BAG Urteil v. - 4 AZR 231/20

Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 23 Ca 8515/17 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 17 Sa 1375/18 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit tariflicher Übergangs- und Altersversorgungsregelungen auf ihr Arbeitsverhältnis.

2Die Klägerin, die im gesamten Jahr 2013 Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di (ver.di) war sowie seit dem wieder ist, war bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, vom bis zum als Flugbegleiterin beschäftigt. In ihrem Arbeitsvertrag vom heißt es ua.:

3Die Beklagte war zunächst Mitglied der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. (AVH). Diese schloss mit ver.di sowie der Unabhängigen Flugbegleiter Organisation e.V. (UFO) am einen Tarifvertrag Übergangsversorgung für Flugbegleiter der Deutschen Lufthansa AG (TV LH ÜV). Danach besteht ein Anspruch auf eine „Firmenrente für Flugbegleiter“, wenn die tarifvertragliche Altersgrenze erreicht wird, ohne dass bereits ein Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und auf die Betriebsrente gegeben ist. Ebenfalls am vereinbarten dieselben Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag Lufthansa Betriebsrente für das Kabinenpersonal (TV LH Betriebsrente). Dieser sieht eine betriebliche Altersrente für die „Mitarbeiter des Kabinenbereichs“ vor, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet haben und das Arbeitsverhältnis mit der Gesellschaft beendet ist. Am schloss die AVH mit beiden Gewerkschaften ferner gleichlautende Manteltarifverträge für das Kabinenpersonal (jeweils MTV Nr. 1b), die am in Kraft traten. Der MTV Nr. 1b (ver.di) ist bislang von keiner der Tarifvertragsparteien gekündigt worden.

4Mit Datum vom 14./22. Oktober und vereinbarten der Arbeitgeberverband Luftverkehr e.V. (AGVL), dessen Mitglied die Beklagte inzwischen geworden war, die AVH und die Gewerkschaft ver.di die Übernahme sämtlicher zwischen der AVH und ver.di bestehender Tarifverträge durch den AGVL zum . Eine inhaltsgleiche Vereinbarung wurde zwischen den genannten Arbeitgeberverbänden und der UFO abgeschlossen.

5Am schloss der AGVL mit der UFO, nicht jedoch mit ver.di, einen Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Kabinenpersonal mit Wirkung zum , der mit Tarifabschluss vom die Fassung vom erhielt (MTV Nr. 2 [UFO]).

6Der AGVL und die Beklagte kündigten den TV LH ÜV und den TV LH Betriebsrente jeweils gegenüber den vertragschließenden Gewerkschaften zum .

7Am schlossen der AGVL und UFO rückwirkend zum den Tarifvertrag zur beitragsorientierten Versorgung für das Kabinenpersonal der Deutsche Lufthansa Aktiengesellschaft: Betriebliche Altersversorgung mit Leistungen zum vorzeitigen Ausscheiden (TV LH Rente Kabine [UFO]). Dieser sah die Ablösung ua. des TV LH Betriebsrente und des TV LH ÜV mit bestimmten Maßgaben ab dem (Umstellungsstichtag) vor. Weiterhin vereinbarten die Tarifvertragsparteien am selben Tag den Tarifvertrag zur Ablösung der Übergangsversorgung für das Kabinenpersonal der Deutschen Lufthansa AG (TV Ablösung ÜV Kabine [UFO]) sowie weitere begleitende Tarifverträge.

8Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der TV LH ÜV und der TV LH Betriebsrente würden für ihr Arbeitsverhältnis nach wie vor sowohl kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gelten als auch - hilfsweise - aufgrund vertraglicher Bezugnahme Anwendung finden. Der Arbeitsvertrag verweise auf den MTV Nr. 1b sowie den TV LH ÜV und den TV LH Betriebsrente, nicht hingegen auf den TV LH Rente Kabine (UFO). Abgesehen davon sei die Stichtagsregelung dieses Tarifvertrags unwirksam, weil es für sie keinen sachlichen Grund gebe. Zudem seien durch die Neuregelung die Grenzen des Vertrauensschutzes für die Leistungen der Übergangsversorgung nicht eingehalten worden. Schließlich sei UFO bei Abschluss der Vereinbarungen im Jahr 2017 nicht tariffähig gewesen, weil es ihr an der erforderlichen Gegnerunabhängigkeit und Durchsetzungsfähigkeit gefehlt habe.

