BGH Beschluss v. - VIII ZR 26/16

Nichtzulassungsbeschwerde: Voraussetzung für eine einstweilige Einstellung der Räumungsvollstreckung bei Wohnraum; Beschwerdewert bei einem unbefristeten und mietfreien Mietverhältnis

Gesetze: § 8 ZPO, § 9 ZPO, § 544 Abs 5 S 2 ZPO, § 719 Abs 2 ZPO, § 26 Nr 8 ZPOEG

Instanzenzug: LG Kleve Az: 6 S 150/15vorgehend AG Geldern Az: 3 C 134/15

Gründe

I.

1Der Kläger erwarb am im Wege der Zwangsversteigerung das Eigentum an dem Grundstück G.       in St.     . Voreigentümer dieses Grundstücks war Herr C.     M.   Mi.      , der dort mit dem Beklagten wohnt.

2Der Beklagte hat einen Mietvertrag vorgelegt, der das Datum trägt und als Mietbeginn dasselbe Datum angibt. Nach § 1 des Vertrages bewohnt der Beklagte zwei im Obergeschoss befindliche Räumlichkeiten allein und nutzt die im Erdgeschoss gelegenen Räumlichkeiten und das Badezimmer gemeinsam mit dem Vermieter. § 5 dieses Vertrages lautet:

"Im Hinblick auf die vom Mieter nachweislich getätigten Investitionen in Höhe von 35.000 € ist von Seiten des Mieters für die Dauer von 15 Jahre kein Mietzins zu entrichten. Zu übernehmen vom Mieter sind für die Dauer von 15 Jahren lediglich die hälftig anfallenden Stromkosten. Weitere Miet- oder Nebenkostenzahlungen fallen für den Mieter für diesen Zeitraum nicht an. […]."

3Der Kläger sprach mehrere Kündigungen aus, unter anderem mit Schriftsatz vom wegen Eigenbedarfs, weil er mit seiner Familie aus der bisherigen beengten Mietwohnung in das im Wege der Zwangsversteigerung erworbene Haus einziehen wolle.

4Die Räumungsklage des Klägers hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Das Amtsgericht hat den vom Kläger behaupteten Eigenbedarf als bewiesen erachtet. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Beklagte hat gegen das Berufungsurteil fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

II.

5Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist unbegründet. Nach § 719 Abs. 2 ZPO, der gemäß § 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO in dem hier gegebenen Fall der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend anwendbar ist, kann das Revisionsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil anordnen, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt aber nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (st. Rspr.; siehe nur Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 238/12, WuM 2012, 571 Rn. 6; vom - VIII ZR 214/13, juris Rn. 1; vom - VIII ZR 221/14, WuM 2014, 681 Rn. 1). So liegt es hier.

62. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer nur 8.166,48 € beträgt und deshalb die gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Beschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist.

7Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist der Beschwerdewert bei einem Streit über das Bestehen eines Mietverhältnisses, dessen Dauer - wie hier bei einem unbefristeten Mietverhältnis - unbestimmt ist, gemäß §§ 8, 9 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Nettomiete zu bemessen (zuletzt Senatsbeschluss vom - VIII ZR 135/15, WuM 2015, 681 Rn. 3 mwN).

8Der Beklagte ist durch das angefochtene Räumungsurteil des Berufungsgerichts angesichts der monatlichen Miete von 194,44 € (nur) in Höhe von 8.166,48 € (42 x 194,44 €) beschwert. Als Miete kann nur der genannte Betrag von 194,44 € angesetzt werden, der sich ergibt, wenn die in § 5 des Mietvertrags bezeichneten Investitionen in Höhe von 35.000 € auf die genannte "mietfreie" Zeit von 15 Jahren verteilt werden. Etwaige Nebenkosten - nach dem vorgelegten Mietvertrag hat der Beklagte ohnehin nur die hälftigen Stromkosten zu tragen - bleiben bei der Berechnung der Beschwer außer Betracht.

9Auf die vom Kläger in einer von ihm entworfenen Räumungsvereinbarung angesetzte Miete von 800 € monatlich kommt es weder für den Gebührenstreitwert noch für die Beschwer an, da beides sich danach richtet, welche Miete der auf Räumung in Anspruch genommene Mieter nach dem von ihm behaupteten Mietvertrag zu entrichten hat. Ein etwaiger höherer objektiver Mietwert oder eine höhere fiktive Marktmiete ist für die Beurteilung ohne Bedeutung (Senatsbeschluss vom  - VIII ZR 214/13, WuM 2014, 219 Rn. 2).

103. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre darüber hinaus auch unbegründet, weil das Berufungsurteil keinen Rechtsfehler erkennen lässt und insbesondere ein Revisionszulassungsgrund nicht ersichtlich ist.

Dr. Milger                                Dr. Hessel                              Dr. Fetzer

                      Dr. Bünger                                 Kosziol

Diese Entscheidung steht in Bezug zu


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:230316BVIIIZR26.16.0

Fundstelle(n):
EAAAI-15584