Haustarifvertrag - Durchführungsanspruch - Bestimmtheit des Antrags
Leitsatz
Der Anspruch einer Gewerkschaft gegenüber einem Arbeitgeber auf Durchführung eines Haustarifvertrags besteht nur hinsichtlich derjenigen Arbeitnehmer, die Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sind.
Ein auf Durchführung eines Haustarifvertrags gerichteter Leistungsantrag ist auch ohne namentliche Benennung der hiervon erfassten Gewerkschaftsmitglieder hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es kann über Bestand und nähere inhaltliche Ausgestaltung der Durchführung des Tarifvertrags rechtskräftig entschieden werden. Eine sich daraus ergebende Verlagerung der namentlichen Feststellung der Gewerkschaftsmitglieder in das Zwangsvollstreckungsverfahren ist aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes hinzunehmen. Die Interessen des beklagten Arbeitgebers werden hierdurch nicht in rechtserheblicher Weise beeinträchtigt.
Gesetze: Art 9 Abs 3 GG, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 726 Abs 1 ZPO, § 731 ZPO, § 3 Abs 1 TVG, § 4 Abs 1 S 1 TVG, § 9 TVG
Instanzenzug: Az: 6 Ca 7342/18 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 6 Sa 355/19 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Durchführung eines Haustarifvertrags.
2Der Kläger ist eine im Betrieb des Beklagten vertretene Gewerkschaft. Bei dem Beklagten handelt es sich um eine Landesrundfunkanstalt. Die Parteien haben Haustarifverträge, ua. den Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen vom 25. Mai/ sowie diesen ergänzende Durchführungstarifverträge geschlossen. Mit dem Durchführungstarifvertrag Nr. 4 zum Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen vereinbarten die Parteien jeweils am einen „Honorarrahmen Fernsehen“ und einen „Honorarrahmen Hörfunk“. Die Honorarrahmen sind in der Folgezeit hinsichtlich der Höhe der Honorare mehrfach angepasst worden, im Übrigen aber unverändert geblieben. Derzeit gelten die mit Wirkung zum vereinbarten Honorarrahmen. Diese haben ua. folgenden Inhalt:
3Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts vergütet der Beklagte alle bei ihm beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen unabhängig von deren Gewerkschaftszugehörigkeit nach den Durchführungstarifverträgen.
4Am informierte der Beklagte den Kläger über eine Änderung der Vergütung für die Redaktion „Bayern Aktuell“. Hierbei handelt es sich um eine trimediale Dachredaktion, die unter anderem die Sendungen „Abendschau“ und „Rundschau“ aus dem Fernsehbereich, „B5 Bayern“ im Hörfunk und die App „BR24“ plant und beliefert. Entsprechend der Ankündigung werden die in dieser Redaktion eingesetzten arbeitnehmerähnlichen Personen, insbesondere die „pauschalierten Tagesreporter“, seit Ende Dezember 2016 nicht mehr nach einzelnen, beitragsbezogenen Honorarkennziffern, sondern mit einem pauschalen Schichthonorar vergütet. Lediglich außerhalb von normalen Schichtzeiten erstellte Aufträge werden noch als Einzelaufträge vergütet. Auf die dagegen gerichtete Klage eines Mitarbeiters, der Mitglied beim Kläger ist, ist der Beklagte zur Zahlung der Differenz zwischen einer Vergütung nach den jeweiligen Honorarkennziffern und dem gezahlten pauschalen Schichthonorar verurteilt worden.
5Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe durch die Änderung der Vergütung ein neues Vergütungssystem eingeführt. Er verhalte sich tarifwidrig, da die gezahlte Vergütung von der tarifvertraglich vereinbarten Vergütungssystematik und -höhe abweiche. In den Honorarrahmen sei eine Vergütung nach Schichten nur vorgesehen, wenn keine andere Honorarkennziffer einschlägig sei. Der Beklagte sei gegenüber dem Kläger zur ordnungsgemäßen Durchführung der Honorarrahmen für alle in der Redaktion tätigen arbeitnehmerähnlichen Personen unabhängig von deren Gewerkschaftszugehörigkeit verpflichtet. Jedenfalls aber könne der Kläger die Durchführung hinsichtlich seiner Mitglieder verlangen, ohne diese bereits im Erkenntnisverfahren namentlich benennen zu müssen.
6Der Kläger hat zuletzt beantragt,
7Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, ein Durchführungsanspruch des Klägers könne sich allenfalls auf dessen Mitglieder beziehen. Eine darauf gerichtete Klage sei nur hinreichend bestimmt, wenn die Mitglieder namentlich genannt würden. Die Klage sei aber jedenfalls unbegründet, da der Beklagte die Honorarrahmen weiterhin tarifkonform anwende. Die Zahlung von Schichtvergütung sei in den Honorarrahmen mit den Honorarkennziffern 30.10 (Honorarrahmen Hörfunk) und 38.10 (Honorarrahmen Fernsehen) vorgesehen. Ein Anwendungsvorrang anderer Honorarkennziffern bestehe nicht.
8Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat, nachdem der Kläger seine Klage um den Hilfsantrag erweitert hat, die Berufung des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, die Klage sei insgesamt unzulässig. Mit der durch den Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge im dargestellten Umfang weiter.
Gründe
9Die zulässige Revision ist teilweise begründet. Das Begehren des Klägers ist nach zutreffender Auslegung als einheitlicher Antrag zu verstehen (I.), welcher entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sowohl in seiner umfassenden Form - im Hinblick auf den durch den Kläger gestellten Antrag zu 1. - als auch eingeschränkt - wie im Antrag zu 2. formuliert - zulässig ist (II.). Die Revision ist aber nur hinsichtlich des eingeschränkten Begehrens erfolgreich, im Übrigen ist sie zurückzuweisen, weil die Klage insoweit unbegründet ist (III.).
10I. Die durch den Kläger formulierten Anträge bedürfen der Auslegung (zu den Grundsätzen etwa - Rn. 29).