9Die Klägerin hat zuletzt beantragt

10Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die von der Klägerin genannten Tarifverträge fänden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung mehr. Die Bezugnahmeklausel stelle eine sog. Tarifwechselklausel dar. Soweit für die Beklagte unterschiedliche Tarifverträge gelten würden, sei die Bezugnahmeregelung im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend zu vervollständigen, dass jeweils auf den zeitlich jüngsten für die Arbeitgeberin geltenden Tarifvertrag verwiesen werde. Dies sei nunmehr der TV LH Rente Kabine (UFO).

11Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung der Klägerin mit der Begründung stattgegeben, der TV LH ÜV sowie der TV LH Betriebsrente würden für das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund von Verweisungen in § 24 MTV Nr. 1b (ver.di) weiterhin unmittelbar und zwingend iSv. § 4 Abs. 1 TVG gelten. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht hat die Klägerin ihr auf die beiderseitige Tarifgebundenheit der Parteien gestütztes Klagebegehren mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Gründe

12Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klage ist zulässig und begründet.

13I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

141. Die Anträge sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

15a) Wird mit der Klage die Feststellung begehrt, dass dem Kläger Ansprüche aus einem bestimmten Tarifvertrag zustehen, ist dieser so im Antrag zu benennen, dass keine Zweifel darüber bestehen, welcher Tarifvertrag gemeint ist. Nur dann ist zuverlässig erkennbar, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll (vgl.  - Rn. 16, BAGE 159, 351; - 4 AZR 517/15 - Rn. 18, BAGE 158, 54).

16b) Diesen Anforderungen werden die Anträge gerecht. Der TV LH ÜV sowie der TV LH Betriebsrente werden in den Anträgen sowohl hinsichtlich ihrer Bezeichnung als auch der tarifvertragschließenden Parteien und des Abschlussdatums benannt. Sie sind damit eindeutig identifizierbar. Daran ändert der Umstand nichts, dass sie jeweils inhaltsgleich mit zwei verschiedenen Gewerkschaften abgeschlossen worden sind. Da sich das Feststellungsbegehren nur auf die konkret genannten Tarifverträge und nicht auch auf Folgetarifverträge bezieht, sind die tariflichen Regelungen feststellbar, deren Anwendung die Klägerin auf ihr Arbeitsverhältnis begehrt. Die Klägerin musste deshalb für die Zulässigkeit der Klage in den Anträgen nicht klarstellen, ob sie die Anwendung der mit ver.di oder mit UFO geschlossenen Tarifverträge auf ihr Arbeitsverhältnis begehrt.

172. Für die so verstandenen Anträge besteht auch das erforderliche Feststellungsinteresse.

18a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage kann sich auch auf einzelne Bedingungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage (st. Rspr., etwa  - Rn. 15 mwN; - 4 AZR 706/09 - Rn. 15, BAGE 138, 269). Das Feststellungsinteresse ist allerdings nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag ein zwischen den Parteien bestehender Streit über Leistungsverpflichtungen insgesamt bereinigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann ( - Rn. 19 f., BAGE 138, 287).

19b) Nach diesen Maßstäben ist das erforderliche Feststellungsinteresse im Streitfall gegeben. Durch eine Entscheidung über die Feststellungsbegehren wird die zwischen den Parteien streitige Frage geklärt, ob der Klägerin Ansprüche aus dem TV LH ÜV sowie dem TV LH Betriebsrente zustehen. Dadurch steht fest, auf Grundlage welcher Tarifverträge sich die in der Sache begehrten Leistungen berechnen. Dem Feststellungsinteresse steht nicht entgegen, dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Für die Feststellung einer solchen arbeitgeberseitigen Verpflichtung kann die Klägerin nicht darauf verwiesen werden, erst den Eintritt des Leistungsfalls abzuwarten (st. Rspr.,  - Rn. 14 mwN; - 4 AZR 761/12 - Rn. 21, BAGE 150, 97).

