuzahlen. Aus Kameradschaft hat der Zeuge zugunsten des Soldaten auf Zinsen verzichtet. Zwar hielt der Soldat diese Zusicherung nicht ein, sondern zahlte es - nach mehreren Mahnungen durch den Zeugen - erst Anfang April 2006 an ihn in vollständiger Höhe zurück.
f) Am schloss der Soldat durch Vermittlung von Stabsunteroffizier Ri. (.../SanRgt ...) mit dem Autohändler Steven N. ein<en> Darlehensvertrag in Höhe von Euro 10 000,--, in dem sich der Soldat verpflichtete, in flexiblen Monatsraten von mindestens Euro 300,-- inklusive 10 % Zinsen bis spätestens zum zurückzuzahlen. Die Darlehenssumme wurde ihm vom Stabsunteroffizier Ri. übergeben; den Autohändler N. hat er nie zu sehen bekommen. Diese Verpflichtung hielt er nicht ein. Durch Pfändungen werden von seinem Gehalt pro Monat Euro 300,-- auf das Konto des Darlehengebers überwiesen. Nebst Zinsen sind rund Euro 8 000,-- nach Bekundungen des Soldaten noch offen.
g) Am schloss der Soldat mit Frau Melanie R. auf Vermittlung von deren, dem Soldaten aus der Zusammenarbeit im Bereich der Kleingartenanlage - Unterstützung bei Gartenfesten durch die Bundeswehr im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit durch den Soldaten - persönlich bekannten Vater einen Privatdarlehensvertrag ... in Höhe von Euro 4 300,-- (diese Summe wurde am selben Tag dem Soldaten übergeben) und verpflichtete sich in diesem Vertrag, die Darlehensforderung in zwei Raten am sowie am nebst 10 % Zinsen zurückzuzahlen. Zur Begründung gab der Soldat dem Zeugen gegenüber an, mit diesem Geld anderes geliehenes Geld zurückzahlen zu wollen, um Ärger mit seinem Chef zu vermeiden. Diesen Verpflichtungen kam er nicht nach; am zahlte er nach mehrfachen Mahnungen lediglich Euro 2 000,-- zurück, während er die zweite Rate gar nicht beglich. Der Vater der Frau R. versuchte mehrmals den Soldaten dazu zu bewegen, die restliche Forderung in Höhe von Euro 2 300,-- zu begleichen, obwohl sich der Soldat extra verpflichtet hat, den Restbetrag bis zum zurückzuzahlen, und wurde in der Folgezeit vom Soldaten vertröstet u. a. mit den Worten, dass er Geld aus dem Ausland erwarte, dieses aber noch nicht angekommen sei. Schlussendlich vereinbarte der Soldat mit der Darlehensgeberin eine monatliche Ratenzahlung über Euro 100,--; insgesamt hat er ihr noch Euro 2 500,-- zu erstatten. ..."
12Durch seit Oktober 2010 rechtskräftigen Strafbefehl ist der Soldat im Hinblick auf das unter Anschuldigungspunkt 1 beschriebene Verhalten wegen Untreue (gemäß § 266 StGB) und im Hinblick auf das unter Anschuldigungspunkt 2 beschriebene Verhalten wegen Betrugs in sieben Fällen verurteilt worden. Wegen des mit Anschuldigungspunkt 1 sachgleichen Vorwurfs verhängte der Chef des Stabes des Sanitätskommandos ... unter dem gegen den Soldaten eine Disziplinarbuße in Höhe von 2 700 €. Nach Bekanntwerden der im Anschuldigungspunkt 2 vorgeworfenen Handlungen wurde dem Soldaten durch den Kommandeur des Sanitätskommandos ... im Juni 2007 die Ausübung des Dienstes bis auf Weiteres verboten. Im Juli 2007 leitete die Einleitungsbehörde gegen den Soldaten das gerichtliche Disziplinarverfahren ein, enthob ihn vorläufig des Dienstes und verbot ihm, Uniform zu tragen. Im Oktober 2007 wurde die vorläufige Dienstenthebung aufgehoben und dem Soldaten befohlen, seinen Dienst am wieder anzutreten.
