Steuerliche Behandlung von Outplacement- Beratungsleistungen; Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift § 3 Nr. 19 EStG
Kurzinformation LSt Nr. 02/2020
Die Frage, ob bei Leistungen des Arbeitgebers in Form von Outplacement-Beratungen Arbeitslohn vorliegt und dieser in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 19 EStG fällt, ist auf Ebene der LSt-Referatsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder erörtert worden. Insbesondere dann, wenn entsprechende Beratungsleistungen verschiedene Bestandteile enthalten, im Paket angeboten werden und die Teilnahme an einzelnen Beratungsleistungen vom Abschluss des Aufhebungsvertrags abhängig ist, stellt sich zudem die Frage, ob den Arbeitnehmern eine einheitliche Leistung zuf ließt oder in solchen Fällen jede Teilleistung steuerlich separat zu beurteilen ist.
Nach § 3 Nr. 19 EStG sind ab 2019 steuerfrei Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers für Maßnahmen nach § 82 Abs. 1 und 2 SGB III sowie Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen, sofern diese keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben.
Gegenstand der Erörterung war folgender Sachverhalt:
Vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags bietet ein Arbeitgeber bestimmten Arbeitnehmern die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Outplacement-Beratung. Teilnahmeberechtigt sind Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz von einem Wegfall bedroht ist, die nach einem Ausscheiden aus der Firma eine weitere Erwerbstätigkeit planen und welche das Instrument Aufhebungsvereinbarung vereinbaren möchten.
Die angebotene Outplacement-Beratung besteht aus den nachfolgenden Leistungen:
1. Perspektivenberatung
Arbeitnehmer werden motiviert, sich ausführlicher mit den eigenen Stärken sowie Chancen am externen Arbeitsmarkt zu befassen, sich mit Alternativen zum derzeitigen Arbeitgeber auseinanderzusetzen und externe Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Ziel dieser Maßnahme ist auch, mit den betroffenen Arbeitnehmern im Anschluss daran eine einvernehmliche Trennung im Rahmen einer Aufhebungsvereinbarung zu erzielen.
2. Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Beratung
Um den Arbeitnehmern einen gesicherten Überblick seiner beruflichen, aber auch seiner finanziellen Situation hinsichtlich eines Abfindungsangebots/Ausscheidens zu ermöglichen und damit eine ganzheitliche und solide Entscheidungsbasis für die Annahme eines Aufhebungsangebots zu schaffen, wird dem Arbeitnehmer ergänzend zur beruf lichen Perspektivenberatung in der Entscheidungsphase vor Annahme eines Aufhebungsangebots auch eine individuelle steuer- und sozialversicherungsrechtliche Beratung angeboten. Dies zielt darauf ab, den betroffenen Arbeitnehmern die größten Unsicherheiten und somit auch „Veränderungsblockaden“ zu nehmen. Schwerpunktmäßig werden die Themen Abfindung, Arbeitslosengeld, gesetzliche Krankenversicherung und ggf. gesetzliche Rente behandelt.
Darüber hinaus werden folgende Leistungen angeboten, die den Abschluss eines Aufhebungsvertrags durch den Arbeitnehmer voraussetzen:
3. Marktvorbereitung
In der Marktvorbereitung wird zunächst mit dem Arbeitnehmer eine Standortbestimmung durchgeführt. Neben der (klassischen) Bestimmung von eigenen Werten, Zielen, Wünschen und potenziellen Märkten geht es ebenso um Reflexion hinsichtlich eigener Kompetenzen und Persönlichkeitsmerkmale. Entwicklungspotenziale werden identifiziert und zielgerichtet erschlossen. Am Ende der Marktvorbereitungsphase steht ein fertiger, marktgerechter Lebenslauf, der die berufliche Vergangenheit abbildet und gleichzeitig in die Zukunft strahlt. Wesentliche Bausteine der Marktvorbereitung:
Konstruktive Lösung vom alten Unternehmen
Beratungsziele
Selbst- und Fremdeinschätzung
Veränderungsstory
Leistungs- und Erfolgsdarstellung
Persönlicher Auftritt
Fotoshooting
Optimierung der Unterlagen
Interviewtraining
Berufliche Zielsetzung
Themen-Workshops.
Darüber hinaus wird bei jedem betroffenen Arbeitnehmer ein „Marktabgleich“ durchgeführt, damit dieser weiß, dass sein Ziel und sein Profil aus Marktsicht passen, oder er erhält den entscheidenden Hinweis, um sich optimal zu positionieren. Zusätzlich zur individuellen Beratung werden den betroffenen Arbeitnehmern auch entsprechende Themen-Workshops angeboten.
4. Vermarktung/Neuplatzierung
Zusätzlich zur Befähigung der betroffenen Arbeitnehmer, sich am Arbeitsmarkt und in Netzwerken zu bewegen, ist Kern der Outplacement-Beratung die Vermarktung und Platzierung der Arbeitnehmer.
Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben hierzu im Einzelnen folgende Beschlüsse gefasst:
Grundsätzliche Beschlüsse
1. Eine Outplacement-Beratung erfolgt nicht aus einem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse und führt bei den jeweiligen Arbeitnehmern zu Einnahmen, welche ggf. steuerfrei gem. § 3 Nr. 19 EStG sein können.
2. Sind Arbeitnehmer erst nach Abschluss des Aufhebungsvertrags zur Teilnahme von Bestandteilen einer Outplacement- Beratung berechtigt, f ließt diesen keine einheitliche Leistung zu. Insoweit ist für jede Teilleistung separat zu beurteilen, ob die Tatbestände der Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 19 EStG erfüllt sind.
Sachverhaltsbezogene Beschlüsse
3. Eine separat zu beurteilende Leistung mit Schwerpunkt „Perspektivenberatung“ erfüllt nicht die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 19 EStG, da sie keine Weiterbildungsleistungen darstellt, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dient. Die Zuwendung ist als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.
4. Eine separat zu beurteilende Leistung mit Schwerpunkt „Steuer- und Sozialversicherungsrechtliche Beratung“ erfüllt nicht die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 19 EStG, da sie keine Weiterbildungsleistungen darstellt, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dient. Die Zuwendung ist als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.
5. Eine separat zu beurteilende Leistung mit Schwerpunkt „Marktvorbereitung“ erfüllt nicht die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 19 EStG. Die Zuwendung ist als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.
6. Eine separat zu beurteilende Leistung mit Schwerpunkt „Vermarktung/Neuplatzierung“ erfüllt nicht die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 19 EStG. Die Zuwendung ist als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.
Insbesondere bei der Bearbeitung von entsprechenden Anrufungsauskünften (§ 42e EStG) und im Rahmen von aktuellen LSt-Außenprüfungen wird um Beachtung gebeten.
OFD
Nordrhein-Westfalen v. -
Fundstelle(n):
AAAAH-87863