20II. Die Anträge sind begründet. Die Klägerin kann aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeregelung von der Beklagten Leistungen auf Übergangsversorgung nach den Bestimmungen des von ver.di und UFO mit der AVH und später auf den AGVL übergegangenen TV LH ÜV sowie auf der Grundlage des TV LH Betriebsrente eine Betriebsrente verlangen. Über diesen Streitgegenstand hat das Landesarbeitsgericht zwar - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht entschieden. Der Senat kann über diesen jedoch selbst befinden, weil er als Hilfsbegehren in der Revision angefallen ist (vgl. nur  - Rn. 15 mwN; - 2 AZR 598/01 - zu A I der Gründe) und alle für die Entscheidung erforderlichen Tatsachen feststehen (§ 563 ZPO).

211. Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um einen Formularvertrag, der nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen ist (vgl. hierzu  - Rn. 15, BAGE 134, 283).

222. Die arbeitsvertragliche Regelung ist dahingehend auszulegen, dass auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge Anwendung finden sollen, an die der Arbeitgeber - ggf. auch im Stadium der Nachwirkung - normativ gebunden ist.

23a) Nach Nr. 4 des Arbeitsvertrags ergeben sich die Rechte und Pflichten der Klägerin ua. „aus den jeweils gültigen Tarifverträgen“ für das Bordpersonal der Beklagten. Eine Vereinbarung dieses Inhalts ist dahin zu verstehen, dass die für den Arbeitgeber jeweils geltenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen (vgl.  - zu I 1 b bb bbb (1) der Gründe, BAGE 103, 141). Nach § 4 Abs. 1 TVG „gelten“ die Rechtsnormen eines Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen den nach § 3 Abs. 1 TVG beiderseits Tarifgebundenen ( - Rn. 14). Sie „gelten“ gemäß § 4 Abs. 5 TVG auch nach ihrem Ablauf weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Bezugnahmeregelung ist sowohl zeitdynamisch als auch hinsichtlich der anzuwendenden Tarifverträge inhaltsdynamisch ausgestaltet. Sie erfasst nicht nur die Tarifverträge einer bestimmten Branche oder bestimmter Tarifvertragsparteien in ihrer jeweiligen Fassung, sondern auch andere Tarifverträge, an die der Arbeitgeber (zukünftig) gebunden sein wird (sog. große dynamische Bezugnahmeklausel, die auch als Tarifwechselklausel bezeichnet wird; vgl.  - Rn. 27 mwN, BAGE 130, 286).

24b) Bei Abschluss des Arbeitsvertrags galten im Unternehmen der Beklagten zunächst die mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) geschlossenen Tarifverträge. Damit haben die Arbeitsvertragsparteien mit der von ihnen vereinbarten Bezugnahmeregelung zwei Tarifwerke für das Bordpersonal (nunmehr Kabinenpersonal) von unterschiedlichen Gewerkschaften in Bezug genommen. Anhaltspunkte dafür, die Verweisung sei auf das Tarifwerk einer bestimmten Gewerkschaft oder nicht auf die Tarifwerke als ganze, sondern auf einzelne Tarifverträge gerichtet, so dass es im Einzelfall auch zur Anwendung von Tarifverträgen verschiedener Gewerkschaften kommen könnte, bestehen nicht. Dem letztgenannten Verständnis würde auch der Zweck der Verweisungsklausel widersprechen. Bei einer umfassenden Bezugnahme auf ein Tarifwerk sollen alle einzelnen, typischerweise aufeinander bezogenen und einander ergänzenden Tarifverträge Anwendung finden, um eine Gesamtregelung der arbeitsvertraglichen Bedingungen sicherzustellen (so etwa zur Einbeziehung nachwirkender Tarifverträge  - Rn. 35). Dies wäre bei einer Kombination aus einzelnen Tarifverträgen unterschiedlicher Tarifvertragsparteien nicht ohne Weiteres gewährleistet.

253. Die Bezugnahmeklausel ist nicht insgesamt unwirksam, weil die Beklagte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an Tarifverträge mit verschiedenen Gewerkschaften gebunden war. Solange ausschließlich inhaltlich gleichlautende Tarifverträge geschlossen wurden, waren die in Bezug genommenen tariflichen Regelungen eindeutig bestimmbar.