111. Ihrem Wortlaut nach sind beide Anträge auf „Anwendung“ der Vergütungsregelungen des Durchführungstarifvertrags Nr. 4 zum Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen vom nach bestimmten Honorarkennziffern gerichtet. Dabei steht zwischen den Parteien nicht im Streit, dass sich „Vergütungsregeln“ sowohl auf den Honorarrahmen Hörfunk als auch auf den Honorarrahmen Fernsehen bezieht, die zwischen dem Bayerischen Rundfunk und dem Bayerischen Journalisten-Verband e. V. geschlossen worden sind. Der Kläger will mit seinem als „Anwendung“ bezeichneten Leistungsbegehren - begrenzt auf die Redaktion „Bayern Aktuell“ - erreichen, dass die Vergütung der arbeitnehmerähnlichen Personen nach den im Antrag genannten Honorarkennziffern auch dann erfolgt, wenn die jeweiligen Beiträge innerhalb einer Schicht erstellt wurden.
12Dabei bezieht sich der Anspruch auf die zukünftige Durchführung des Tarifvertrags. Die „Vergütungsregeln“ sollen dementsprechend nicht nur für die am Schluss der mündlichen Tatsachenverhandlung beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen erfolgen, sondern zudem für diejenigen, die zukünftig bei dem Beklagten tätig werden (zu diesem Aspekt bei der gewerkschaftlichen Unterlassungsklage vgl. etwa Dieterich FS Wissmann 2005 S. 114, 117 f.). Das Leistungsbegehren ist hingegen nach seinem Inhalt und dem klägerischen Vorbringen nicht auf eine Beseitigung von ggf. in der Vergangenheit erfolgten Verstößen gegen die vom Kläger geltend gemachte Durchführungspflicht des Tarifvertrags gerichtet (vgl. zu einem solchen gewerkschaftlichen Beseitigungsanspruch - Rn. 38 ff., BAGE 138, 68).
132. Gegenstand des Hauptantrags (Antrag zu 1.) ist neben der ausdrücklich begehrten Durchführung des Tarifvertrags für alle derzeitig und zukünftig beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen auch das auf die Mitglieder des Klägers beschränkte Begehren. Es ist bereits im Hauptantrag als „Minus“ enthalten. Der Hilfsantrag (Antrag zu 2.) ist daher entbehrlich.
14a) Ob ein Antrag als „Minus“ ein Teilbegehren enthält, das der klagenden Partei bei Abweisung eines unbegründeten Mehrbegehrens unter Wahrung des Antragsgrundsatzes nach § 308 ZPO zugesprochen werden kann, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dazu muss das Teilbegehren erkennbar zum Inhalt des ursprünglichen Antrags erhoben worden sein. Der in Anspruch genommene Beklagte darf nicht zu etwas Anderem verurteilt werden, als zu dem, worauf er sich für seinen Sachvortrag einrichten musste (vgl. - Rn. 11, BAGE 160, 386; - 9 AZR 435/00 - zu II 2 a der Gründe). Daher darf das Gericht bei einem Globalantrag, der eine Vielzahl von Fallgestaltungen erfasst, nicht dahin erkennen, dass der geltend gemachte Anspruch unter einschränkenden Voraussetzungen gegeben ist, die nicht zum Inhalt des Anspruchs erhoben worden sind. Es würde nicht ein „Weniger“, sondern etwas Anderes als beantragt zugesprochen werden ( - Rn. 22; - 1 ABR 24/93 - zu II C 1 der Gründe, BAGE 76, 364).
15b) Der Hauptantrag erfasst alle in der Redaktion „Bayern Aktuell“ beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen, also auch diejenigen, die Mitglied beim Kläger sind. Die Mitglieder des Klägers stellen lediglich eine Teilmenge dieses Personenkreises dar. Da vorliegend die Namen der Mitglieder im Antrag nicht benannt werden, stellen diese lediglich eine Teilmenge aller arbeitnehmerähnlichen Personen dar, hinsichtlich derer es keines weiteren Sachvortrags bedurfte. Sie konnten daher ohne Weiteres als „Minus“ durch den Kläger - was spätestens durch Formulierung des Hilfsantrags erfolgt ist - zum Inhalt des Anspruchs gemacht werden. Der Streitgegenstand würde durch eine insoweit einschränkende Verurteilung des Beklagten nicht unter Verstoß gegen § 308 ZPO verändert (vgl. zum Unterlassungsanspruch - zu B III 2 b der Gründe, BAGE 91, 210).
16II. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Antrag des Klägers sowohl in seiner umfassenden Form als auch, soweit er auf die Mitglieder des Klägers beschränkt ist, zulässig.
171. Das Klagebegehren ist hinreichend bestimmt.
18a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben der Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs einen bestimmten Antrag enthalten. Ein Klageantrag ist hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet. Dadurch werden der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) abgesteckt sowie Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) festgelegt. Zugleich wird vermieden, dass das Risiko eines Unterliegens des Klägers durch eine vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt oder der Streit in ein sich anschließendes Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert wird (st. Rspr., etwa - Rn. 18; - 10 AZR 283/10 - Rn. 14; - 1 AZR 473/09 - Rn. 21, BAGE 138, 68).
19Für die Prüfung, ob ein Klageantrag hinreichend bestimmt ist, sind die Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Dabei ist das zu schützende Interesse des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie sein Interesse an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schützenswerten Interesse des Klägers an wirksamem Rechtsschutz abzuwägen. Generalisierende Formulierungen können im Einzelfall unvermeidlich sein. Sonst würde die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, durch prozessuale Anforderungen unzumutbar erschwert oder sogar beseitigt ( - Rn. 24; - 10 AZR 283/10 - Rn. 14; - 1 AZR 473/09 - Rn. 21, BAGE 138, 68). In jedem Fall muss ein Leistungsantrag so gestaltet sein, dass ein stattgebendes Urteil vollstreckungsfähig ist und der Schuldner aus diesem ohne Weiteres erkennen kann, durch welche Verhaltensweisen er dem Urteilsspruch nachkommen kann (vgl. - Rn. 24; - 4 AZR 552/04 - Rn. 14).
