Strafzumessung bei einem Tötungsdelikt: Wertung des Versuchs der Beseitigung von Tatspuren
Gesetze: § 46 StGB
Instanzenzug: Az: 39 Ks 16/20
Gründe
1Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die Revisionen der Angeklagten hat zum Schuldspruch sowie zu dem gegen den Angeklagten A. gerichteten Maßregelausspruch keinen die Beschwerdeführer benachteiligenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Jedoch können die Strafaussprüche keinen Bestand haben (§ 349 Abs. 4 StPO).
21. Die Schwurgerichtskammer hat bei beiden Angeklagten strafschärfend gewichtet, dass diese umfangreiche Maßnahmen zur Spurenbeseitigung unternommen haben (unter anderem Verbringen der Leiche auf einen Friedhof und deren Verscharren, „Entsorgung“ von Beweismitteln an unbekannten Stellen). Hiergegen bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken. Denn nach ständiger Rechtsprechung darf der Versuch, sich durch Beseitigung von Tatspuren der Strafverfolgung zu entziehen – ausgenommen bei besonderen, hier nicht vorliegenden Umständen (vgl. LK-StGB/Schneider, 13. Aufl., § 46 Rn. 184 f. mwN) – nicht straferschwerend gewertet werden (vgl. , NStZ 2011, 512; Beschlüsse vom – 1 StR 850/93, StV 1995, 131; vom – 4 StR 469/17, NStZ 2019, 215, 216; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 670 mwN).
32. Darüber hinaus hat die Schwurgerichtskammer dem Angeklagten A. die in über 100 Schwertstichen, -schnitten und -hieben mit einem scharfen Kurzschwert zum Ausdruck kommende besondere Brutalität sowie den Umstand besonders angelastet, dass er „seiner Aggressivität ungehindert freien Lauf gelassen“ und auf sein handlungsunfähig am Boden liegendes Opfer noch eingestochen hat, was besonders verwerflich sei. Die Ausführungen lassen dabei nicht das Bewusstsein des Landgerichts erkennen, dass die besondere Brutalität – wie namentlich auch aus den Erwägungen zur Gefährlichkeit im Rahmen des § 63 Satz 1 StGB deutlich wird – gerade Ausdruck der wegen der Erkrankung des Angeklagten verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) gewesen ist. Dann darf sie aber nur nach dem Maß der geminderten Schuld berücksichtigt werden (st. Rspr., vgl. etwa , BGHSt 16, 360, 363 f.; Schäfer/Sander/van Gemmeren, aaO, Rn. 636 mwN).
43. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die vorgenannten Wertungsfehler zu geringeren Strafen gelangt wäre (§ 337 Abs. 1 StPO). Die Sache bedarf danach zu den Strafaussprüchen neuer Verhandlung und Entscheidung.
5Das nunmehr verhandelnde Tatgericht wird zu bedenken haben, dass hinsichtlich der Angeklagten W. nicht Strafzumessungstatsachen maßgebend herangezogen werden dürfen, die gerade deren Mittäterschaft begründet haben. Die diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Urteil (UA S. 76) erscheinen unter diesem Blickwinkel nicht unbedenklich.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:270721B6STR313.21.0
Fundstelle(n):
JAAAH-96462