26a) Eine Bezugnahmeklausel kommt als vertragliche Regelung dann wirksam zustande, wenn das Bezugnahmeobjekt eindeutig bestimmbar ist (vgl. Löwisch/Rieble TVG 4. Aufl. § 3 Rn. 640). Bei dem Bestimmtheitserfordernis einer Vertragsklausel handelt es sich um eine (ungeschriebene) Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertragsrechts (MüKoBGB/Bachmann 8. Aufl. § 241 Rn. 12). Ein Vertrag, dessen Inhalt von den Parteien - ggf. nach Auslegung - nicht bestimmt (oder bestimmbar) genug vereinbart wurde, ist unwirksam ( - zu 2 der Gründe, BGHZ 55, 248). Nicht erforderlich ist insoweit, dass bereits bei Vertragsabschluss absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden (so auch iE für den Fall der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst anlässlich der für Ärztinnen und Ärzte vereinbarten - unterschiedlichen - Tarifverträge zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände auf der einen und ver.di sowie dem Marburger Bund auf der anderen Seite  - Rn. 34 f., BAGE 141, 150; zur Tarifhistorie dieser Tarifverträge sh.  - Rn. 3, BAGE 135, 80). Ausreichend ist vielmehr, dass diese im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Anwendung bestimmbar sind (zur Frage der Transparenz iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB:  - Rn. 35 mwN, BAGE 144, 36).

27b) Dies war hier mindestens bis zum Inkrafttreten des am mit Wirkung zum geschlossenen MTV Nr. 2 (UFO) unstreitig der Fall. Die AVH - an deren Stelle später der AGVL getreten ist - schloss mit der ÖTV und der DAG sowie später mit ver.di und UFO (zur Historie der Tarifabschlüsse mit UFO vgl.  - BAGE 113, 82) nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien über lange Jahre hinweg inhaltsgleiche Tarifwerke. Zum Teil waren die einzelnen Tarifverträge in derselben Urkunde (zB der TV LH ÜV und der TV LH Betriebsrente), zum Teil in getrennten Urkunden (zB der MTV Nr. 1b) niedergelegt. Der Umstand, dass die Bezugnahmeklausel keine Kollisionsregelung für den Fall enthält, dass die beiden in Bezug genommenen Tarifwerke in der Zukunft nicht mehr identisch sind, steht der Bestimmbarkeit des Bezugnahmeobjekts deshalb jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt nicht entgegen.

284. Für den nachfolgenden Zeitraum war allerdings nicht mehr bestimmbar, welche - zunächst manteltariflichen - Bestimmungen für „die Rechte und Pflichten des Mitarbeiters … aus den jeweils gültigen Tarifverträgen“ (Nr. 4 des Arbeitsvertrags) maßgebend sein sollten. Die in Bezug genommenen Tarifwerke wurden nicht mehr inhaltsgleich abgeschlossen. Es fehlt eine Kollisionsregelung, welches der beiden Tarifwerke für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses maßgebend sein soll. Dies führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Bezugnahmeklausel, sondern lediglich zum Wegfall ihrer Dynamik. Infolgedessen sind diejenigen Tarifnormen weiterhin auf das Arbeitsverhältnis anwendbar, die im Unternehmen der Beklagten galten, als die in Bezug genommenen Tarifwerke zuletzt inhaltlich übereinstimmten. Dies sind im Streitfall ua. diejenigen Tarifverträge, deren Anwendbarkeit die Klägerin festgestellt wissen will.

29a) Der Arbeitsvertrag enthält keine ausdrückliche oder konkludente Kollisionsregelung für den Fall, dass mit verschiedenen Gewerkschaften Tarifwerke unterschiedlichen Inhalts abgeschlossen werden.

30aa) Die Bezugnahmeklausel kann nicht dahingehend ausgelegt werden, unabhängig von den tarifvertragschließenden Parteien solle stets der jeweils „aktuellste Tarifvertrag“ auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sein.

31(1) Mit der Formulierung, dass die „jeweils gültigen“ Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen, haben die Arbeitsvertragsparteien lediglich die zeitliche und inhaltliche Dynamik der Bezugnahmeregelung zum Ausdruck gebracht (Rn. 23). Sofern es dem Willen der Arbeitsvertragsparteien entsprochen haben sollte, eine Kollisionsregelung zu treffen, hat dies im Vertragswortlaut keinen Niederschlag gefunden.

32(2) Die konkludente Vereinbarung einer solchen Kollisionsregelung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass es sich bei der vertraglichen Bezugnahmeklausel um eine sog. Gleichstellungsabrede handelt (dazu ausf.  - Rn. 34).