20b) Diesen Anforderungen genügt der Antrag zunächst, soweit er sich auf alle arbeitnehmerähnlichen Personen bezieht. Die namentliche Benennung von Gewerkschaftsmitgliedern ist entbehrlich, da der Antrag nicht auf diese eingegrenzt ist (vgl. - Rn. 15, BAGE 159, 222; - 1 AZR 473/09 - Rn. 25, BAGE 138, 68). Für den Beklagten wird hinreichend deutlich, welche Handlungen von ihm verlangt werden. Ihm ist bekannt, wer in der Redaktion „Bayern Aktuell“ tätig ist. Dem steht nicht entgegen, dass nicht im Einzelnen aufgeführt wird, welcher Beitrag mit welcher Länge nach welcher Honorarkennziffer und in welcher Höhe zu vergüten sein soll, sondern lediglich die übergeordneten Honorarkennziffern einschließlich der Oberbegriffe wiedergegeben werden. Zwischen den Parteien steht ausschließlich im Streit, ob jegliche in einer Schicht erbrachte Tätigkeit pauschal als „Sonstige Mitarbeit“ vergütet werden kann oder ob, soweit Beiträge erstellt wurden, spezielle Honorarkennziffern anzuwenden sind. Der Beklagte würde - im Falle der Begründetheit des Antrags - seiner Verpflichtung genügen, wenn er Vergütung nach einer der genannten Honorarkennziffern zahlt. Ob im Einzelfall jeweils die richtige Unterkennziffer gewählt wurde, wäre keine Frage der hier im Streit stehenden kollektiv-rechtlichen Durchführungspflicht, sondern der im Einzelfall bestehenden Ansprüche der Mitarbeiter, die im Individualverfahren durch diese selbst zu klären wären.
21c) Der Antrag ist weiterhin hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, soweit mit ihm als „Minus“ eine Durchführung allein gegenüber den Gewerkschaftsmitgliedern verlangt wird. Es bedarf nicht bereits im Erkenntnisverfahren einer namentlichen Aufführung der Gewerkschaftsmitglieder im Klageantrag (aA Boemke jurisPR-ArbR 51/2020 Anm. 6; wie hier für einen Unterlassungsantrag - zu B III 2 b der Gründe, BAGE 91, 210; anders für den Unterlassungsantrag - zu II 2 a bb (1) der Gründe, BAGE 105, 275; Wiedemann/Thüsing 8. Aufl. TVG § 1 Rn. 913).
22aa) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten. Ein Urteil, dessen Vollstreckung noch von einer von dem Gläubiger zu beweisenden, zukünftigen Tatsache - wie vorliegend der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft - abhängt, ist daher regelmäßig unzulässig. Allerdings zeigt ua. § 726 ZPO, dass es „offene Urteile“ geben und gleichwohl dem Bestimmtheitserfordernis genügt werden kann. Hängt die Durchsetzbarkeit des geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruchs von dem Eintritt anspruchsbegründeter Tatsachen ab, kann dem dafür beweisbelasteten Gläubiger nachgelassen werden, diese erst im Klauselerteilungsverfahren nachzuweisen (sh. nur MüKoZPO/Wolfsteiner 6. Aufl. § 726 Rn. 1 ff.; Wieczorek/Schütze 4. Aufl. § 726 ZPO Rn. 4, 7 jew. mwN; sh. auch - zu A II 1 der Gründe, BAGE 49, 303; - 4 AZR 104/07 - Rn. 28). Dabei erfasst der Begriff der „Tatsache“ in § 726 ZPO auch Rechtsverhältnisse in Form einer „juristisch eingekleideten“ Tatsache (MüKoZPO/Wolfsteiner § 726 Rn. 9; BeckOK ZPO/Ulrici Stand ZPO § 726 Rn. 5).
23bb) Diesen Anforderungen genügt der Antrag. Die Erfüllung der streitgegenständlichen Verpflichtung - die Vergütung der Mitarbeiter nach bestimmten Honorarkennziffern, soweit sie Mitglied beim Kläger sind - setzt zwar grundsätzlich voraus, dass der Beklagte weiß, wer diese Personen sind. Werden die vom Antrag erfassten Personen wie vorliegend lediglich als „Mitglieder“ bezeichnet, fehlt es daran. Der Nachweis der Mitgliedschaft wird in die Zwangsvollstreckung verlagert. Das ist aber unter Berücksichtigung der Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und des Interesses des Klägers an effektivem Rechtsschutz hinzunehmen und führt nicht zur Unzulässigkeit des Antrags.
24(1) Auch ohne Aufführen der einzelnen Gewerkschaftsmitglieder im Klageantrag wird durch eine Entscheidung über den Bestand und die nähere inhaltliche Ausgestaltung des gewerkschaftlichen Durchführungsanspruchs rechtskräftig entschieden.
25(a) Der Kläger macht einen eigenen kollektiv-rechtlichen Anspruch auf Durchführung des Tarifvertrags und nicht individuelle Ansprüche einzelner Arbeitnehmer gegenüber dem Beklagten geltend (hierzu Dieterich FS Wissmann 2005 S. 114, 117). Letzteres würde auf eine gesetzlich nicht vorgesehene und damit unzulässige Prozessstandschaft hinauslaufen (vgl. - Rn. 18, BAGE 141, 188; - 1 ABR 72/98 - zu B II 2 c der Gründe, BAGE 91, 210; zur gesetzlichen Prozessstandschaft im Rahmen des § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 112, 341). Dennoch ist der kollektiv-rechtliche Anspruch hinsichtlich seiner Individualisierung von den sich ändernden Rechtsbeziehungen der arbeitnehmerähnlichen Personen zum Kläger und zum Beklagten, der Mitgliedschaft und dem Bestand des Beschäftigungsverhältnisses, abhängig. Diese Verzahnung eines zukunftsgerichteten, eigenen kollektiv-rechtlichen Anspruchs mit den individualrechtlichen Rechtsverhältnissen der Mitarbeiter bei dem Beklagten prägt den geltend gemachten Anspruch.
