BGH Beschluss v. - VII ZB 15/18

Zwangsvollstreckungsverfahren: Gerichtliche Zuständigkeit der Kammer im Beschwerdeverfahren nach Übertragungsbeschluss des Einzelrichters; Pfändbarkeit der Möglichkeit der Annahme des in einem Pensionsvertrag vorgesehenen, etwaigen künftigen Angebots des Arbeitgebers auf Vertragsänderung

Leitsatz

1. Um die gerichtliche Zuständigkeit der Kammer nach § 568 Satz 2 ZPO zu begründen, genügt es, wenn der Einzelrichter einen aktenkundigen Beschluss zur Übertragung des Verfahrens auf die Kammer vor Erlass des Beschlusses der Kammer getroffen hat (Anschluss an , MDR 2019, 1536).

2. Die Möglichkeit, ein in einem Pensionsvertrag vorgesehenes, etwaiges künftiges Angebot des Arbeitgebers auf Vertragsänderung (hier: Kapitalabfindung statt monatliche Rentenzahlung) anzunehmen, ist als bloße rechtsgeschäftliche Handlungsmöglichkeit nicht pfändbar.

Gesetze: Art 101 Abs 1 GG, § 568 S 2 ZPO, § 850 Abs 2 ZPO, § 857 ZPO

Instanzenzug: LG Wiesbaden Az: 4 T 326/17vorgehend AG Wiesbaden Az: 65 M 4213/17

Gründe

I.

1Der Gläubiger betreibt als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der J.    GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem vollstreckbaren Urteil über eine Hauptforderung von 393.309,64 € nebst Zinsen und Kosten.

2Der Schuldner war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin. Unter dem schloss er mit der späteren Insolvenzschuldnerin in Ergänzung seines Anstellungsvertrags einen Pensionsvertrag, der an die Stelle eines zuvor geschlossenen Pensionsvertrags vom trat. Mit diesem Vertrag erteilte die Insolvenzschuldnerin dem Schuldner eine Pensionszusage, die im Februar 2018 fällig wurde.

3Der Vertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:

"§ 1 Versorgungsleistungen

Der Arbeitgeber sagt folgende Versorgungsleistungen zu: a) Altersrente bzw. vorgezogene Altersrente (vgl. § 2)

...

Der Arbeitgeber gewährt dem Versorgungsberechtigten nach Vollendung des 65. Lebensjahres (vertragliches Pensionsalter) und seinem Ausscheiden aus den Diensten des Arbeitgebers eine lebenslängliche monatliche Altersrente in Höhe von 65 % des vor dem Ausscheiden bezogenen Festgehalts. ...

...

Scheidet der Versorgungsberechtigte vor Eintritt des Versorgungsfalles aus den Diensten des Arbeitgebers aus, so bleiben ihm die Versorgungsanwartschaften aus dieser Zusage dem Grunde nach erhalten (sofortige vertragliche Unverfallbarkeit).

Die Höhe der Anwartschaft wird wie folgt ermittelt: ...

...

Der Arbeitgeber kann mit Zustimmung des Versorgungsberechtigten anlässlich seines Ausscheidens aus dem Unternehmen oder danach, unverfallbare Anwartschaften bzw. Ansprüche auf seine Leistungen und Hinterbliebenenleistungen ganz oder teilweise abfinden.

...

Abtretungen, Verpfändungen oder sonstige Verfügungen über Versorgungsleistungen aus diesem Vertrag sind ausgeschlossen. Dennoch erfolgte Verfügungen sind dem Arbeitgeber gegenüber unwirksam.

..."

4Zum Zeitpunkt der Pensionszusage schloss die Insolvenzschuldnerin eine Rückdeckungsversicherung ab und verpfändete die sich hieraus ergebenden Ansprüche zugunsten des Schuldners.

5Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin kündigte der Gläubiger das Anstellungsverhältnis mit dem Schuldner mit Wirkung zum .

6Mit Schreiben vom kündigte der Gläubiger den Rückdeckungsversicherungsvertrag. Die Versicherung zahlte den Rückkaufswert in Höhe von 327.064,12 € an den Gläubiger unter Hinweis darauf, dass die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zugunsten des Schuldners verpfändet seien und der Gläubiger zur Hinterlegung des Betrags verpflichtet sei.

7Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom ließ der Gläubiger folgende "angeblichen Forderungen" des Schuldners gegen ihn als Insolvenzverwalter "einschließlich der künftig fällig werdenden Beträge" pfänden, nämlich:

"Gepfändet wird das Recht des Schuldners auf Ausübung seiner Rechte und Pflichten aus der Pensionszusage vom , insbesondere das Recht auf Zustimmung zur Kapitalabfindung gem. § 9 der Pensionszusage vom .

Da die Leistung aus dem Recht auf Zustimmung zur Kapitalabfindung in Geld erbracht wird, ist dieses Recht pfändbar gem. § 851 Abs. 2 ZPO."

8Das Amtsgericht hat die Erinnerung des Schuldners gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hat die Einzelrichterin bei dem Beschwerdegericht mit Beschluss vom das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO auf die Kammer übertragen. Mit Beschluss vom hat das Beschwerdegericht durch die Kammer die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen.

9Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner, den Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben sowie unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom aufzuheben; hilfsweise die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

II.

10Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde des Schuldners führt zur Aufhebung der Beschlüsse des Beschwerde- und des Amtsgerichts (Vollstreckungsgericht) sowie zur Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, soweit mit ihm das Recht des Schuldners auf Zustimmung zur Kapitalabfindung gemäß § 9 der Pensionszusage vom gepfändet und überwiesen worden ist, und im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (Vollstreckungsgericht).

111. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die sofortige Beschwerde des Schuldners sei unbegründet. Der Schuldner könne sich nicht darauf berufen, dass eine unzulässige Selbstpfändung vorliege. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe der Gläubiger vielmehr die Möglichkeit, eine dem Schuldner gegen ihn zustehende Forderung zu pfänden.

12Die Pfändung führe auch nicht dazu, dass der Gläubiger die Sicherung der insolvenzfesten Altersversorgung, die durch die Verpfändung der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung bewirkt worden sei, treuwidrig umgehe. Der Gläubiger entziehe dem Schuldner nicht den Betrag, indem er dessen Absonderungsrecht nicht berücksichtige, sondern nehme als Gläubiger des Schuldners infolge der Pfändung dessen Rechte gegenüber der Insolvenzmasse wahr. Ebenso wie er in andere Vermögensgegenstände des Schuldners vollstrecken könne, könne er auch im Wege der Selbstpfändung in dessen Rechte gegenüber der Insolvenzschuldnerin vollstrecken.

13Die gepfändeten Ansprüche des Schuldners unterfielen keinem Pfändungsverbot. Die Pfändungsschutzvorschrift des § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG in Verbindung mit § 851 Abs. 1 ZPO sei zugunsten des Schuldners als beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin nicht anwendbar.

14§ 850 Abs. 2 ZPO stehe der Pfändung ebenfalls nicht entgegen, da es sich bei den gepfändeten Ansprüchen nicht um Versorgungsbezüge im Sinne fort-laufend wiederkehrender Einkünfte handele, sondern um Versorgungsanwartschaften. Rechte aus einer Kapitalversicherung, die der Versorgung eines Arbeitnehmers dienen solle, seien voll pfändbar. Spätestens mit der Kapitalisierung lägen keine fortlaufend wiederkehrenden Einkünfte mehr vor.

15Der Schuldner könne sich auch nicht darauf berufen, dass sein Zustimmungsrecht zur Kapitalisierung und Abfindung unpfändbar sei. Ebenso wie das Kündigungsrecht bei einer Lebensversicherung mit dem Anspruch auf den Rück-kaufswert gepfändet werden dürfe, sei auch das hier in Rede stehende Zustimmungsrecht pfändbar. Es handele sich - wie für das Kündigungsrecht oder das einem Versicherungsnehmer zustehende Wahlrecht zwischen Kapitalleistung und Versorgungsrente bereits entschieden - nicht um ein höchstpersönliches und damit unpfändbares Recht. Die wirtschaftliche Bedeutung des Zustimmungsrechts stehe im Zusammenhang mit dem Anspruch des Schuldners auf Kapitalabfindung und könne daher zusammen mit diesem Recht übertragen und gepfändet werden. Dass der Schuldner kein Interesse an einer Kapitalabfindung habe, sei infolge der Pfändung des Zustimmungsrechts unerheblich.

162. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

17a) Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde allerdings, dass das Beschwerdegericht durch die Kammer entschieden und damit gegen Art. 101 Abs. 1 GG verstoßen habe. Denn die Einzelrichterin hat das Verfahren entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wirksam auf die Kammer übertragen, bevor diese in der Sache entschieden hat.

18aa) Nach § 568 Satz 1 ZPO entscheidet das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen worden ist. Hier hat über die Erinnerung des Schuldners die Amtsrichterin entschieden. In einem solchen Fall ist die vollbesetzte Kammer gemäß § 568 Satz 2 ZPO nur dann zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde berufen, wenn der Einzelrichter durch eine gesonderte Entscheidung das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung übertragen hat. Dies setzt einen entsprechenden Beschluss des Einzelrichters voraus ( Rn. 8, juris; Beschluss vom - IX ZB 2/19 Rn. 9, MDR 2019, 1536, jeweils m.w.N.).

19bb) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Rn. 10, MDR 2019, 1536 m.w.N.), der sich der Senat anschließt, hat im Beschwerdeverfahren die Übertragung durch einen aktenkundigen Beschluss des Einzelrichters zu erfolgen. Hingegen setzt die Entscheidungskompetenz der Kammer nicht voraus, dass der Übertragungsbeschluss des Einzelrichters den Parteien vor der Entscheidung durch die Kammer zugegangen ist oder zumindest die Geschäftsstelle mit der Zweckbestimmung, den Parteien bekanntgegeben zu werden, verlassen hat. Die allgemeinen Grundsätze zu Existenz und Wirksamwerden eines gerichtlichen Beschlusses, auf welche sich die Rechtsbeschwerde beruft, berühren nicht die Frage, ob die Kammer bereits entscheidungsbefugt ist. Um die gerichtliche Zuständigkeit der Kammer zu begründen, genügt es vielmehr, wenn der Einzelrichter einen aktenkundigen Beschluss zur Übertragung des Verfahrens auf die Kammer vor Erlass des Beschlusses der Kammer getroffen hat. Das ist hier der Fall. Die Einzelrichterin hat das Verfahren durch einen in den Akten befindlichen Beschluss vom auf die Kammer übertragen. Damit lag bei Beschlussfassung der Kammer am ein Übertragungsbeschluss der Einzelrichterin vor, der die Zuständigkeit der Kammer begründete.

20b) Die Rechtsbeschwerde beanstandet jedoch zu Recht, dass das Beschwerdegericht die mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom unter anderem erfolgte Pfändung des "Rechts auf Zustimmung zur Kapitalabfindung gem. § 9 der Pensionszusage vom " gebilligt hat.

21aa) Das Beschwerdegericht hat zugrunde gelegt, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom sämtliche Rechte des Schuldners aus der Pensionszusage vom erfasst. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hinreichend bestimmt. Das ist der Fall, wenn bei verständiger Auslegung Anordnung und Umfang der Pfändung und die von ihr betroffenen Personen unzweifelhaft feststehen (vgl. Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl., B.101 f. m.w.N.). Nach diesen Maßstäben ist der im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom enthaltenen Forderungsbezeichnung hinreichend deutlich zu entnehmen, dass alle Rechte aus der Pensionszusage vom - mithin auch alle Forderungen einschließlich der künftigen Forderungen - gepfändet werden sollen und nicht nur das beispielhaft hinter "insbesondere" aufgeführte "Recht auf Zustimmung zur Kapitalabfindung gem. § 9 der Pensionszusage vom ". Allein dies entspricht einer verständigen Auslegung, da es dem Gläubiger ersichtlich darum geht, letztlich in die - durch ein Pfandrecht an der Rückdeckungsversicherung abgesicherten - Zahlungsansprüche des Schuldners aus jenem Vertrag vollstrecken zu können.

22bb) Mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist indes nicht das dort bezeichnete "Recht auf Zustimmung zur Kapitalabfindung gem. § 9 der Pensionszusage vom " auf den Gläubiger übergegangen. Das "Zustimmungsrecht" ist weder als akzessorisches Nebenrecht von der Pfändung und Überweisung der (künftigen) Zahlungsansprüche aus der Pensionszusage vom miterfasst, noch als sonstiges Recht gemäß § 857 ZPO selbständig oder zusammen mit den Zahlungsansprüchen wirksam gepfändet worden.