33(3) Unabhängig davon kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, die Vertragsparteien hätten für den Fall von inhaltlich unterschiedlichen Tarifwerken mehrerer Gewerkschaften „den jeweils aktuellsten Tarifvertrag“ in Bezug nehmen wollen.

34(a) Ein solches Verständnis scheidet schon deshalb aus, weil das Bezugnahmeobjekt der Verweisungsklausel die Tarifwerke als ganze, nicht hingegen die einzelnen Tarifverträge sind (Rn. 24). Dass die Arbeitsvertragsparteien für die „ungeschriebene“ Kollisionsregel ein anderes Bezugsobjekt angenommen hätten als für die Bezugnahme als solche, liegt fern.

35(b) Auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten ist ohne weitergehende deutliche Anhaltspunkte nicht anzunehmen, die Arbeitsvertragsparteien hätten eine so verstandene Kollisionsregelung vereinbaren wollen.

36(aa) Eine solche käme überhaupt nur dann zum Tragen, wenn die unterschiedlichen Tarifverträge innerhalb des jeweiligen Tarifwerks zu verschiedenen Zeitpunkten abgeschlossen werden. Für den Fall des zeitgleichen, aber inhaltlich abweichenden Tarifabschlusses enthielte die so verstandene Vertragsklausel keine Kollisionsregelung. In den übrigen Fällen käme es je nach Abschlussdatum des „aktuellsten Tarifvertrags“ zum - mehr oder weniger zufälligen - Vorrang des einen oder anderen Tarifwerks und ggf. zu einem stetigen Wechsel.

37(bb) Wollte man - wie von der Beklagten im Zusammenhang mit der ergänzenden Vertragsauslegung angenommen - nicht auf die Tarifwerke, sondern die einzelnen Tarifverträge abstellen, könnte es zu einer Anwendbarkeit von Tarifverträgen verschiedener Gewerkschaften kommen. Die Regelungen der einzelnen Tarifverträge eines Tarifwerks sind aber teilweise miteinander verknüpft. Inhaltsnormen eines Tarifvertrags (zB eines Manteltarifvertrags, Entgeltgruppentarifvertrags) können nicht durch die eines Tarifvertrags anderer Tarifvertragsparteien (zB eines Entgelttarifvertrags) näher ausgestaltet werden. Ein solches Verständnis würde dem Zweck der umfassenden Bezugnahme widersprechen, das Arbeitsverhältnis den Regelungen einer Gesamtheit von Tarifverträgen zu unterwerfen (sh. auch oben Rn. 24). Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretene Auffassung, die Arbeitsvertragsparteien hätten eine Vermengung der Tarifwerke nur vorgesehen, soweit keine „hinreichende inhaltliche Verzahnung“ der einzelnen Tarifverträge gegeben sei, ist in der Praxis kaum mit der erforderlichen Bestimmtheit handhabbar und entbehrt dahingehender tatsächlicher Anhaltspunkte. Sie lässt zudem unberücksichtigt, dass Ergebnisse von Tarifvertragsverhandlungen, die von widerstreitenden Interessen bestimmt sind, regelmäßig einen Kompromiss darstellen ( - Rn. 44 mwN, BAGE 151, 235; - 4 AZR 795/05 - Rn. 24, BAGE 118, 159: „Kennzeichen des Tarifvertrages“), der in unterschiedlichen Tarifverträgen seinen Niederschlag gefunden haben kann.

38bb) Es kann dahinstehen, ob die fehlende Kollisionsregel zur Intransparenz der Klausel iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB führen würde (vgl. hierzu  - Rn. 30, BAGE 144, 306). Die Klägerin macht gerade die Wirksamkeit der Bezugnahmeklausel geltend. Eine Berufung des Arbeitgebers darauf, dass eine von ihm selbst gestellte Bezugnahmeklausel unter dem Blickwinkel der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB eine dem Arbeitnehmer günstige Tarifbestimmung ausschließen würde, scheidet nach allgemeinen Grundsätzen aus. Die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, dient aber nicht dessen Schutz vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen (st. Rspr., zuletzt zB  - Rn. 19; - 5 AZR 57/20 - Rn. 42; - 2 AZR 509/15 - Rn. 20 mwN auch zur Rechtsprechung des BGH). Deshalb kommt eine Berufung der Beklagten auf eine Nichteinbeziehung der hier maßgeblichen Tarifvorschriften unter dem Gesichtspunkt der AGB-Kontrolle nicht in Betracht (vgl.  - Rn. 60; sh. auch  - Rn. 33).