26(b) Durch den Klageantrag wird der erhobene kollektiv-rechtliche Anspruch konkret bezeichnet und bezogen auf die - zwischen den Parteien streitige - zutreffende Anwendung der Honorarkennziffern gegenüber dem Kreis der arbeitnehmerähnlichen Personen entschieden. Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) sind für den Beklagten erkennbar. Er kann daraus ersehen, in welchem Verhältnis die Honorarkennziffern 30.10 Honorarrahmen Hörfunk und 38.10 Honorarrahmen Fernsehen zu den zuvor aufgeführten stehen und wie sie gegenüber Gewerkschaftsmitgliedern anzuwenden sind. Der grundsätzliche Streit über die Art der Anwendung der Honorarrahmen wird geklärt (für einen gewerkschaftlichen Unterlassungsanspruch Kempen/Zachert/Stein TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 254 mit Fn. 572). Die genaue Zuordnung zu einzelnen Gewerkschaftsmitgliedern bewirkt keine Unsicherheiten hinsichtlich der Reichweite des ausgeurteilten Streitgegenstands auf der kollektiv-rechtlichen Ebene (vgl. Kocher NZA 2005, 140, 143). Zwischen den Parteien ist zudem nicht streitig, dass die Gewerkschaft im Betrieb vertreten ist. Lediglich gegenüber welchen Mitarbeitern zukünftig die - für tarifmäßig erkannte - Durchführung zu erfolgen hat, ist bei einem Obsiegen des Klägers ggf. im Zwangsvollstreckungsverfahren zu klären, falls der Beklagte eine dann bestehende Mitgliedschaft beim Kläger bestreiten sollte.
27(2) Ein Erfordernis der namentlichen Benennung der aktuell betroffenen Gewerkschaftsmitglieder würde demgegenüber die Möglichkeit, den Durchführungsanspruch gerichtlich durchzusetzen in einer Weise erschweren, die einen effektiven Rechtsschutz verhindern würde (vgl. hierzu allgemein - Rn. 43, BAGE 150, 50; - 1 ABR 11/11 - Rn. 15, BAGE 141, 360).
28(a) Der Mitgliederbestand des Klägers unterliegt durch die Möglichkeit von Ein- oder Austritten während des gesamten Verfahrens Schwankungen, die weder allein durch den Kläger beinflussbar noch für diesen vorhersehbar sind (vgl. Dieterich FS Wissmann 2005 S. 114, 130). Wäre der Kläger gehalten, seinen Antrag bei Änderungen des Mitgliederbestands jeweils anzupassen, könnten solche veränderten tatsächlichen Umstände einerseits zu einer ggf. streitigen (Teil-)Erledigung des Rechtsstreits trotz Fortdauer des zwischen den Parteien bestehenden Streits über den kollektiv-rechtlichen Anspruch „an sich“ führen und andererseits Klageänderungen oder Klageerweiterungen notwendig machen. Das kann, insbesondere, wenn einzelne Mitgliedschaften in der klagenden Gewerkschaft im Streit stehen, zu einer erheblichen Verzögerung einer Sachentscheidung führen (ähnlich - zu B III 1 b der Gründe). Zudem kommt nach Abschluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung eine Klageerweiterung grundsätzlich nicht mehr in Betracht.
29(b) Darüber hinaus spricht der Schutz der kollektiven Koalitionsbetätigungsfreiheit des Klägers (Art. 9 Abs. 3 GG) dafür, dass die Gewerkschaft einen Rechtsstreit über die Durchführung eines Tarifvertrags so lange wie möglich ohne Nennung ihrer Mitglieder führen kann.
30(aa) Art. 9 Abs. 3 GG schützt die Koalition selbst in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Der Schutz erstreckt sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen und umfasst insbesondere die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht. Die Wahl der Mittel, die die Koalitionen zur Erreichung dieses Zwecks für geeignet halten, überlässt Art. 9 Abs. 3 GG grundsätzlich ihnen selbst, wobei der Schutz zumindest soweit reicht, wie es eine funktionierende Tarifautonomie erfordert ( - Rn. 79; - 1 AZR 257/13 - Rn. 30, BAGE 150, 50). Dies umfasst auch die Absicherung der Durchsetzung geschaffener Tarifnormen ( ua. - Rn. 131, BVerfGE 146, 71). Mit Rücksicht darauf ist nach Möglichkeit zu vermeiden, dass die Mitgliederstärke der Gewerkschaft im Betrieb gegenüber dem Arbeitgeber offengelegt wird ( ua. - Rn. 198, aaO; - Rn. 30 f., aaO).
31(bb) Das Erfordernis einer Benennung der Mitglieder im Klageantrag würde dazu führen, dass die Mitgliederstärke der klagenden Gewerkschaft und ihre individuelle Zusammensetzung - je nach Streitgegenstand vollständig oder teilweise - gegenüber dem Arbeitgeber mit Beginn des Rechtsstreits offengelegt werden müsste. Die Gewerkschaft wäre darüber hinaus nicht nur gehalten, die Mitgliederstärke anhand der einzelnen konkret benannten arbeitnehmerähnlichen Personen einmalig für einen bestimmten Zeitpunkt darzulegen, sondern müsste für den Zeitraum des gesamten Verfahrens Veränderungen im Mitgliederbestand im Klageantrag berücksichtigen. Für die rechtskräftige Klärung, ob und ggf. in welchem Umfang der kollektiv-rechtliche Durchführungsanspruch „an sich“ besteht, ist die namentliche Nennung der Mitglieder jedoch nicht erforderlich. Dem steht nicht entgegen, dass zur Durchsetzung einer (rechtskräftigen) Entscheidung über einen gewerkschaftlichen Durchführungsanspruch letztlich doch die Mitglieder gegenüber dem Arbeitgeber als Partei des streitgegenständlichen Haustarifvertrags namentlich bezeichnet werden müssen, wenn dieser den Entscheidungsausspruch - auch im Falle einer früheren einheitlichen Tarifvertragsanwendung - allein gegenüber den Gewerkschaftsmitgliedern umsetzen will. Die Benennung der Mitglieder erst im Rahmen der Umsetzung der rechtskräftigen Entscheidung gewährleistet, die Offenlegung der Mitgliederstärke auf das erforderliche Maß zu begrenzen (zur Berücksichtigung der Risiken einer namentlichen Benennung - zu B III 6 der Gründe, BAGE 70, 85).
32Im Übrigen ist die Gewerkschaft so in der Lage, ihren kollektiv-rechtlichen Anspruch unabhängig von einer etwaig einzuholenden Zustimmung ihrer Mitglieder zur Benennung im Rahmen des - in seinem Ergebnis nicht feststehenden - Erkenntnisverfahrens durchzusetzen. Eine solche Einwilligung wäre jedenfalls faktisch erforderlich, wenn die Gewerkschaft nicht gegen den Willen ihrer Mitglieder handeln will (vgl. hierzu Schwarze RdA 2005, 159, 160 - allerdings mit anderem Ergebnis).