23(1) Akzessorische Nebenrechte sind Rechte, die bei einer Abtretung nach §§ 401, 412 BGB mit der abgetretenen Forderung auf den neuen Gläubiger übergehen. Sie werden folglich von der Pfändung und Überweisung der (künftigen) Hauptforderung miterfasst und dürfen von dem Pfändungspfandgläubiger ausgeübt werden. Gestaltungsrechte, deren Ausübung der Durchsetzung der gepfändeten Hauptforderung dienen, können ebenfalls zu den miterfassten Nebenrechten zählen. So wird beispielsweise das Wahlrecht des Schuldners als akzessorisches Gestaltungsrecht eingeordnet, das von der Pfändung der Forderungen aus dem Wahlschuldverhältnis miterfasst ist und nach Überweisung von dem Gläubiger ausgeübt werden kann (vgl. Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl., A.35, E.400; Stein/Jonas/Würdinger, ZPO, 23. Aufl., § 835 Rn. 14). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist es für zulässig erachtet worden, ein im Rahmen eines Lebensversicherungsvertrags eingeräumtes Wahlrecht zusammen mit der Forderung auf Zahlung der Kapitalabfindung sowie ein Kündigungsrecht zusammen mit der Forderung auf Zahlung des Rückkaufswerts pfänden und sich überweisen zu lassen, wobei nicht entschieden werden musste, ob diese Rechte auch ohne ausdrückliche Bezugnahme in den jeweiligen Beschlüssen von der Pfändung und Überweisung der Hauptforderungen miterfasst gewesen wären (vgl. , BFHE 218, 43, juris Rn. 14 zum Wahlrecht; , BGHZ 45, 162, juris Rn. 17 zum Kündigungsrecht).

24Nicht akzessorische, sonstige Rechte sind demgegenüber nach Maßgabe des § 857 ZPO selbständig pfändbar. Dazu zählen nicht akzessorische Gestaltungsrechte, etwa vereinbarte Aneignungs- und Rückübertragungsrechte (vgl. , BGHZ 154, 64, juris Rn. 21 ff.; vgl. dagegen , BGHZ 157, 350: keine Pfändbarkeit des Rechts zum Abruf eines Dispositionskreditbetrags). Darüber hinaus wird angenommen, dass auch das Recht, ein bindendes Angebot anzunehmen, gemäß § 857 ZPO pfändbar ist, wenn dem Schuldner die Befugnis eingeräumt ist, seine Rechte aus dem Angebot an einen Dritten abzutreten (, BGHZ 154, 64, juris Rn. 20 unter Hinweis auf RG, Urteil vom - V 511/24, RGZ 111, 46).

25(2) Nach diesen Maßstäben ist das im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezeichnete "Recht des Schuldners auf Zustimmung zur Kapitalabfindung gem. § 9 der Pensionszusage vom " nicht auf den Gläubiger übergegangen.

26§ 9 der Pensionszusage vom enthält kein akzessorisches Nebenrecht des Schuldners zu dessen (künftigen) Zahlungsansprüchen, das von dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss miterfasst wäre. Denn diese Regelung begründet kein einseitiges Gestaltungsrecht des Schuldners, anstelle von monatlichen Ruhegeldzahlungen eine Kapitalabfindung zu verlangen. Insbesondere lässt sich dem Wortlaut der Regelung weder die Vereinbarung eines Wahlrechts noch die Einräumung einer einseitigen Ersetzungsbefugnis des Schuldners entnehmen. Es liegt insoweit auch keine der Einräumung eines einseitigen Gestaltungsrechts vergleichbare Vereinbarung vor. Vielmehr enthält § 9 der Pensionszusage vom , wie die Rechtsbeschwerde zutreffend ausführt, lediglich den Hinweis auf eine in Betracht kommende künftige Vertragsänderung durch übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien. Ein Anspruch auf Kapitalabfindung entsteht danach erst, wenn der Arbeitgeber dem Schuldner ein entsprechendes Angebot macht und dieser zustimmt. Nach der vertraglichen Gestaltung in § 9 der Pensionszusage vom unterliegt die Abgabe der insoweit erforderlichen, vertragsändernden Willenserklärungen indes weiterhin in vollem Umfang der Privatautonomie beider Vertragsparteien; eine Verpflichtung, an der in Aussicht genommenen Vertragsänderung mitzuwirken, wird nicht begründet. Damit handelt es sich bei dem im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezeichneten "Recht auf Zustimmung zur Kapitalabfindung gem. § 9 der Pensionszusage vom " letztlich nur um das im Rahmen der Privatautonomie jedermann zustehende Recht, rechtsgeschäftlich tätig zu werden, und nicht um ein akzessorisches, einseitiges Gestaltungsrecht, das der Durchsetzung einer gepfändeten (künftigen) Hauptforderung dient. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die weiteren Absätze des § 9 der Pensionszusage vom Vorgaben zur Berechnung einer etwaigen Kapitalabfindung machen.

