BGH Beschluss v. - XII ZB 170/11

Verfahren auf Nichtanerkennung einer ungarischen Sorgerechtsentscheidung: Zulässigkeitsvoraussetzungen der Rechtsbeschwerde und Darlegungslast des Rechtsbeschwerdeführers

Leitsatz

1. Gegen die in einem Verfahren auf Nichtanerkennung einer in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung gemäß Art. 21 Abs. 3 Brüssel II a-VO ist die Rechtsbeschwerde statthaft.

2. Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 32, 28 IntFamRVG i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Der Rechtsbeschwerdeführer hat diese Zulässigkeitsvoraussetzungen darzulegen (§§ 32, 29 IntFamRVG i.V.m. § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).

Gesetze: Art 21 Abs 3 EGV 2201/2003, Art 21ff EGV 2201/2003, § 28 IntFamRVG, § 29 IntFamRVG, § 32 IntFamRVG, § 574 Abs 2 ZPO, § 575 Abs 3 Nr 2 ZPO

Instanzenzug: OLG Bamberg Az: 2 UF 59/11vorgehend AG Bamberg Az: 211 F 1651/10

Gründe

I.

1Der Antragsteller begehrt die Nichtanerkennung einer ungarischen Sorgerechtsentscheidung.

2Aus der Beziehung des Antragstellers (im Folgenden: Vater) mit der Antragsgegnerin (im Folgenden: Mutter) ist das Kind A., geboren am , hervorgegangen. Mit Beschluss vom übertrug das Gericht des II. und III. Stadtbezirks in Budapest unter Abänderung vorangegangener Regelungen im Wege der einstweiligen Anordnung die Betreuung und die Erziehung des Kindes der Mutter. Der mit dem Kind in Deutschland lebende Vater wurde u. a. verpflichtet, das Kind innerhalb von drei Tagen nach Ungarn zu verbringen und an die Mutter zu übergeben.

3Das Amtsgericht hat dem Antrag des Vaters, die vorgenannte Entscheidung nicht anzuerkennen, stattgegeben. Auf die hierauf von der Mutter eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht den Antrag zurückgewiesen und unter anderem die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses angeordnet. Hiergegen wendet sich der Vater mit seiner Rechtsbeschwerde.

4Seinen Antrag, die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses aufzuheben, hat der Senat mit Beschluss vom (XII ZB 170/11 - FamRZ 2011, 959) als unzulässig zurückgewiesen.

II.

5Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

61. Allerdings ist die Rechtsbeschwerde gemäß §§ 1 Nr. 1, 32, 28 des Gesetzes zur Aus- und Durchführung bestimmter Rechtsinstrumente auf dem Gebiet des internationalen Familienrechts vom (BGBl. I S. 162 - im Folgenden: IntFamRVG) iVm Art. 21 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (im Folgenden: Brüssel II a-VO) statthaft (zur Anwendung des IntFamRVG - und damit auch dessen § 28 - im vorliegenden Verfahren s. Senatsbeschluss vom - XII ZB 170/11 - FamRZ 2011, 959 Rn. 8 ff.).

72. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil der Vater die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht dargelegt hat.

8a) Gemäß § 32 i.V.m. § 28 IntFamRVG findet gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nach Maßgabe des § 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statt. Nach § 32 i.V.m. § 29 Satz 1 IntFamRVG ist § 575 Abs. 1 bis 4 ZPO entsprechend anzuwenden. Gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Begründung der Rechtsbeschwerde in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, also wenn die Rechtsbeschwerde - wie hier - aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung statthaft ist, eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO enthalten. Danach ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (Nr. 2).

9Der Beschwerdeführer muss den Zulassungsgrund bzw. die Zulassungsvoraussetzungen nicht nur benennen, sondern auch zu den jeweiligen Voraussetzungen substantiiert vortragen ( - NJW-RR 2010, 784 Rn. 5).

10b) Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerdebegründung nicht gerecht. Zutreffend hat die Mutter in ihrer Rechtsbeschwerdeerwiderung dargetan, dass sich die Rechtsbeschwerde hierzu nicht ausdrücklich äußert. In seiner

Begründung führt der Vater zwar aus, dass - seiner Auffassung nach - ein Verstoß gegen Art. 23 b Brüssel II a-VO vorliege, weil das seinerzeit vier Jahre alte Kind von dem ungarischen Gericht nicht angehört wurde. Damit genügt die Rechtsbeschwerdebegründung den Zulässigkeitsanforderungen jedoch nicht.

Dose                                             Weber-Monecke                                         Vézina

                       Schilling                                                         Botur

Fundstelle(n):
OAAAI-33648