33(3) Das Interesse des Beklagten wird durch den Verzicht auf die namentliche Benennung der Mitglieder des Klägers bereits im Erkenntnisverfahren nicht in rechtserheblicher Weise beeinträchtigt (aA für einen Unterlassungsanspruch - zu II 2 a bb (3) der Gründe, BAGE 105, 275). Entgegen der Auffassung des Beklagten besteht nicht die Gefahr, dass er Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und weiteren Kosten ausgesetzt wird, ohne die Möglichkeit zu haben, sich rechtstreu zu verhalten und diese abzuwenden.
34(a) Es ist zwar zutreffend, dass der Beklagte nach einer Verurteilung zur Anwendung der Honorarrahmen gegenüber den „Mitgliedern des Klägers“ nicht ohne Weiteres erkennen kann, wer diese Personen sind. Er kann aber, will er seiner Durchführungspflicht der Verurteilung entsprechend nachkommen, die bei ihm beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen auffordern, eine etwaige Gewerkschaftsmitgliedschaft mitzuteilen. Hinsichtlich der ihm danach bekannten Personen kann er dann seine Verpflichtung erfüllen.
35(b) Sollte der Beklagte demgegenüber eine Zwangsvollstreckung durch den Kläger abwarten wollen, wäre eine solche erst nach namentlicher Benennung von Gewerkschaftsmitgliedern durch den Kläger möglich. Das tatsächliche Bestehen dieser Mitgliedschaft unterliegt in einem solchen Fall einer Prüfung im Zwangsvollstreckungsverfahren. Die Mitgliedschaft ist eine Tatsache iSd. §§ 726, 731 ZPO, die im Bestreitensfall durch den Kläger zu beweisen ist.
36(aa) Dabei dürfte ein Nachweis durch öffentliche Urkunde (§§ 415, 418 ZPO) nach § 726 Abs. 1 ZPO nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Öffentliche Urkunden über die Mitgliedschaft existieren idR nicht. Ein Notar könnte allein Tatsachen (wie zB die Vorlage eines Überweisungsträgers, eines Mitgliedsausweises) bestätigen, die lediglich als mittelbares Beweismittel dienen, die Mitgliedschaft als solche aber nicht beweisen können (vgl. - zu B III 3 b der Gründe, BAGE 70, 85; vgl. zu § 58 Abs. 3 ArbGG weiterhin BT-Drucks. 18/4156 S. 16; sowie Sammet/Graf Wolffskeel v. Reichenberg NZA 2017, 1167 ff.). Soll der Notar demgegenüber aus den ihm vorgelegten Tatsachen auch Schlussfolgerungen ziehen (zB auf die Gewerkschaftsmitgliedschaft), handelt es sich um eine gutachterliche Stellungnahme - eine „Notarbestätigung“ - für die die Wahrheitsvermutung der §§ 415, 418 ZPO nicht in Betracht kommt (vgl. OLG Frankfurt - 20 W 351/95 -).
37(bb) Der Nachweis der Mitgliedschaft wird daher idR im Rahmen einer Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO zu erfolgen haben. Eine solche ist zulässig, wenn der nach § 726 Abs. 1 ZPO erforderliche Nachweis nicht in der erforderlichen Form geführt werden kann, um eine titelergänzende Klauselerteilung im Verfahren vor dem Rechtspfleger zu erwirken (ausführlich - Rn. 17, BAGE 168, 204). Die Gewerkschaftszugehörigkeit kann der Kläger durch Urkunds- oder Zeugenbeweis sowie ggf. durch Vorlage einer „Notarbestätigung“ als mittelbarem Beweis nachweisen. Dem Beklagten wird daher in einem Klageverfahren ausreichend Gelegenheit eingeräumt, etwaige Einwände gegen die Klauselerteilung vorzubringen.
38(c) Sollte die Gewerkschaft ohne vorherige Erfüllungsaufforderung und namentliche Benennung ihrer Mitglieder Klage nach § 731 ZPO erheben, könnte der Beklagte diese - soweit die Mitgliedschaft nicht bestritten werden soll - mit der Folge des § 93 ZPO anerkennen. Ein erhöhtes Kostenrisiko entsteht daher für ihn nicht.
39(4) Hinzu kommt, dass hinsichtlich der arbeitnehmerähnlichen Personen, deren Tätigkeit für den Beklagten erst nach der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung beginnt und/oder deren Mitgliedschaft bei dem Kläger erst nach diesem Zeitpunkt begründet wird, der Nachweis dieser Tatsachen bereits gesetzlich erst im Rahmen der Zwangsvollstreckung vorgesehen ist. Sie können vom Kläger im Erkenntnisverfahren noch nicht dargelegt und bewiesen werden. Die Vollstreckung ist daher vom zukünftigen Eintritt einer durch den Gläubiger zu beweisenden Tatsache abhängig. Das Verfahren nach §§ 726, 731 ZPO ist anzuwenden, da es sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt und nicht um ein komplex gelagertes Rechtsverhältnis handelt (zum Unterlassungsanspruch Schmidt RdA 2004, 152, 157; sh. auch - zu B II 2 c bb der Gründe: Verwendung des Begriffs „Arbeitnehmer“ im Titel; vgl. zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses im anderen Fall - Rn. 28). Der Kläger ist demnach nicht gehalten, seinen Anspruch auf Durchführung des Haustarifvertrags hinsichtlich dieses Kreises von Mitarbeitern erst in einem weiteren Rechtsstreit durchzusetzen, wenn die entsprechenden Tatsachen eingetreten sind.
40cc) Der Senat muss nicht darüber befinden, ob dies - ggf. im Hinblick auf die Funktion eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO - für eine Unterlassungsklage anders zu beurteilen wäre (so - zu II 2 a bb (2) und (3) der Gründe, BAGE 105, 275). Unterlassungs- und Durchführungsanspruch haben unterschiedliche Voraussetzungen und müssen daher nicht zwingend denselben prozessualen Anforderungen genügen.
