Grunderwerbsteuer: Zahlungen für Sonderwünsche des Käufers einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung als zusätzliche Leistungen
im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG
Leitsatz
1. Enthält der vor Baubeginn abgeschlossene Kauf- und Werkvertrag bezüglich einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung eine
eigene Klausel zur Regelung sämtlicher Änderungen der Bauausführung auf Wunsch des Erwerbers vor Übergabe des Objekts, unter
anderem eine ausdrückliche Regelung zur Übernahme von Mehrkosten und ein Verbot der Ausführung von Arbeiten durch den Erwerber
selbst oder von ihm direkt beauftragte Handwerker, so führen die später tatsächlich vereinbarten, vom Veräußerer durchgeführten
und abgerechneten Sonderwünsche des Käufers zu zusätzlichen Leistungen im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG, für die Grunderwerbsteuer
in einem selbständigen Steuerbescheid festzusetzen ist, der neben den den ursprünglichen Erwerbsvorgang betreffenden Grunderwerbsteuerbescheid
tritt.
2. Eine Leistung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG muss mit dem früheren Grundstückserwerb in einem rechtlichen Zusammenhang
stehen, soll sie zur Gegenleistung für diesen Erwerbsvorgang gehören. Ein derartiger rechtlicher Zusammenhang besteht, wenn
sich bereits aus dem ursprünglichen Vertrag, also dem Kaufvertrag oder Kauf- und Werkvertrag, – sei es unmittelbar oder über
allgemeine Rechtsgrundsätze (z. B. Treu und Glauben) – ein Anspruch auf die spätere zusätzliche Leistung ableiten lässt.
3. Eine zusätzliche Gegenleistung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist in dem Zeitpunkt verwirklicht, in dem die Bindung
der Vertragspartner hinsichtlich der zusätzlichen Gegenleistung eingetreten ist. Auf die Zeitpunkte der Erfüllung der Gegenleistung
oder der hierfür zu erbringenden Leistung kommt es hingegen nicht an.
Fundstelle(n): ErbStB 2022 S. 70 Nr. 3 YAAAI-01326
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