Strafverfahren: Verwertbarkeit privater rechtswidriger Videoaufnahmen
Gesetze: § 261 StPO, Art 6 Abs 1 Buchst f EUV 2016/679
Instanzenzug: Az: 521 Ks 8/20
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Nötigung in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition und mit unerlaubtem Besitz der dazugehörigen Patronenmunition zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
21. Das Schwurgericht hat sich von der Täterschaft des diese bestreitenden Angeklagten unter anderem maßgeblich aufgrund von übereinstimmenden DNA-Spuren überzeugt, die an einem beim Angeklagten gefundenen Magazin und an einer am Tatort gefundenen Patrone festgestellt wurden (eine Einzelspur, eine Mischspur). Die Darstellung der Ergebnisse der molekulargenetischen Gutachten entspricht nicht den Anforderungen, die der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung daran stellt. Danach muss bei Einzelspuren jedenfalls das Gutachtenergebnis in Form einer numerischen biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage mitgeteilt werden, bei Mischspuren hingegen grundsätzlich, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer anderen Person zu erwarten ist (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 50/17, BGHSt 63, 187; vom - 4 StR 408/20; vom - 6 StR 438/20; Urteil vom - 4 StR 46/21, jeweils mwN). Daran fehlt es jeweils.
3Auch wenn den diesbezüglichen Ausführungen gleichwohl nicht jede Bedeutung abzusprechen ist (vgl. mwN), kann der Senat - dem Generalbundesanwalt folgend - nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht (vgl. § 337 Abs. 1 StPO). Denn das Landgericht hat im Rahmen seiner Beweiswürdigung ausdrücklich darauf abgestellt, dass das gefundene Magazin „jenseits vernünftiger Zweifel“ bei der Tat benutzt worden sei, „woran die Kammer angesichts des DNA-Treffers keinen Zweifel“ habe. Der Umstand, dass es sich bei dem gefundenen Magazin um das „zweifelsfrei benutzte Waffenmagazin“ handelt, wird zudem noch einmal bei der Gesamtwürdigung hervorgehoben.
42. Da nicht ausgeschlossen ist, dass auf der Grundlage der neu zu treffenden Feststellungen ein in die Zuständigkeit des Schwurgerichts fallendes Delikt (vgl. § 74 Abs. 2 GVG) zu prüfen sein wird, verweist der Senat die Sache an eine andere Schwurgerichtskammer zurück.
53. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Auffassung der Revision keine Bedenken gegen die Verwertbarkeit der Videoaufnahmen von der Tatbegehung bestehen. Selbst wenn diese unter Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO erlangt worden sind, weil der Inhaber eines Ladengeschäfts mit seiner davor angebrachten Videokamera über 50 Meter ins öffentliche Straßenland hineingefilmt hat, würde dies nicht zur Unverwertbarkeit des so erlangten Beweismittels führen. Denn auch rechtswidrig von Privaten erlangte Beweismittel sind grundsätzlich im Strafverfahren verwertbar (vgl. , NJW 2011, 2417; , BGHSt 27, 355, 357; vom - 3 StR 551/85, BGHSt 34, 39, 52; zu Videoaufnahmen auch mwN). Durch das Inkrafttreten der DSGVO hat sich daran nichts geändert.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:180821B5STR217.21.0
Fundstelle(n):
YAAAH-94098