Umsatzsteuer | Steuerfreiheit für Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte (BFH)
Der Betrieb von Flüchtlingsunterkünften durch eine GmbH für Länder und Kommunen kann nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei sein. Dasselbe gilt für den Betrieb einer kommunalen Obdachlosenunterkunft (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden, von der Steuer.
Sachverhalt: Die Klägerin, eine GmbH, bewirtschaftete im Jahr 2014 (Streitjahr) eine Vielzahl von Unterbringungseinrichtungen für Flüchtlinge, Aussiedler und Obdachlose in verschiedenen Bundesländern. Sie wurde insoweit aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit dem jeweiligen Träger der Unterkunft Bundesländer, Städte und Landkreise (Träger) tätig. Für ihre Leistungen erhielt die Klägerin entsprechend der jeweiligen vertraglichen Vereinbarung Geldzahlungen von dem jeweiligen Träger, die sich teilweise nach der Zahl der betreuten Personen und teilweise nach einem Pauschalbetrag bemaßen. Die Klägerin wies in den hierfür von ihr ausgestellten Rechnungen keine Umsatzsteuer aus (§ 4 Nr. 18 UStG).
Der BFH führte aus:
Die Leistungen sind nicht nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit, weil die Klägerin insoweit keine Grundstücke an die Träger der Unterkünfte überlässt und mangels Rechtsbeziehung auch gegenüber den dort untergebrachten Personen keine steuerfreien Vermietungsleistungen erbringt.
Die von der Klägerin erbrachten Leistungen sind auch nicht nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG von der Umsatzsteuer befreit, weil sie nicht mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbunden sind.
Ebenso wenig sind die von der Klägerin erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 18 UStG von der Umsatzsteuer befreit, weil die Klägerin weder ein amtlich anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege noch einem solchen Verband als Mitglied angeschlossen ist.
Das Unionsrecht enthält mit Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL eine über das nationale Recht hinausgehende Steuerfreiheit.
Für die Anerkennung als Einrichtung ist es auch unerheblich, dass es sich bei der Klägerin um eine nicht gemeinnützig tätige GmbH handelt. Denn der Begriff "Einrichtung" ist weit genug, um private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen (vgl. EuGH-Urteile „Kingscrest Associates“ und „Montecello“ vom - C-498/03; Rz. 35 und 40).
Im Streitfall folgt die Anerkennung der Klägerin als soziale Einrichtung aus spezifischen Vorschriften, der mit diesen Vorschriften verbundenen Kostentragung durch die öffentliche Hand, dem Tätigwerden im Gemeinwohlinteresse sowie aus dem Neutralitätsprinzip.
Quelle: ; NWB Datenbank (JT)
Fundstelle(n):
YAAAH-87586