412. Für den Antrag besteht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
42a) Regelmäßig ergibt sich das Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer Leistungsklage bereits daraus, dass ein behaupteter, materieller Anspruch, dessen Existenz für die Prüfung des Interesses an seiner gerichtlichen Durchsetzung zu unterstellen ist, nicht erfüllt ist. Einer Klage kann allerdings - auch dann, wenn der behauptete Anspruch noch nicht erfüllt sein sollte - ausnahmsweise das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn der Kläger die Gerichte als Teil der Staatsgewalt „unnütz bemüht“. Das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses soll verhindern, dass Klagebegehren in das Stadium der Begründetheitsprüfung gelangen, die ersichtlich des Rechtsschutzes nicht bedürfen ( - Rn. 39; - Rn. 17 f.).
43b) Vorliegend folgt das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers aus dem von ihm behaupteten - und durch den Beklagten bestrittenen - Anspruch auf Durchführung der Regelungen aus dem geschlossenen Tarifvertrag in einer bestimmten Art und Weise (vgl. hierzu auch - Rn. 33; - 4 AZR 915/93 - zu I 1 der Gründe). Ob dieser vorliegend besteht, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit.
44c) Der Anspruch des Klägers ist auch nicht so offensichtlich ausgeschlossen, dass sein Begehren als sinnlos anzusehen wäre und es einer Entscheidung hierüber nicht bedürfte. Es kann dahinstehen, ob dies der Fall wäre, wenn feststünde, dass kein in der Redaktion „Bayern Aktuell“ tätiger Mitarbeiter Mitglied beim Kläger wäre (in diese Richtung für den Unterlassungsanspruch: Löwisch/Rieble TVG 4. Aufl. § 4 Rn. 96). Vorliegend ist jedenfalls der Kläger des Individualprozesses unstreitig Gewerkschaftsmitglied (Rn. 4).
45d) Es steht dem Kläger kein „einfacherer und billigerer Weg“ zur Verfügung (zum Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses in diesem Fall sh. - Rn. 31, BAGE 168, 374; - 7 ABR 18/16 - Rn. 18; - Rn. 25).
46aa) Die Möglichkeit einer sog. Verbandsklage nach § 9 TVG (näher - Rn. 15 mwN, BAGE 155, 280) steht dem Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen. Mit einer solchen Feststellungsklage könnte nur eine rechtsverbindliche Tarifauslegung, aber keine Verurteilung der anderen Tarifvertragspartei zu einer Leistung erreicht werden ( - zu I 1 der Gründe; vgl. auch ErfK/Franzen 21. Aufl. TVG § 1 Rn. 88), eine Subsumtion unter einen konkreten Sachverhalt würde nicht erfolgen ( - Rn. 30, BAGE 141, 188). Sie wäre daher weniger effektiv, weil der Kläger keinen Vollstreckungstitel erlangen könnte (vgl. Walker FS Schaub 1998 S. 743, 756; Wallisch Die tarifvertraglichen Einwirkungspflichten S. 157; Rehse Der gewerkschaftliche Durchführungsanspruch beim Firmentarifvertrag S. 58). Daran ändert die in § 9 TVG angeordnete erweiterte Bindungswirkung nichts, weil sie nicht weitergehende, sondern abweichende Rechtsfolgen hat (aA Buchner DB 1992, 572, 574).
47bb) Der Kläger kann schließlich nicht darauf verwiesen werden, den arbeitnehmerähnlichen Personen die Durchsetzung ihrer Ansprüche im Wege der Individualklage zu überlassen. Allein die Tatsache, dass ihnen diese Ansprüche ohne Einschreiten ihres Verbands aufgrund der normativen Geltung nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG zustehen, lässt für die Gewerkschaft nicht die Möglichkeit entfallen, einen ihr zustehenden Anspruch selbst durchzusetzen (Schwarze RdA 2005, 159, 162; aA Buchner DB 1992, 572, 578).
483. Schließlich führt der Umstand, dass der Kläger den Durchführungsanspruch in der Revisionsinstanz auf den zuletzt geschlossenen Durchführungstarifvertrag Nr. 4 zum Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen gestützt hat, der am in Kraft getreten ist, nicht zu einer unzulässigen Antragsänderung. Die Honorarkennziffern und damit der Gegenstand des zukunftsbezogenen Durchführungsanspruchs sind unverändert geblieben (vgl. - Rn. 14).
49III. Die Revision des Klägers ist dennoch zum Teil ohne Erfolg. Er hat lediglich einen Anspruch auf Durchführung der Honorarrahmenregelungen gegenüber seinen Mitgliedern, nicht aber gegenüber allen bei dem Beklagten in der Redaktion „Bayern Aktuell“ beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen. Der Leistungsantrag ist daher teilweise als unbegründet abzuweisen.
501. Der Senat ist - obwohl das Landesarbeitsgericht den Antrag als unzulässig angesehen hat - nicht gehindert, dessen Begründetheit zu prüfen.
51a) § 563 Abs. 3 ZPO bringt den allgemeinen prozessrechtlichen Grundsatz im Revisionsverfahren zur Geltung, von einer Zurückverweisung abzusehen, wenn der Rechtsstreit bereits zur Endentscheidung reif ist. Das Revisionsgericht kann deshalb über die sachliche Berechtigung der Klage auch nach deren Abweisung als unzulässig entscheiden, wenn das Berufungsurteil einen Sachverhalt ergibt, der für die rechtliche Beurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet, und bei Zurückverweisung der Sache ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint. Hätte das Berufungsgericht bei zutreffender verfahrensrechtlicher Behandlung der Klage sofort eine Entscheidung in der Sache treffen können, besteht keine Veranlassung, den Parteien durch eine Zurückverweisung Gelegenheit zur weiteren Ergänzung ihres Vorbringens zu geben. In einem solchen Fall hat nunmehr das Revisionsgericht die Entscheidung zu treffen, die an sich schon in der Berufungsinstanz hätte ergehen müssen; es kann nicht nur eine unschlüssige Klage als unbegründet abweisen, sondern auch einer nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt begründeten Klage stattgeben ( - Rn. 43 mwN, BGHZ 216, 83; vgl. auch - zu II der Gründe).