13In rechtlicher Hinsicht hat das Truppendienstgericht festgestellt: Der Soldat habe schuldhaft und vorsätzlich ein Dienstvergehen begangen. Indem er entgegen der Satzung der Offizierheimgesellschaft 2 800 € in seiner Eigenschaft als Heimoffizier entnommen habe, um es einem in Not geratenen Kameraden zu geben, und dafür eine fingierte Rechnung in selber Höhe als "Rückzahlungsbeleg" in die Kasse habe legen lassen, habe er gegen seine Dienstpflicht zur Kameradschaft, zur Wahrheit sowie gegen seine Dienstpflicht verstoßen, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordere. Ferner habe er, indem er sich von sechs Kameraden Geld geliehen habe mit dem Versprechen, es zu einem bestimmten Zeitpunkt, zum Teil mit Zinsen, zurückzuzahlen und dieses nicht oder nur zum Teil getan habe, gegen seine Dienstpflicht zur Fürsorge sowie zur Kameradschaft verstoßen. Indem er sich von der Frau Melanie R. Geld geliehen und es entgegen seiner Verpflichtung zu mehr als der Hälfte bis heute noch nicht zurückzahlt habe, habe er ebenso wie bei den Geldleihaktionen zu Lasten der Kameraden gegen seine Dienstpflicht verstoßen, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erforderten. Da der Soldat bei Begehung gewusst und gewollt habe, was er tat, habe er auch vorsätzlich gehandelt.
144. Gegen das ihr am zugestellte Urteil hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft am zu Ungunsten des Soldaten Berufung eingelegt, sie - nachträglich - auf die Maßnahmebemessung beschränkt und beantragt, das Urteil aufzuheben und den Soldaten aus dem Dienstverhältnis zu entfernen. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend:
15Unzutreffend sei die Feststellung, der Soldat habe im April 2005 mit dem Autohändler Steven N. einen Darlehensvertrag abgeschlossen; auch bei diesem handele es sich um einen Soldaten. Schließlich bestehe das dem Soldaten vom Truppendienstgericht zu Gute gehaltene "Entschuldungsprogramm" tatsächlich nicht. Unberücksichtigt sei auch geblieben, dass der Soldat gegenüber den Geschädigten seine Stellung als unmittelbarer Vorgesetzter für seine private Wirtschaftsführung skrupellos ausgenutzt habe.
Gründe
16Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht zuungunsten des Soldaten eingelegte Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft ist unbegründet.
171. Das Rechtsmittel ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt eingelegt worden, so dass der Senat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, ohne an das Verschlechterungsverbot (§ 91 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 331 StPO) gebunden zu sein.
182. Das Truppendienstgericht ist zu der (Schuld-)Feststellung gelangt, dass der Soldat durch das festgestellte Verhalten vorsätzlich gegen seine Pflicht zur Kameradschaft (§ 12 SG), zur Wahrheit in dienstlichen Angelegenheiten (§ 13 Abs. 1 SG), zur Fürsorge (§ 10 Abs. 3 SG) sowie gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 Abs. 2 SG) verstoßen und damit ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG begangen hat. Diese Schuldfeststellungen sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den Senat damit bindend.
19Anders als von der Wehrdisziplinaranwaltschaft angenommen, lassen die Urteilsgründe auch erkennen, dass dem Truppendienstgericht der Soldatenstatus des Herrn N. bekannt war. Das Truppendienstgericht bezeichnet ihn zwar (auf Seite 19 des Urteils) als Autohändler, stellt aber (auf Seite 27 des Urteils) auch fest, dass von den Darlehnsgebern nur einer Zivilist(in) war. Da auch auf Seite 20 des Urteils von sechs Kameraden und den sechs Anschuldigungspunkten (2 a - 2 f)) die Rede ist, lässt die Bezeichnung des Herrn N. als Autohändler nicht den Schluss zu, das Truppendienstgericht habe dessen Soldatenstatus übersehen.