39b) Die aufgrund des Fehlens einer Kollisionsregelung entstandene Lücke kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden.

40aa) Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist.

41(1) Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig hielten, und sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend herausgestellt hat. Eine Planwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, wenn also ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist ( - Rn. 42; - 4 AZR 706/09 - Rn. 27, BAGE 138, 269; - 4 AZR 796/08 - Rn. 23, BAGE 134, 283).

42(2) Der Umstand, dass die Vertragsparteien bei einer erkannten Vertragslücke zwischen mehreren Gestaltungsmöglichkeiten hätten wählen können, schließt eine ergänzende Vertragsauslegung nicht aus. Das Instrument der ergänzenden Vertragsauslegung zielt nicht darauf ab, die Regelung nachzuzeichnen, die die Parteien bei Berücksichtigung des nicht bedachten Falls tatsächlich getroffen hätten, sondern ist auf einen beiderseitigen Interessenausgleich gerichtet, der aus einer objektiv-generalisierenden Sicht dem hypothetischen Parteiwillen beider Parteien Rechnung trägt. Maßgebend ist damit bei einer Bandbreite möglicher Alternativen diejenige Gestaltungsmöglichkeit, die die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise ausgewählt hätten. Dementsprechend ist eine ergänzende Vertragsauslegung im Fall des Bestehens mehrerer Auslegungsmöglichkeiten nur dann ausgeschlossen, wenn sich anhand der getroffenen Regelungen und Wertungen sowie aufgrund von Sinn und Zweck des Vertrags keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen - an den beschriebenen Maßstäben ausgerichteten - hypothetischen Parteiwillen ergeben ( - Rn. 39; - I ZR 34/18 - Rn. 37). In einem solchen Fall sind die Gerichte zu einer ergänzenden Vertragsauslegung weder in der Lage noch berechtigt ( - Rn. 48, BGHZ 211, 51; - VII ZR 100/15 - Rn. 29).

43bb) In Anwendung dieser Grundsätze kann im Streitfall zwar eine planwidrige Regelungslücke angenommen werden. Die Bezugnahmeklausel ist nachträglich lückenhaft geworden. Das für das Arbeitsverhältnis maßgebende Tarifwerk aufgrund der Tarifentwicklung im Unternehmen der Beklagten ist ohne eine Kollisionsregel nicht mehr eindeutig bestimmbar, so dass der Regelungsplan, das Arbeitsverhältnis dynamisch an tarifvertraglichen Regelungen auszurichten, nicht mehr erreichbar ist. Es fehlt aber an Anhaltspunkten, die auf einen hypothetischen Parteiwillen für eine etwaige Regelung schließen lassen. Deshalb kann nicht festgestellt werden, welche der möglichen Kollisionsregelungen die Parteien redlicherweise gewählt hätten.

44(1) Einige denkbare Möglichkeiten der Lückenfüllung scheiden in der vorliegenden Fallgestaltung aus.

45(a) So kann nicht angenommen werden, die Arbeitsvertragsparteien hätten dem sachnäheren oder spezielleren Tarifwerk den Vorrang einräumen wollen (vgl. dazu  - Rn. 33, BAGE 141, 150). Ein solcher Wille ist bei den hier maßgebenden Tarifwerken nicht erkennbar. Diese haben einen identischen Geltungsbereich und sind beide speziell für das bei der Beklagten angestellte Kabinenpersonal abgeschlossen worden. Zudem handelt es sich bei dem Prinzip der Sachnähe oder Spezialität um eine tarifrechtliche Kollisionsregel, die dazu dient, eine Tarifkonkurrenz aufzulösen. Eine Tarifkonkurrenz kann aber bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht entstehen. Für die ergänzende Vertragsauslegung ist deshalb das tarifrechtliche Prinzip der Spezialität ohne Belang, sofern sich nicht aus dem Regelungsplan des Vertrags etwas Gegenteiliges ergibt ( - Rn. 34 mwN, aaO).

