Online-Nachricht - Dienstag, 10.08.2021

Umsatzsteuer | Keine Lieferung von in einem BHKW erzeugtem und selbst (dezentral) verbrauchtem Strom (FG)

Der von dem Betreiber eines Blockheizkraftwerks (BHKW) erzeugte und selbst (dezentral) verbrauchte Strom wird umsatzsteuerlich nicht an den Stromnetzbetreiber geliefert (; Revision anhängig, BFH-Az. V R 22/21).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Anstalt öffentlichen Rechts und hatte auf ihrem Gelände ein Blockheizkraftwerk (BHKW) zur Strom- und Wärmeerzeugung errichtet. Das BHKW war als sog. "Kundenanlage" an das eigene Stromnetz der Klägerin auf ihrem Gelände angeschlossen. Zudem war das Stromnetz der Klägerin mit dem allgemeinen Stromversorgungsnetz des Stromnetzbetreibers verbunden. Die Klägerin verbrauchte den im BHKW erzeugten Strom nahezu vollständig selbst (dezentral). Eine Einspeisung in das Netz des Stromnetzbetreibers erfolgte nicht. Auch bei geringster Grundlast war der Strombedarf der Klägerin fast doppelt so hoch wie die durch das BHKW erzeugte Strommenge. Für den dezentral verbrauchten Strom stellte die Klägerin dem Stromnetzbetreiber die im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) vorgesehenen Zuschläge in Rechnung.

Das FA ging hinsichtlich des im BHKW erzeugten Stroms unter Anwendung der Grundsätze in Abschn. 2.5 UStAE von fiktiven Hin- und Rücklieferungen mit den sich daraus ergebenden umsatzsteuerlichen Konsequenzen aus. Er nahm an, dass der Strom zunächst fiktiv vom Betreiber des BHKW (Anlagenbetreiber) an den Stromnetzbetreiber geliefert werde. Bemessungsgrundlage dieser "Hinlieferung" sei der übliche Marktpreis zzgl. der im KWKG vorgesehenen Zuschläge und ggf. der sog. vermiedenen Netznutzungsentgelte. Anschließend werde der Strom vom Stromnetzbetreiber an den Anlagenbetreiber "zurückgeliefert". Bemessungsgrundlage für die "Rücklieferung" sei der übliche Strompreis ohne Berücksichtigung des durch den Netzbetreiber zu zahlenden KWK-Zuschlags. Vor diesem Hintergrund unterwarf der Beklagte die fiktiven "Hinlieferungen" der Umsatzsteuer und erließ gegenüber der Klägerin einen entsprechenden Steuerbescheid.

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg:

  • Die Klägerin hat hinsichtlich des von ihr erzeugten und dezentral verbrauchten Stroms keine umsatzsteuerlich relevanten Leistungen gegenüber dem Netzbetreiber erbracht.

  • Die Lieferung von Strom an den Netzbetreiber scheitert an der hierfür erforderlichen Übertragung der Verfügungsmacht. Da der im BHKW erzeugte und dezentral verbrauchte Strom unstreitig nicht in das allgemeine Stromnetz des Netzbetreibers eingespeist wird, werden weder Substanz noch Wert oder Ertrag des selbsterzeugten Stroms an den Netzbetreiber übertragen.

  • Die bloße Möglichkeit zur Einspeisung des selbsterzeugten Stroms durch einen Anschluss des eigenen Stromnetzes an das Stromnetz eines Netzbetreibers oder die Verpflichtung des Netzbetreibers zur Zahlung des KWK-Zuschlags nach § 4 Abs. 3a KWKG 2009 führen ebenfalls nicht zu einer Übertragung von Substanz, Wert oder Ertrag des selbsterzeugten Stroms an den Netzbetreiber.

  • Durch den dezentralen Stromverbrauch erfüllt der Betreiber eines BHKW im Übrigen auch keinen anderen Leistungstatbestand des UStG oder der MwStSystRL.

Hinweise:

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. V R 22/21 anhängig.

Ebenso entschieden hat das FG Köln in einem vergleichbaren Fall, in dem es um den Betrieb einer Kraft-Wärmekopplungsanlage ging (, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 10.8.2021). Auch in diesem Verfahren ist eine Revision beim BFH anhängig.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NAAAH-86382