20Ob die Tat- und Schuldfeststellungen vom Truppendienstgericht rechtsfehlerfrei getroffen worden sind, darf vom Senat nicht überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt. Der Senat ist allerdings nicht gehindert, Lücken in den tatsächlichen Feststellungen des Truppendienstgerichts zu schließen und zusätzlich eigene, für die Maßnahmebemessung erhebliche Feststellungen zum Tathergang zu treffen, solange dies weder im Widerspruch zu den Tat- und Schuldfeststellungen der Truppendienstkammer steht noch dadurch deren rechtliche Würdigung in Frage gestellt wird.
213. Bei der vorliegend allein zu überprüfenden Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassung wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten (vgl. BVerwG 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.
22a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlung. Danach wiegt das Dienstvergehen des Soldaten äußerst schwer. Dies begründet sich vor allem damit, dass der Soldat mit Ausnahme eines Darlehens alle anderen Darlehen von ihm dienstrangmäßig unterstellten Soldaten in betrügerischer und damit strafrechtlich relevanter Art und Weise erhalten hat. Er hat das Vertrauen der Soldaten in seine Integrität darüber hinaus sowohl mehrfach als auch über Jahre hinweg ausgenutzt. Dabei hat er eine Kameradin in eine wirtschaftlich existenzgefährdende Lage gebracht, wobei der Senat zu seinen Gunsten annimmt, dass ihm dieser Umstand seinerzeit unbekannt gewesen ist. Die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe (auf Bewährung) gibt zudem Aufschluss darüber, in welchem Ausmaß der Soldat nicht nur gegen die Kameradschafts- und Fürsorgepflicht, sondern auch gegen die Pflicht verstoßen hat, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat auch der Allgemeinheit gegenüber erfordert. Zugunsten des Soldaten ist allerdings davon auszugehen, dass er den geschädigten Kameraden gegenüber nicht seinen höheren Dienstgrad zur Geltung gebracht oder gar - wie von der Wehrdisziplinaranwaltschaft behauptet - skrupellos ausgenutzt hat. Der Soldat hat in der Berufungshauptverhandlung vielmehr glaubhaft dargelegt, dass deren Bereitschaft zur Darlehensvergabe auf die - jedenfalls seinerzeit - bestehende menschliche Wertschätzung für ihn und auf persönliche Beziehungen beruhte, die - zum Teil jedenfalls - noch während des beruflichen Aufstiegs des Soldaten begründet worden waren.
23Der darüber hinaus erfolgte Zugriff auf das Vermögen der OHG und damit der Kameraden verleiht dem Dienstvergehen zusätzliches Gewicht, zumal es ebenfalls - in einer für den Senat allerdings nicht bindenden Weise - strafrechtlich als Untreue qualifiziert worden und vom Truppendienstgericht in einer für den Senat bindenden Weise als Verstoß auch gegen die Wahrheitspflicht angesehen worden ist. Da das Truppendienstgericht nicht die Feststellung getroffen hat, dass das Geld dem Soldaten anvertraut gewesen war (vgl. BVerwG 2 WD 11.03 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 15), konnte der Senat einen solchen erschwerenden Umstand allerdings nicht zugrunde legen.
24Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden zusätzlich dadurch bestimmt, dass der Soldat als Hauptmann eine herausgehobene Vorgesetztenstellung innehatte (§ 10 Abs. 1 SG).
25b) Das Dienstvergehen hatte auch erhebliche nachteilige Auswirkungen. Dies betraf namentlich die Personalplanung und -führung, auch wenn der Soldat trotz des Dienstvergehens weiterhin seine bisherige Sicherheitseinstufung behielt. Er war wegen des Dienstvergehens vorübergehend seines Dienstes enthoben worden und auch anschließend in seiner bisherigen Einheit nicht mehr tragbar. Die Soldatin G. schließlich musste heimatnah versetzt werden, weil sie durch die unterlassene Rückzahlung des dem Soldaten gewährten Darlehens finanziell derart in Bedrängnis geraten war, dass es ihr nicht mehr möglich war, die bisherigen berufsbedingten Fahrtkosten zu tragen. Hinzu trat die allgemeine Unruhe, die in der Truppe entstand, nachdem sich die Vielzahl der vom Soldaten betrogenen Personen herausstellte. Neben die Ansehensschädigung, die in dem unter Anschuldigungspunkt 2 f) beschriebenen Fall auch außerhalb der Truppe eintrat, tritt zudem die bis in die Gegenwart festzustellende Vermögensschädigung der gutgläubigen Darlehensgeber. Dass der Soldat durch das in Anschuldigungspunkt 1 beschriebene Verhalten den Heimfeldwebel P. in das Geschehen in einer für diesen disziplinarisch bedeutsamen Weise verstrickt hätte, hat der Senat allerdings nicht feststellen können.