52b) Vorliegend ist der Sachverhalt unstreitig und vollständig durch das Berufungsgericht festgestellt. Tatsachen, die noch aufzuklären wären, sind nicht ersichtlich.
532. Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf tarifkonforme Durchführung der Honorarrahmen besteht lediglich gegenüber arbeitnehmerähnlichen Personen der Redaktion „Bayern Aktuell“, die Mitglied beim Kläger sind, nicht aber bezogen auf alle arbeitnehmerähnlichen Personen.
54a) Aus einem Tarifvertrag folgt die schuldrechtliche Verpflichtung der Tarifvertragsparteien, für dessen Durchführung zu sorgen. Die Durchführungspflicht ist eine Konkretisierung der vertraglichen Verpflichtung, Verträge einzuhalten (zur Durchführungspflicht beim Verbandstarifvertrag - Rn. 42 mwN zur Rspr.). Das gilt auch für den Arbeitgeber, der selbst Partei eines Haustarifvertrags ist ( - zu II 2 a der Gründe, BAGE 68, 261). Bei diesem ist der Arbeitgeber der Gewerkschaft gegenüber direkt verpflichtet, die Tarifnormen zu beachten und anzuwenden ( - zu I 2 a der Gründe; zum verfassungsrechtlichen Schutz der Anwendung geschlossener Tarifverträge durch Art. 9 Abs. 3 GG ua. - Rn. 131, BVerfGE 146, 71).
55b) Dem Kläger steht, da der Beklagte die arbeitnehmerähnlichen Personen in der Redaktion „Bayern Aktuell“ tarifwidrig vergütet, ein Anspruch auf tarifkonforme Anwendung zu.
56aa) Es kann dahinstehen, ob ein Durchführungsanspruch wie ein Unterlassungsanspruch voraussetzt, dass durch ein tarifwidriges Verhalten die Verdrängung der kollektiven Ordnung erfolgen soll (dies verneinend Däubler TVG/Ahrendt 4. Aufl. § 1 Rn. 1159; Kempen/Zachert/Seifert § 1 Rn. 892; Löwisch/Rieble § 1 Rn. 1253; Wallisch Die tarifvertraglichen Einwirkungspflichten S. 107; vgl. zum Unterlassungsanspruch - zu B II 2 b bb der Gründe, BAGE 91, 210; Wiedemann/Thüsing § 1 Rn. 908). Vorliegend steht nicht die Vergütung einzelner arbeitnehmerähnlicher Personen, sondern die durch den Beklagten angewandte Vergütungssystematik für alle Mitarbeiter und damit die Verdrängung der kollektiven Ordnung im Streit.
57bb) Weiterhin muss der Senat vorliegend nicht entscheiden, ob ein Durchführungsanspruch gegen die andere Partei eines Haustarifvertrags - wie ein Anspruch der Gewerkschaft gegen den tarifschließenden Arbeitgeberverband, auf seine Mitglieder einzuwirken - idR nur bejaht werden kann, wenn hinsichtlich der Auslegung des Tarifvertrags ein rechtskräftiges Urteil in einem Verfahren nach § 9 TVG oder eine verbindliche Entscheidung einer tariflichen Schiedsstelle vorliegt oder wenn die Tarifvertragspartei selbst von der Tarifwidrigkeit der Regelung ausgeht (so die bisherige Rechtsprechung - BAGE 70, 165; einschränkend bereits - Rn. 30; - 4 AZR 77/08 - Rn. 43; kritisch zum Erfordernis einer zumindest gleichzeitig ergehenden Entscheidung über den Inhalt der tariflichen Verpflichtung Wiedemann/Thüsing § 1 TVG Rn. 901; Däubler TVG/Ahrendt § 1 Rn. 1161; Löwisch/Rieble § 1 Rn. 1254; Walker FS Schaub 1998 S. 743, 749 f.). Ein solches Verfahren zur Feststellung des Tarifinhalts ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn eine bestimmte Auslegung zwingend geboten und eindeutig ist (so schon - aaO).
58cc) Das Verhalten des Beklagten ist eindeutig tarifwidrig. Die Vergütung entsprechend der Honorarrahmen hat, unabhängig davon, ob die Tätigkeit in Schichten erbracht wird, vorrangig nach den beitragsbezogenen Honorarkennziffern zu erfolgen. Eine Vergütung nach den von dem Beklagten generell angewandten Honorarkennziffern 30.10 Honorarrahmen Hörfunk und 38.10 Honorarrahmen Fernsehen kommt erst in Betracht, wenn keine andere Honorarkennziffer einschlägig ist. Das ergibt die Auslegung der Honorarrahmen (zu den Maßstäben der Tarifauslegung zB - Rn. 19).
59(1) Bereits der Wortlaut der Überschriften der Honorarkennziffern 30.00 ff. Honorarrahmen Hörfunk und 38.00 ff. Honorarrahmen Fernsehen „Sonstige Mitarbeit“ belegt, dass die nachfolgenden Honorarkennziffern lediglich dann gelten sollen, wenn die Tätigkeit keine der vorhergenannten Honorarkennziffern erfüllt. „Sonstig“ bedeutet „sonst noch vorhanden“, „in Betracht zu ziehen“, „anderweitig“ (Duden Das Bedeutungswörterbuch 5. Aufl. „Sonstig“). Das setzt notwendigerweise voraus, zunächst etwas anderes zu berücksichtigen.
60(2) Hierfür spricht auch die Systematik der Honorarrahmen. In diesen werden zunächst alle speziellen Honorarkennziffern aufgelistet, am Ende erfolgt die Regelung der sonstigen, „übrig bleibenden“ Mitarbeit. Es handelt sich bei den Honorarkennziffern für sonstige Mitarbeit erkennbar um Auffangtatbestände, um die Vergütung für nicht ausdrücklich geregelte Tätigkeiten sicherzustellen. Dies wird durch Zusätze in verschiedenen Honorarkennziffern bestätigt, die das Verhältnis zur „Sonstigen Mitarbeit“ verdeutlichen. So kann bei Moderationen nach Honorarkennziffer 29.00 Honorarrahmen Fernsehen „zusätzlich“ - nicht stattdessen - eine Bezahlung nach Honorarkennziffer 38.10 Honorarrahmen Fernsehen erfolgen. In Honorarkennziffer 21.16 und 21.28 Honorarrahmen Hörfunk ist vorgesehen, dass in begründeten Fällen Wochenpauschalen - also nicht Tagespauschalen nach Honorarkennziffer 30.10 Honorarrahmen Hörfunk - gezahlt werden können. Zudem wird in Honorarkennziffer 26.10 Honorarrahmen Hörfunk ausdrücklich die Möglichkeit, alternativ eine Pauschale zu zahlen, eröffnet. Dies lässt nur den Schluss zu, dass dies ohne gesonderte Normierung nicht möglich sein soll.