46(b) Ebenso wenig kommt die Annahme in Betracht, es habe der Tarifvertrag in Bezug genommen werden sollen, an den der jeweilige Arbeitnehmer durch Gewerkschaftsmitgliedschaft ohnehin gebunden wäre. Unabhängig davon, ob der betreffende Arbeitnehmer überhaupt Mitglied einer Gewerkschaft ist, kann seine Mitgliedschaft allein für die Interessenlage der Parteien bei Vertragsschluss keine Hinweise geben. Selbst wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von einer Gewerkschaftsmitgliedschaft Kenntnis haben sollte, würde es bei einer Bezugnahmeklausel wie der vorliegenden an Anhaltspunkten dafür fehlen, dieser Umstand sei für den Inhalt der Vertragsklausel von Bedeutung gewesen (vgl.  - Rn. 35, BAGE 141, 150; Bayreuther FS Bepler S. 15, 22).

47(2) Soweit andere Kollisionsregelungen denkbar gewesen wären, ist nicht erkennbar, welche die Arbeitsvertragsparteien gewählt hätten.

48(a) Sie hätten zunächst eine Vereinbarung dahingehend treffen können, dass die Bezugnahmeklausel sich auf das Tarifwerk beziehen soll, an das die meisten Arbeitnehmer im Betrieb kraft Gewerkschaftsmitgliedschaft gebunden sind (sog. Mehrheitsprinzip, vgl. nunmehr die Regelung in § 4a TVG; für eine solche Auslegung Henssler in Henssler/Moll/Bepler 2. Aufl. Teil 10 Rn. 33; CKK/Klumpp 2. Aufl. § 307 Rn. 161; Klingebiel Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln bei Aufgabe der Tarifeinheit im Betrieb S. 175 ff.; Jacobs NZA 2008, 325, 333; ähnlich, allerdings mit Einschränkungen für Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen von Mitgliedern der Minderheitsgewerkschaft Wiedemann/Oetker TVG 8. Aufl. § 3 Rn. 432 f.).

49(b) Ferner wäre eine Vereinbarung möglich gewesen, es solle - jedenfalls solange es (teilweise) unmittelbar und zwingend für den Arbeitgeber gilt - dasjenige Tarifwerk vorrangig in Bezug genommen sein, welches bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses existierte oder dasjenige, welches im Betrieb oder Unternehmen zuerst gegolten hat (sog. Prioritätsprinzip).

50(c) Ebenso hätten die Parteien - wovon die Beklagte vorrangig ausgeht - vereinbaren können, es solle das jeweils aktuellste Tarifwerk in Bezug genommen sein (sh. dazu auch Rn. 30 ff.).

51(d) Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitsvertragsparteien die eine oder andere Kollisionsregelung getroffen hätten, sind nicht ersichtlich. Sogar die Beklagte, die in ihrer Revision meint, die Bezugnahmeklausel könne ergänzend ausgelegt werden, hält mindestens zwei Regelungen für möglich. Ihrer Auffassung nach hätten die Arbeitsvertragsparteien „- wenn nicht der neuere Tarifvertrag gilt - jedenfalls vereinbart, dass der Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft gilt“. Selbst wenn man eine Orientierung an dem „Mehrheitstarifvertrag“ für denkbar halten wollte, wäre gleichermaßen zu erwägen, ob die Parteien nicht eine Regelung gewählt hätten, aufgrund derer das in Bezug genommene Tarifwerk einfacher und auch dauerhafter zu bestimmen wäre.

52c) Mangels einer Kollisionsregel war danach das Bezugnahmeobjekt der Verweisungsklausel ab dem Zeitpunkt nicht mehr bestimmbar, ab dem im Unternehmen Tarifwerke mit unterschiedlichem Inhalt galten. Das führt insoweit zur Teilunwirksamkeit der Klausel und damit zum Wegfall der vereinbarten Dynamik. Damit sind auf das Arbeitsverhältnis die zuletzt einheitlich vereinbarten tarifvertraglichen Regelungen statisch anwendbar.

53aa) Maßstab für die Frage, ob die Teilunwirksamkeit der Klausel zur Gesamtunwirksamkeit führt, ist § 139 BGB.

54(1) § 306 BGB ist im Streitfall nicht anwendbar. Die Wirksamkeit der Bezugnahmeklausel scheitert weder an der Einbeziehungs- noch an der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB. Beides ist im Streitfall nach allgemeinen Grundsätzen nicht zu prüfen (sh. Rn. 38).