26c) Das Maß der Schuld wird vor allem dadurch bestimmt, dass der Soldat vorsätzlich gehandelt hat.
27Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des Soldaten mindern könnten, sind ebenfalls nicht erkennbar. Sie wären nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen eines solchen Milderungsgrundes zur Tatzeit vorgelegen haben, sind nicht ersichtlich. Der Soldat ist insbesondere nicht unverschuldet in eine Schuldensituation geraten, die sein unter Anschuldigungspunkt 2 beschriebenes Fehlverhalten in einem milderen Lichte erscheinen lassen müsste. Vielmehr hat sich im Rahmen der Berufungshauptverhandlung bestätigt, dass er durch eine Kombination von Immobilien- sowie Darlehensvergaben den Ausgangspunkt seiner finanziellen Misere gesetzt hat, obwohl deren Risikoträchtigkeit sich ihm als berufs- und lebenserfahrenem Mann hätte aufdrängen müssen. Dass er trotz dieser Situation an aus seiner Sicht Bedürftige seinerseits erhebliche Darlehen vergeben hat, die notleidend wurden, ändert daran nichts.
28d) Hinsichtlich seiner "Beweggründe" ist zwar nicht davon auszugehen, dass der Soldat bezogen auf das unter Anschuldigungspunkt 2 beschriebene Geschehen aus Gewinnsucht gehandelt hat; dies ändert indes nichts daran, dass ihn materiell eigennützige Beweggründe geleitet haben, wobei die augenscheinliche Naivität des Soldaten in finanziellen Angelegenheiten sie weniger verwerflich werden lassen. Etwas anderes gilt indes für das unter Anschuldigungspunkt 1 beschriebene Fehlverhalten. Insoweit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Soldat einem Kameraden uneigennützig helfen wollte.
29e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sticht das Leistungsbild des bislang weder strafrechtlich noch disziplinarisch in Erscheinung getretenen Soldaten hervor. Zehn Förmliche Anerkennungen und fünf Leistungsprämien, die bis in den Zeitraum der disziplinarischen Verfehlungen hineinreichen, zeichnen in Verbindung mit kontinuierlich überdurchschnittlichen Beurteilungen das Bild von einem leistungsmäßig hervorragenden Soldaten, bei dem auch nach Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens keine Leistungseinbrüche eintraten. Diesen Leistungen ist angesichts des anfangs schwierigen Lebensweges des Soldaten und seiner somit besonderen Lebensleistung besonderes Gewicht beizumessen. Der in der Sache geständige Soldat hat auch glaubhaft Einsicht darin gezeigt, dass seine Vorgesetzteneigenschaft wirtschaftlichen Verflechtungen mit dienstgradmäßig niedrigeren Kameraden klare Grenzen setzt. Zudem hat er seinen Schuldenberg innerhalb der letzten Jahre erheblich reduziert, so dass auch der Vorwurf der Wehrdisziplinaranwaltschaft ins Leere geht, der Soldat verfolge kein Entschuldungsprogramm. Dass die Befriedigung der Forderungen innerhalb der Gruppe der Kameraden ausschließlich den Soldaten N. betraf, erklärt sich nachvollziehbar mit früheren Pfändungen anderer Gläubiger und der Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung, die effektive Umschuldungsmaßnahmen erschwert.
30f) Bei der Gesamtwürdigung aller Umstände ist die Herabsetzung in den Dienstgrad eines Leutnants erforderlich, aber auch ausreichend. Eine Entfernung aus dem Dienstverhältnis wäre unverhältnismäßig. Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung ( BVerwG 2 WD 9.09 - juris) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:
31aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen".