27Auch ein sonstiges Recht des Schuldners, das gemäß § 857 ZPO selbständig oder zusammen mit den (künftigen) Zahlungsansprüchen aus der Pensionszusage gepfändet werden könnte, lässt sich § 9 der Pensionszusage vom nicht entnehmen. Diese Regelung begründet - wie bereits ausgeführt - kein Gestaltungsrecht, mithin auch kein nicht akzessorisches, anspruchsbegründendes Gestaltungsrecht, das als sonstiges Recht im Sinne des § 857 ZPO angesehen werden könnte. Dahinstehen kann ferner, ob das "Recht auf Zustimmung zur Kapitalabfindung gem. § 9 der Pensionszusage vom " gemäß § 857 ZPO pfändbar wäre, wenn diese Regelung bereits ein auf Vertragsänderung gerichtetes bindendes Angebot der Insolvenzschuldnerin auf Kapitalabfindung enthielte. Denn ein solches, bindendes Angebot, das der Schuldner lediglich annehmen müsste, liegt nicht vor. Vielmehr setzt § 9 der Pensionszusage vom voraus, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Angebot auf eine Kapitalabfindung erst künftig, nämlich anlässlich des Ausscheidens des Schuldners aus dem Unternehmen oder später, erteilen wird. Die im Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses allein bestehende Möglichkeit des Schuldners, ein etwaiges künftiges Angebot auf Vertragsänderung anzunehmen, ist indes als bloße rechtsgeschäftliche Handlungsmöglichkeit nicht pfändbar (vgl. Stein/Jonas/Würdinger, ZPO, 23. Aufl., § 857 Rn. 3).

28c) Das Beschwerdegericht hat darüber hinaus zu Unrecht angenommen, dass der für Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 2 ZPO geltende Pfändungsschutz nicht zugunsten des Schuldners eingreifen könne.

29Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom erfasst sämtliche angeblichen Rechte des Schuldners aus der Pensionszusage vom (vgl. die Ausführungen unter II. 2. b) aa)), mithin die sich aus § 2 der Pensionszusage vom ergebenden, angeblichen (künftigen) Ansprüche auf Zahlung einer monatlichen Altersrente. Derartige Ansprüche sind nach der Rechtsprechung des Senats als fortlaufende monatliche Ruhegeldzahlungen und daher gemäß § 850 Abs. 2 ZPO als Arbeitseinkommen einzuordnen mit der Folge, dass insoweit die Pfändungsschutzregelungen gemäß § 850c ZPO eingreifen (vgl. Rn. 13 ff., NJW-RR 2017, 161).

III.

30Die Beschlüsse des Beschwerde- und des Amtsgerichts (Vollstreckungsgericht) können danach keinen Bestand haben. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom ist klarstellend insoweit aufzuheben, als mit ihm das Recht auf Zustimmung zur Kapitalabfindung gemäß § 9 der Pensionszusage vom gepfändet und überwiesen worden ist.

31Nachdem die Instanzgerichte den für Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 2 ZPO einschlägigen Pfändungsschutz gemäß § 850c ZPO nicht berücksichtigt haben, ist die Sache an das Amtsgericht (Vollstreckungsgericht) zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen zu treffen und über die Erinnerung des Schuldners zu entscheiden haben wird.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:230621BVIIZB15.18.0

Fundstelle(n):
DStR-Aktuell 2021 S. 12 Nr. 34
NJW 2021 S. 10 Nr. 36
WM 2021 S. 1604 Nr. 33
ZAAAH-86647