55(2) Gleichwohl führt die Nichtigkeit einzelner Vertragsbestimmungen nach allgemeiner Auffassung aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes regelmäßig nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Arbeitsvertrags (sh. nur  - Rn. 29 mwN). Nach § 139 BGB ist das ganze Rechtsgeschäft (nur) nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre. Maßgebend ist, welche Entscheidung die Parteien bei Kenntnis der Teilnichtigkeit nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte getroffen hätten. In der Regel ist davon auszugehen, dass sie das objektiv Vernünftige gewollt und eine gesetzeskonforme Regelung angestrebt haben ( - Rn. 31; - 6 AZR 263/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 130, 364).

56bb) In Anwendung dieser Grundsätze führt die fehlende Bestimmbarkeit des Bezugnahmeobjekts ab dem Zeitpunkt des inhaltlichen Auseinanderlaufens der in Bezug genommenen Tarifwerke nicht zur Gesamtunwirksamkeit der Vertragsklausel, sondern nur zum Wegfall ihrer Dynamik.

57(1) Ziel der Aufnahme einer jeden Bezugnahmeklausel in den Arbeitsvertrag ist, das Arbeitsverhältnis inhaltlich durch - statische oder dynamische - Verweisung auf tarifliche Vorschriften zu gestalten, ohne die Regelungen im Einzelnen niederzuschreiben. Diesem (übereinstimmenden) Willen der Vertragsparteien kann nur entsprochen werden, wenn die Bezugnahmeklausel insoweit aufrechterhalten bleibt, als die Tarifverträge in hinreichend bestimmter Weise in Bezug genommen sind und dadurch ihr Ziel, die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses, erreicht wird. Im Streitfall haben die Arbeitsvertragsparteien zwar sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der Vertragsklausel erkennbar eine dynamische und nicht lediglich eine statische Bezugnahme vereinbaren wollen (vgl.  - Rn. 18, BAGE 141, 150). Ist der Klauselinhalt jedoch für die Zukunft nicht mehr bestimmbar, wird dem (übereinstimmenden) Willen der Vertragsparteien am ehesten entsprochen, wenn die Bezugnahmeklausel zumindest insoweit aufrechterhalten bleibt, als ihr Inhalt bestimmbar ist. Andernfalls richtete sich das Arbeitsverhältnis mangels vertraglicher Vereinbarungen ersatzweise nach den gesetzlichen Vorschriften. Dies entspräche nicht dem Willen der Arbeitsvertragsparteien.

58(2) Bei diesem Verständnis verbleibt auch eine in sich sinnvolle Lösung. Die Klausel ist in die Verweisung als solche und die Dynamik teilbar (vgl.  - Rn. 32; für den Wegfall der Dynamik auch Löwisch/Rieble TVG 4. Aufl. § 3 Rn. 647, der allerdings wohl auf den Zeitpunkt abstellt, ab dem mehrere Tarifverträge bestehen).

59cc) Danach ist die Dynamik der Bezugnahmeklausel spätestens mit Abschluss des MTV Nr. 2 (UFO) in der von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Fassung vom mit Wirkung zum entfallen. Durch die Verweisungsklausel sind zwei ganze Tarifwerke in Bezug genommen, welche das Arbeitsverhältnis jeweils umfassend regeln sollen. Aufgrund der inhaltlichen Änderungen mit Wirkung zum stimmten die Bezugnahmeobjekte nicht mehr überein, so dass es einer Kollisionsregel bedurfte. Die letzten Tarifverträge, hinsichtlich derer das Bezugnahmeobjekt eindeutig bestimmt werden kann, sind - soweit für den Streitfall relevant - insbesondere der TV LH ÜV, der TV LH Betriebsrente, der MTV Nr. 1b sowie die entsprechenden Vergütungstarifverträge. Diese finden danach weiter statisch auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Deshalb kann dahinstehen, ob UFO - was die Klägerin bezweifelt - im Jahr 2017 tariffähig war.

60III. Von den Kosten des Rechtsstreits hat gemäß § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO jede Partei die Hälfte zu tragen. Der Klägerin sind die Kosten des Rechtsstreits dabei insoweit aufzuerlegen, als sie ihr - auf beiderseitige Tarifgebundenheit gestütztes - vorrangiges Klagebegehren in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht zurückgenommen hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:280421.U.4AZR231.20.0

Fundstelle(n):
YAAAH-86896