32Soweit es Verfehlungen in Form des Schuldenmachens betrifft, hat der Senat allerdings betont, Vorgänge dieser Art könnten sich nach ihren Modalitäten sowie ihrer kriminellen Intensität, nach der Schuld des Täters sowie den Folgen der Tat erheblich voneinander unterscheiden. Er hat für die Ahndung auch deshalb keinen einheitlichen Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen gesetzt, weil es in subjektiver Hinsicht entscheidend darauf ankommt, welche Hemmschwelle der Täter bei seinem Fehlverhalten zu überwinden hatte. Im Allgemeinen hat der Senat in derartigen Fällen jedoch eine laufbahnhemmende Maßnahme in Form eines Beförderungsverbots zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen genommen, um den Soldaten nachhaltig auf seine Pflichtwidrigkeit hinzuweisen und zu pflichtgemäßem Verhalten zu veranlassen. Ebenso wie besondere Milderungsgründe im Einzelfall eine Maßnahme rechtfertigen können, die sein dienstliches Fortkommen nicht berühren, können gewichtige Erschwerungsgründe eine schwerere Disziplinarmaßnahme erfordern (vgl. BVerwG 2 WD 28.99 - m.w.N.). Gewichtige Erschwernisgründe liegen vor.
33Der Soldat ist nicht nur über einen langen Zeitraum in mehrfach strafrechtlich relevanter Weise Verbindlichkeiten bei Dritten eingegangen, sondern dies - mit Ausnahme des unter Anschuldigungspunkt 2 f) beschriebenen Sachverhaltskomplexes - gegenüber dienstgradniedrigeren und zum Teil sogar fachlich unmittelbar unterstellten Soldaten. Dass wirtschaftliche Verflechtungen dieser Art zumindest geeignet sind, sein dienstliches Verhalten und seine Befehlsgebung durch dienstfremde Erwägungen zu beeinflussen, ist offensichtlich. Damit wurden disziplinarisch geschützte Werte erheblich beeinträchtigt ( - juris Rn. 37), zumal das Fehlverhalten - wie dargelegt - zusätzlich konkrete Auswirkungen auf die Personalplanung hatte. Vor diesem Hintergrund würde mit einem Beförderungsverbot der Schwere der disziplinarischen Verfehlung nicht Rechnung getragen. Ausgangspunkt der Zumessungserwägung bildet deshalb eine Herabsetzung im Dienstgrad. Eine Herabsetzung im Dienstgrad bildet nach der Rechtsprechung des Senats auch den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bei der Veruntreuung von Kameradengeldern wie er vom Truppendienstgericht hinsichtlich des Anschuldigungsvorwurfs 1 festgestellt worden ist ( BVerwG 2 WD 28.08 - Rn. 41 - bei juris nicht veröffentlicht).
34bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Verschärfung oder Milderung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem hinsichtlich der "Eigenart und Schwere" sowie der "Auswirkungen" des Dienstvergehens zu klären, ob es sich um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer ("durchschnittlicher Fall"), sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber der Regeleinstufung ("Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen") die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Für die "Eigenart und Schwere des Dienstvergehens" kann z.B. von Bedeutung sein, ob der Soldat eine herausgehobene Dienststellung hatte, einmalig oder wiederholt versagt hat, etwa in einem besonders wichtigen Pflichtenbereich. Bei den "Auswirkungen" des Fehlverhaltens sind die konkreten Folgen für den Dienstbetrieb (insbesondere die weitere Verwendbarkeit des Soldaten, Rückwirkungen auf Vorgesetzte oder Untergebene, negative personalwirtschaftliche Konsequenzen) sowie schädliche Weiterungen für das Außenbild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Zumessungskriteriums "Maß der Schuld" hat der Senat neben der Schuldform (Vorsatz, Fahrlässigkeit) und der Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB analog) das Vorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen in den Tatumständen bei der endgültigen Bestimmung der Disziplinarmaßnahme in Betracht zu ziehen.
35Nach diesen Kriterien bestehen lediglich hinsichtlich des unter Anschuldigungspunkt 1 beschriebenen Fehlverhaltens Umstände, die es rechtfertigen, von einem leichteren Fall auszugehen, bei dem dem disziplinarischen Unrecht noch mit einem Beförderungsverbot ausreichend Rechnung getragen wird. Bereits der Dienstherr hat mit der gegen den Soldaten wegen dieses Anschuldigungspunktes zunächst nur verhängten Disziplinarbuße zum Ausdruck gebracht, dass mildernde Umstände vorliegen.