61(3) Das Verhalten des Beklagten bliebe selbst dann tarifwidrig, wenn - wie von diesem behauptet - die Vergütung nach Schichthonoraren für viele arbeitnehmerähnlichen Personen günstiger wäre als bei einer Abrechnung nach den speziellen Honorarkennziffern. Es erscheint zwar fraglich, ob eine Durchführungspflicht besteht, wenn ein Tarifvertrag trotz beiderseitiger Tarifgebundenheit im Hinblick auf eine arbeitsvertraglich vereinbarte, iSd. § 4 Abs. 3 TVG günstigere Regelung nicht angewendet wird (vgl. Löwisch/Rieble § 1 Rn. 1255; in diese Richtung auch - zu B III 1 b der Gründe, BAGE 91, 210). Der Beklagte behauptet allerdings nicht, mit den arbeitnehmerähnlichen Personen Verträge mit günstigeren Regelungen getroffen zu haben. Vielmehr beruft er sich darauf, er vergüte diese nach den tarifvertraglichen Regelungen. Ob eine - vom Tarifvertrag nicht getragene - andere Anwendung günstiger ist, ist aber keine Frage des in § 4 Abs. 3 TVG verankerten Günstigkeitsprinzips (zu diesem - Rn. 32 mwN, BAGE 170, 230).
62c) Dieser Durchführungsanspruch des Klägers erfasst aber nicht alle in der Redaktion „Bayern Aktuell“ beschäftigten arbeitnehmerähnlichen Personen, sondern nur diejenigen, die bei ihm Mitglied sind.
63aa) Der Anspruch auf Durchführung des Tarifvertrags besteht nur, soweit dessen Wirkung reicht, seine Normen also unmittelbar und zwingend gelten (zum Unterlassungsanspruch - zu B III 2 der Gründe, BAGE 91, 210; für nachwirkende Tarifregelungen sh. - Rn. 21, BAGE 159, 222). Kann die Gewerkschaft - wie hinsichtlich der nicht bei ihr organisierten arbeitnehmerähnlichen Personen - keine Inhaltsnormen iSd. § 1 Abs. 1 TVG treffen, besteht auch keine Berechtigung, deren Durchführung zu verlangen (zum Unterlassungsanspruch Wiedemann/Thüsing § 1 Rn. 910; Löwisch/Rieble § 4 Rn. 97).
64(1) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend nur zwischen den beiderseits Tarifgebundenen. Tarifgebunden sind nach § 3 Abs. 1 TVG die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. Die normative Wirkung des Tarifvertrags ist auf die Mitglieder des Klägers begrenzt.
65(2) Tarifverträge können zwar auch im Wege einer einzelvertraglichen Bezugnahme im Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Mit der Vereinbarung einer solchen Bezugnahmeklausel begründen die Parteien jedoch keine Tarifgebundenheit (st. Rspr., ausf. - Rn. 34 f. mwN, BAGE 128, 165 unter ausdrücklicher Aufgabe der vorangehenden Senatsrechtsprechung). Ein arbeitsvertraglich in Bezug genommener Tarifvertrag gilt zwischen den Vertragsparteien vielmehr (nur) als Vertragsrecht. Die Tarifnormen finden so Anwendung, als hätten die Parteien sie privatautonom vereinbart ( - Rn. 31 mwN). Die Anwendung von Tarifverträgen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme ist von der Geltung aufgrund Tarifgebundenheit zu unterscheiden (hierzu - Rn. 20, BAGE 169, 106). Ob der Arbeitgeber mit den nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern oder arbeitnehmerähnlichen Personen derartige Klauseln vereinbart, steht ihm grundsätzlich frei. Er ist nicht gehindert, untertarifliche Bedingungen zu verabreden ( - Rn. 38, BAGE 130, 43; - 1 ABR 72/98 - zu B II 2 b bb und B III 2 b der Gründe, BAGE 91, 210). Das gilt entgegen der Auffassung des Klägers auch dann, wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit die tariflichen Regelungen einheitlich für die Beschäftigungsverhältnisse aller Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen angewendet hat. Aus einem solchen Verhalten erwächst kein Anspruch der Gewerkschaft gegen den Arbeitgeber, dies auch zukünftig zu tun. Anders als beim gewerkschaftlichen Unterlassungsanspruch, der sich bei einer einheitlichen für die gesamte Belegschaft unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit geltenden Regelung auf diese insgesamt erstreckt, weil durch diese einheitliche Maßnahme die verfassungsrechtlich durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft verletzt wird ( - zu B III 2 b der Gründe, aaO; sh. auch - Rn. 19 f., BAGE 159, 222), kann der Arbeitgeber seiner Durchführungspflicht unabhängig von seiner früheren Handhabung nachkommen, indem er den Tarifvertrag allein gegenüber den Gewerkschaftsmitgliedern zur Anwendung bringt.
66bb) Danach hat der Kläger nur hinsichtlich der eigenen Mitglieder einen Anspruch auf Durchführung der Honorarrahmen, nicht aber gegenüber allen arbeitnehmerähnlichen Personen. Für diejenigen, die nicht Gewerkschaftsmitglied sind, ist der Beklagte trotz der einheitlichen Anwendung in der Vergangenheit nicht gegenüber dem Kläger verpflichtet, diese anzuwenden. Eine etwaige arbeitsvertragliche Verpflichtung des Beklagten gegenüber den arbeitnehmerähnlichen Personen betrifft nicht den Kläger und kann daher von diesem nicht geltend gemacht werden.
67IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:131021.U.4AZR403.20.0
Fundstelle(n):
BB 2022 S. 627 Nr. 11
ZIP 2022 S. 1347 Nr. 27
ZAAAI-05092