36Wie bereits festgestellt, hat der Soldat das Geld von vornherein nur vorübergehend und zudem zugunsten eines anderen in finanzielle Bedrängnis geratenen Kameraden der Kasinokasse entzogen, so dass die Handlung nicht materiell-egoistisch, sondern letztlich von einer kameradschaftlichen Gesinnung geprägt war, die den Soldaten gerade auch als besonderen Leistungsträger auszeichnet. Die in den Beurteilungen in besonderer Weise herausgestellte "soziale Kompetenz" des Soldaten war danach auch der Impuls für den Griff in die Kameradenkasse, in die das nach dem "unbürokratischem" Verständnis des Soldaten lediglich "entliehene" Geld wieder zurückfließen sollte und später tatsächlich auch wieder zurückfloss (vgl. auch BVerwG 2 WD 14.02 - Buchholz 236.1 § 12 Nr. 19 = NZWehrr 2003, 127). Der Vorsitzende der OHG, Oberstleutnant Se., hat zudem vor dem Truppendienstgericht erklärt, das Verhalten des Soldaten sei nicht vereinsschädigend gewesen.
37cc) Die im Hinblick auf den Anschuldigungspunkt 2 erforderliche Herabsetzung im Dienstgrad sowie das im Hinblick auf den Anschuldigungspunkt 1 erforderliche Beförderungsverbot verlangen auch nicht bei ihrer Gesamtbetrachtung eine Entfernung aus dem Dienst ( BVerwG 2 WD 43.09 - Rn. 47). Soweit es das unter Anschuldigungspunkt 2 beschriebene Fehlverhalten betrifft, ist seiner Vielzahl und seiner strafrechtlichen Relevanz bereits dadurch Rechnung getragen worden, dass von einer regelmäßig nur laufbahnhemmenden Disziplinarmaßnahme zu einer Herabsetzung im Dienstgrad übergegangen wurde; auch zusammen mit dem unter Anschuldigungspunkt 1 beschriebenen Fehlverhalten ist das Vertrauensverhältnis zwischen Dienstherrn und Soldaten noch nicht endgültig zerstört worden ( BVerwG 2 WD 7.08 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 29). Wann ein derartiger endgültiger Vertrauens- oder Ansehensverlust gegeben ist, hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Schwere der Verfehlung und dem Ausmaß der Gefährdung dienstlicher Belange bei einer Wiederverwendung ( a.a.O., Rn. 45).
38Eine Gefährdung dienstlicher Belange bei einer Wiederverwendung ist nicht erkennbar. Auch nachdem der Soldat das Dienstvergehen begangen hat, versieht er seinen Dienst seit Jahren nicht nur unbeanstandet, sondern vorbildlich (mit Auszeichnungen) und dies nun auch, ohne seine finanziellen Angelegenheiten mit denen anderer Kameraden zu verflechten. Die in der Berufungshauptverhandlung vernommenen Leumundszeugen haben ausdrücklich betont, ihm zu vertrauen, worin der Senat angesichts der sonstigen Einzelfallumstände ein zusätzliches gewichtiges Indiz für ein - auch subjektiv noch - nicht endgültig zerstörtes Vertrauensverhältnis sieht. Zudem bemüht sich der Soldat nach Kräften um eine Schadensregulierung den geschädigten Kameraden gegenüber. Der disziplinarischen Verfehlung ist deshalb mit der Herabsetzung im Dienstgrad ausreichend Rechnung getragen, wobei ihr Gewicht es verlangt, eine Herabsetzung bis in den untersten gesetzlich zulässigen Dienstgrad vorzunehmen. Dass eine noch weitergehendere Dienstgradherabsetzung gem. § 62 Abs. 1 Satz 1 WDO nicht zulässig war, darf dem Soldaten nicht zum Nachteil gereichen ( BVerwG 2 WD 10.08 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr 27).
394. Da die zuungunsten des Soldaten eingelegte Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft keinen Erfolg hat, hat der Bund die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§ 139 Abs. 2 WDO).
Fundstelle(n):
NAAAI-55751